Am eindrücklichsten läßt sich diese ästhetische
Pseudo-Ethik am Wirken des relativ bekannten ehemaligen Leiter einer amerikanischen
Abtreibungsklinik und nun entschiedenen Abtreibungsgegner Bernhard Nathanson
veranschaulichen: Wir haben bereits vor vielen Jahren Nathansons Filme
"The Silent Scream" (Der stumme Schrei) und "Eclipse of Reason" (Aussetzen
des Verstandes) gesehen. In "The Silent Scream" wird eine mit Ultraschall
aufgezeichnete Abtreibung durch Absaugegerät gezeigt; man sieht, wie
das Kind im Mutterleib bei seiner Hinrichtung infolge der Schmerzen seinen
Mund zu einem unhörbaren Schrei verformt. "Eclipse of Reason", übrigens
eingeleitet von dem Hollywood-Schauspieler Charlton Heston (bekannt aus
verschiedenen Horror- und Science-Fiction-Filmen; spielte aber auch z.B.
Moses und die Romanfigur "Ben Hur", also einen Christen), enthält
eine Aufzeichnung einer anderen Abtreibungsmethode, bei der die einzelnen
Gliedmaßen des Kindes per Zange aus dem Mutterleib gerissen werden.
Jedesmal, wenn der Mörder (im Volksmund: "Arzt") ein Stück herausgezogen
hat, wird die Kamera angehalten und das jeweilige Teil in Großaufnahme
mit Beschreibung gezeigt. Schließlich wird der Kopf des Leichnams
zertrümmert und aus dem Mutterleib in den Abfalleimer verfrachtet.
Nathanson bekennt, daß er "formal nicht religiös" ist und gibt
letztlich nur den Ekel als Grund dafür an, daß er gegen Abtreibung
eingestellt ist. Das Wissen, bei der Abtreibung einen empfindenden Menschen
auf bestialische Weise zu töten, führte bei Nathanson zu seiner
Einstellung gegen die Abtreibung.
Nathanson meint, wenn mehr Menschen wüßten, was bei der
Abtreibung passiert, so würden weniger Menschen Abtreibung billigen.
Ferner weist Nathanson auf Fälle hin, bei denen Abtreibungen bei den
Müttern "irreparable psychische und körperliche Schäden"
verusacht haben. Man erkennt sehr schnell, daß Nathansons Ansatz
letztlich zu nichts führt. Denn dieser Geschmack, daß die Ermordung
eines Menschen im Mutterleib "häßlich" ist, kann sich ändern.
Und einmal angenommen, solche Damen wie Claudia Nolte, Rita Süssmuth
oder Ursula Männle würden die beiden Nathanson-Filme sehen: Man
kann zwar nicht sagen, ob diese Politikerinnen die Filme mit Ekel, mit
Gleichgültigkeit oder mit Wohlgefallen sehen, aber man kann sagen,
daß sich keine dieser Politikerinnen dann für ein absolutes
Abtreibungsverbot aussprechen würde; vielmehr müßte objektiv
klar sein, daß Abtreibung Mord ist, und daß Mord immer absolut
verboten ist.
Listen wir nun einige häufig genannte Argumente gegen die Abtreibung auf, formuliert als Einwände gegen die Aussagen der Abtreibungsbefürworter:
Abtreibungsbefürworter sagen: Das Kind im Mutterleib ist noch
kein Mensch!
Die Wahrheit ist: Mit dem Eindringen der Samenzelle in die Eizelle
liegen alle Anlagen des Menschen vor; es kommen keine neuen Informationen
hinzu. Die nun einsetzende Zellteilung führt zwar zu enormen phänotypischen
Veränderungen, doch ist der Mensch während seines Lebens permanent
von Zellwandlungen gekennzeichnet, er tauscht die Körperzellen immer
wieder aus und verändert sein Aussehen ständig.
Abtreibungsbefürworter sagen: Das Kind fühlt keinen Schmerz!
Die Wahrheit ist: Bereits nach wenigen Wochen lassen sich Empfindungen
beim Kind nachweisen; doch selbst wenn in den ersten Tagen noch kein Empfinden
beim Kind vermutet wird, rechtfertigt das nicht die Tötung; sonst
müßte man jeden, der einen Menschen z.B. im Schlaf oder unter
Narkose ermordet hat, freisprechen, weil das Opfer ja keinen Schmerz empfunden
hat.
Abtreibungsbefürworter sagen: Der Tod des Kindes ist das geringere
Übel.
Die Wahrheit ist: Das Nützlichkeitsdenken (Utilitarismus) ist
ähnlich wertlos wie das Schönheitsdenken. Mit diesem Denken wäre
es z.B. bei Flutkatastrophen die einzig sinnvolle Lösung, die Rettungssuchenden
zu ermorden, Opfer einer Lawine unter dem Schnee zu belassen etc., denn
wozu denn möglicherweise Millionenbeträge in die Rettung und
Versorgung von Katastrophenopfern investieren, wo es doch äußerst
wahrscheinlich ist, daß die Opfer im Falle des Überlebens ein
unglückliches Dasein fristen werden, etwa durch körperliche Schäden,
Trauer über den Tod von Verwandten, soziale Notlage etc.; zudem könnte
man per Gesetz "lebensunwertes Leben" definieren und z.B. alte und behinderte
Menschen dann wie Müll entsorgen.
"Ist es etwa so, wie man uns böswillig nachredet und wie einige
uns in den Mund legen: 'Laßt uns Böses tun, damit Gutes daraus
entspringt'? Solche erwartet die gerechte Strafe" (Röm 3,8).
Abtreibungsbefürworter sagen: Das junge Kind ist nicht alleine
lebensfähig.
Die Wahrheit ist: Diese Aussage ist medizinisch nicht mehr haltbar.
Doch was heißt hier "nicht alleine lebensfähig"? So müßte
man z.B. jeden, der Opfer eines schweren Autounfalls geworden ist, verbluten
lassen oder ihm gar den "Gnadenschuß" verpassen, und unterlassene
Hilfeleistung wäre nicht mehr strafbar, sondern die einzig akzeptable
Verhaltensweise. Ebenso müßten die Intensivstationen der Krankenhäuser
geschlossen und z.B. Sauerstoffzelte vernichtet werden, da sie ja die Gefahr
bergen, menschliches Leben, das nicht ohne besondere Hilfe erhalten werden
kann, künstlich zu verlängern. Und hier ist der Begriff "künstlich"
ja auch wirklich angebracht, während das Wachstum des Kindes im Mutterleib
ein natürlicher Vorgang ist.
Es kommt übrigens bisweilen vor, daß Kinder die Abtreibung
überleben. Wenn der Mörder feststellen sollte, daß das
Kind noch lebt, muß er es dann nur zerdrücken, zertreten, weiter
zerfetzen, ihm den Kopf abbeißen oder ähnliches unternehmen.
Es gibt aber auch Kinder, die aus dem Abfalleimer herausgenommen werden
und - selbstverständlich sehr schwer behindert - ein "normales" Leben
führen. Uns ist ein Fall bekannt, in dem eine junge Frau über
ihr Heranwachsen als abgetriebenes Kind berichtet hat. Unlängst gab
es auch eine Klage von Eltern, die ihr Kind abtrieben ließen und
dann feststellten, daß das Kind mit sehr schweren körperlichen
Schäden die Abtreibung überlebt hatte, und deshalb den Vollstrecker
wegen Schadensersatzes in Anspruch nahmen. Kurz: Selbst der durch die Abtreibung
schwer geschädigte Organismus besitzt noch enorme Lebenskraft.
Abtreibungsbefürworter sagen: Die Frau muß selbst bestimmen
können; schließlich gehört ja der Bauch ihr.
Die Wahrheit ist: In der Tat ist der Bauch, in dem das Kind heranwächst,
ein Teil der Mutter. Aber z.B. kann jemandem auch ein Haus gehören
- sind dann alle, die in diesem Hause wohnen, seiner Willkür ausgeliefert?
Ferner: Wenn man auch zugeben muß, daß die Schwangerschaft
mit körperlichen Belastungen für die Frau verbunden ist, so ist
doch die Belastung durch das entbundene Kind oft größer, seien
diese Belastungen nun finanzieller oder anderer Natur, z.B. der sog. "Generationenkonflikt".
Was sollte die Eltern nun davon abhalten, ihr Kind wenigstens in der Zeit
straffrei zu ermorden, solange es noch in Abhängigkeit von den Eltern
lebt, z.B. wenn es Unterhaltszahlungen von den Eltern erhält?
Doch durch den katholischen Glauben wissen wir, daß uns der Leib
nicht gehört! "Fliehet die Unzucht! Jede andere Sünde, die ein
Mensch begeht, bleibt außerhalb seines Leibes. Wer sich aber der
Unzucht hingibt, versündigt sich an seinem eigenen Leibe. Wißt
ihr nicht, daß euer Leib ein Tempel des Heiligen Geistes ist, der
in euch wohnt? Daß ihr somit nicht mehr euch selbst angehört?
Ihr seid um einen teuren Preis erkauft. Darum verherrlicht Gott mit eurem
Leibe!" (1 Kor 6,19).
Es gibt noch mehr scheinbare "Argumente" für die Abtreibung, aber
alle lassen sich leicht als völlig absurd erweisen. Der katholische
Glaube läßt uns den diabolischen Hintergrund der Aussagen aus
den Reihen der "C"-Parteien leicht erkennen. Wir gehen hier nicht weiter
auf diese politische Thematik ein und verweisen auf die Texte "Faustrecht"
und "Staat und Legalität".
Wir halten fest: Daß Abtreibung praktisch straffrei bleibt, liegt
an einem oberflächlichen ästhetischen Weltbild, das keiner Prüfung
standhält und durch die katholische Lehre leicht als gottfeindlich
entlarvt wird.
Was nun die Direktive Roms betrifft, derzufolge keine "Beratungsscheine"
mehr von konzilskirchlichen Stellen mehr ausgestellt werden sollen: Hier
liegt wieder die typische Augenwischerei Roms vor, mit der das trughafte
Bild eines "konservativen Papstes" aufrecht erhalten werden soll. De facto
wird damit das konzilskirchliche Chaos weiter vorangetrieben; so haben
verschiedene deutsche Konzilsfunktionäre angedeutet, sie wollten der
Weisung des "Papstes" nicht Folge leisten. Die Konzilssekte ist nun einmal
ein Chaos-Verein mit dem Motto: "Je verrückter und widersprüchlicher,
desto besser!" Der Fuldaer Konzilsfunktionär Johannes Dyba hat sich
schon seit geraumer Zeit aus dem Geschäft mit der Legalisierung von
Kindermord zurückgezogen, in anderen Bistumsgebieten füllen die
V2-Anhänger noch immer willig die Ermordungserlaubnis aus.
Auch die Herren "Theologen" wollen im Chaos mitmischen, z.B. der angebliche
"Moraltheologe" Dietmar Mieth (Tübingen), der im ZDF verkündete,
die formale Mitschuld der Beratungsstellen werde von führenden Theologen
bestritten, und deswegen könne die Direktive Roms in der Abtreibungsfrage
nicht als verpflichtend gelten. Wer sind denn diese "führenden Theologen"?
Doch nichts weiter als ein paar lärmende Ketzer, die kaum noch wissen,
wie "Gott" überhaupt geschrieben wird. Herr Mieth hat sich anscheinend
nie mit Moraltheologie beschäftigt, denn sonst müßte er
wissen, weshalb die Kirche sich nicht in den Ermordungsmechanismus mit
den Beratungsscheinen einspannen lassen kann. Wir erklären es ihm
hier mit wenigen Worten:
Ganz zweifelsfrei bedeutet das Ausstellen dieses Beratungsscheins Mithilfe
zum Kindermord, d.h. es ist in jedem Falle verboten, einen Beratungsschein
auszustellen. Theologisch unterscheidet man verschiedene Arten der Mitwirkung
(vgl. H. Jone, Katholische Moraltheologie, Paderborn (7) 1935, 115):
1. formelle Mitwirkung zur Sünde eines anderen, d.h. eine Mitwirkung,
wobei man zur äußeren sündhaften Tat mithilft und zugleich
auf die böse Absicht des anderen eingeht; diese ist immer unerlaubt.
2. unmittelbare materielle Mitwirkung, d.h. eine Mitwirkung zur sündhaften
Handlung selbst, aber ohne Eingehen auf die böse Absicht; diese ist
ebenfalls unerlaubt; Ausnahmen gibt es nur bei Vermögenswerten, und
auch bei diesen nur in einigen Fällen;
3. mittelbare materielle Mitwirkung, d.h. eine Mitwirkung zu einer
Handlung, die nur als Vorbereitung einer sündhaften Tat dient; dies
ist gewöhnlich unerlaubt; nur bei entsprechenden schwerwiegenden Gründen
kann diese Mitwirkung erlaubt sein, und auch nur, wenn die eigene Handlung
an sich gut oder wenigstens indifferent ist.
Es könnte im Einzelfall zwar zu prüfen sein, ob Fall 1) oder
Fall 2), d.h. ob eine formelle Mitwirkung oder eine unmittelbare materielle
Mitwirkung bei den Beratungsstellen vorliegt; aber weil es um das Leben
eines Menschen geht, ist die Mitwirkung in jedem Falle schwer sündhaft.
Die Kirche muß den Müttern als erstes unmißverständlich
einschärfen, daß Abtreibung niemals eine Lösung sein kann
und immer ein durch und durch verabscheuungswürdiges Verbrechen ist.
Ferner muß sich die Kirche nach Kräften gegen jede Abtreibung
einsetzen; einen "Beratungsschein" ausstellen kann sie nicht.
Eine Bemerkung zum Schluß: Im Bereich "Klonen" bzw. "Klonen von
Menschen" wird es voraussichtlich eine ähnliche Entwicklung geben
wie seinerzeit bei der künstlichen Befruchtung. Die "In-Vitro-Fertilisation"
("Befruchtung im Reagenzglas") rief anfangs bei einigen Ablehnung und Empörung
hervor, weil sie "geschmacklos" und "häßlich" war, heute gehört
sie zu den alltäglichen Vorkommnissen. Das Klonen von Menschen wird
möglicherweise sehr bald eine weitaus größere Akzeptanz
und Anwendung als die künstliche Befruchtung finden, wenn sich der
jetzige Geschmack, der das Klonen von Menschen als "häßlich"
empfindet, gewandelt hat.
"Wird aber der Menschensohn auf Erden den Glauben finden, wenn er kommt?"
(Lk 18,8).