Lassen wir also die esoterischen Ergüsse "Buchners" und die Phantasien der "innig liebenden" "Elisabeth" und blicken wir auf die Lehre der Kirche über Maria. Auch wenn die marianischen Dogmen erst recht spät definiert worden sind, wurden sie bereits vorher von vielen Gläubigen zum Depositum Fidei gezählt und spielten in der Frömmigkeit, insbesondere in der Liturgie, eine wesentliche Rolle. Maria besitzt als Gottesmutter eine einzigartige Würde: "Ohne Zweifel überragt die heiligste Mutter durch ihre Würde alle geschaffenen Dinge" (Pius XII., Enz. Ad Caeli Reginam, 1954, DS 3917). Weil Maria von Gott dazu bestimmt war, der Welt den Erlöser zu gebären, wurde sie von Gott auch mit besonderen Gnadengaben ausgestattet.
1) Maria wurde ohne Makel der Erbsünde empfangen (unbefleckte
Empfängnis)
Dieses Dogma verkündete Papst Pius IX. am 8. Dezember 1854, und
die Kirche feiert dieses Geheimnis jedes Jahr am 8. Dezember; in der Bulle
"Ineffabilis Deus" schreibt der Papst:
"Zur Ehre der heiligen und ungeteilten Dreifaltigkeit, zur Zierde und
Verherrlichung der jungfräulichen Gottesgebärerin, zur Erhöhung
des katholischen Glaubens und zum Wachstum der christliche Religion erklären,
verkünden und bestimmen wir in Vollmacht unseres Herrn Jesus Christus,
der seligen Apostel Petrus und Paulus und in unserer eigenen:
Die Lehre, daß die seligste Jungfrau Maria im ersten Augenblick
ihrer Empfängnis durch einzigartiges Gnadengeschenk und Vorrecht des
allmächtigen Gottes, im Hinblick auf die Verdienste Christi Jesu,
des Erlösers des Menschengeschlechtes, von jedem Fehl der Erbsünde
rein bewahrt blieb, ist von Gott geoffenbart und deshalb von allen Gläubigen
fest und standhaft zu glauben.
Wenn sich deshalb jemand, was Gott verhüte, anmaßt, anders
zu denken, als es von uns bestimmt wurde, so soll er klar wissen, daß
er durch eigenen Urteilsspruch verurteilt ist, daß er an seinem Glauben
Schiffbruch litt und von der Einheit der Kirche abfiel, ferner, daß
er sich ohne weiteres die rechtlich festgesetzten Strafen zuzieht, wenn
er in Wort oder Schrift oder sonstwie seine Auffassung äußerlich
kundzugeben wagt" (NR 325; D 1641).
Das Dogma von der unbefleckten Empfängnis wird leider immer wieder
mit folgendem Dogma verwechselt:
2) Maria war Jungfrau vor, in und nach der Geburt
Wenngleich wir dieses Dogma schon mehrfach auf unseren Seiten erwähnt
haben, nennen wir es der Vollständigkeit halber auch an dieser Stelle.
Bereits auf der Lateransynode 649 unter Papst Martin I. werden diese
drei Aspekte der Jungfräulichkeit Mariens ganz selbstverständlich
genannt: "Wer nicht mit den heiligen Vätern im eigentlichen und wahren
Sinne die heilige und immer jungfräuliche und unbefleckte Maria als
Gottesgebärerin bekennt, da sie eigentlich und wahrhaft das göttliche
Wort selbst, das vom Vater vor aller Zeit gezeugte, in den letzten Zeiten,
ohne Samen, vom Heiligen Geiste empfangen und unversehrt geboren hat, indem
unverletzt blieb ihre Jungfrauschaft auch nach der Geburt: der sei verworfen"
(NR 269; D 256). Papst Paul IV. verurteilte 1555 in der Konstitution
"Cum quorundam" die Auffassung, "daß sie (Maria) nicht immer in unversehrter
Jungfrauschaft verblieben sei, nämlich vor der Geburt, in der Geburt
und immerdar nach der Geburt" (NR 322; D 993). Während diese Texte
- jeweils für sich betrachtet - nicht von allen Theologen als unfehlbar
beurteilt werden, kommt ihnen unter diachronischem Aspekt dennoch der Rang
der Unfehlbarkeit zu. Außerdem wird Maria auch in eindeutigen Dogmen
als "immerwährende Jungfrau" bezeichnet, z.B. auf dem 2. Konzil von
Konstantinopel (553): "Wer nicht zwei Geburten des Wortes Gottes bekennt,
die eine von Ewigkeit aus dem Vater, zeitlos und körperlos, die andere
in den letzten Tagen, da er herabkam aus den Himmeln und Fleisch geworden
ist aus der heiligen glorreichen Gottesgebärerin und immerwährenden
Jungfrau Maria und aus ihr geboren wurde, der sei ausgeschlossen" (NR 255;
D 214: s. auch D 218 und D 227).
3) Maria wurde mit Leib und Seele in den Himmel aufgenommen
In der apostolischen Konstitution "Munificentissimus Deus" verkündete
Papst Pius XII. am 1. November 1950 als von Gott geoffenbartes Dogma:
"Deshalb ... zur Ehre des allmächtigen Gottes, der sein besonderes
Wohlwollen der Jungfrau Maria mitgeteilt hat, zur Ehre seines Sohnes, des
unsterblichen Königs der Zeiten und des Siegers über Sünde
und Tod, zur größeren Ehre seiner erhabenen Mutter und
zur Freude und zum Jubel der ganzen Kirche, mit der Vollmacht unseres Herrn
Jesus Christus, der seligen Apostel Petrus und Paulus und Unserer eigenen
verkünden wir, erklären und definieren wir, daß es ein
von Gott geoffenbartes Dogma ist: Die unbefleckte Gottesgebärerin
und immerwährende Jungfrau Maria wurde nach Vollendung ihres irdischen
Lebens mit Leib und Seele zur himmlischen Herrlichkeit aufgenommen. / Deshalb,
wenn jemand, was Gott abwende, dies entweder zu leugnen, oder freiwillig
in Zweifel zu ziehen wagt, was von Uns definiert wurde, so soll er wissen,
daß er vom göttlichen und katholischen Glauben ganz und gar
abgefallen ist" (DS 3903 / 3904). Das Fest der "Mariä Himmelfahrt"
(15. August) gab es auch schon vor dieser Dogmenverkündung. Dementsprechend
steht z.B. im Schott - Meßbuch von 1937, 13 Jahre vor der Dogmenverkündung,
als Einführung zu "Mariä Himmelfahrt": Die Kirche feiert heute
den kostbaren Tod und die glorreiche Aufnahme der Gottesmutter in den Himmel.
Die Annahme, daß die sundelose Jungfrau-Mutter samt ihrem Leib in
den Himmel aufgenommen wurde, ist zwar kein feierlich verkündeter
Lehrsatz, aber doch ununterbroche Überlieferung unsrer katholischen
Kirche. Die demütigste Jungfrau erhielt die herrlichste Himmelskrone,
bestieg den höchsten Ehrentrhorn. Nun ist sie die Königin der
Engel, aber auch die mächtige und milde Fürbitterin und Schützerin
der Gläubigen auf ihrer gefahrvollen Pilgerreise zum Himmel [...]
Der Ursprung es Festes führt in den Orient, wo es wohl schon über
das Konzil von Chalcedon (451) hinaufreicht. In der römischen Kirche
bestand das Fest des Heimganges Mariä sicher im 7. Jahrhundert."
Was nun die Begründung der Dogmen betrifft, so ist zunächst
auf die Angemessenheit der Privilegien Mariens angesichts ihrer einzigartigen
Würde hinzuweisen, insbesondere mit Blick auf das Protoevangelium
(das "erste" Evangelium, insofern zum erstenmal die Erlösung angekündigt
wird), Genesis 3,15, das im Urtext lautet: [Gott spricht zu der Schlange
nach dem Sündenfall] "Feindschaft will ich setzen zwischen dir und
der Frau, und zwischen deinem Samen und ihrem Samen; er [der Same der Frau]
wird dir den Kopf zermalmen, und du wirst ihm die Ferse zermalmen." Schon
in der frühchristlichen Auslegung wurde der Ausdruck "Same der Frau"
auf Christus bezogen und dementsprechend Maria als die "Frau" betrachtet.
"Nach der fast einstimmigen Exegese der Väter von Justinus Martyr
und Irenäus angefangen ist der 'Schlangentreter' eine bestimmte Person,
und zwar der Erlöser selbst, Jesus Christus, wie auch das der Schlange
so gefährliche 'Weib' nicht mit Eva, sondern direkt mit Maria zu identifizieren
ist. Diesem ersten Binar tritt aber ein zweites feindselig gegenüber:
die 'Schlange', d.i. der Teufel, und sein 'Samen', d.i. die aus Sündern
bestehende Anhängerschaft (vgl. Mt 3,7; Joh 8,44; Apg 13,10; 1 Joh
3,8). Nun hat aber Gott selbst zwischen beiden Binaren, nämlich Christus
und Maria auf der einen, sowie Satan und Sündern auf der anderen Seite,
eine unversöhnliche Feindschaft gesetzt, deren Wirkung in dem vollständigen
Siege des ersten über das zweite Binar, nämlich in der 'Zertretung
des Kopfes der Schlange', bestehen wird. wenn also der Schlangentreter
über Teufel und Sünde triumphiert, so muß auch sein Mutter
Maria am Triumphe ihres Abstammes, d.i. Christi, teilnehmen, weil sie ja
in der gleichen Feindschaft mit dem Teufel und dessen Anhang lebt wie Christus.
Gesetzt aber den Fall, Maria wäre auch nur einen kurzen Moment mit
der Erbsünde befleckt gewesen, dann hätte der Teufel über
sie gesiegt, statt umgekehrt sie über ihn, dann wäre sie folglich
für einen Augenblick die Freundin und Anhängerin statt Feindin
des Teufels gewesen, d.h. das Protoevangelium wäre unwahr. Folglich
hat das Protoevangelium, im Lichte der ständigen christlichen Tradition
betrachtet, nicht nur den Erlösungssieg Christi, sondern implicite
auch die unbefleckte Empfängnis seiner Mutter geweissagt" (Pohle-Gierens,
269f).
Über die Jungfräulichkeit Mariens s. auch unsere Bemerkungen
zum Protestantismus und zu Hansjürgen
Verweyen. Die Jungfräulichkeit Mariens während der Geburt
ist klar bei Isaias 7,14 ("Die Jungfrau wird empfangen und gebären")
angekündigt und wurde bereits von den Kirchenvätern nie in Zweifel
gezogen.
Die Aufnahme Mariens in den Himmel ist ebenfalls der Würde der
Gottesmutter angemessen. "Im Protoevangelium, namentlich in Verbindung
mit ntl Texten (bes. Röm 5,12ff), die Sünde und Tod als die,
in sich zusammengehörige, dem Erlöser feindliche, von ihm aber
überwundene Macht hinstellen, ist wohl - als Teil im Ganzen - die
leibliche Aufnahme Marias in den Himmel mitenthalten: denn Maria ist nach
der traditionellen Erklärung des Protoevangeliums ein Teil des siegenden
Prinzips; die Verwesung nach dem Tode, wenn auch aus besonderen Gründen
nicht der Tod selbst, ist aber, wie das Beispiel Christi zeigt, ein Teil
des überwundenen Feindes. Nur wenn, trotz der feindlichen Nachstellung,
schließlich und dauernd das ganze siegende Prinzip den ganzen Feind
überwindet, ist diesem der Kopf zertreten. ... es ist nicht gut möglich,
daß der jungfräuliche Leib, der den Gottmenschen selber empfing,
gebar und säugte, dem Greuel der Verwesung dem Fraße der Würmer
anheimfallen sollte. [...] Nicht unpassend bezieht man daher den Psalmvers
(Ps 15,10): 'Du wirst deinen Heiligen die Verwesung (corruptionem) nicht
schauen lassen', auch auf die Mutter Gottes, welche als solche eines Fleisches
war mit dem Gottmenschen, nach dem alten Satze: Caro Iesu, caro Mariae
[Das Fleisch Jesu ist das Fleisch Mariens]" (Pohle-Gierens, 304f).
Es gibt auch eine wichtige, allerdings noch nicht als unfehlbar definierte
Lehre, daß Maria eine gewisse Mittlerfunktion in der Heilsgeschichte
übernommen hat. Dies steht aber in keinem Widerspruch und erst recht
nicht in Konkurrenz zur Mittlerschaft Christi: "Es gibt ja nur Einen Gott
und nur Einen Mittler zwischen Gott und den Menschen: den Menschen Christus
Jesus, der sich zum Lösegeld für alle dahingegeben hat" (1 Tim
2,5). Dazu Neuner - Roos: "Die Lehre von der Gnadenmittlerschaft Mariens
ist kirchliches Erbgut seit den ersten christlichen Jahrhunderten. Sie
ist nichts anderes als das Bewußtsein der Kirche von der überragenden
Stellung Mariens im göttlichen Heilsplan. - Trotzdem war es erst den
letzten Jahrzehnten vorbehalten, diese Lehre auch in amtlichen Dokumenten
zu verkünden" ((1)1938; 188). Papst Leo XIII. schreibt in der Enzyklika
"Octobri Mense" vom 22. September 1891 zu dieser Lehre:
"Der ewige Gottessohn wollte zur Erlösung und verherrlichung des
Menschengeschlechtes die Menschennatur annehmen und deshalb in einem gewissen
Sinn eine mystische Ehe mit dem gesamten Menschengeschlecht eingehen. Er
tat das aber nicht ohne das vorhergehende ganz frei Ja der erwählten
Mutter, die gewissermaßen Wortführerin des Menschengeschlechtes
selber war. Thomas von Aquin hat das so wahr und treffend gesagt: In der
Verkündigung wurde die Zustimmung der Jungfrau an Stelle der gesamten
menschlichen Natur erwartet. So darf man in vollem Sinn als wahr behaupten:
Von jenem großen Gnadenschatz, den der Herr gebracht hat - durch
christus sind uns ja Wahrheit und Gnade geworden (Joh 1,17) - fließt
uns nach göttlichem Willen nichts zu außer durch Maria. Wie
deshalb zum höchsten Vater niemand hintreten kann außer durch
den Sohn, so kann gewissermaßen niemand zu Christus hintreten außer
durch die Mutter" (NR 327; DS 3274).
Der enge Zusammenhang zwischen Christus und seiner Mutter bringt es mit sich, daß sich Liebe zu Christus auch in Marienverehrung äußert. Wer Mutter und Sohn hier künstlich trennen will, der setzt sich leicht der Gefahr aus, den gesamten Glauben zu verlieren, s. das Beispiel des Protestantismus oder der V2-Sekte. Wer die Privilegien Mariens leugnet, der hat auch mit Christus gebrochen. Man hat die Wahl, wem man sich anschließen will: Entweder Christus und seiner Mutter, oder dem Teufel und der sündigen Welt; s. auch unsere Empfehlung des Rosenkranzgebetes.