Pius XI. wußte um den engen Zusammenhang zwischen gerechter Staatsführung und wahrer Religion. "Habt acht, Ehrwürdige Brüder, daß vor allem der Gottesglaube, die erste und unersetzbare Grundlage jeder Religion, in deutschen Landen rein und unverfälscht erhalten bleibe!" Adolf Hitler richtete seinen Kampf gezielt gegen die katholische Kirche, sowohl durch Massenmord an Priestern und Mitgliedern katholisch geprägter Widerstandsbewegungen (bekannt ist v.a. die "Weiße Rose", der die Geschwister Hans Scholl und Sophie Scholl angehörten) als auch durch propagandistische Beeinflussung des religiösen Bewußtseins (z.B. durch "Hitlergebete" wie: "Herrgott, steh dem Führer bei, daß Dein Weg der Seine sei, daß Sein Weg der Deine sei, Herrgott, steh dem Führer bei"). Die "Blut und Boden"-Literatur (auch "Blubo"-Literatur genannt) und die heidnischen Mythen, wie sie z.B. von Richard Wagner im "Ring der Nibelungen" verbreitet wurden, vermittelten ein neues Weltbild.
DIE AUSSAGEN DES PAPSTES SIND ANGESICHTS DER HEUTIGEN SITUATION IN
DEUTSCHLAND, ANGESICHTS DER VERHÖHNUNG UND KNEBELUNG DER
RÖMISCH-KATHOLISCHEN CHRISTEN SOWOHL DURCH DEN STAAT ALS AUCH
DURCH DIE KONZILSSEKTE ("röm.-kath. Kirche e.V.") VON
HÖCHSTER AKTUALITÄT:
"HIER IST DER PUNKT ERREICHT, WO ES UM LETZTES UND HÖCHSTES,
UM RETTUNG ODER UNTERGANG GEHT, UND WO INFOLGEDESSEN DEM GLÄUBIGEN
DER WEG HELDENMÜTIGEN STARKMUTES DER EINZIGE WEG DES HEILES IST."
Ehrwürdige Brüder!
Gruß und Apostolischen Segen!
Mit brennender Sorge und steigendem Befremden beobachten Wir seit
geraumer Zeit den Leidensweg der Kirche, die wachsende Bedrängnis
der ihr in Gesinnung und Tat treubleibenden Bekenner und Bekennerinnen
inmitten des Landes und des Volkes, dem St. Bonifatius einst die Licht-
und Frohbotschaft von Christus und dem Reiche Gottes gebracht hat.
Diese Unsere Sorge ist nicht vermindert worden durch das, was die Uns
an Unserem Krankenlager besuchenden Vertreter des hochwürdigsten
Episkopates wahrheits- und pflichtgemäß berichtet haben.
Neben viel Tröstlichem und Erhebendem aus dem Bekennerkampf ihrer
Gläubigen haben sie bei aller Liebe zu Volk und Vaterland und bei
allem Bestreben nach abgewogenem Urteil auch unendlich viel Herbes und
Schlimmes nicht übergehen können. Nachdem Wir ihre
Darlegungen vernommen, durften Wir in innigem Dank gegen Gott mit dem
Apostel der Liebe sprechen: "Eine größere Freude habe ich
nicht, als wenn ich höre: meine Kinder wandeln in der Wahrheit"
(3. Jo. 4.). Der unserem verantwortungsvollen apostolischen Amt
ziemende Freimut und der Wille, Euch und der gesamten christlichen Welt
die Wirklichkeit in ihrer ganzen Schwere vor Augen zu stellen, fordern
von Uns aber auch, daß Wir hinzufügen: eine
größere Sorge, ein herberes Hirtenleid haben Wir nicht, als
wenn Wir hören: viele verlassen den Weg der Wahrheit (vgl. 2.
Petr. 2. 2.).
Als Wir, Ehrwürdige Brüder, im Sommer 1933 die Uns von der
Reichsregierung in Anknüpfung an einen jahrealten früheren
Entwurf angetragenen Konkordatsverhandlungen aufnehmen und zu Euer
aller Befriedigung mit einer feierlichen Vereinbarung abschließen
ließen, leitete Uns die pflichtgemäße Sorge um die
Freiheit der kirchlichen Heilsmission in Deutschland und um das Heil
der ihr anvertrauten Seelen – zugleich aber auch der aufrichtige
Wunsch, der friedlichen Weiterentwicklung und Wohlfahrt des deutschen
Volkes einen ganz wesentlichen Dienst zu leisten.
Trotz mancher Bedenken haben Wir daher Uns damals den Entschluß
abgerungen, Unsere Zustimmung nicht zu versagen. Wir wollten unseren
treuen Söhnen und Töchtern in Deutschland im Rahmen des
Menschenmöglichen die Spannungen und Leiden ersparen, die
andernfalls unter den damaligen Verhältnissen mit Gewißheit
zu erwarten gewesen wären. Wir wollten allen durch die Tat
beweisen, daß Wir, einzig Christus suchend und das was Christi
ist, niemanden die Friedenshand der Mutterkirche verweigern, der sie
nicht selbst zurückstößt. Wenn der von Uns in lauterer
Absicht in die deutsche Erde gesenkte Friedensbaum nicht die
Früchte gezeitigt hat, die Wir im Interesse Eures Volkes
ersehnten, dann wird niemand in der weiten Welt, der Augen hat, zu
sehen, und Ohren, zu hören, heute noch sagen können, die,
Schuld liege auf Seiten der Kirche und ihres Oberhauptes.
Der Anschauungsunterricht der vergangenen Jahre klärt die
Verantwortlichkeiten. Er enthüllt Machenschaften, die von Anfang
an kein anderes Ziel kannten als den Vernichtungskampf. In die Furchen,
in die Wir den Samen aufrichtigen Friedens zu säen bemüht
waren, streuten andere – wie der Feind (inimicus homo) in der Heiligen
Schrift (Mt. 13, 25) – die Unkrautkeime des Mißtrauens, des
Unfriedens, des Hasses, der Verunglimpfung, der heimlichen und offenen,
aus tausend Quellen gespeisten und mit allen Mitteln arbeitenden
grundsätzlichen Feindschaft gegen Christus und Seine Kirche. Ihnen
und nur ihnen, sowie ihren stillen und lauten Schildhaltern fällt
die Verantwortung dafür zu, daß statt des Regenbogens des
Friedens am Horizont Deutschlands die Wetterwolke zersetzender
Religionskämpfe sichtbar ist.
Wir sind, Ehrwürdige Brüder, nicht müde geworden, den
verantwortlichen Lenkern der Geschicke Eures Landes die Folgen
darzustellen, die aus dem Gewährenlassen oder gar aus der
Begünstigung solcher Strömungen sich zwangsweise ergeben
müßten. Wir haben alles getan, um die Heiligkeit des
feierlich gegebenen Wortes, die Unverbrüchlichkeit der freiwillig
eingegangenen Verpflichtungen zu verteidigen gegen Theorien und
Praktiken, die – falls amtlich gebilligt – alles Vertrauen töten
und jedes auch in Zukunft gegebene Wort innerlich entwerten
müßten. Wenn einmal die Zeit gekommen sein wird, diese
Unsere Bemühungen vor den Augen der Welt offen zu legen, werden
alle Gutgesinnten wissen, wo sie die Friedenswahrer und
Friedensstörer zu suchen haben.
Jeder, dessen Geist sich noch einen Rest von Wahrheitsempfinden, dessen
Herz sich noch einen Schatten von Gerechtigkeitsgefühl bewahrt
hat, wird dann zugeben müssen, daß in diesen schweren und
ereignisvollen Jahren der Konkordatszeit jedes Unserer Worte und jede
Unserer Handlungen unter dem Gesetz der Vereinbarungstreue standen. Er
wird aber auch mit Befremden und innerster Ablehnung feststellen
müssen, wie von der anderen Seite die Vertragsumdeutung, die
Vertragsaushöhlung, schließlich die mehr oder minder
öffentliche Vertragsverletzung zum ungeschriebenen Gesetz des
Handelns gemacht wurden.
Die von Uns trotz allem bezeigte Mäßigung war nicht
eingegeben von Erwägungen irdischer Nützlichkeit oder gar
unziemlicher Schwäche, sondern lediglich von dem Willen, mit dem
Unkraut nicht etwa wertvolles Wachstum auszureißen; von der
Absicht, nicht eher öffentlich zu urteilen, als bis die Geister
für die Unentrinnbarkeit dieses Urteils reif geworden wären;
von der Entschlossenheit, die Vertragstreue anderer nicht eher
endgültig zu verneinen, als bis die eiserne Sprache der
Wirklichkeit die Hüllen gesprengt hätte, in die eine
planmäßige Tarnung den Angriff gegen die Kirche zu
hüllen verstanden hatte und versteht. Auch heute noch, wo der
offene Kampf gegen die konkordatgeschützte Bekenntnisschule und wo
die vernichtete Abstimmungsfreiheit der katholischen
Erziehungsberechtigten auf einem besonders wesentlichen Lebensgebiet
der Kirche den erschütternden Ernst der Lage und die beispiellose
Gewissensnot gläubiger Christen kennzeichnen, rät Uns die
Vatersorge um das Heil der Seelen, die etwa noch vorhandenen, wenn auch
geringen Aussichten auf Rückkehr zur Vertragstreue, und zu
verantwortbarer Verständigung nicht unberücksichtigt zu
lassen. Den Bitten des hochwürdigsten Episkopates folgend werden
Wir auch weiterhin nicht müde werden, bei den Lenkern Eures Volkes
Sachwalter des verletzten Rechtes zu sein und Uns – unbekümmert um
den Erfolg oder Mißerfolg des Tages – lediglich Unserem Gewissen
und Unserer Hirtenmission gehorchend einer Geisteshaltung zu
widersetzen, die verbrieftes Recht durch offene oder verhüllte
Gewalt zu erdrosseln sucht.
Der Zweck des gegenwärtigen Schreibens aber, Ehrwürdige
Brüder, ist ein anderer. Wie Ihr Uns an Unserem Krankenlager
liebevoll Besuch abgestattet habt, so wenden Wir Uns an Euch und durch
Euch an die katholischen Gläubigen Deutschlands, die – wie alle
leidenden und bedrängten Kinder – dem Herzen des gemeinsamen
Vaters besonders nahe stehen. In dieser Stunde, wo ihr Glaube im Feuer
der Trübsal und der versteckten und offenen Verfolgung als echtes
Gold erprobt wird, wo sie von tausend Formen organisierter
religiöser Unfreiheit umgeben sind, wo der Mangel an
wahrheitsgetreuer Unterrichtung und normaler
Verteidigungsmöglichkeit schwer auf ihnen lastet, haben sie ein
doppeltes Recht auf ein Wort der Wahrheit und der seelischen
Stärkung von dem, an dessen ersten Vorgänger das
inhaltsschwere Heilandswort gerichtet war: "Ich habe für dich
gebetet, daß dein Glaube nicht wanke, und du hinwiederum
stärke deine Brüder (Lc. 22,32).
Habt acht, Ehrwürdige Brüder, daß vor allem der
Gottesglaube, die erste und unersetzbare Grundlage jeder Religion, in
deutschen Landen rein und unverfälscht erhalten bleibe!
Gottgläubig ist nicht, wer das Wort rednerisch gebraucht, sondern
nur, wer mit diesem hehren Wort den wahren und würdigen
Gottesbegriff verbindet.
Wer in pantheistischer Verschwommenheit Gott mit dem WeltalI gleich
setzt, Gott in der Welt verweltlicht und die Welt in Gott
vergöttlicht, gehört nicht zu den Gottgläubigen. Wer
nach angeblich altgermanisch-vorchristlicher Vorstellung das
düstere unpersönliche Schicksal an die Stelle des
persönlichen Gottes rückt, leugnet Gottes Weisheit und
Vorsehung, die "kraftvoll und gütig von einem Ende der Welt zum
anderen waltet" (Weish. 8 ,1.) und alles zum guten Ende leitet. Ein
solcher kann nicht beanspruchen, zu den Gottgläubigen gerechnet zu
werden.
Wer die Rasse oder das Volk oder den Staat oder die Staatsform, die
Träger der Staatsgewalt oder andere Grundwerte menschlicher
Gemeinschaftsgestaltung – die innerhalb der irdischen Ordnung einen
wesentlichen und ehrengebietenden Platz behaupten – aus dieser ihrer
irdischen Wertskala herauslöst, sie zur höchsten Norm aller,
auch der religiösen Werte macht und sie mit Götzenkult
verherrlicht, der verkehrt und fälscht die gottgeschaffene und
gottbefohlene Ordnung der Dinge. Ein solcher ist weit vom wahren
Gottesglauben und einer solchem Glauben entsprechenden Lebensauffassung
entfernt.
Habet acht, Ehrwürdige Brüder, auf den in Rede und Schrift
zunehmenden Mißbrauch, den dreimal heiligen Gottesnamen
anzuwenden als sinnleere Etikette für irgendein mehr oder minder
willkürliches Gebilde menschlichen Suchens und Sehnens. Wirkt
unter Euren Gläubigen dahin, daß sie solcher Verirrung mit
der wachsamen Ablehnung begegnen, die sie verdient. Unser Gott ist der
persönliche, übermenschliche, allmächtige, und endlich
vollkommene Gott, einer in der Dreiheit der Personen,
dreipersönlich in der Einheit des göttlichen Wesens, der
Schöpfer alles Geschaffenen, der Herr und König und letzte
Vollender der Weltgeschichte, Der keine Götter neben Sich duldet
noch dulden kann.
Dieser Gott hat in souveräner Fassung Seine Gebote gegeben. Sie
gelten unabhängig von Zeit und Raum, von Land und Rasse. So wie
Gottes Sonne über allem leuchtet, was Menschenantlitz trägt,
so kennt auch Sein Gesetz keine Vorrechte und Ausnahmen. Regierende und
Regierte, Gekrönte und Ungekrönte, Hohe und Niedrige, Reiche
und Arme, stehen gleichermaßen unter Seinem Wort. Aus der
Totalität Seiner Schöpferrechte fließt
seinsgemäß die Totalität Seines Gehorsamsanspruchs an
die Einzelnen und an alle Arten von Gemeinschaften. Dieser
Gehorsamsanspruch erfaßt alle Lebensbereiche, in denen sittliche
Fragen die Auseinandersetzung mit dem Gottesgesetz fordern und damit
die Einordnung wandelbarer Menschensatzung in das Gefüge der
unwandelbaren Gottessatzung.
Nur oberflächliche Geister können der Irrlehre verfallen, von
einem nationalen Gott, von einer nationalen Religion zu sprechen;
können den Wahnversuch unternehmen, Gott, den Schöpfer aller
Welt, den König und Gesetzgeber aller Völker, vor Dessen
Größe die Nationen klein sind wie Tropfen am Wassereimer
(Is. 40, 15.), in die Grenze eines einzelnen Volkes, in die
blutmäßige Enge einer einzelnen Rasse einkerkern zu wollen.
Die Bischöfe der Kirche Christi, aufgestellt "für das, was
sich auf Gott bezieht" (Hebr. 5, 1.), müssen darüber wachen,
daß solche verderblichen Irrtümer, denen noch verderblichere
Praktiken auf dem Fuße zu folgen pflegen, innerhalb der
Gläubigen nicht Boden fassen. Ihre heilige Amtspflicht ist es,
soviel an ihnen liegt, alles zu tun, damit die Gebote Gottes als
verpflichtende Grundlage des sittlich geordneten privaten und
öffentlichen Lebens beachtet und befolgt werden; daß die
Majestätsrechte Gottes, der Name und das Wort Gottes nicht
verunehrt werden (Tit. 2,5.); daß die Gotteslästerungen – in
Wort und Schrift und Bild, zeitweise zahlreich wie der Sand am Meere –
zum Schweigen gebracht werden; daß dem trotzenden Prometheusgeist
der Gottesverneiner, Gottesverächter und Gotteshasser
gegenüber der Sühnegeist der Gläubigen nie erlahme, der
wie Rauchwerk Stunde um Stunde zum Allerhöchsten emporsteigt und
Seine strafende Hand aufhält.
Wir danken Euch, Ehrwürdige Brüder, Euren Priestern und all
den Gläubigen, die in der Verteidigung der Majestätsrechte
Gottes gegen ein angrifflüsternes, von einflußreicher Seite
leider vielfach begünstigtes Neuheidentum, ihre Christenpflicht
erfüllt haben und erfüllen. Dieser Dank ist doppelt innig und
mit anerkennender Bewunderung für diejenigen verknüpft, die
in Ausübung ihrer Pflicht gewürdigt wurden, um Gottes willen
irdische Opfer und irdisches Leid auf sich nehmen zu dürfen.
Kein Gottesglaube wird sich auf die Dauer rein und unverfälscht
erhalten, wenn er nicht gestützt wird vom Glauben an Christus.
"Niemand kennt den Sohn als der Vater, und niemand kennt den Vater als
der Sohn, und wem es der Sohn offenbaren will" (Mt. 11,27.). "Das ist
das ewige Leben, daß sie Dich erkennen, den allein wahren Gott,
und den Du gesandt hast, Jesus Christus" (Jo. 17; 3.). Es darf also
niemand sagen: ich bin gottgläubig, das ist mir Religion genug.
Des Heilands Wort hat für Ausflüchte dieser Art keinen Platz.
"Wer den Sohn leugnet, hat auch nicht den Vater; wer den Sohn bekennt,
hat auch den Vater (1. Jo. 2,23.).
In Jesus Christus, dem menschgewordenen Gottessohn, ist die Fülle
der göttlichen Offenbarung erschienen. "Auf vielerlei Art und in
verschiedenen Formen hat Gott einst zu den Vätern durch die
Propheten gesprochen. In der Fülle der Zeiten hat Er zu uns durch
den Sohn geredet" (Hebr. 1,1f.). Die heiligen Bücher des Alten
Bundes sind ganz Gottes Wort, ein organischer Teil Seiner Offenbarung.
Der stufenweisen Entfaltung der Offenbarung entsprechend liegt auf
ihnen noch der Dämmer der Vorbereitungszeit auf den vollen
Sonnentag der Erlösung. Wie es bei Geschichts- und
Gesetzbüchern nicht anders sein kann, sind sie in manchen
Einzelheiten ein Spiegelbild menschlicher Unvollkommenheit,
Schwäche und Sünde. Neben unendlich vielem Hohen und Edlen
erzählen sie auch von der Veräußerlichung und
Verweltlichung, die in dem die Offenbarung und die Verheißungen
Gottes tragenden alttestamentlichen Bundesvolk immer wieder
hervorbrachen. Für jedes nicht durch Vorurteil und Leidenschaft
geblendete Auge leuchtet jedoch aus dem menschlichen Versagen, von dem
die Biblische Geschichte berichtet, um so strahlender das Gotteslicht
der über alle Fehde und Sünde letztlich triumphierenden
Heilsführung hervor. Gerade auf solchem oft düsteren
Hintergrund wächst die Heilspädagogik des Ewigen in
Perspektiven hinein, die wegweisend, warnend, erschütternd,
erhebend und beglückend zugleich sind. Nur Blindheit und Hochmut
können ihre Augen vor den heilserzieherischen Schätzen
verschließen, die das Alte Testament birgt. Wer die Biblische
Geschichte und die Lehrweisheit des Alten Bundes aus Kirche und Schule
verbannt sehen will, lästert das Wort Gottes, lästert den
Heilsplan des Allmächtigen, macht enges und beschränktes
Menschendenken zum Richter über göttliche Geschichtsplanung.
Er verneint den Glauben an den wirklichen, im Fleische erschienenen
Christus, Der die menschliche Natur aus dem Volke annahm, das Ihn ans
Kreuz schlagen sollte. Er steht verständnislos vor dem Weltdrama
des Gottessohnes, Welcher der Meintat Seiner Kreuziger die
hohepriesterliche Gottestat des Erlösertodes entgegensetzte und
damit den Alten Bund in dem Neuen Bunde seine Erfüllung, sein Ende
und seine Überhöhung finden ließ.
Der im Evangelium Jesu Christi erreichte Höhepunkt der Offenbarung
ist endgültig, ist verpflichtend für immer. Diese Offenbarung
kennt keine Nachträge durch Menschenhand, kennt erst recht keinen
Ersatz und keine Ablösung durch die willkürlichen
"Offenbarungen", die gewisse Wortführer der Gegenwart aus dem
sogenannten Mythus von Blut und Rasse herleiten wollen. Seitdem
Christus der Gesalbte das Werk der Erlösung vollbracht, die
Herrschaft der Sünde gebrochen und uns die Gnade verdient hat,
Kinder Gottes zu werden – seitdem ist kein anderer Name unter dem
Himmel den Menschen gegeben, durch den sie selig werden können,
als der Name Jesu (Apg. 4, 12.). Kein Mensch – möge auch alles
Wissen, alles Können, alle äußerliche Macht der Erde in
ihm verkörpert sein – kann einen anderen Grund legen als den, der
in Christus bereits gelegt ist (1. Cor. 3, 11.). Wer in sakrilegischer
Verkennung der zwischen Gott und Geschöpf, zwischen dem
Gottmenschen und den Menschenkindern klaffenden Wesensunterschiede
irgend einen Sterblichen und wäre er der Größte aller
Zeiten, neben Christus zu stellen wagt, oder gar über Ihn und
gegen Ihn, der muß sich sagen lassen, daß er ein
Wahnprophet ist, auf den das Schriftwort erschütternde Anwendung
findet: "Der im Himmel wohnt, lachet ihrer" (Ps. 2, 4.).
Der Christusglaube wird sich nicht rein und unverfälscht erhalten,
wenn er nicht gestützt und umhegt wird vom Glauben an die Kirche,
"die Säule und Grundfeste der Wahrheit" (1. Tim. 3, 15.). Christus
Selbst, Gott hochgelobt in Ewigkeit, hat diese Säule des Glaubens
aufgerichtet. Sein Gebot, die Kirche zu hören (Mt. 18, 17.) ,aus
den Worte und Geboten der Kirche Seine eigenen Worte und Gebote
herauszuhören (Lc. 10, 16.), gilt für die Menschen aller
Zeiten und Zonen. Die von dem Erlöser gestiftete Kirche ist eine –
für alle Völker und Nationen. Unter ihrem Kuppelbau, der wie
Gottes Firmament die ganze Erde überwölbt, ist Platz und
Heimat für alle Völker und Sprachen, ist Raum für die
Entfaltung aller von Gott dem Schöpfer und Erlöser in die
Einzelnen und in die Volksgemeinschaften hinein gelegten besonderen
Eigenschaften, Vorzüge, Aufgaben und Berufungen. Das Mutterherz
der Kirche ist weit und groß genug, um in der
gottgemäßen Entfaltung solcher Eigenarten und Eigengaben
mehr den Reichtum der Mannigfaltigkeit zu sehen als die Gefahr von
Absonderungen. Sie freut sich des geistigen Hochstandes des Einzelnen
und der Völker. Sie sieht in ihren echten Leistungen mit
Mutterfreude und Mutterstolz Erziehungsfrüchte und Fortschritte,
die sie segnet und fördert, wo immer sie es im Gewissen kann. Aber
sie weiß auch, daß dieser Freiheit Grenzen gezogen sind
durch die Majestät des Gottesgebotes, das diese Kirche in allem
Wesenhaften als untrennbare Einheit gewollt und gegründet hat. Wer
an diese Einheit und Untrennbarkeit rührt, nimmt der Braut Christi
eines der Diademe, mit denen Gott Selbst sie gekrönt hat. Er
unterwirft ihren auf ewigen Fundamenten ruhenden Gottesbau der
Überprüfung und Umgestaltung durch Baumeister, denen der
Vater im Himmel keine Bauvollmacht erteilt hat.
Die göttliche Sendung der Kirche, die unter Menschen wirkt und
durch Menschen wirken muß, mag schmerzlich verdunkelt werden
durch das Menschlich-Allzumenschliche, das zu Zeiten immer und immer
wieder als Unkraut unter dem Weizen des Gottesreiches durchwuchert. Wer
das Heilandswort über die Ärgernisse und die
Ärgernisgeber kennt, weiß, wie die Kirche und wie jeder
Einzelne über das zu urteilen hat, was Sünde war und
Sünde ist. Wer über diesen verurteilenswerten Abweichungen
zwischen Glauben und Leben, zwischen Wort und Tat, zwischen
äußerer Haltung und innerer Gesinnung bei Einzelnen – und
wären es ihrer auch viele – die Unsumme von echtem Tugendstreben,
von Opfersinn, von Bruderliebe, von heldenhaftem Heiligkeitsdrang
vergißt oder gar wissentlich verschweigt, der enthüllt eine
bedauernswerte Blindheit und Ungerechtigkeit. Wenn dann vollends
erkennbar wird, daß er den harten Maßstab, den er an die
gehaßte Kirche anlegt, in demselben Augenblick vergißt, wo
es sich um Gemeinschaften anderer Art handelt, die ihm aus Gefühl
oder Interesse nahestehen, dann offenbart er sich in seinem angeblich
verletzten Reinlichkeitsgefühl als verwandt mit denen, die nach
des Heilands schneidendem Wort über den Splitter im Auge des
Bruders den Balken im eigenen Auge übersehen. So wenig rein
aber auch die Absicht derer ist, die aus der Beschäftigung mit dem
Menschlichen in der Kirche einen Beruf, vielfach sogar ein niedriges
Geschäft machen, und obgleich die in Gott ruhende Gewalt des
kirchlichen Amtsträgers nicht abhängig ist von seiner
menschlichen und sittlichen Höhe, so ist doch keine Zeitepoche,
kein Einzelner, keine Gemeinschaft frei von der Pflicht ehrlicher
Gewissenserforschung, unerbittlicher Läuterung, durchgreifender
Erneuerung in Gesinnung und Tat. In Unserer Enzyklika über das
Priestertum, in Unserem Sendschreiben über die Katholische Aktion
haben wir mit beschwörender Eindringlichkeit auf die heilige
Pflicht aller Angehörigen der Kirche und allen voran der
Angehörigen des Priester- und Ordensstandes und des
Laienapostolates hingewiesen, Glaube und Lebensführung in die von
Gottes Gesetz geforderte, von der Kirche mit nimmermüdem Nachdruck
verlangte Übereinstimmung zu bringen. Und auch heute wiederholen
Wir mit tiefem Ernst: es genügt nicht, zur Kirche Gottes zu
zählen. Man muß auch lebendiges Glied dieser Kirche sein –
im Geiste und in der Wahrheit. Und das sind nur die, die in der Gnade
des Herrn stehen und unausgesetzt in Seiner Gegenwart wandeln – in
Unschuld oder in aufrichtiger und tätiger Buße. Wenn der
Völkerapostel, das "Gefäß der Auserwählung" seinen
Leib unter der Zuchtrute der Abtötung hielt, um nicht, nachdem er
anderen gepredigt, selbst verworfen zu werden (1. Cor. 9, 27.), kann es
dann für die übrigen, in deren Händen die Wahrung und
Mehrung des Reiches Gottes gelegt ist, einen anderen Weg geben als den
der innigsten Verbindung von Apostolat und Selbstheiligung? Nur so wird
der Menschheit von heute und in erster Linie den Widersachern der
Kirche gezeigt, daß das Salz der Erde, daß der Sauerteig
des Christentums nicht schal geworden, sondern fähig und bereit
ist, die in Zweifel und Irrtum, in Gleichgültigkeit und geistiger
Ratlosigkeit, in Glaubensmüdigkeit und Gottesferne befangenen
Menschen der Gegenwart die seelische Erneuerung und Verjüngung zu
bringen, deren sie – ob eingestanden oder geleugnet – dringender
bedürfen als je zuvor. Eine sich in allen ihren Gliedern auf sich
selbst besinnende, jede Veräußerlichung und Verweltlichung
abstreifende, mit den Geboten Gottes und der Kirche ernst machende, in
Gottesliebe und tätiger Nächstenliebe sich bewährende
Christenheit wird der im tiefsten Grunde kranken, nach Halt und
Wegweisung suchenden Welt Vorbild und Führerin sein können
und müssen, wenn nicht unsagbares Unglück, wenn nicht ein
alle Vorstellung hinter sich lassender Niedergang hereinbrechen soll.
Jede wahre und dauernde Reform ging letzten Endes vom Heiligtum aus;
von Menschen, die von der Liebe zu Gott und dem Nächsten entflammt
und getrieben waren. Aus ihrer großmütigen Gemeinschaft
heraus, auf jeden Ruf Gottes zu hören und ihn zunächst in
sich selbst zu verwirklichen, sind sie in Demut und mit der
Selbstsicherheit von Berufenen zu Leuchten und Erneuerern ihrer Zeit
herangewachsen. Wo der Reformeifer nicht aus dem reinen Schoß
persönlicher Lauterkeit geboren wurde, sondern Ausdruck und
Ausbruch leidenschaftlicher Anwandlungen war, hat er verwirrt, statt zu
klären, niedergerissen, statt aufzubauen, ist er nicht selten der
Ausgangspunkt für Irrwege gewesen, die verhängnisvoller waren
als die Schäden, die man zu bessern beabsichtigte oder vorgab.
Gewiß – Gottes Geist weht, wo Er will (Jo. 3, 8.). Er kann Sich
aus Steinen Wegbereiter Seiner Absicht erwecken (Mt. 3, 9; Lc. 3,.8.).
Er wählt die Werkzeuge Seines Willens nach eigenen Plänen und
nicht nach denen der Menschen. Er, Der die Kirche gegründet und
sie im Pfingststurm ins Dasein gerufen hat, Er sprengt nicht das
Grundgefüge der von Ihm Selbst gewollten Heilsstiftung. Wer vom
Geiste Gottes getrieben ist, hat von selbst die gebührende innere
und äußere Haltung gegenüber der Kirche, der Edelfrucht
am Baume des Kreuzes, dem Pfingstgeschenk des Gottesgeistes an die
führungsbedürftige Welt.
In Euren Gegenden, Ehrwürdige Brüder, werden in immer
stärkerem Chor Stimmen laut, die zum Austritt aus der Kirche
aufrufen. Unter den Wortführern sind vielfach solche, die durch
ihre amtliche Stellung den Eindruck zu erwecken suchen, als ob dieser
Kirchenaustritt und die damit verbundene Treulosigkeit gegen Christus
den König eine besonders überzeugende und verdienstvolle Form
des Treubekenntnisses zu dem gegenwärtigen Staate darstelle. Mit
verhüllten und sichtbaren Zwangsmaßnahmen,
Einschüchterungen, Inaussichtstellung wirtschaftlicher,
beruflicher, bürgerlicher und sonstiger Nachteile wird die
Glaubenstreue der Katholiken und insbesondere gewisser Klassen
katholischer Beamten unter einen Druck gesetzt, der ebenso rechtswidrig
wie menschlich unwürdig ist. Unser ganzes väterliches
Mitgefühl und tiefstes Mitleid begleitet diejenigen, die ihre
Treue zu Christus und Kirche um so hohen Preis bezahlen müssen.
Aber – hier ist der Punkt erreicht, wo es um Letztes und Höchstes,
um Rettung oder Untergang geht, und wo infolgedessen dem Gläubigen
der Weg heldenmütigen Starkmutes der einzige Weg des Heiles ist.
Wenn der Versucher oder Unterdrücker an ihn herantritt mit dem
Judasansinnen des Kirchenaustrittes, dann kann er ihm nur – auch um den
Preis schwerer irdischer Opfer – das Heilandswort entgegenhalten:
"Weiche von mir, Satan, denn es steht geschrieben: den Herrn deinen
Gott sollst du anbeten und Ihm allein dienen!" (Mt. 4, 10; Lc. 4, 8.).
Zu der Kirche aber wird er sprechen: Du meine Mutter von den Tagen
meiner Kindheit an, mein Trost im Leben, meine Fürbitterin im
Sterben – mir soll die Zunge am Gaumen kleben, wenn ich – irdischen
Lockungen oder Drohungen folgend – an meinem Taufgelübde zum
Verräter würde. Solchen aber, die vermeinen, sie könnten
mit äußerlichem Kirchenaustritt das innere
Treuverhältnis zur Kirche verbinden, möge des Heilands Wort
ernste Warnung sein: "Wer Mich vor den Menschen verleugnet, den werde
Ich auch vor Meinem Vater verleugnen, Der im Himmel ist" (Lc. 12, 9.).
Der Kirchenglaube wird nicht rein und unverfälscht erhalten, wenn
er nicht gestützt wird vom Glauben an den Primat des Bischofs von
Rom. In dem gleichen Augenblick, wo Petrus allen Aposteln und
Jüngern voran, den Glauben an Christus, den Sohn des lebendigen
Gottes bekannte, war die seinen Glauben und sein Bekenntnis belohnende
Antwort Christi das Wort von dem Bau Seiner Kirche, der einen Kirche,
und zwar auf Petrus dem Felsen (Mt. 16, 18.). Christus, die Kirche und
der Primat stehen also miteinander in einem geheiligten Zusammenhang.
Echte und legale Autorität ist überall ein Band der Einheit,
eine Quelle der Kraft, eine Gewähr gegen Zerfall und
Zersplitterung, eine Bürgschaft der Zukunft; im höchsten und
hehrsten Sinne da, wo, wie einzig bei der Kirche, solcher
Autorität die Gnadenführung des Heiligen Geistes, Sein
unüberwindlicher Beistand verheißen ist. Wenn Leute, die
nicht einmal im Glauben an Christus einig sind, euch das Wunsch- und
Lockbild einer deutschen Nationalkirche vorhalten, so wisset: sie ist
nichts als eine Verneinung der einen Kirche Christi, ein offenkundiger
Abfall von dem an die ganze Welt gerichteten Missionsbefehl, dem nur
eine Weltkirche genügen und nachleben kann. Der geschichtliche Weg
anderer Nationalkirchen, ihre geistige Erstarrung, ihre Umklammerung
oder Knechtung durch irdische Gewalten zeigen die hoffnungslose
Unfruchtbarkeit, der jeder vom lebendigen Weinstock der Kirche sich
abtrennende Rebzweig mit unentrinnbarer Sicherheit anheimfällt.
Wer solchen Fehlentwicklungen daher gleich von den ersten Anfängen
an sein wachsames und unerbittliches Nein entgegensetzt, dient nicht
nur der Reinheit seines Christenglaubens, sondern auch der Gesundheit
und Lebenskraft seines Volkes.
Ein besonders wachsames Auge, Ehrwürdige Brüder, werdet Ihr
haben müssen, wenn religiöse Grundbegriffe ihres
Wesensinhaltes beraubt und in einem profanen Sinne umgedeutet werden.
Offenbarung im christlichen Sinne ist das Wort Gottes an die Menschen.
Dieses gleiche Wort zu gebrauchen für die "Einflüsterungen"
von Blut und Rasse, für die Ausstrahlungen der Geschichte eines
Volkes ist in jedem Falle verwirrend. Solch falsche Münze verdient
nicht, in den Sprachschatz eines gläubigen Christen
überzugehen.
Glauben ist das sichere Fürwahrhalten dessen, was Gott geoffenbart
hat und durch die Kirche zu glauben vorstellt: "die feste
Überzeugung vom Unsichtbaren" (Hebr. 11, l.). Das freudige und
stolze Vertrauen auf die Zukunft seines Volkes, das jedem teuer ist,
bedeutet etwas ganz anderes als der Glaube im religiösen Sinne.
Das eine gegen das andere auszuspielen, das eine durch das andere
ersetzen wollen und daraufhin verlangen, von dem überzeugten
Christen als "gläubig" anerkannt zu werden, ist ein leeres Spiel
mit Worten oder bewußte Grenzverwischung oder Schlimmeres.
Unsterblichkeit im christlichen Sinne ist das Fortleben des Menschen
nach seinem irdischen Tode als persönliches Einzelwesen – zum
ewigen Lohn oder zur ewigen Strafe. Wer mit dem Worte Unsterblichkeit
nichts anderes bezeichnen will als das kollektive Mitfortleben im
Weiterbestand seines Volkes für eine unbestimmt lange Zukunft im
Diesseits, der verkehrt und verfälscht eine der Grundwahrheiten
des christlichen Glaubens, rührt an die Fundamente jeder
religiösen, eine sittliche Weltordnung fordernden Weltanschauung.
Wenn er nicht Christ sein will, sollte er wenigstens darauf verzichten,
den Wortschatz seines Unglaubens aus christlichem Begriffsgut zu
bereichern.
Erbsünde ist die erbliche, wenn auch nicht persönliche Schuld
der Nachkommen Adams, die in ihm gesündigt haben (Röm. 5,
12.), Verlust der Gnade und damit des ewigen Lebens, mit dem Hang zum
Bösen, den jeder durch Gnade, Buße, Kampf, sittliches
Streben zurückdrängen und überwinden muß. Das
Leiden und Sterben des Gottessohnes hat die Welt vom Erbfluch der
Sünde und des Todes erlöst. Der Glaube an diese Wahrheiten,
denen heute in Eurem Vaterlande der billige Spott der Christusgegner
gilt, gehört zum unveräußerlichen Bestand der
christlichen Religion.
Das Kreuz Christi, mag auch schon sein bloßer Name vielen eine
Torheit und ein Ärgernis geworden sein (1. Cor. 1, 23.), es bleibt
den Christen das geheiligte Zeichen der Erlösung, die Standarte
sittlicher Größe und Kraft. In seinem Schatten leben wir. In
seinem Kusse sterben wir. Auf unserem Grabe soll es stehen als
Künder unseres Glaubens, als Zeuge unserer dem ewigen Licht
zugewandten Hoffnung.
Demut im Geiste des Evangeliums und Gebet um Gottes Gnadenhilfe sind
mit Selbstachtung, Selbstvertrauen und heldischem Sinn wohl vereinbar.
Die Kirche Christi, die zu allen Zeiten bis in die jüngste
Gegenwart hinein mehr Bekenner und freiwillige Blutzeugen zählt,
als irgendwelche andere Gesinnungsgemeinschaft, hat nicht nötig,
von solcher Seite Belehrungen über Heldengesinnung und
Heldenleistung entgegenzunehmen. In seinem seichten Gerede über
christliche Demut als Selbstentwürdigung und unheldische Haltung
spottet der widerliche Hochmut dieser Neuerer seiner selbst.
Gnade im uneigentlichen Sinne mag alles genannt werden, was dem
Geschöpf vom Schöpfer zukommt. Gnade im eigentlichen und
christlichen Sinne des Wortes umfaßt jedoch die
übernatürlichen Erweise göttlicher Liebe, die Huld und
das Wirken Gottes, durch das Er den Menschen zu jener innersten
Lebensgemeinschaft mit Sich erhebt, die das Neue Testament
Gotteskindschaft nennt. "Seht, wie große Liebe uns der Vater
erwiesen hat: wir heißen Kinder Gottes, und wir sind es auch (1.
Jo. 3, 1.). Die Ablehnung dieser übernatürlichen
Gnadenerhebung aus angeblich deutscher Wesensart heraus ist Irrtum,
eine offene Kampfansage an eine Kernwahrheit des Christentums. Die
Gleichsetzung der übernatürlichen Gnade mit den Gaben der
Natur ist Eingriff in den durch die Religion geschaffenen und geweihten
Wortschatz. Die Hirten und Hüter des Volkes Gottes werden gut
daran tun, diesem Raub am Heiligtum und dieser Arbeit an der Verwirrung
der Geister mit Wachsamkeit entgegenzutreten.
Auf dem wahren und rein bewahrten Gottesglauben ruht die Sittlichkeit
der Menschheit. Alle Versuche, die Sittenlehre und sittliche Ordnung
vom Felsenboden des Glaubens loszulösen und auf dem wehenden
Flugsand menschlicher Normen aufzubauen, führen früher oder
später Einzelne und Gemeinschaften in moralischen Niedergang. Der
Tor, der in seinem Herzen spricht, es gibt keinen Gott, wird Wege der
sittlichen Verdorbenheit wandeln (Ps. 13, l.). Die Zahl solcher Toren,
die heute sich unterfangen, Sittlichkeit und Religion zu trennen, ist
Legion geworden. Sie sehen nicht oder wollen nicht sehen, daß mit
der Verbannung des bekenntnismäßigen, d. h. klar und
bestimmt gefaßten Christentums aus Unterricht und Erziehung, aus
der Mitgestaltung des gesellschaftlichen und öffentlichen Lebens
Wege der geistigen Verarmung und des Niederganges beschritten werden.
Keine Zwangsgewalt des Staates, keine rein irdischen, wenn auch in sich
hohen und edlen Ideale, werden auf die Dauer imstande sein, die aus dem
Gottes- und dem Christusglauben kommenden letzten und entscheidenden
Antriebe zu ersetzen. Nimmt man dem zu höchsten Opfern, zur
Hingabe des kleinen Ich an das Gemeinwohl Aufgerufenen den sittlichen
Rückhalt aus dem Ewigen und Göttlichen, aus dem aufrichtigen
und tröstenden Glauben an den Vergelter alles Guten und Ahnder
alles Bösen – dann wird für Ungezählte das Endergebnis
nicht sein die Bejahung der Pflicht, sondern die Flucht vor ihr. Die
gewissenhafte Beobachtung der 10 Gebote Gottes und der Kirchengebote,
welch letztere nichts anderes sind als Ausführungsbestimmungen zu
den Normen des Evangeliums, ist für jeden Einzelmenschen eine
unvergleichliche Schule planvoller Selbstzucht, sittlicher
Ertüchtigung und Charakterformung. Eine Schule, die viel verlangt,
aber nicht zuviel. Der gütige Gott, Der als Gesetzgeber spricht:
"Du sollst!", gibt in Seiner Gnade auch das Können und
Vollbringen. Sittlichkeitsbildende Kräfte von so starker
Tiefenwirkung ungenützt lassen oder ihnen den Weg in die Bezirke
der Volkserziehung zu versperren, ist unverantwortliche Mitwirkung an
der religiösen Unterernährung der Volksgemeinschaft. Die
Auslieferung der Sittenlehre an eine subjektive, mit den
Zeitströmungen wechselnde Menschenmeinung, statt ihrer Verankerung
im heiligen Willen des ewigen Gottes, in Seinen Geboten, öffnet
zersetzenden Kräften Tür und Tor. Die hiermit eingeleitete
Preisgabe der ewigen Richtlinien einer objektiven Sittenlehre zur
Schulung der Gewissen, zur Veredelung aller Lebensbereiche und
Lebensordnungen ist eine Sünde an der Zukunft des Volkes, deren
bittere Früchte die kommenden Geschlechter werden kosten
müssen.
Im verhängnisvollen Zug der Zeit liegt es, wie die Sittenlehre, so
auch die Grundlagen des Rechtslebens und der Rechtspflege vom wahren
Gottesglauben und von den geoffenbarten Gottesgeboten mehr und mehr
loszulösen. Wir denken hier besonders an das sogenannte
Naturrecht, das vom Finger des Schöpfers selbst in die Tafeln des
Menschenherzens geschrieben wurde (Röm. 2, 14.) und von der
gesunden, durch Sünde und Leidenschaft nicht verblendeten Vernunft
von diesen Tafeln abgelesen werden kann. An den Geboten dieses
Naturrechts kann jedes positive Recht, von welchem Gesetzgeber es auch
kommen mag, auf seinen sittlichen Gehalt, damit auf seine sittliche
Befehlsmacht und Gewissensverpflichtung nachgeprüft werden.
Menschliche Gesetze, die mit dem Naturrecht in unlösbarem
Widerspruch stehen, kranken an einem Geburtsfehler, den kein
Zwangsmittel, keine äußere Machtentfaltung sanieren kann.
Mit diesem Maßstab muß auch der Grundsatz: "Recht ist, was
dem Volke nützt" gemessen werden, wenn man unterstellt, daß
sittlich Unerlaubtes nie dem wahren Wohle des Volkes zu dienen vermag.
Indes hat schon das alte Heidentum erkannt, daß der Satz, um
völlig richtig zu sein, eigentlich umgekehrt werden und lauten
muß: "Nie ist etwas nützlich, wenn es nicht gleichzeitig
sittlich gut ist. Und nicht weil nützlich, ist es sittlich gut,
sondern weil sittlich gut, ist es auch nützlich" (Cicero de
officiis 3, 30.). Von dieser Sittenregel losgelöst würde
jener Grundsatz im zwischenstaatlichen Leben den ewigen Kriegszustand
zwischen den verschiedenen Nationen bedeuten. Im innerstaatlichen Leben
verkennt er, Nützlichkeits- und Rechtserwägungen miteinander
verquickend, die grundlegende Tatsache, daß der Mensch als
Persönlichkeit gottgegebene Rechte besitzt, die jedem auf ihre
Leugnung, Aufhebung oder Brachlegung abzielenden Eingriff von seiten
der Gemeinschaft entzogen bleiben müssen. Die Mißachtung
dieser Wahrheit übersieht, daß das wahre Gemeinwohl
letztlich bestimmt und erkannt wird aus der Natur des Menschen mit
ihrem harmonischen Ausgleich zwischen persönlichem Recht und
sozialer Bindung, sowie aus dem durch die gleiche Menschennatur
bestimmten Zwecke der Gemeinschaft. Die Gemeinschaft ist vom
Schöpfer gewollt als Mittel zur vollen Entfaltung der
individuellen und sozialen Anlagen, die der Einzelmensch gebend und
nehmend, zu seinem und aller anderen Wohl auszuwerten hat. Auch jene
umfassenderen und höheren Werte, die nicht vom Einzelnen, sondern
nur von der Gemeinschaft verwirklicht werden können, sind vom
Schöpfer letzten Endes des Menschen halber gewollt zu seiner
natürlichen und übernatürlichen Entfaltung und
Vollendung. Ein Abweichen von dieser Ordnung rüttelt an den
Tragpfeilern, auf denen die Gemeinschaft ruht, und gefährdet damit
Ruhe, Sicherheit, ja Bestand der Gemeinschaft selbst.
Der gläubige Mensch hat ein unverlierbares Recht, seinen Glauben
zu bekennen und in den ihm gemäßen Formen zu betätigen.
Gesetze, die das Bekenntnis und die Betätigung dieses Glaubens
unterdrücken oder erschweren, stehen im Widerspruch zum
Naturgesetz.
Gewissenhafte, ihrer erzieherischen Pflichten bewußte Eltern
haben ein erstes und ursprüngliches Recht, die Erziehung der ihnen
von Gott geschenkten Kinder im Geiste des wahren Glaubens und in
Übereinstimmung mit seinen Grundsätzen und Vorschriften zu
bestimmen. Gesetze oder andere Maßnahmen, die diesen
naturrechtlich gegebenen Elternwillen in Schulfragen ausschalten oder
durch Drohung und Zwang unwirksam machen, stehen im Widerspruch zum
Naturrecht und sind im tiefsten und letzten Kern unsittlich.
Die Kirche, die berufene Hüterin und Auslegerin des
göttlichen Naturrechtes, kann daher garnicht anders, als die im
Zustand notorischer Unfreiheit erfolgten Schuleinschreibungen der
jüngsten Vergangenheit als ein Zwangsprodukt zu erklären, dem
jeglicher Rechtscharakter abgeht.
Als Stellvertreter Dessen, Der im Evangelium zu einem Jungmann
gesprochen hat: "Willst du zum Leben eingehen, so halte die Gebote"
(Mt. 19, 17.), richten Wir ein besonders väterliches Wort an die
Jugend. Von tausend Zungen wird heute vor Euren Ohren ein Evangelium
verkündet, das nicht vom Vater im Himmel geoffenbart ist. Tausend
Federn schreiben im Dienst eines Scheinchristentums, das nicht das
Christentum Christi ist. Druckerpresse und Radio überschütten
Euch Tag für Tag mit Erzeugnissen glaubens- und kirchenfeindlichen
Inhalts und greifen rücksichtslos und ehrfurchtslos an, was Euch
hehr und heilig sein muß.
Wir wissen, daß viele, viele von Euch um der Treue zum Glauben
und zur Kirche, um der Zugehörigkeit zu kirchlichen im Konkordat
geschützten Vereinigungen willen düstere Zeiten der
Verkennung, der Beargwöhnung, der Schmähung, der
Verdächtigung Eurer vaterländischen Treue, vielfacher
Schädigung im beruflichen und gesellschaftlichen Leben ertragen
mußten und müssen. Es ist Uns nicht unbekannt, wie mancher
ungenannte Soldat Christi in Euren Reihen steht, der trauernden
Herzens, aber erhobenen Hauptes sein Schicksal trägt und Trost
findet allein in dem Gedanken, für den Namen Jesu Schmach zu
leiden (Apg. 5, 41.).
Heute, wo neue Gefahren und neue Spannungen drohen, sagen Wir dieser
Jugend: "Wenn jemand euch ein anderes Evangelium verkünden wollte,
als jenes, das ihr empfangen habt" auf den Knien einer frommen Mutter,
von den Lippen eines gläubigen Vaters, aus dem Unterricht eines
seinem Gotte und seiner Kirche treuen Erziehers – "der sei
ausgeschlossen!" (Gal. l, 9.). Wenn der Staat eine Staatsjugend
gründet, die Pflichtorganisation für alle sein soll, dann ist
es – unbeschadet der Rechte der kirchlichen Vereinigungen –
selbstverständlicher und unveräußerlicher
Rechtsanspruch der Jungmannen selbst und ihrer für sie vor Gott
verantwortlichen Eltern, zu fordern, daß diese
Pflichtorganisation von all den Betätigungen christentums- und
kirchenfeindlichen Geistes gesäubert werde, die bis in die
jüngste Vergangenheit, ja bis in die Gegenwart hinein die
gläubigen Eltern in unlösbare Gewissenskonflikte zwingen, da
sie dem Staat nicht geben können, was im Namen des Staates
verlangt wird, ohne Gott zu rauben, was Gottes ist.
Niemand denkt daran, der Jugend Deutschlands Steine in den Weg zu
legen, der sie zur Verwirklichung wahrer Volksgemeinschaft führen
soll, zur Pflege edler Freiheitsliebe, zur unverbrüchlichen Treue
gegen das Vaterland. Wogegen Wir uns wenden und Uns wenden müssen,
ist der gewollte und planmäßig geschürte Gegensatz, den
man zwischen diesen Erziehungszielen und den religiösen aufweist.
Und darum rufen Wir dieser Jugend zu: singt Eure Freiheitslieder; aber
vergeßt über ihnen nicht die Freiheit der Kinder Gottes!
Laßt den Adel dieser unersetzbaren Freiheit nicht hinschwinden in
den Sklavenketten der Sünde und Sinnenlust! Wer das Lied der Treue
zum irdischen Vaterland singt, darf nicht in Untreue an seinem Gott, an
seiner Kirche, an seinem ewigen Vaterland zum Überläufer und
Verräter werden. Man redet zu euch viel von heldischer
Größe – in bewußtem und unwahren Gegensatz zur Demut
und Geduld des Evangeliums. Warum verschweigt man euch, daß es
auch ein Heldentum im sittlichen Kampf gibt? Daß die Bewahrung
der Reinheit des Tauftages eine heldische Tat darstellt, die im
religiösen und im natürlichen Bereich der verdienten Wertung
sicher sein sollte? Man redet Euch viel vor von menschlichen
Schwächen in der Geschichte der Kirche. Warum verschweigt man Euch
die Großtaten, die ihren Weg durch die Jahrhunderte begleiteten;
die Heiligen, die sie hervorbrachte; den Segen, der aus der lebendigen
Verbindung zwischen dieser Kirche und Eurem Volk für die
abendländische Kulturwelt floß?
Man redet zu Euch viel von sportlichen Übungen. Mit Maß und
Ziel betrieben, bedeutet die körperliche Ertüchtigung eine
Wohltat für die Jugend. Ihrem Betätigungsraum wird jetzt aber
vielfach ein Umfang gegeben, der weder der harmonischen
Gesamtausbildung von Körper und Geist, noch der gebührenden
Pflege des Familienlebens, noch dem Gebot der Sonntagsheiligung
Rechnung trägt. Mit einer an Nichtachtung grenzenden
Gleichgültigkeit werden dem Tag des Herrn so seine Weihe und
Sammlung genommen, wie sie bester deutscher Überlieferung
entsprechen. Wir erwarten vertrauensvoll von der gläubigen
katholischen Jugend, daß sie in der schwierigen Umwelt der
staatlichen Pflichtorganisationen ihr Recht auf christliche
Sonntagsheiligung nachdrücklich geltend macht, daß sie
über der Ertüchtigung des Leibes ihre unsterbliche Seele
nicht vergißt, daß sie sich nicht vom Bösen
überwinden läßt, vielmehr durch das Gute das Böse
zu überwinden trachtet (Röm. 12, 21.); daß ihr
höchster und heiligster Ehrgeiz der bleibt, in der Rennbahn des
ewigem Lebens den Siegeskranz zu erringen (1. Cor. 9, 24f.).
Ein besonderes Wort der Anerkennung, der Aufmunterung, der Mahnung
richten Wir an die Priester Deutschlands, denen in Unterordnung unter
ihre Bischöfe in schwerer Zeit und unter harten Umständen die
Aufgabe obliegt, der Herde Christi die rechten Wege zu weisen in Lehre
und Beispiel, in täglicher Hingabe, in apostolischer Geduld.
Werdet nicht müde, geliebte Söhne und Mitteilhaber an den
heiligen Geheimnissen, dem ewigen Hohenpriester Jesus Christus in
Seiner Samariterliebe und Samaritersorge zu folgen. Bewährt Euch
Tag für Tag in makellosem Wandel vor Gott, in unablässiger
Selbstzucht und Selbstvervollkommnung, in erbarmender Liebe zu allen
Euch Anvertrauten, insbesondere zu den Gefährdeten, Schwachen und
Schwankenden; seid die Führer der Treuen, die Stütze der
Strauchelnden, die Lehrer der Zweifelnden, die Tröster der
Trauernden, die uneigennützigen Helfer und Berater aller! Die
Prüfungen und Leiden, durch die Euer Volk in der Nachkriegszeit
hindurchgeschritten ist, sind nicht spurlos an seiner Seele
vorübergegangen. Sie haben Spannungen und Bitterkeit hinterlassen,
die erst langsam ausheilen können, deren echte Überwindung
nur möglich sein wird im Geiste uneigennütziger und
tätiger Liebe. Diese Liebe, die das unentbehrliche Rüstzeug
des Apostels ist, zumal in der aufgewühlten und
haßverzehrten Welt, wünschen und erflehen wir Euch vom Herrn
in überreichem Maße. Diese apostolische Liebe wird Euch viel
unverdiente Bitterkeiten, wenn nicht vergessen, so doch verzeihen
lassen, die auf Euren Priester- und Seelsorgspfaden heute zahlreicher
sind als je zuvor. Diese verstehende und erbarmende Liebe zu den
Irrenden, ja selbst zu den Schmähenden bedeutet allerdings nicht
und kann nicht bedeuten irgend welchen Verzicht auf die
Verkündigung, die Geltendmachung, die mutige Verteidigung der
Wahrheit und ihrer freimütigen Anwendung auf die Euch umgebende
Wirklichkeit. Die erste, die selbstverständlichste Liebesgabe des
Priesters an seine Umwelt ist der Dienst an der Wahrheit und zwar der
ganzen Wahrheit, die Entlarvung und Widerlegung des Irrtums, gleich in
welcher Form, in welcher Verkleidung, in welcher Schminke er
einherschreiten mag. Der Verzicht hierauf wäre nicht nur ein
Verrat an Gott und Eurem heiligen Beruf, er wäre auch eine
Sünde an der wahren Wohlfahrt Eures Volkes und Vaterlandes. All
denen, die ihren Bischöfen die bei der Weihe versprochene Treue
gehalten; all denen, die wegen Ausübung ihrer Hirtenpflicht Leid
und Verfolgung tragen mußten und müssen, folgt – für
manche bis in die Kerkerzelle und das Konzentrationslager hinein – der
Dank und die Anerkennung des Vaters der Christenheit.
Den katholischen Ordensleuten beiderlei Geschlechts gilt ebenfalls
Unser väterlicher Dank, verbunden mit inniger Anteilnahme an dem
Geschick, das infolge ordensfeindlicher Maßnahmen viele von ihnen
aus segensreicher und liebgewordener Berufsarbeit herausgerissen hat.
Wenn einzelne gefehlt und sich ihres Berufes unwürdig erwiesen
haben, so, mindern ihre auch von der Kirche geahndeten Vergehen nicht
die Verdienste der gewaltigen Überzahl, die in
Uneigennützigkeit und freiwilliger Armut bemüht waren, ihrem
Gott und ihrem Volk mit Hingabe zu dienen. Der Eifer, die Treue, das
Tugendstreben, die tätige Nächstenliebe und Hilfsbereitschaft
der in Seelsorge, Krankendienst und Schule wirkenden Orden sind und
bleiben ein ruhmwürdiger Beitrag zur privaten und
öffentlichen Wohlfahrt, denen zweifellos eine spätere,
ruhigere Zeit mehr Gerechtigkeit wird widerfahren lassen als die
aufgewühlte Gegenwart. Wir haben das Vertrauen zu den Leitern der
Ordensgenossenschaften, daß sie die Schwierigkeiten und
Prüfungen zum Anlaß nehmen, um durch verdoppelten Eifer,
vertieftes Gebetsleben, heiligen Berufsernst und echt klösterliche
Zucht von dem Allmächtigen neuen Segen und neue Fruchtbarkeit auf
ihre schwere Arbeit herabzurufen.
Vor Unserem Auge steht die unübersehbare große Schar treuer
Söhne und Töchter, denen das Leid der Kirche in Deutschland
und ihr eigenes Leid nichts geraubt hat von ihrer Hingabe an die Sache
Gottes, nichts von ihrer zärtlichen Liebe gegen den Vater der
Christenheit, nichts von ihrem Gehorsam gegen Bischöfe und
Priester, nichts von ihrer freudigen Bereitschaft, auch in Zukunft –
komme, was da wolle – dem treu zu bleiben, was sie geglaubt und von
ihren Voreltern als heiliges Erbe erworben haben. Ihnen allen senden
wir aus gerührtem Herzen Unseren Vatergruß.
Allen voran den Mitgliedern der kirchlichen Verbände, die tapfer
und um den Preis vielfach schmerzlicher Opfer Christus die Treue
hielten und sich nicht bereit fanden die Rechte preis zu geben, die ein
feierliches Abkommen der Kirche ihnen nach Treu und Glauben
gewährleistet hatte.
Ein besonders inniger Gruß ergeht an die katholischen Eltern;
ihre gottgegebenen Erzieherrechte und Erzieherpflichten stehen gerade
im gegenwärtigen Augenblick im Mittelpunkt eines Kampfes, wie er
schicksalsvoller kaum gedacht werden kann. Die Kirche Christi kann
nicht erst anfangen zu trauern und zu klagen, wenn die Altäre
verwüstet werden, wenn sakrilegische Hände die
Gotteshäuser in Rauch und Flammen aufgehen lassen. Wenn man
versucht, den Tabernakel der durch die Taufe geweihten Kinderseele
durch eine christusfeindliche Erziehung zu entweihen; wenn man aus
diesen lebendigen Tempeln Gottes die ewige Lampe des Christusglaubens
herausgerissen und an ihrer Statt das Irrlicht eines Ersatzglaubens
gesetzt hat, der mit dem Glauben des Kreuzes nichts mehr zu tun hat –
dann ist die geistige Tempelschändung nahe, dann wird es für
jeden bekennenden Christen Pflicht, seine Verantwortung von der der
Gegenseite klar zu scheiden, sein Gewissen von jeder schuldhaften
Mitwirkung zu solchem Verhängnis und Verderbnis freizuhalten. Und
je mehr die Gegner sich bemühen, ihre dunklen Absichten
abzuleugnen und zu beschönigen, umso mehr ist wachsames
Mißtrauen am Platze und mißtrauische und durch bittere
Erfahrung aufgerüttelte Wachsamkeit. Die formelle Aufrechthaltung
eines, zudem von Unberufenen kontrollierten und behinderten
Religionsunterrichtes im Rahmen einer Schule, die in anderen
Gesinnungsfächern planmäßig und gehässig derselben
Religion entgegenarbeitet, kann niemals einen Rechtfertigungsgrund
abgeben, um einer solchen religiös zersetzenden Schulart die
freiwillige Billigung eines gläubigen Christen einzutragen. Wir
wissen, geliebte katholische Christen, daß von einer solchen
Freiwilligkeit bei Euch nicht die Rede sein kann. Wir wissen, daß
eine freie und geheime Abstimmung unter Euch gleichbedeutend wäre
mit einem überwältigenden Plebiszit für die
Bekenntnisschule. Und deshalb werden wir auch in Zukunft nicht
müde werden, den verantwortlichen Stellen die Rechtswidrigkeit der
bisherigen Zwangsmaßnahmen, die Pflichtmäßigkeit der
Zulassung einer freien Willensbildung freimütig vorzuhalten.
Inzwischen vergeßt eines nicht: von dem gottgewollten Band der
Verantwortung, das Euch mit Euren Kindern verknüpft, kann keine
irdische Gewalt Euch lösen. Niemand von denen, die Euch heute in
Euren Erzieherrechten bedrängen und Euch von Euren
Erzieherpflichten abzulösen vorgeben, wird an Eurer Statt dem
ewigen Richter antworten können, wenn Er an Euch die Frage
richtet: Wo sind die, die ich dir gegeben? – Möge jeder von Euch
antworten können: "Keinen von denen, die Du mir gegeben hast, habe
ich verloren" (Jo. 18, 9.).
Ehrwürdige Brüder! Wir sind gewiß, daß die Worte,
die Wir in entscheidungsvoller Stunde an Euch und durch Euch an die
Katholiken des Deutschen Reiches richten, in den Herzen und in den
Taten Unserer treuen Kinder das Echo finden werden, daß der
liebenden Sorge des gemeinsamen Vaters entspricht. Wenn Wir etwas mit
besonderer Inbrunst vom Herrn erflehen, dann ist es dies: daß
Unsere Worte auch das Ohr und das Herz solcher erreichen und zum
Nachdenken stimmen, die bereits begonnen haben, sich von den Lockungen
und Drohungen derer einfangen zu lassen, die gegen Christus und Sein
heiliges Evangelium stehen.
Jedes Wort dieses Sendschreibens haben Wir abgewogen auf der Waage der
Wahrheit und zugleich der Liebe. Weder wollten Wir durch
unzeitgemäßes Schweigen mitschuldig werden an der mangelnden
Aufklärung, noch durch unnötige Strenge an der
Herzensverhärtung irgend eines von denen, die Unserer
Hirtenverantwortung unterstehen und denen Unsere Hirtenliebe deshalb
nicht weniger gilt, weil sie zur Zeit Wege des Irrtums und des
Fremdseins wandeln. Mögen manche von ihnen sich den
Gepflogenheiten ihrer neuen Umgebung anpassen, für das verlassene
Vaterhaus und den Vater selbst nur Worte der Untreue, des Undanks oder
gar der Unbill haben, mögen sie vergessen, was sie hinter sich
geworfen haben – der Tag wird kommen, wo das Grauen der Gottesferne und
der seelischen Verwahrlosung über diesen heute verlorenen
Söhnen zusammenschlägt; wo das Heimweh sie zurücktreiben
wird zu dem "Gott, Der ihre Jugend erfreute", und zu der Kirche, deren
Mutterhand sie den Weg zum himmlischen Vater gelehrt hat. Diese Stunde
zu beschleunigen, ist der Gegenstand Unserer unaufhörlichen
Gebete.
So wie andere Zeiten der Kirche wird auch diese der Vorbote neuen
Aufstiegs und innerer Läuterung sein, wenn der Bekennerwille und
die Leidensbereitschaft der Getreuen Christi groß genug sind, um
der physischen Gewalt der Kirchenbedränger die Unbedingtheit eines
innigen Glaubens, die Unverwüstlichkeit einer ewigkeitssicheren
Hoffnung, die bezwingende Allgewalt einer tatstarken Liebe
entgegenzustellen. Die heilige Fasten- und Osterzeit, die
Verinnerlichung durch Buße predigt und des Christen Blick mehr
noch als sonst auf das Kreuz, zugleich aber auch auf die Herrlichkeit
des Auferstandenen richtet, sei für alle und jeden von euch
freudig begrüßter und eifrig genutzter Anlaß, Sinn und
Seele mit dem Helden-, dem Dulder-, dem Siegergeist zu erfüllen,
der vom Kreuze Christi ausstrahlt. Dann – des sind. Wir gewiß –
werden die Fehde der Kirche, die ihre Stunde gekommen wähnen, bald
erkennen, daß sie zu früh gejubelt und zu voreilig nach der
Grabschaufel gegriffen haben. Dann wird der Tag kommen, wo an Stelle
verfrühter Siegeslieder der Christusfeinde aus dem Herzen und von
den Lippen der Christustreuen das Te Deum der Befreiung zum Himmel
steigen darf; ein Te Deum des Dankes an den Allerhöchsten; ein Te
Deum der Freude darüber, daß das deutsche Volk auch in
seinen heute irrenden Gliedern den Weg religiöser Heimkehr
beschritten hat, daß es in leidgeläutertem Glauben sein
Knie wieder beugt vor dem König der Zeit und Ewigkeit Jesus
Christus; und daß es sich anschickt, im Kampf gegen die Verneiner
und Vernichter des christlichen Abendlandes in Harmonie mit allen
Gutgesinnten anderer Völker den Beruf zu erfüllen, den die
Pläne des Ewigen ihm zuweisen.
Er, der Herz und Nieren durchforscht (Ps. 7, 10.), ist Unser Zeuge,
daß Wir keinen innigeren Wunsch haben als die Wiederherstellung
eines wahren Friedens zwischen Staat und Kirche in Deutschland. Wenn
aber – ohne unsere Schuld – nicht Friede sein soll, dann wird die
Kirche Gottes ihre Rechte und Freiheiten verteidigen im Namen des
Allmächtigen, Dessen Arm auch heute nicht verkürzt ist. Im
Vertrauen auf Ihn "hören wir nicht auf zu beten und zu rufen"
(Col. 1, 9.) für Euch, die Kinder der Kirche, daß die Tage
der Trübsal abgekürzt und Ihr treu erfunden werdet am Tage
der Prüfung, und auch für die Verfolger und Bedränger:
der Vater alles Lichtes und aller Erbarmung möge ihnen eine
Damaskusstunde der Erkenntnis schenken, für sich und alle die
vielen, die mit ihnen geirrt haben und irren.
Mit diesem Flehgebet im Herzen und auf den Lippen erteilen wir als
Unterpfand göttlicher Hilfe, als Beistand in Euren schweren und
verantwortungsvollen Entschließungen, als Stärkung im Kampf,
als Trost im Leid, Euch, den bischöflichen Hirten Eures treuen
Volkes, den Priestern und Ordensleuten, den Laienaposteln der
katholischen Aktion und allen, allen Euren Diözesanen – nicht
zuletzt den Kranken und Gefangenen – in väterlicher Liebe den
apostolischen Segen.
Gegeben im. Vatikan, am Passionssonntag, den 14. März 1937.
Pius PP XI.