Die Intention bei der Sakramentenspendung

- Die zweifelhafte Gültigkeit der Lefebvre-Weihen -

(aus Franziskaner-Gemeindebrief, Mai 1997)
Spende des Sakramentes der Priesterweihe bei G.
1. Einleitung: Der Anlaß für diesen Artikel

Bei dem nachfolgenden Text handelt es sich um die überarbeitete Fassung einer Gegendarstellung zu der von dem Priester Augustin Groß verfaßten Artikelreihe "Wirklichkeit und Wirksamkeit der Sakramente", die bereits 1987 in der deutschen pseudokatholischen Zeitschrift "Kyrie eléison" (KE), Nr. 1-4, erschienen ist. KE war dem Verf. schon mehrfach negativ aufgefallen; nach Lektüre des Groß-Artikels schrieb der Verf. am 7. Juli 1996 an den Herausgeber von KE, den Laien Manfred Böker:

"Erstaunlicherweise wird Ihrem Magazin von verschiedenen Seiten hohes theologisches Niveau bescheinigt. Vermutlich liegt das an den vielen Auszügen aus alten katholischen Büchern, denn de facto handelt es sich bei den meisten Texten der KE-Schriftsteller - etwa den mißratenen 'Gedichten' eines E.Becker oder den trasteverinischen Abfallprodukten - nur um emotional geladene Hetztiraden, die wohl kaum theologisches Diskussionsmaterial sein sollen, sondern eher als Belustigung für Leute mit abnormem Geschmack dienen. Bisweilen versucht sich jemand dann offiziell als Theologe. [...] Glücklos war auch P. Groß bei seinem Versuch, seine wirren Konstruktionen über die Sakramentenlehre als Lehre der Kirche auszugeben. Bereits vor einigen Wochen habe ich sein Elaborat in Kopie erhalten, und so reifte in mir der Gedanke, eine Richtigstellung zu verfassen, in der allerdings nicht die Kyrie-eléison-spezifische Hau-drauf-Pseudo-Argumentation, sondern eine theologische Argumentation vorliegt. [...] Bevor ich aber eine für eine Veröffentlichung taugliche Fassung erarbeite, habe ich folgende Fragen an Sie: Würden Sie einen solchen Text in Kyrie eléison veröffentlichen? [...] Ich rechne natürlich nicht mit einer Breitenwirkung - allein die logisch nicht nachvollziehbare Tatsache, daß noch immer relativ viele Menschen für P. Groß und seine 'Predigten' schwärmen, mahnt zu Realismus. Doch wenn nur eine Seele von Ihrem Club loskommt und sich der katholischen Kirche zuwendet, war die Arbeit nicht umsonst."

Herr Böker war nicht dazu bereit, eine Richtigstellung zu veröffentlichen; das verwundert nicht, wenn man weiß, daß die Schreiberlinge von KE, fast ausschließlich Laien, sich selbst das Imprimatur, d.h. die kirchliche Druckerlaubnis, erteilen. Wir raten jedem Katholiken dringend, sich von Gruppierungen wie der "Liga katholischer Traditionalisten" und ihrer Zeitschrift "Kyrie eléison" fernzuhalten; s. auch unseren Text "Willkommen im Club", Gemeindebrief Februar 1997.

2. Die Lehre der Kirche über die Notwendigkeit der Intention

Die Notwendigkeit der rechten Intention bei der Sakramentenspendung ist in einem Dogma klar ausgesprochen: "Wer sagt, bei den Ausspendern sei nicht wenigstens die Absicht erfordert zu tun, was die Kirche tut, wenn sie die Sakramente zustandebringen und mitteilen, der sei ausgeschlossen" (DS 1611, zit. nach NR 423). Was aber ist diese "Intention zu tun, was die Kirche tut"?

In allen dem Verf. vorliegenden Lehrbüchern (Dogmatiken: 1) F. Diekamp, Katholische Dogmatik, Bd. 3, Münster 111954; 2) L. Ott, Grundriß der Katholischen Dogmatik, Freiburg 101981 (Die 1. Auflage erschien 1952, und auch in der 10. Auflage ist der Grundbestand identisch geblieben); 3) M. Pohle, M. Gierens, Lehrbuch der Dogmatik, Bd. 3, Paderborn 91937; 4) J. Perrone, Praelectiones Theologicae, Bd. 2, Rom 471896; 5) M. Schmaus, Katholische Dogmatik, Bd. 3,2, München 1941; 6) A. Tanquerey, Brevior Synopsis Theologicae Dogmaticae, Rom 41921; Moralhandbücher: 1) J. Bucceroni, Institutiones Theologiae Moralis, Rom 41900; 2) H. Jone, Katholische Moraltheologie, Paderborn 71936; 3) H. Noldin, A. Schmitt, Summa Theologiae Moralis, Bd. 3, 251938; fast alle Bücher sind theologische Standardwerke und dürften jedem Theologen bekannt sein; vgl. auch M. Buchberger, Herausgeber des Kirchlichen Handlexikon (Bd. 2, München 1912), in seinem dortigen Artikel über den Spender des Sakramentes: "Lediglich den äußeren Akt setzen wollen (intentio mere externa), genügt nicht" (S. 1889)) wird die gleiche Auffassung vertreten: Für die gültige Sakramentenspendung ist die innere Intention erforderlich. Statt nun alle entscheidenden Passagen aus den verschiedenen Büchern zu zitieren, in denen wiederum oft Kirchenväter, Kirchenlehrer, Päpste und Konzilien zitiert werden, sollen nur die meistgebräuchlichen Argumente wiedergegeben werden.

F. Diekamp (55) formuliert: "Die Intention muß innerlich sein, d.h. sich irgendwie auf die innere Bedeutung der Handlung beziehen. Das Sakrament wird nicht gültig vollzogen, wenn die Intenion rein äußerlich ist (intenio mere externa), d. h. wenn sie einzig und allein darauf gerichtet ist, die äußere Handlung unter den üblichen Umständen (Ort, Zeit, Kleidung) genau und scheinbar ernsthaft zu vollziehen, während der Spender die intentio faciendi quod facit Ecclesia innerlich ausschließt." Diekamp nennt vier Gründe, die gegen eine rein äußerliche Intention als hinreichende Bedingung für die Gültigkeit der Sakramente sprechen: "a) Der 'Dienst Christi', den der Spender eines Sakramentes zu leisten hat, ist mit dem inneren Vorhaben, nicht taufen, nicht firmen, nicht konsekrieren, überhaupt nicht tun zu wollen, was die Kirche tut, unvereinbar; denn die Kirche vollzieht den äußeren Ritus nicht rein materiell, sondern als eine heilige, religiöse Handlung. b) Eine Intention, die bei der äußeren, natürlichen Geltung der Handlung stehen bleibt, kann den Akt nicht zu der Bedeutung eines Sakramentes erheben. c) Wie oben bemerkt wurde, verwerfen Leo X. und das Konzil von Trient die Behauptung Luthers, die non serio, sed ioco [nicht ernsthaft, sondern im Scherz] erteilte Lossprechung sei gültig; das Konzil S.14 cp. 6 (Denz. 902 [DS 1685]) verlangt vom Beichtvater den animus serio agendi et vere absolvendi [den Willen, ernsthaft zu handeln und wirklich loszusprechen], weil sonst der richterliche Akt, der dem Sakramente wesentlich ist, nicht zustande kommt. Darin ist die Forderung einer inneren Intention eingeschlossen. d) Alexander VIII. verurteilte 1690 den Satz: Valet baptismus collatus a ministro, qui omnem ritum externum formamque baptizandi observat, intus vero in corde suo apud se resolvit: non intendo quod facit Ecclesia [Gültig ist die Taufe, die von einem Spender erteilt wurde, der den gesamten äußeren Ritus des Taufens beobachtet, innerlich aber in seinem Herzen beschließt: ich beabsichtige nicht, was die Kirche tut] (Denz. 1318 [DS 2328])." Ferner ist schon unter rein logischen Gesichtspunkten zu fragen, warum die Notwendigkeit der Intention überhaupt erwähnt wird, und zwar sogar in einem Dogma, wenn bereits die richtige Materie und Form ausreichen würden. Wenn über Materie und Form hinaus noch die Intention als erforderlich genannt wird, dann kann sie sich nicht darin erschöpfen, Materie und Form nur äußerlich korrekt anzuwenden. Vielmehr zielt das Dogma auf eine innere Teilnahme ab, eben das zu tun, was die Kirche tut. Insofern kann dann auch eine Gegenintention gesetzt werden, die dies bewußt ausschließt.

Weil das Dogma nicht den Begriff "innere Intention" enthält, kann derjenige nicht als Häretiker eingestuft werden, der die äußere Intention, also nur die Absicht, den korrekten Ritus anzuwenden, als hinreichend für die gültige Sakramentenspendung hinstellt. Pohle schreibt, nachdem er die Notwendigkeit der inneren Intention dargelegt hat: "Zur Gültigkeit der Sakramentenlehre genügt nicht die bloß äußere Intention. Sententia communis ["allgemeine Auffassung", d.h. kein Dogma, aber eine von praktisch allen Theologen vertretene Position] [...] a) Lehre der Kirche. Die gegnerische Ansicht [zur Notwendigkeit der inneren Intention] ist zwar nicht ausdrücklich verurteilt, läßt sich aber mit dem natürlichen Wortsinn synodischer und päpstlicher Entscheidungen nicht vereinbaren. [...] Der Vollzieher der 'richtigen Materie und Form' hat aber bereits die äußere Intention - er will ja den äußeren Ritus vorschriftsmäßig setzen, indem er ihn setzt -, aber das genügt nicht, wenn er nicht die (innere) Intention erweckt zu tun, was die Kirche tut. Wirklich verlangt Eugen IV. (1439) in seinem Decretum pro Armenis neben der Setzung von Materie und Form, in welcher sich die intentio mere externa bereits ausspricht, unter Strafe der Ungültigkeit als selbständiges Drittes noch ausdrücklich die intentio faciendi, quod facit ecclesia. Nur die innere Intention kann auch das Konzil von Trient gemeint haben, wenn es grundsätzlich an den Ausspender die Forderung stellt, tun zu wollen, was die Kirche tut (...). Denn es erklärt z.B. die Absolution eines Priesters für ungültig, dem 'die Absicht der ernsten Handlung und der wahren Lossprechung fehlt, und weist den Pönitenten an, im Falle einer 'scherzweisen Absolution einen anderen, ernst handelnden Priester aufzusuchen'. [...] Vollends 'eine schwere Wunde empfangen' (so Benedikt XIV., De Syn. dioec. VII,4,8) hat die äußere Intention durch Papst Alexander VIII. (1690) [s.o. (Diekamp); ...]

b) Die Unwirksamkeit der Gegenbeweise bekräftigt unser Argument gegen die Hinlänglichkeit der intentio mere externa. Anerkennenswert und edel ist das Bestreben, die objektive Wirksamkeit gegen geheime Bosheit sicherzustellen und die Heilssicherheit der Gläubigen gegen unerkennbare Nebenansichten unwürdiger Geistlichen zu schützen. Aber beide Rücksichten finden eine sichere Schranke am Wesen des Sakramentes, das ohne innere Intention nun einmal nicht zustande kommt. Denn 1. die Objektivität der Sakramente ist nicht so groß, daß man den äußeren Ritus (...) mit einem Feuer vergleichen darf, welches, an trockenes Holz gelegt, sicher einen Brand erzeugt, sosehr auch der Brandstifter im Herzen die Gegenabsicht erweckt. 2. Die Heilssicherheit der Empfänger wird nicht in einem Maße gefährdet, daß man in der Regel nicht vom Vorhandensein der inneren Intention des Ausspenders eine moralische Gewißheit haben könnte; die metaphysische ist aber auf keinen Fall nötig und nicht einmal für die Richtigkeit von Materie und Form erschwinglich. Die Verteidiger der intentio externa sagen es ja selbst, daß nicht nur jene Spendung ungültig sei, welche schon äußerlich durch Gesten und Hohnlächeln u. dgl. sich als offenbaren Humbug verrät, sondern auch jene, welche nicht durch die Umstände des Ortes, der Zeit, der Kleidung usw. nach außen sich so ernst ausnimmt, als ob der Simulant wirklich als 'Diener Christi' auftreten wolle. Berufsmäßige Heuchler aber, wenn sie auch eine noch so ernste Miene aufsetzen, pflegen früher oder später sicher entlarvt zu werden, so daß der Schaden, den sie durch ungültige Sakramentenspendung anrichten, zu guter Letzt nicht allzu groß ausfallen dürfte. Man sage nicht, die innere Heuchelei (simulatio) falle unter den Begriff der Sündhaftigkeit, welche nach früher Gesagtem (...) die Gültigkeit nicht beeinträchtige; denn die Unrechtschaffenheit des Ausspenders hebt nur so lange das Sakrament nicht auf, als dieses selbst nach seinem ganzen Wesen - mit Einschluß der rechten Intention - gesetzt wird" (Pohle, a.a.O., 111-113).

Die Intentionsfrage spielt in vielen Texten, die sich mit der Gültigkeit einer Sakramentenspendung befassen, eine entscheidende Rolle. Auch in der berühmten Enzyklika "Apostolicae Curae", 13. Sept. 1896, von Leo XIII. (DS 3318), in welcher der Papst die anglikanischen Weihen für ungültig erklärt (in der Weihepraxis der Kirche wurde bereits zu Beginn des Schismas die anglikanische Weihe als ungültig eingestuft), wird die Intention gesondert von Materie und Form behandelt: Nachdem LeoXIII. den Mangel in der Form bei den anglikanischen Weihen aufgezeigt hat, schreibt er über den Mangel in der Intention. In diesem Zusammenhang heißt es: "Über die Gesinnung oder Absicht, die ja an und für sich etwas Inneres ist, urteilt die Kirche nicht; aber insoweit es nach außen hervortritt, muß sie über sie urteilen. Wenn vollends jemand bei dem Vollziehen und Spenden eines Sakramentes die erforderliche Materie und Form ernst und dem Ritus gemäß anwendet, schätzt man daraus [censetur], er mache zweifelsohne das, was die Kirche tut." Hier ist also die Frage nach der moralischen Sicherheit gestellt; LeoXIII. hätte, wenn er die äußere Intention für ausreichend halten würde, die AcI-Konstruktion mit censere (schätzen) auslassen und statt dessen schreiben müssen: "Wer ... anwendet, der macht zweifelsohne das, was die Kirche tut (und bringt somit das Sakrament zustande)." Leo XIII. fährt fort: [Wenn jemand zur Abgrenzung von der kath. Kirche den Ritus ändert, dann ist es offenbar,] "daß nicht nur die für das Sakrament notwendige Intention fehlt, sondern daß hier sogar eine Intention vorliegt, die dem Sakrament entgegengesetzt und widerstreitend ist." Leo XIII. trennt hier also durchaus: Die Intention erschöpft sich für ihn nicht darin, daß jemand Form und Materie beachtet; die Kirche nimmt aufgrund des äußeren Vollzuges an, daß die erforderliche Intention vorliegt bzw. nicht vorliegt. Zur Verdeutlichung formulieren wir den Text wieder so um, wie er hätte lauten müssen, wenn LeoXIII. die äußere Intention als hinreichend betrachtet hätte: "Wenn jemand den Ritus bei einem Sakrament ändert, dann kommt kein Sakrament zustande." Leo XIII. hatte aber bereits im vorhergehenden Text den Mangel in der Form kritisiert und nennt als anderes, zusätzliches Element nun auch den Mangel in der Intention als Grund dafür, warum die anglikanischen Weihen völlig ungültig sind.

In diesem Sinne ist auch die Beantwortung einer Anfrage an das Heilige Offizium aus dem Jahre 1949 zu verstehen: "Ob ... die Taufe, die in den Sekten der Schüler Christi, der Presbyterianer, der Kongregationalisten, der Baptisten, der Methodisten gespendet wurde, falls die notwendige Materie und Form gegeben waren, als vermutlich ungültig beurteilt werden müsse [praesumendus sit] wegen des Mangels der bei dem Spender verlangten Absicht zu tun, was die Kirche tut oder was Christus eingesetzt hat, oder ob sie als vermutlich gültig beurteilt werden müsse, außer wenn in einem besonderen Fall das Gegenteil bewiesen wird. - [Antwort:] Nein zum ersten Teil, ja zum zweiten Teil" (DS 3874).

Ein fehlendes oder falsches Verständnis von dem, was die Kirche tut, reicht also noch nicht aus, um die Gültigkeit einer Sakramentenspendung auch nur in Zweifel zu ziehen, andernfalls könnte ja kein Sakrament außerhalb der röm.-kath. Kirche gespendet werden, denn jeder Häretiker / Schismatiker handelt ja der Kirche entgegen. Vielmehr denkt ja der Sektierer bei der Sakramentenspendung an seine Sekte statt an die Kirche. Das Heilige Offizium äußerte sich unter Pius IX. zu der Frage, ob man bei Irrgläubigen generell annehmen dürfe, sie hätten nicht die rechte Absicht bei der Sakramentenspendung, und von daher müsse man die von Nichtkatholiken oder weiter gefaßt Nichtchristen gespendete Taufe grundsätzlich für ungültig halten: "... die Irrtümer sind nicht unvereinbar mit der Intention, die die Spender der Sakramente von der Notwendigkeit derselben Sakramente zu besitzen gehalten sind, nämlich zu tun, was die Kirche tut oder zu tun was Christus wollte, daß es geschehe. Und dieselben Irrtümer können an und für sich nicht eine generelle Annahme einführen gegen die Gültigkeit der Sakramente im allgemeinen und der Taufe im besonderen ..." (DS 3126). Hinreichend ist eine Intention also bereits dann, wenn der Spender das tun will, was die Kirche tut, auch wenn er dieses Tun der Kirche nicht genau kennt oder nicht als richtig bewertet. Es ist nicht verlangt, "daß der Spender explicite [ausdrücklich] an die kathl. Kirche denken oder die Wirkungen des S.es intendieren, wohl aber, daß er die sakramentale Handlung als eine hl., sakramentale vollziehen muß" (Buchberger, a.a.O. 1889). Im Falle der Taufe ist es sogar ein Dogma, daß der (rechte) Glaube bei dem Spender nicht für die Gültigkeit erforderlich ist: "Der Spender dieses Sakramentes ist der Priester, dem es aus Amtspflicht zukommt zu taufen. Im Notfall aber kann nicht nur ein Priester oder Diakon, sondern auch ein männlicher Laie [laicus] oder eine Frau, ja sogar auch ein Heide und ein Häretiker taufen, sofern er nur die Form der Kirche wahrt und zu tun beabsichtigt, was die Kirche tut" (DS 1315). Nur so ist es erklärlich, daß in der Praxis der Kirche auch die Weihen z.B. der orthodoxen oder der altkatholischen Kirche (vor ihrer Vermischung mit anglikanischen Linien) als zweifelsfrei gültig anerkannt werden.

Nach kath. Lehre bedeutet außerdem nicht jede Abänderung der Formel auch, daß das Sakrament nicht zustande kommt. So schreibt Papst Zacharias am 1.7.746 an den hl. Bonifatius (DS 588) über einen Priester, der die lateinische Sprache nicht beherrschte und aus Unwissenheit bei der Taufe die Formel angewendet hatte: "Baptizo te in nomine Patria et Filia et Spiritus Sancti" [Dies läßt sich nicht übersetzen. "Patria" kann "Vaterland" bedeuten oder ein Form des Adjektives "väterlich" sein; "Filia" bedeutet "Tochter"; beide Wörter stehen zudem nicht im Genitiv wie "(Spiritus) Sancti"]. Bonifatius wollte die von diesem Priester Getauften erneut taufen. Dagegen spricht sich Zacharias aus: "Aber ... wenn jener getauft hat, ohne einen Irrtum einzuführen oder eine Häresie, sondern nur als Unkenntnis der Römischen Aussprache ... können wir nicht zustimmen, daß sie ein zweites Mal getauft werden ...". Die Intention, das zu tun, was die Kirche tut, wird also präsumiert, wenn aus Unkenntnis grammatische Fehler bei der Taufformel gemacht werden, solange noch angenommen werden kann, daß der Priester die Dreifaltigkeit meinte.

Ein weiteres Dogma über die Sakramentenspendung lautet: "Wer sagt, durch die Sakramente des neuen Bundes werde die Gnade nicht kraft des vollzogenen Ritus [ex opere operato] mitgeteilt, sondern zur Erlangung der Gnade reiche der Glaube an die göttliche Verheißung allein, der sei ausgeschlossen" (DS 1608; zit. nach NR 420). Die Übersetzung "kraft des vollzogenen Ritus" ist zumindest ungenau; wenn nur der Ritus entscheidend wäre, hätte dies ja im Dogma so formuliert werden können, etwa "ex ritu confecto". "Opus" meint die Spendung des Sakramentes mit allen drei Teilen, nämlich Materie, Form und Intention, wenigstens zu tun, was die Kirche tut. Erst durch diese drei Elemente zusammen kommt ein Sakrament zustande (DS 1262, 1611), also ist erst dann das Werk (opus) vollbracht. So schreibt Buchberger (a.a.O. 1887f): "Die sakramentale Handlung an sich bezeichnet man seit Petrus v. Poitiers (1205) als opus operatum (operatum im passiven Sinn) u. stellt sie als objektiven Faktor dem subjektiven, dem opus operantis, d.h. der innern Verfassung u. dem sittl. Verhalten des S.empfängers gegenüber. Ursache der sakramentalen Gnadenwirkung ist nun nicht die innere Verfassung u. sittl. Tätigkeit des Empfängers, sondern die sakramentale Handlung als solche, also nicht das opus operantis, sondern das opus operatum ... Die urchristl., zu Tertullians Zeit schon sehr verbreitete Praxis der Kindertaufe u. Kommunion zeugt übrigens allein laut genug für die Wirksamkeit der S.e ex opere operato. Demnach ist die eigenart. Wirkungsweise der S.e nicht eine natürlich psychologische, sondern eine übernatürlich, geheimnisvoll auf die Substanz der Seele einwirkende; ist ferner die subjektive Disposition u. innere sittl. Tätigkeit des S.empfängers nicht Ursache der Gnadenwirkung, deswegen aber freilich in anderer Hinsicht nicht überflüssig und bedeutungslos". Vollbringt also der Taufende das Werk (Materie, Form, Intention), wird auch ein unmündiges Kind gültig getauft.

3. Die Problematik der Lefebvre-Weihen

Als bekannt wurde, daß der Weihevater von Mgr. Lefebvre, Mgr. Liénart, Hochgradfreimaurer war, also zu den erklärten Kirchenzerstörern gehörte, gab es darauf unterschiedliche Reaktionen. Erzbischof Ngo-Dinh Thuc erklärte die Lefebvre-Weihen für absolut ungültig und erklärte seine Bereitschaft, Mgr. Lefebvre die Priester- und Bischofsweihe zu spenden (aller Wahrscheinlichkeit hat Mgr. Lefebvre diese Weihen nicht empfangen, auch wenn vereinzelt dieses Gerücht verbreitet wird); die KE-Gruppe hingegen erklärt die Lefebvre-Weihen für unbezweifelbar gültig.

Unsere Meinung: Die Gültigkeit der Lefebvre-Weihen ist nicht hinreichend sicher mit einem klaren Ja oder Nein zu beantworten. Hier liegt der von Pohle betrachtete Fall vor, daß "früher oder später" gut verborgene Geheimnisse ans Tageslicht treten. Es ist durchaus möglich, daß Liénart als erklärter Kirchenzerstörer gar nicht die Weihe an Lefebvre spenden wollte, sondern hoffte, durch eine Simulation das sakramentale Leben der Kirche einzuschränken. Genauso ist es aber möglich, daß Liénart bei der Ordination / Konsekration Lefebvres die erforderliche Intention aufbrachte; nur im zweiten Fall wäre die Weihe Lefebvres gültig. Wenngleich ein Katholik natürlich grundsätzlich nicht die Sakramente bei einem Mitglied der Pius- oder Petrusbruderschaft empfangen darf - diese gehören ja nach eigenem Bekenntnis nicht zur röm.-kath. Kirche, sondern zelebrieren "una cum Wojtyla" -, so muß man nun die Frage praktisch beantworten, wie mit einem Priester aus der Liénart- / Lefebvre-Linie zu verfahren ist, der zur kath. Kirche übertreten will. Solange kein Papst diese Frage entscheidet, ist einerseits die absolute Weihe von Priestern und Bischöfen in der Lefebvre-Linie durch einen anderen Bischof verboten. Andererseits ist es theologisch nicht haltbar, die Möglichkeit einer verungültigenden Gegenintention im Fall Liénart-Lefebvre auszuschließen. Es bleibt hier nur die Möglichkeit und auch die Pflicht, "sub conditione" ["bedingungsweise"; unter der Bedingung, daß das betreffende Sakrament nicht gültig empfangen wurde] die Weihen der Lefebvre-Linie zu wiederholen. So wird man beiden göttlichen Geboten gerecht, nämlich dem Streben nach der erforderlichen Sicherheit und der Rücksicht auf die Nichtwiederholbarkeit der betreffenden Sakramente. Einige Bischöfe der Thuc-Linie, z.B. der inzwischen verstorbene Bischof Carmona, forderten daher bei der Konversion eines Lefebvre-Priesters zur katholischen Kirche dessen Ordination sub conditione.

Man beachte dabei, daß auch sub conditione die Wiederholung des Sakramentenritus nicht so ohne weiteres erfolgen darf: "Verboten unter schwerer Sünde ist die auch nur bedingte Wiederholung eines Sakramentes, wenn es sicher gültig gespendet wurde" (H. Jone, Katholische Moraltheologie, Paderborn 71936, S. 371f). Es muß also ein wirklich ernstzunehmender Grund für einen Zweifel an der Gültigkeit vorliegen; z.B. dürfen sich im Falle der alt-röm.-kath. Weihelinie, die vom katholischen Rom anerkannt wurde und jetzt durch die Häretiker Eberhard Heller und Christian Jerrentrup in ihrer wenig verbreiteten antikatholischen Zeitschrift "Einsicht" als ungültig deklariert wurde, die betroffenen Priester selbst bei größtmöglicher Sympathie für Heller in gar keinem Falle, d.h. auch nicht sub conditione, die Weihen in einer anderen Weihelinie empfangen. Die immer mehr umgreifende Praxis der Vielweiherei, aus welchen Motiven auch immer, hat ganz sicher den Zorn Gottes zur Folge. - Nebenbei bemerkt soll es, wie in der Petrusbruderschaft, auch in der Piusbruderschaft Mitglieder geben, die ausschließlich die neuen (sicher ungültigen) Weihen der Konzilssekte empfangen haben. Während, solange kein Papst diese Frage verbindlich entscheidet, Unsicherheit bei den direkten Lefebvre-Weihen herrscht, kommt bei der Piusbruderschaft das Risiko hinzu, auf einen Novus-Ordo-Priester, d.h. auf einen Laien, als Sakramentenspender zu treffen.

4. Die Position der KE-Gruppe

Alles, was seitens der KE-Gruppe, vornehmlich vertreten durch Augustin Groß, Manfred Böker und Johannes Rothkranz (notorischer Anhänger der Pius-Bruderschaft), gegen die Notwendigkeit der inneren Intention und damit v.a. für die Verteidigung der Gültigkeit der Lefebvre-Weihen vorgebracht wird, ist argumentativ schon lange durch die katholischen Theologen widerlegt worden bzw. leicht zu entkräften. Groß und Co. zitieren zwar das Lehramt, verstehen aber offenkundig nicht, was das Lehramt jeweils sagen wollte. Die KE-Fehlinterpretationen sind einfach zu grotesk, als daß sie hier im einzelnen kommentiert werden müßten. Wir beschränken uns deshalb auf äußere Aspekte der KE-Artikel. Z.B. fällt auf, daß Groß sein Elaborat durchgängig als "Lehre der Kirche" bezeichnet, und nur in einem verschwindend kurzen Anflug von Ehrlichkeit formuliert er einmal: "Nach meiner Auffassung ist es nach der Lehre der Kirche zur Gültigkeit der Sakramente nicht notwendig, daß der Spender deren Wirkung bzw. Wirksamkeit beabsichtigt" (KE 3, 1). Um seine Leser für seine wirren Konstruktionen begeistern zu können, was aber aus Mangel an Argumenten nicht leicht möglich ist, bedient sich Groß drastischer Polemik:

"Kann eine Theorie richtig sein, die, wenn sie von allen Gläubigen für wahr gehalten wird, wegen der daraus folgenden grundsätzlichen und allgemeinen Unsicherheit über die Gültigkeit der Sakramente das Ende des sakramentalen Lebens der Kirche und damit der Kirche überhaupt bedeutet? Kein gläubiger und denkender Mensch kann dies bejahen" (KE 1,6). M.a.W.: Wenn die - nach außen hin ja nicht sichtbare - "Gegenintention", d.h. die Absicht, gerade nicht das zu tun, was die Kirche tut, ein Sakrament ungültig machen kann, dann besteht eine nicht mehr ertragbare Ungewißheit über die Gültigkeit der Sakramente. - Wir sehen hier den das ganze Denken Groß' bestimmende Ausgangspunkt: "Es kann nicht sein, was nicht sein darf." Weil alle angesehen Theologen Groß' Auffassung schon widerlegt haben, verteilt Groß nun gar nicht feige (die Angesprochenen sind ja schon tot, und ihre Stellen werden von Konzilssektierern okkupiert) an jeden eine unverschämte Beleidigung: Er spricht z.B. von "dilletantischer Theologie" (zu Bartmann, KE 3,17; das von Groß vermutlich gemeinte Adjektiv lautet "dilettantisch", unfachmännisch bzw. stümperhaft) oder "Schönwettertheologie" (zu Pohle, KE 3,24). Halten wir uns diese Ansicht von Groß genau vor Augen: 1. (Allsatz):Wer die innere Intention für die Gültigkeit eines Sakramentes fordert, kann kein gläubiger und denkender Mensch sein. 2. (Einzelsatz): Die angesehensten Theologen, deren Werke alle die kirchliche Druckerlaubnis haben, fordern die innere Intention für die Gültigkeit eines Sakramentes; generell muß man annehmen, daß diese Ansicht im Klerus verbreitet war, denn sonst wäre diese Theorie nicht oder zumindest nicht nur diese Theorie in allen Handbüchern (mir ist jedenfalls kein Handbuch mit gegenteiliger Auffassung bekannt, und auch Groß will oder kann keines nennen) vertreten worden. 3. (logischer Schluß): Die angesehensten Theologen und praktisch alle Kleriker sind bzw. waren keine gläubigen und denkenden Menschen.

Denkt man nun daran, daß kein Blinder (was ja nach Groß' Auffassung zumindest fast alle Theologen und Kleriker sind bzw. waren) einen Blinden führen kann, so ergibt sich: Die Welt hat unter den Pius-Päpsten in der Finsternis gelebt, denn die Theologen haben alle die Lehre der Kirche falsch verstanden und somit auch falsch an ihre Schüler, die künftigen Kleriker weitergegeben, welche dann später das ahnungslose Volk in die Irre geführt haben. Erst Groß hat der Welt das Licht wiedergebracht, indem er die Wahrheit erkannt und in KE, u.z. in einem derben, ja beleidigenden Ton, veröffentlicht hat. - Eine gewisse Ähnlichkeit zum Fall Heller bzw. "Einsicht", den wir in den letzten Ausgaben unseres Gemeindebriefes erwähnt haben, läßt sich schwerlich abstreiten. Mit dem schwersten Geschütz fährt allerdings Rothkranz auf, der in seinem neuesten Mammut-Wälzer ("Die Konzilserklärung über die Religionsfreiheit") schreibt: "Obwohl die Angehörigen aller drei ŠFraktionen‹ [Lefebvre, Thuc, Utrechter Union] zweifelsfrei sakramental gültige Bischofsweihen empfangen haben, ist es dem Satan [!!] gelungen, die Gültigkeit ihrer Weihen sämtlich in Mißkredit zu bringen" (S. 1.465). Letztlich wären also die angesehensten Theologen, die ja - im Gegensatz zu Rothkranz - die Notwendigkeit der inneren Intention lehren, zumindest Begünstiger einer satanisch inspirierten Position gewesen.

Es dürfte klar sein, daß die KE-Schreiber unter geregelten Verhältnissen wenigstens disziplinar (also nicht wegen Häresie) für ihr Wirken verurteilt worden wären. Ähnlich wie in Hellers "Einsicht" nutzt eine von Laien dominierte Gruppierung in der gegenwärtigen Sedisvakanz ihre Chance, um die in der katholischen Zeit allgemein als richtig anerkannte Theologie zu kritisieren. Der Kampf gilt nicht dem Aufbau geregelter Strukturen, sondern dem Abbau auch noch der letzten Bastionen des Katholizismus, wodurch zudem die konstruktive Arbeit der treuen Katholiken behindert wird, die wieder zu längst geklärten Fragen Stellung nehmen müssen. Bökers "KE" ist auch angesichts der oftmals primitiven, beleidigenden Sprache selten mehr als ein theologisch wertloses Hetzblatt, das nur durch fromme Zitate aus alten Büchern den Schein der Glaubenstreue wahren kann. Unsere engagierten Versuche, KE auf den richtigen Kurs zu bringen, müssen leider als gescheitert betrachtet werden. KE besteht nun fast ausschließlich aus Lieblosigkeiten, Geschmacklosigkeiten und theologischen Extravaganzen. Katholiken sollten mit der Lektüre von KE nicht ihre wertvolle Zeit vergeuden und v.a. sich nicht der Gefahr aussetzen, sich durch den KE-typischen Hetzstil vergiften zu lassen.

[Zurück zur Homepage]