18.12.2019 -
Beleidigung und Hatespeech und Bundesamt für Justiz
Pressemeldung
Über fragdenstaat_de wurde am 18.12.2019 folgende Anforderung
verschickt.
Adressat: Bundesamt für Justiz
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Gesetzliche Bestimmung der (angeblichen) Straftat "Beleidigung" /
Hatespeech
Bzgl. Strafgesetzbuch findet man z.B.:
a) Prof. Dr. Hans Jürgen Heringer: »Paragraph 185 StGB handelt von
der "Einfachen Beleidigung". Er lautet einfach: "Die Beleidigung
wird mit Geldstrafe oder mit Haft oder mit Gefängnis bis zu einem
Jahre und, wenn die Beleidigung mittels einer Tätlichkeit begangen
wird, mit Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zu zwei Jahren
bestraft." Was eine Beleidigung ist, sagt der Paragraph nicht.«
b) Dr. Dr. habil. Richard Albrecht: »Solange „Beleidigung“ nicht im
Strafgesetz definiert ist, kann „Beleidigung“ gar nicht
rechtserheblich („justitiabel“) sein. Jedem angeblichen Beleidiger
muß entsprechend des Hinweises im Strafgesetzbuch auf
„Verbotsirrtum“ (StGB § 17) „die Einsicht, Unrecht zu tun", fehlen.
Wer aber „ohne Schuld handelt“, darf nach Recht und (Straf-) Gesetz
in Deutschland nicht betraft werden. Sondern muss als Unschuldiger
nach dem zwingenden Rechtsgrundsatz "Keine Strafe ohne Schuld"
[nulla poena sine culpa] freigesprochen werden, weil nur der
bestraft werden darf, der schuldhaft handelt.«
c) RA Claus Plantiko: »Daß die Strafbestimmungen zur Beleidigung
gegen das Bestimmtheitsgebot des Art. 103(2) GG verstoßen, räumte
selbst das Bundesverfassungsgericht ein, s. E 93, 266, 292; 71, 108,
114ff., meint aber, der Begriff der Beleidigung habe durch
>100jährige und im Wesentlichen einhellige Rechtsprechung einen
hinreichend klaren Inhalt erlangt, der den Gerichten ausreichende
Vorgaben für die Anwendung an die Hand gibt und den Normadressaten
deutlich macht, wann sie mit einer Bestrafung wegen Beleidigung zu
rechnen haben. Das Bundesverfassungsgericht verstößt damit selber
gegen das Gewaltentrennungsgebot der Verfassung, da Art. 103(2) GG
eine gesetzliche Bestimmtheit der Strafe fordert und keine durch
(verfassungswidriges!) Richterrecht. Daß letzteres verfassungswidrig
ist, zeigt die reductio ad absurdum: wenn jedes Gesetz entbehrlich
ist und durch Aussprüche von Richtern ersetzt werden kann, fehlt
ihnen jede Vorgabe, an die sie sich halten müssen, und der
Rechtsunterworfene ist wie „in ein steuerloses Boot“ (Klabund)
geworfen, das die Richter, wie einst die Schildbürger, nach einer
Marke zu steuern vorgeben, die sie selber an den Bug ihres Schiffes
nageln. Man kann auch von einer rechtswidrigen („dynamischen“)
Verweisung auf Veränderliches sprechen, und das ganze StGB kann auf
einen Satz zusammengestrichen werden: „Wer tut, was Richter für
strafbar halten, wird nach ihrem Gutdünken bestraft“.«
d) Bert Steffens: »Es gibt keine „Beleidigungsgesetze in
Deutschland“. Es gibt auch keine „Rechtsprechung“ bei Anwendung des
§ 185 StGB – nur Unrechtsprechung. Auch ist die Anwendung des § 185
StGB nicht „infantil“, sondern ein Verbrechen.«
Eine "im Wesentlichen einhellige Rechtsprechung" ist definitiv
eines: widersprüchlich. Also selbst wenn man auf nulla poena sine
lege verzichten und ein - illegales - "Richterrecht" akzeptieren
wollte, wüsste man nur, dass es widersprüchlich ist. Zudem müsste
jeder ja die gesamte >100jährige "Rechtsprechung" erst einmal
studieren, also Millionen resp. Milliarden von Urteilen studieren,
um zu wissen, wann er mit einer Bestrafung wegen Beleidigung zu
rechnen hat. Und nach getaner Arbeit wüsste er auch nur um die
rettungslose Widersprüchlichkeit der "Rechtsprechung".
Sofern also keine gesetzliche Bestimmtheit von Beleidigung /
Hatespeech vorgelegt wird, macht sich jeder, der
"Beleidigungs-Justiz" / "Hatespeech-Justiz" betreibt oder
unterstützt, strafbar. Er erschüttert fundamental jede
Rechtsstaatlichkeit.
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Zeitgleich wurde die Facebook-Gruppe 560592211163921 erstellt:
Beleidigung und Hatespeech
»Der §185 StGB Beleidigung enthält keine gesetzliche Bestimmung. Er
verstößt gegen nulla poena sine lege. Seine Anwendung ist immer ein
"Verbrechen" (Bert Steffens). Berechtigte und notwendige Kritik wird
kriminalisiert. Hingegen echte Verleumdungen bleiben ungestraft. Wir
fordern Rechtsstaatlichkeit.«
Das Bundesamt für Justiz hat zur Erfüllung der Anforderung eine
Frist bis zum 21.01.2020.
18.12.2019 Kommentar von Dr. Esther Lingen
Bitter notwendig! Unterstütze ich voll und ganz! Derzeit herrscht
keine Rechtssicherheit! Jeder Richter kann hier nach eigenem,
fragwürdigen Gutdünken und nach Lust und Laune machen, was wer will!
Hier muss dringend Abhilfe geschaffen werden!