Flüchtlingskrise und Empfängnisverhütung
Pressemeldung 09.07.2018: Hinweise zur katholischen Ehelehre
Eine besonders abwegige Verschwörungstheorie lautet: »Die
katholische Kirche predigt seit Papst Paul II mit seiner Enzyklika
"Humanae Vitae" das Falsche, weil damit die Empfängnisverhütung
verboten wurde. Folglich ist die Kirche für das Elend in Afrika
mit verantwortlich, denn hätte es diese Enzyklika nicht gegeben,
gäbe es heute einige hundert Millionen Menschen weniger in
Afrika.«
Dieses Fehlernest aus gröblichstem Unfug braucht nicht mühsam in
allen Einzelheiten vollumfänglich widerlegt zu werden.
Bereits die Spekulation befremdet, ein kirchliches Schweigen über
- oder ein kirchliches Empfehlen von - Empfängnisverhütung hätte
den Bevölkerungszuwachs in Afrika beeinflussen können, sogar um
"einige hundert Millionen Menschen". Zunächst: Wie viele von den
Afrikanern sind überhaupt Katholiken? Dann: Wie viele Katholiken -
wo auch immer - halten sich überhaupt an moralische Vorschriften?
Und wie viele Katholiken kennen resp. berücksichtigen überhaupt
den Unterschied zwischen naturrechtlichen, positiv göttlichen und
rein kirchlichen Vorschriften? Diese ganze "Hochrechnung" ist also
vollkommen absurd.
Zudem sind empfängnisverhütende Mittel wie Kondome oder "Pille"
nicht die einzige Möglichkeit, trotz häufigen ehelichen Verkehrs
die Zahl der Nachkommenschaft zu begrenzen. Konkret zur
"Ausnützung der Zeiten der natürlichen Sterilität (der sogenannten
Perioden der Empfängnisfähigkeit) der Frau" erklärte Papst Pius
XII. (Ansprache an die Hebammen, 29.10.1951): "Wenn die Anwendung
dieser Theorie nichts weiter bedeuten soll, als daß die Ehegatten
ihr eheliches Recht auch an den Tagen der natürlichen
Unfruchtbarkeit ausüben können, so ist dagegen nichts einzuwenden.
Denn damit hindern oder beeinträchtigen sie durchaus nicht den
Vollzug des natürlichen Aktes und seine späteren natürlichen
Folgen. ... Geht man jedoch weiter, das heißt, erlaubt man, daß
der eheliche Akt ausschließlich an jenen Tagen ausgeführt werde,
so muß das Verhalten der Eheleute aufmerksamer geprüft werden. ...
Wenn schon bei Schließung der Ehe wenigstens einer der Ehegatten
die Absicht gehabt hätte, das eheliche Recht – und nicht nur
keinen Gebrauch – auf die Zeiten der Unfruchtbarkeit zu
beschränken, dergestalt, daß der andere Ehegatte an anderen Tagen
nicht einmal das Recht hätte, den Akt zu verlangen, so würde dies
einen wesentlichen Mangel des Ehewillens bedeuten, der die
Ungültigkeit der Ehe zur Folge hätte. ... Der Ehevertrag, der den
Ehegatten das Recht einräumt, die Neigung der Natur zu
befriedigen, setzt sie in einen bestimmten Lebensstand ein, eben
den Ehestand. Den Gatten nun, die von jenem Recht mittels des
spezifischen Aktes dieses ihres Standes Gebrauch machen, legen
Natur und Schöpfer die Funktion auf, für die Erhaltung des
Menschengeschlechts zu sorgen. Dies ist die charakteristische
Leistung, die den eigentümlichen Wert ihres Standes, das bonum
prolis (das Gut der Nachkommenschaft) ausmacht. Einzelmensch und
Gesellschaft, Volk und Staat, die Kirche selbst hängen in ihrem
Dasein nach der von Gott gesetzten Ordnung von der fruchtbaren Ehe
ab. In den Ehestand einzutreten, die ihm eigene und nur in ihm
erlaubte Möglichkeit ständig zu benützen und sich andererseits
immer und mit Überlegung ohne ernsten Grund sein Hauptpflicht zu
entziehen, das hieße, sich gegen den Sinn des Lebens selbst zu
vergehen."
Die Kirche hat gar kein Recht, die wahre Lehre zu ändern, ganz im
Gegenteil: Sie hat die Pflicht, die wahre Lehre zu verkünden, auch
in Bezug auf das Wesen der Ehe und die damit verbundenen
Pflichten. Dementsprechend erklärte Papst Pius XI. i.J. 1930 in
der Enzyklika "Casti connubii":
"Da nun der eheliche Akt seiner Natur nach der Zeugung geweiht
ist, so handeln die, welche bei seiner Ausübung ihn absichtlich um
seine natürliche Kraft und Wirkung bringen, gegen die Natur und
begehen etwas Schimpfliches und in sich Unsittliches. Darum ist
nicht zu verwundern, daß auch die heilige Schrift bezeugt: die
göttliche Majestät hasse in höchstem Grade diese abscheuliche
Handlungsweise und habe sie zuweilen auch mit dem Tode bestraft.
... Jeder Gebrauch der Ehe, bei dessen Vollzug der Akt durch die
Willkür der Menschen seiner natürlichen Kraft zu Weckung neuen
Lebens beraubt wird, verstößt gegen das Gesetz Gottes und der
Natur; und die solches tun, beflecken ihr Gewissen mit schwerer
Schuld."
S. dazu Mausbach-Tischleder, Katholische Moraltheologie, Münster
(8)1937, 173: "Die sorgfältige Wahl und feierliche Form der Worte
zwingt wohl, hier an eine abschließende Kathedralentscheidung zu
denken."
Cf. W. Rauch, Das Gesetz Gottes in der Ehe, Mainz (2)1934, 83f:
"Dieser aktiven und beabsichtigten Verhütung der Empfängnis beim
ehelichen Verkehr, auf welche Weise sie auch erstrebt wird, hat
die katholische Moraltheologie den ausdrucksvollen Namen abusus
matrimonii, Mißbrauch der Ehe, vorbehalten. ... So liegt auch hier
die Gegenstellung gegen die Natur (und damit gegen Gott) darin,
daß eine Kraft, die aus der göttlichen Weisheit und Schöpfermacht
einen ureigenen Sinn hat, zwar gebraucht, aber gerade dieser Sinn
in bewußter Tätigkeit ausgeschlossen und unmöglich gemacht wird. -
Nach ihrem Urbild in Gen. 38,8-10 wird diese Sünde auch
Ehe-Onanismus genannt (onanismus coniugalis)."
Wenn Onanie als erlaubt oder gar empfehlenswert, ja sogar als
zwingend notwendig dargestellt wird, spricht daraus eine
ungeheuerliche Verwilderung und Verwahrlosung. Absurde
Verschwörungstheorien, die sich ausschließlich durch Fälschung der
geschichtlichen Tatsachen sowie durch radikale moralische
Verkommenheit legitimieren können, verdienen keine Unterstützung.