Pressemeldung 20.05.2015: Zur
Arbeitsweise der Justiz im Strafprozess
In manchen Strafprozessen bestimmt ein Gericht eine sog.
"Pflichtverteidigung" ohne jeden vernünftigen Grund und sogar
gegen den ausdrücklichen Willen des Angeklagten. Der Angekl. kann
dann allenfalls einen anderen Rechtsanwalt als den vom Gericht
bestimmten beauftragen. Dies ist aber normalerweise mit enormen
Zusatzkosten verbunden. Und v.a. ist so eine Pflichtverteidigung
ja normalerweise nicht grundlos ungewollt, z.B. weil der Angekl.
sich ohnehin am besten selbst verteidigen kann oder weil
schlichtweg kein Anwalt mit der erforderlichen Kompetenz und
Durchsetzungskraft zu finden ist. Zudem: "Die Staatsanwaltschaft
hat nicht nur die zur Belastung, sondern auch die zur Entlastung
dienenden Umstände zu ermitteln und für die Erhebung der Beweise
Sorge zu tragen, deren Verlust zu besorgen ist" (§ 160 StPO).
Wurde dies bei Gustl Mollath, Ulvi Kulac, Horst Arnold etc. pp.
berücksichtigt?
Im Strafprozess haben die Staatsanwaltschaft mit der
Anklageschrift und das Gericht mit der Verfahrenseröffnung bereits
ausdrücklich ihre feste Überzeugung erklärt, dass für die Schuld
des Angekl. "zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen" (§
152 StPO). Wollen sie dann wirklich noch eines Besseren belehrt
werden? Wollen sie, dass man ihnen nachweist, dass sie namentlich
die "zur Entlastung dienenden Umstände" nicht hinreichend
ermittelt haben? Wird ein Gericht einen Anwalt immer wieder als
Pflichtverteidiger beauftragen, der immer wieder beweist, dass es
einen Unschuldigen verfolgt hat? Ist es jedem Anwalt gleichgültig,
ob er Mandanten hat oder nicht? Oder anders: Was erwartet ein
Gericht vom Pflichtverteidiger? Eine Fallstudie gibt Antwort.
Jemand war angeklagt worden, weil er immer wieder auf die
christlichen Grundsätze verwiesen und Beispiele erwähnt hatte,
dass von der Obrigkeit kirchlich verurteilte Irrlehren verbreitet
werden. Zur Erinnerung: Wer sich gegen sexuelle Verwahrlosung oder
Abtreibung ausspricht, kann sich dafür in der BRD recht schnell
hinter Gittern wiederfinden. Eine hartnäckige Behauptung des
Angekl. war: Als Petrus nach seiner Gefangennahme und Befreiung
gefragt wird, warum er trotz strengen Verbotes noch immer den
Glauben verkündet, antwortet er: "Man muss Gott mehr gehorchen als
den Menschen" (Apg 5,29; cf. Mt 10,17-23; 2 Tim 3,12). Diese
Lebensmaxime wurde immer wieder vom kirchlichen Lehramt
wiederholt, und unzählige Bekenner und Märtyrer haben diesen
Grundsatz bis zum äußersten befolgt.
Die Staatsanwaltschaft forderte deshalb mindestens zwei Jahre
Gefängnis, und das Gericht eröffnete das Verfahren.
Angenommen, es ist jedem Anwalt vollkommen gleichgültig, ob er es
sich mit dem Gericht verscherzt, dann bliebe trotzdem die Frage:
Welcher Anwalt ist schon bereit, d.h. sowohl charakterlich als
auch fachlich kompetent, einen religiösen Menschen zu verteidigen
in einem Land mit Konkordatsbruch (BVerfG 1957), mit
Kruzifixverbot (BVerfG 1983) etc.?
Im Wissen sowohl um alle diese Fakten als auch um seine
zahlreichen von verschiedenen Seiten bestätigte Kompetenz in den
hier betroffenen Sach- und Rechtsfragen lehnte der Angekl. den
Pflichtverteidiger nachdrücklich ab. Aber erfolglos: Sowohl
Gericht als auch Pflichtverteidiger zeigten sich vollkommen
uneinsichtig und inszenierten eine "Pflichtverteidigung". Der
Angekl. stellte dann während des gesamten Prozesses immer nur
eines fest, nämlich eine vollkommene Untätigkeit des
Pflichtverteidigers in der Sache. Der Verteidiger weigerte sich
v.a., die rechtliche Grundlage von Tatbestand und Sachverhalt zu
überprüfen. Ganz im Gegenteil: Er versuchte sogar, den Angekl. zu
einem "Schuldgeständnis" zu überreden, um wenigstens das zu
erwartende Strafmaß reduzieren zu können. Der Angekl. versuchte
also weiterhin, diese "Pflichtverteidigung" zu beenden, und
beschwerte sich bei Gericht entschieden über dieses völlige
Nichtstun des Anwalts. Aber das Gericht reagierte einfach nicht;
schließlich nahm es den Anwalt sogar noch ausdrücklich vor Kritik
in Schutz.
Irgendwann hat der Angekl. dann aber doch einen wirklich
kompetenten Rechtsanwalt finden können. Dieser wiederum hat dann
die Prozessunterlagen angefordert - die einem Angekl.
normalerweise allenfalls sehr ausschnitthaft gezeigt werden. Und
siehe da: Der Verteidiger war doch nicht ganz untätig: Er hatte -
vollkommen hinter dem Rücken des Angekl. - an das Gericht
geschrieben:
"Es wird beantragt, ein psychoanalytisches
Sachverständigengutachten einzuholen, zum Beweis der Tatsache,
dass der Angekl. die ihm vorgeworfenen Straftaten im Zustand (und
aufgrund) einer schweren krankhaften seelischen Störung begangen
hat, die seine Fähigkeit, sein Handeln aus Einsicht in das
Unerlaubte zu steuern, aufgehoben hat (§ 20 StGB)." Und die
Straftaten werden weitergehen, "da Herr A. trotz seines im Übrigen
völlig unauffälligen Lebens außerstande ist, sich zu steuern. Der
Sachverständige wird diese Tatsache durch sein Gutachten belegen.
Diese Einholung eines psychoanalytischen Gutachtens ist deshalb
erforderlich, weil bereits in dem Verfahren [x] versucht wurde,
den Angekl. psychiatrisch untersuchen zu lassen, was jedoch nicht
gelang."
Soweit der Pflichtverteidiger. Zugegeben: Religion wird oft als
Geistesstörung hingestellt, z.B. bei Johannes dem Täufer (Mt
11,18), Christus (Joh 10,21) und Paulus (Apg 26,24). Dennoch:
Bedenklich ist, dass der Verteidiger gleich zweimal ausdrücklich
von der "Tatsache" (d.h. nicht von einer diesbzgl. Frage) der
äußerst schweren Geisteskrankheit spricht, deren Absegnung durch
einen Sachverständigen als bloße Formsache erscheint. Bedenklich
ist, dass lt. Verteidiger sich eine so dermaßen schwere
Geisteskrankheit ausgerechnet in einem "völlig unauffälligen
Leben" äußern soll - eine Geisteskrankheit, bei der der Gestörte
sich "nicht mehr steuern" kann, wo jede "Einsicht in das
Unerlaubte" fehlt! Bedenklich ist, dass der Verteidiger diesen
Antrag stellt, nachdem er von mehreren Personen ganz ausdrücklich
darüber belehrt wurde, dass diese Schuldunfähigkeit eben ganz
ausdrücklich *nicht* besteht.
Zudem hatte es sehr wohl bereits eine umfangreiche psychiatrische
Untersuchung des Angekl. gegeben, u.z. auf Anordnung desselben
Gerichts, dem nun der Verteidiger versichert, dass es selbige
Untersuchung niemals gab. Das Gericht hatte sich schon früher am
religiösen Bekenntnis des Angekl. gestört, und weil eben Religion
gerne in Geisteskrankheit uminterpretiert wird, wurde dem Angekl.
auch ein Psychiater ins Haus geschickt. Dieser Arzt erklärte nach
zwei Stunden Untersuchung dann rückhaltlos, dass es keinerlei
psychischen Beeinträchtigungen beim Angekl. gibt. Und dasselbe
Gericht schloss sich daraufhin in einem schriftlichen Beschluss
dem ärztlichen Gutachten an. Also: Der Angekl. ist psychisch
vollkommen gesund, er ist weder in Lebensführung noch in
Prozessführung irgendwie beeinträchtigt.
Angesichts dieses Antrags war dem Gericht vollkommen klar, dass
der bestellte Pflichtverteidiger selbst wichtigste Tatsachen
ignoriert, dass er vielmehr die Schädigung des Angekl. und v.a.
überhaupt der Sache (i.e. der Religion) betreibt. Dass der
Verteidiger dabei hinterrücks agiert, verdient natürlich
Beachtung. Bei alldem hält das Gericht eisern am
Pflichtverteidiger fest und entlohnt ihn fürstlich.
Auch wenn dieses Fallbeispiel sich vielleicht nicht immer
hundertprozentig auf jeden anderen Fall übertragen lassen mag,
sollte es verstehen helfen, welche Ziele die Justiz verfolgt und
wie sie operiert. Ein wichtiges Instrument dabei ist der
Pflichtverteidiger.