Im folgenden zitieren wir einige Passagen aus dem Buch von Karl Adam,
Das Wesen des Katholizismus, Düsseldorf (8)1936 (1. Auflage 1924).
Adam bringt in diesem Buch Formulierungen, die teilweise wörtlich von
den V2-Sektieren übernommen worden sind, etwa wenn er über
Pfingsten - entgegen der kirchlichen Lehre - äußert: "Das
war die Geburtsstunde des neuen Glaubens und der neuen Kirche" (67),
oder Phrasen drischt wie: "Aber auch in den protestantischen
Gemeinschaften sind Heilige und Märtyrer vom katholischen Glauben
nicht unmöglich" (209). Adam verpackt seine antikirchliche
Gesinnung sehr ausgiebig in rechtgläubigen Sätzen, wodurch die
Gefahr, die seine Texte für den Glauben darstellen, nur noch größer
wird. In den dreißiger Jahren begann dann auch Karl
Rahner seinen Kampf gegen die Kirche, und bezeichnenderweise schwärmt
Adam für denjenigen, der maßgeblich die abgelehnte, damit also
nur Pseudo-"Doktorarbeit" Rahners, Geist in Welt, beeinflusste,
i.e. J. Maréchal.
Es ist ein trauriges Zeugnis für die Gedankenlosigkeit gewisser
kirchlicher Persönlichkeiten, dass sie Wüterichen wie Adam und
Rahner ein so leichtes Spiel überließen. Jedenfalls beweisen
diese Schriften, dass das "Vatikanum 2" aus der
unverantwortlichen Nachlässigkeit bei verantwortlichen Stellen und
dem damit zusammenhängenden ungebremsten Aktivismus der Neuerer
resultiert. Bücher wie Adams "Wesen des Katholizismus" hätten
niemals gedruckt werden dürfen.
Nun gibt es sie aber, und wenn wir nun daraus zitieren, dann einerseits
deshalb, weil die richtigen Aussagen eindrücklich formuliert wurden
und insofern hilfreich sein können. Andererseits kann man - mit Blick
auf die obigen Zitate - erkennen, wie raffiniert die Neuerer ihre
Revolution geplant und vorangetrieben haben. Kurzum: Die nachstehenden
Aussagen über die Heilsnotwendigkeit der Kirche sind richtig:
202-204: Schon in der Urgemeinde berief man sich nach dem Zeugnis des
Matthäus (18, 17) für diese Heilsnotwendigkeit der einen
Gemeinschaft auf ein ausdrückliches Herrenwort: "Wenn jemand die
Kirche nicht hört, der sei dir wie ein Heide und öffentlicher Sünder",
d.h. er gelte dir nicht mehr als ein Christ. Die urchristliche Überzeugung
sprach nachmals Cyprian in den wuchtigen, von der Christenheit niemals
vergessenen Sätzen aus "Damit einer Gott zum Vater haben könne,
muß er die Kirche zur Mutter haben" (ep. 74, 7). "Niemand
kann selig werden außer in der Kirche" (ep. 4, 4). "Außerhalb
der Kirche gibt es kein Heil" (ep. 73, 21).
Damit war jene Formel geprägt, die den Anspruch der Kirche, die
alleinseligmachende zu sein, am bündigsten zum Ausdruck brachte: außerhalb
der Kirche kein Heil. Das 4. Laterankonzil vom Jahre 1215 übernahm
sie wörtlich. Im sogenannten Symbolum Athanasianum, das die Kirche
unter ihre Glaubensbekenntnisse aufgenommen hat, fand sie ihre ausführliche
Umschreibung: "Wer nur immer selig sein will, für den tut es vor
allem not, daß er den katholischen Glauben festhalte. Wenn er ihn
nicht unversehrt und unverletzt bewahrt, wird er ohne Zweifel zugrunde
gehen." Und noch unzweideutiger äußert sich das Konzil von
Florenz im Jahre 1439, das alle Heiden, Juden, Häretiker und
Schismatiker des ewigen Lebens verlustig erklärt und dem ewigen Feuer
überantwortet. Es ist kein Zweifel, so weltoffen und so weltweit die
Kirche durch das Prinzip ihrer Katholizität ist, so selbstbezogen,
abweisend und exklusiv ist sie durch den Anspruch, die alleinseligmachende
zu sein. Der unbedingtesten, restlosesten Hingabe an die Welt der Werte,
wo immer sie sich finden mögen, steht die stärkste,
unbedingteste Selbstbehauptung, Selbstsetzung gegenüber. Diese
unbedingte Selbstsetzung ist der wesensnotwendige Gegendruck gegen ihre
unbedingte Selbsthingabe. Ohne diese starre, bewußte Selbstsetzung,
ohne diese ungeheure Bewegung nach einwärts würde das
Katholische an ihr, der Drang zur ganzen Menschheit, zur ganzen Welt und
ihren Werten eine fortschreitende Auflösung des eigenen übernatürlichen
Wesensgehaltes, eine Verschmelzung mit dem Kosmos des Natürlichen,
also auch ein Zusammenwachsen mit fremden, ja gegensätzlichen religiösen
Vorstellungen und Gebilden (Synkretismus) in gefahrvolle Nähe rücken.
Gerade dadurch, daß sich die Kirche mit derselben Wucht und Kraft,
mit der sie sich an die Welt hingibt, auf ihren übernatürlichen
Ursprung, auf ihren Wesenszusammenhang mit Christus, auf ihre
alleinseligmachende Heilandskraft besinnt, bleibt der übernatürliche
Kern ihrer Botschaft erhalten und damit die Fähigkeit, alle von der
Welt übernommenen natürlichen Werte ins übernatürliche,
Christusdurchlebte, Gottbezogene zu erheben. Ist die Katholizität
ihre zentrifugale, so ist diese ihre Selbstbezogenheit ihre zentripetale
Kraft. Und darin liegt das Geheimnis ihres Sichselbst-Treubleibens in der
Fülle, daß diese beiden Kräfte in innerer Spannungseinheit
erhalten bleiben, daß die Kirche katholisch und exklusiv zugleich
ist. So ist daran nicht zu deuteln: In der Frage nach einem etwaigen
Heilandsberuf der übrigen christlichen Gemeinschaften, in der Frage,
ob auch nichtkatholische Kirchen seligmachend seien, kennt die Kirche
keine Duldung. Eben dadurch, daß sich alle diese Gemeinschaften
gegen die ursprüngliche Einheit der Brüder im Glauben und in der
Liebe aufrichteten, erwiesen sie sich für das katholische Bewußtsein
als Gebilde, die nicht aus dem Geist Jesu erstanden sind, somit als rein
menschliche, ja widerchristliche Schöpfungen. Ihnen gegenüber
kennt die Kirche nur ein Verwerfungsurteil. Und sie wird dieses Urteil
nicht zurücknehmen, bis daß der Herr kommt.
Es ist psychologisch begreiflich, daß die Anhänger
nichtkatholischer Bekenntnisse diese dogmatische Unduldsamkeit der Kirche
schmerzvoll empfinden und geneigt sind, in ihr das Wehen eines
jesufremden, ja jesufeindlichen Geistes zu entdecken, den Geist der
Lieblosigkeit und Härte. Wenn von einer "geradezu furchtbaren
Exklusivität und Intoleranz" gesprochen wird (F. Heiler, Der
Katholizismus, seine Idee und seine Erscheinung, 1923, S. 613), so vergißt
man, daß die Wahrheit immer "furchtbar exklusiv und intolerant"
sein muß. Und wenn in demselben Atemzug beteuert wird: "Vom
alleinseligmachenden Glauben an Jesu Messianität führt ein
gerader Weg zum Glauben an die alleinseligmachende Kirche", so ist
doch mit der Wahrheit, daß Christus der einzige Name ist im Himmel
und auf Erden, durch den wir können selig werden, auch die andere
Wahrheit anerkannt, daß nur in der von Ihm gestifteten einen Kirche
das wahre Heil zu finden ist. Der eine Christus und der eine Leib Christi
gehören unlöslich zusammen. Wer die eine wahre Kirche leugnet,
der wird durch die Unerbittlichkeit der Gedankenfolge nur allzu leicht
dazu gerührt, auch an Christus irre zu werden. Tatsächlich ist
denn auch die Geschichte des Abfalls von der Kirche zugleich die
Geschichte der fortschreitenden Auflösung des ursprünglichen
Christusbildes geworden. So steht denn die Wahrheit: Es gibt nur einen
Christus, und es gibt nur eine seligmachende Kirche Christi, in ihrem
inneren, ehernen Zusammenhang hart und unerbittlich da.
212f : ... im Licht der Glaubenswahrheit vom inneren Wesenszusammenhang zwischen Christus und der Kirche, kann es für alle Häretiker und Schismatiker, für alle Juden und Heiden nur jenes Verwerfungsurteil geben, welches das Konzil von Florenz über sie ausgesprochen hat. Insofern sie außerhalb der einen Kirche Christi sind und sein wollen, stehen sie nach dem strengen Sinngehalt des Dogmas außerhalb der Gnadensphäre Christi und außerhalb des Heils. Von diesem rein dogmatischen Standpunkt aus sind die scharfen Verwerfungsurteile der Kirche gegen alle Häretiker und Schismatiker zu verstehen, auch die in der so viel angefochtenen Borromäusenzyklika des Papstes Pius X. Die Kirche will hierbei nicht für den Einzelfall entscheiden, ob ein Häretiker die Wahrheit guten Glaubens oder böswillig leugnet. Sie will noch weniger über sein Endschicksal zu Gericht sitzen. Ihr Verdammungsurteil besagt unmittelbar nur, daß diese Häretiker Vertreter und Zeugen einer widerkirchlichcn Idee sind. Da, wo Ideen aufeinanderprallen, wo Wahrheit gegen den Irrtum, wo Offenbarung gegen Menschenwitz streitet, da gibt es kein Entgegenkommen und keine Schonung. Hätte Christus solche Schonung geübt, wäre Er nicht gekreuzigt worden. Als Er die Pharisäer übertünchte Gräber und Natternbrut, und als Er den Herodes einen Fuchs nannte, da war es der ganze ungeheure Ernst der Idee, nicht irgendein Haß gegen Einzelpersönlichkeiten, da war es das heiße, starke Verantwortlichkeitsgefühl gegenüber der ewigen Wahrheit, das Ihn gegen den Irrtum und seine Vertreter so eifernde Worte finden ließ. Wo dieser Kampf um die Wahrheit nicht mehr ist, da ist alle geistig-sittliche Kraft dahin, da herrscht die Grundsatzlosigkeit, da wird Gott verleugnet. Die dogmatische Intoleranz ist also sittliche Pflicht, Pflicht der unbedingten Wahrheit und Wahrhaftigkeit.