Predigt am 27.01.2002

- Septuagesima, Beginn der Vorfastenzeit -
(Kirche zum Mitreden, 27.01.2002)
1 Kor 9,24-27. 10,1-5; Mt 20,1-6

Mit dem heutigen Sonntag "Septuagesima" beginnt die Vorfastenzeit, in der zwar noch nicht die Fastenvorschriften gelten, in der allerdings Gloria und Alleluja nicht mehr Bestandteil der Sonntagsliturgie sind. Der Charakter dieser Wochen vor der Fastenzeit ist bereits tiefer Ernst und wachsame Nürchternheit. Während die heidnische Welt ausgelassen vor sich hertaumelt, wollen wir den Herrn bitten, dass wir die Fastenzeit als besondere Zeit der Buße und Umkehr nutzen und für das ewige Leben fruchtbar machen.

Im Schott steht eine Erklärung zum Namen des heutigen Sonntags: "Der Name Septuagesima (siebzigster Tag vor Ostern) weckt die Erinnerung an die 70 Jahre der Gefangenschaft, welche die Juden zur Strafe für ihre Untreue fern von Jerusalem, zu Babylon, verbringen mußten, bevor sie wieder ins Gelobte Land zurückkehren durften. So mahnt uns diese Zeit an unsre eigene Pilgerschaft aus der Fremde, aus der gottfernen Welt (Babylon), zum wahren Vaterland (Jerusalem). Diese Pilgerschaft ist für uns ein beständiger Kampf gegen die Feinde unseres Heiles. Für den göttlichen Heiland bedeutete das öffentliche Wirken Mühsal und Leiden und schließlich den Tod; so muß sich auch unser Leben, soll es dem seinen nachgebildet werden, auf Kämpfe, selbst auf ein geistiges Sterben gefaßt machen; erst dann wird es mit dem Heiland zum endlichen Triumph gelangen."

Soweit das Zitat aus dem Schott. In der Lesung haben wir die Worte des heiligen Paulus vernommen: "Brüder! Wißt ihr nicht, daß die Wettläufer in der Rennbahn zwar alle laufen, aber nur einer den Preis erlangt? Laufet so, daß ihr ihn erlanget!" Paulus spricht bei diesem Bild vom Wettlauf von Enhaltsamkeit und Züchtigung.

Wir Menschen stehen immer wieder in der Gefahr, uns durch irdische Dinge gefangen nehmen zu lassen. Sicher, wir dürfen die Dinge dieser Welt in einem gesunden Maße gebrauchen, wir dürfen in einem gesunden Maße daran Freude haben. Aber sobald wir den Genuss dieser irdischen Dinge so wichtig nehmen, dass unsere Liebe zu Gott eingeschränkt wird, ist das gesunde Maß überschritten. Ähnliches gilt, wenn wir die Sorgen des Alltags so wichtig nehmen, dass wir Gottes Liebe und Fürsorge bestreiten. Nur wenn wir - auch durch Enthaltsamkeit - die notwendige geistige Freiheit von den Dingen dieser Welt bewahren, werden wir auch unsere Liebe zu Gott in rechter Weise entfalten können. Die Fastenvorschriften, denen zufolge man am Tag maximal eine Sättigung und zwei Stärkungen zu sich nehmen darf, sind nun wahrlich nicht unschaffbar schwer zu erfüllen, zumal der Grundsatz gilt: Man darf soviel Nahrung zu sich nehmen, dass man das Fasten ohne beträchtlichen Schaden halten kann. Wer z.B. nicht umhin kann, an einem Fasttag lange schwere körperliche Arbeit auf sich zu nehmen, darf dies bei der Nahrungsaufnahme berücksichtigen. Die Fastenvorschriften dienen in erster Linie dazu, dass der Mensch im Bewusstsein der Fastenzeit lebt und besonders bei der Nahrungsaufnahme sich daran erinnert, dass Gott das eigentliche Gut ist. Wer sich immer nur wohlfühlt wie die Made im Speck, der steht in besonderer Gefahr, das religiöse Leben zu vernachlässigen.

Bei der Züchtigung tun wir uns gewissermaßen Gewalt an, wir nehmen eine besondere Mühe auf uns. Bußübungen gehören zum Leben eines Christen notwendig dazu. An erster und besonderer Stelle ist das Gebet zu nennen. So hat die Kirche im Brevier sieben Psalmen als Bußpsalmen zusammengefasst (6, 31, 37, 102, 129, 142). Der sechste Bußpsalm (129) wird im heutigen Tractus zitiert: "Aus Tiefen, schrei ich, Herr, zu Dir: o Herr, erhör mein Rufen. Schenk doch Gehör dem Beten Deines Knechtes."

Wir müssen uns in Demut vor Gott niederwerfen und ihn um sein Erbarmen anflehen. Für so vieles nehmen wir uns so viel Zeit, aber nehmen wir uns auch Zeit für das Gebet? Die wenigen Sekunden eines Tischgebetes sollte jeder Mensch erübrigen können. Und wenn man nicht jeden Tag den Rosenkranz betet, wäre es nicht wenigstens möglich, jeden Tag ein Gesätz des Rosenkranzes zu beten? Und insbesondere dann, wenn böse Gedanken uns locken, sollen wir nicht resignieren und der Sünde Tür und Tor öffnen, sondern zum Gebet unsere Zuflucht nehmen. Der kirchliche Gebetsschatz ist so reich: Außer den Psalmen und dem Rosenkranz gibt es so herrliche Gebete, die sehr geeignet sind, unsere Seele zu Gott zu erheben. Beginnen und beschließen wir unseren Tag mit dem Vaterunser, beten wir jeden Mittag das Angelusgebet, führen wir immer mehr unser Leben in der Gegenwart Gottes.

Eine besonders wichtige christliche Übung ist die Beichte, die nach dem Kirchengebot einmal im Jahr abgelegt werden muss. Dies muss zwar nicht unbedingt in der Fastenzeit geschehen, aber dieser Zeitraum ist immerhin empfehlenswert, weil die Kirche auch die Osterkommunion vorschreibt, die jeder Katholik im Zeitraum von Palmsonntag bis zum Weißen Sonntag empfangen muss. Hat jemand diese Pflichten der Jahresbeichte und der Osterkommunion auch lange Zeit nicht erfüllt, so ist das kein Grund, diese Pflichten auch künftig nicht zu erfüllen. Lassen wir das Schlechte hinter uns und wenden wir uns dem Guten zu.

Halten wir uns also immer vor Augen, worauf es wirklich ankommt: Nicht auf die Freuden dieser Welt, nicht auf den Zuspruch dieser Welt, sondern auf ein Leben, das von Gottes Geboten geleitet ist und auf Gott hin gelebt wird. Amen.

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