Predigt - Newsletter v. 31.10.2004:
Predigt am 01.11.2004
- Allerheiligen, d I cl; Offb 7,2-12; Mt 5,1-12 -
(Kirche zum Mitreden, 11.07.2006)
Wörter: 1201
"Selig, die hungern und dürsten nach der
Gerechtigkeit; denn sie werden gesättigt werden." "Selig die
Verfolgung leiden um der Gerechtigkeit willen; denn ihrer ist das
Himmelreich." Die Gerechtigkeit gehört zu den zentralen Themen des
Christentums. Schon im Alten Testament ist immer wieder von der
Gerechtigkeit Gottes die Rede sowie von der Notwendigkeit, dass der
Mensch gerecht sein muss, um vor Gottes Gericht bestehen zu
können. Die Weisheit Salomos (1,1) beginnt mit den Worten: "Die
ihr die Erde richtet, liebt Gerechtigkeit!" Der Psalmist (11,7) singt:
"Gerecht ist der Herr; Er liebt Gerechtigkeit; Sein Antlitz schauen nur
die Redlichen." Der Apostel Petrus (2 Petr 3,13) schreibt: "Wir aber
erwarten, wie [Gott] es verheißen hat, einen neuen Himmel und
eine neue Erde, wo die Gerechtigkeit wohnt." Der hl. Kirchenlehrer
Augustinus (civ. dei 4,4) schreibt: "Wenn die Gerechtigkeit
fehlt, was sind Staaten dann anders als große Räuberbanden."
Nun mag man vielleicht denken: Ach wie gut geht es uns Deutschen!
Schließlich trichtern die Medien den Bürgern
unermüdlich bis zum Überdruss ein, dass Deutschland ein
Rechtsstaat ist, daran gibt es nichts zu rütteln. Bei soviel
erklärter Rechtsstaatlichkeit will wohl so mancher gar keinen
neuen Himmel und gar keine neue Erde, wo die Gerechtigkeit wohnt - wenn
sich ein "Justiz"-Gebäude neben das andere türmt, wenn
Plakate mit der Aufschrift: "Deutschland ist ein Rechtsstaat" alles
überkleben und keine Podiumsdiskussion mehr stattfindet, ohne dass
mindestens zehnmal erklärt wird, dass Deutschland ein Rechtsstaat
ist. Ach wie gut, dass niemand dieser "Frohen Botschaft" entgehen kann.
Aber vielleicht sollte es trotzdem erlaubt sein, sich einige Gedanken
über die Berechtigung dieser Propaganda zu machen. Nun, es wird
wohl niemand in Zweifel stellen können, dass die "Justiz" in
Deutschland nicht nur allgegenwärtig, sondern auch quasi
allmächtig ist. Aber mal vom Sprachlichen abgesehen: Ist Justiz
und Gerechtigkeit wirklich immer in jeder Einzelheit haargenau
dasselbe? Und wäre es dann nicht vielleicht zu erwägen,
Deutschland statt "Rechtsstaat" nur "Justiz"-Staat oder "Richter"-Staat
zu nennen? Was zunächst auffällt, ist die unfassbare
Unantastbarkeit, die sich die "Justiz" in Deutschland anmaßt. Man
blicke z.B. auf die Art und Weise, wie manche Politiker in der
Öffentlichkeit mit Kritik eingedeckt werden. "Justiz"-Ministerin
Brigitte Zypries wird öffentlich mit dem Spitznamen "Brigittigitt
Zypresse" belegt. Ein großes Magazin (titanic) nennt
Ministerpräsident Roland Koch den "Hessen-Hitler", was obendrein
im Internet weite Kreise zieht. Über Bundeskanzler Gerhard
Schröder gibt es eine eigene "Gerd Show". Dessen Autor Elmar
Brandt singt Lieder, in denen er Schröders Stimme imitiert, z.B.
"Ich erhöh' euch die Steuern. Gewählt ist gewählt, ihr
könnt mich jetzt nicht mehr feuern." Das ist ja ein recht
bekanntes Lied. Außerdem hat Elmar Brandt einen offenen Brief an
Gerhard Schröder geschrieben: "Hallo Gerd! Mein Name ist Elmar
Brandt, und ich kann so reden wie du. Ich habe ein Lied gemacht, das
Steuersong heißt und das ich mit deiner Stimme singe. Das
läuft überall, und die Leute finden es ziemlich gut." Nicht
jede Kritik an Politikern mag berechtigt oder geschmackssicher sein,
aber immerhin: Sie wird geübt und bleibt, von sehr seltenen
Ausnahmen einmal abgesehen, völlig straffrei. Wie ist es nun mit
der "Justiz"? Man muss schon mit der Lupe suchen, bevor man
überhaupt mal ein kritisches Wort gegenüber der Justiz
findet, und nichts kommt hinsichtlich der Direktheit auch nur in die
Nähe dessen, was in Bezug auf Politiker gang und gäbe ist.
Nun mag man erklären: Politiker machen Fehler, Richter machen
keine Fehler. Doch diese Erklärung erscheint recht schnell als
nicht unproblematisch. Ein Beispiel: Ein katholischer Priester wird
wegen angeblicher "Beleidigung" widerrechtlich vor "Gericht" zitiert
und "verurteilt". Die schriftliche "Urteilsbegründung" ist
zusammengestrickt aus lauter offenkundigen Lügen. Alle diese
Lügen, die das "Gericht" schwarz auf weiß vorlegt, sind
durch eindeutige Beweise als klare Lügen erwiesen. Sämtliche
Proteste dagegen laufen ins Leere, keine Lüge wird
zurückgenommen, geschweige denn, dass auf die Beweise der
"Justiz"-Verlogenheit eingegangen wird. Es gibt schlichtweg nichts,
womit sich die "Justiz" für ihr Lügentheater rechtfertigen
kann - aber anscheinend braucht sie sich auch gar nicht zu
rechtfertigen. Man hat - so die gängige Meinung, die vom Staat mit
allen nur erdenklichen Mitteln durchgedrückt wird - als
Bürger von der "Justiz" nun einmal die ärgsten Lügen
hinzunehmen, alles andere würde als Gefährdung des
"Rechtsstaates" gewertet und entsprechend vom Staat verfolgt. Dieses
Elend soll noch durch einen anderen Fall illustriert werden: Ein
"Gericht" hatte einen Abtreibungsgegner (babycaust.de) verurteilt, was
von der "Europäischen Ärzteaktion" in einer Pressemitteilung
(18.03.2002) kommentiert wurde: "Die Europäische Ärzteaktion
in den deutschsprachigen Ländern ist betroffen vom Urteil des
Heilbronner Landgerichtes gegen einen Abtreibungsgegner wegen des
Gebrauches des Ausdrucks 'rechtswidrige Abtreibungen'. Denn das
höchste deutsche Gericht, das Bundesverfassungsgericht in
Karlsruhe bezeichnet Abtreibungen als 'rechtswidrig' und nur nach
Vorlage eines Beratungsscheines als 'straffrei'. Daher ist es ein
Unrecht und nicht hinnehmbar, wenn jetzt das Heilbronner Landgericht
einen Abtreibungsgegner dazu verurteilt, den Ausdruck 'rechtswidrige
Abtreibungen' zu unterlassen. Denn jede Abtreibung ist und bleibt
Tötung eines ungeborenen Kindes und deshalb nach dem Urteil des
höchsten deutschen Gerichtes 'rechtswidrig'. Die Europäische
Ärzteaktion in den deutschsprachigen Ländern ist fassungslos
über das Urteil des Heilbronner Landgerichtes." Mit Verweis auf
diese Pressemitteilung wurde Strafanzeige gegen die verantwortlichen
Richter wegen dieser notorischen Unrechtssprechung erstattet. Was
passierte? Nicht nur, dass die "Landrichter" ungestraft blieben, gegen
den Anzeigenerstatter wurde sogar noch Strafantrag gestellt, er
hätte die "Richter" mit seinem "grob beleidigegenden Schreiben"
"beschimpft". Man macht sich also "strafbar", wenn man mit Verweis auf
eine Pressemitteilung die Bestrafung notorischer Unrechtssprecher
fordert! Wer Gerechtigkeit fordert, ist nach deutschem "Justiz"-System
ein Verbrecher. Kann der Wahnsinn noch gesteigert werden? Der
Schriftsteller Friedrich Dürrenmatt (1921-1990) hat es einmal so
formuliert: "Die Gerechtigkeit wohnt in einer Etage, zu der die Justiz
keinen Zugang hat." Aber kann es genügen, derartige mehr oder
weniger gelungenen Bilder und Vergleiche zum Besten zu geben? In einem
"Justiz"-Staat spekuliert die Obrigkeit darauf, dass die Bürger
nicht nach der Gerechtigkeit hungern und dürsten; wer es aber doch
tut, der soll nach dem Willen der Obrigkeit verhungern und verdursten,
jedenfalls wird die Obrigkeit gerne nachhelfen, dass Hunger und Durst
nach der Gerechtigkeit nicht zum Problem werden. Christus hat
vorausgesagt: "Nehmt euch in acht vor den Menschen! Denn sie werden
euch den Gerichten ausliefern und in den Synagogen euch geißeln.
Ja, um meinetwillen werdet ihr vor Statthalter und Könige
geführt werden, um Zeugnis zu geben vor ihnen und vor den Heiden"
(Mt 10,17f). Es ist nicht hinnehmbar, dass die "Justiz" der Inbegriff
der Ungerechtigkeit ist. Man muss die "Justiz" wieder daran erinnern,
dass sie die Gerechtigkeit verteidigen und die Ungerechtigkeit
bekämpfen muss. Es ist nicht hinnehmbar, dass Menschen in ihrem
Hunger und Durst nach der Gerechtigkeit zugrundegehen, selbst dann
nicht, wenn sich die breite Masse daran gewöhnt hat, selbst das
himmelschreiendste Unrecht zu billigen oder sogar zu unterstützen,
wenn die "Justiz" es so will. Eine Justiz, die keine Angst vor Strafen
hat, falls sie ungerecht entscheidet, verdient keine unterwürfige
Ehrerbietung. Wenn es nötig ist, muss man der "Justiz" auch in
angemessener Weise klarmachen, dass sie ihre Grenzen überschritten
hat. Die irdischen Konsequenzen für denjenigen, der die "Justiz"
auf die Gerechtigkeit hinweist, mögen noch so furchtbar
erscheinen. Wollen wir einst in der Gemeinschaft der Heiligen im Himmel
leben, dann dürfen uns auch die schlimmsten Verfolgungen nicht vom
Einsatz für die Gerechtigkeit abschrecken. "Selig die Verfolgung
leiden um der Gerechtigkeit willen; denn ihrer ist das Himmelreich."
Amen.
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