Predigt am 19.02.2006

- Sexagesima, sd -
(Kirche zum Mitreden, 19.02.2006)
abtreibung lehmann bei G.
2 Kor 11,19-33. 12,1-9; Lk 8,4-13; Wörter: 1223
Kürzlich hat der Aachener Karnevalsverein wieder einmal den "Orden Wider den tierischen Ernst" verliehen, diesmal an Friedrich Merz, ehemals Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, derzeit noch Wahlkreisabgeordneter im Hochsauerlandkreis. Die Verleihung des "Ordens Wider den tierischen Ernst" an ihn sollte auch von Christen mit einem gewissen Interesse beobachtet werden; zunächst, weil die CDU sich ja "christlich" nennt, außerdem aber noch wegen der Person, die im Vorjahr diesen Orden verliehen bekommen und nun die Lobrede auf Merz gehalten hat. Dabei handelt es sich um jemanden namens Karl Lehmann, der immerhin der Vorsitzende der deutschen Abteilung einer international tätigen Firma ist. Die Rede Lehmanns ist vollständig in Reimform gehalten, sie beginnt: "Ihr Narrenschwestern, Narrenbrüder! Ich steh’ mit Freude hier jetzt wieder und hab’ als Knappe anzumelden euch einen klugen, tapf’ren Helden, der hier, so will’s das Protokoll, den Ritterschlag erhalten soll. Ich hab gedient ihm viele Jahr, obwohl’s für mich nicht einfach war, wenn er trotz guter Worte Macht manch neuen Streit hat angefacht. Doch will ich hier vor allen Dingen ein Lob auf meinen Herren singen." Das Wort Karneval stammt vom lateinischen carrus navalis, Schiffskarren. Die Karnevalsumzüge sind inspiriert von den Umzügen des heidnischen Götzen Bacchus oder Dionysos, Gott des Weines, der Fruchtbarkeit und überhaupt des Rausches. Bei den Dionysos-Feiern wurde der Gott mit einer Stiermaske gefeiert, indem seine Anhänger, in Hirsch- oder Rehfelle gehüllt, ausgelassen tanzten. Dies geschah im Monat Anthesterion, also etwa im Februar, weswegen die Dionysosfeste auch Anthesterien genannt wurden. In einem Vortrag "Der Gott der Verwandlung - Dionysos und die Bacchanalien" (Giebel) heißt es: "Die berühmte Münchner Trinkschale zeigt Dionysos auf seiner Meerfahrt, ein Weingefäß in der Hand, von Delphinen umspielt. Hinter dem Mast des Schiffes hat der Gott einen Weinstock emporwachsen lassen, der seine Äste mit großen Trauben über dem Segel ausbreitet. Nun beim Frühlingsfest der Anthesterien wurde der Gott vom Meer herbeigerufen: Er sollte die Schifffahrt eröffnen. Bei einem Umzug durch die Stadt stellte man ein Schiff auf Räder: Dionysos war vom Meer herbeigekommen. Ein Zug von Wagen folgte, von denen herab Männer derben Spott trieben mit dem Volk am Straßenrand, wie bei unseren Faschings- und Karnevalszügen. [...] Und Bacchus lebt in der Tat noch: In der Kunst und Musik, mit seinem weinseligen Gefolge (...). Und er lebt mit uns allen im Fasching oder Karneval, wenn wir uns eine Auszeit gönnen von den Mühen und Zwängen des Alltags und eine Maske anlegen, uns verwandeln und feiern." Soweit der Vortrag. Wegen ihrer moralzersetzenden Wirkung wurden die Dionysos-Spiele in manchen Gegenden verboten. Während das Wort Karneval in der Heiligen Schrift nicht vorkommt, kommen Wörter wie Narren, Toren, Verrückte öfters vor. In den Sprüchen (3,35) steht: "Den Weisen kommt Ehre zu, die Toren kommen an den Pranger." Im Neuen Testament gibt es ein Gleichnis von einem reichen Mann, der nur an seinen großen Besitz und sein leibliches Wohlergehen denkt. Zu diesem Reichen spricht Gott: "Du Tor, noch diese Nacht wird man deine Seele von dir fordern! Wem wird dann gehören, was du aufgespeichert hast?" (Lk 12,20) Paulus hat in der heute gelesenen "Narrenrede" über die Torheit des Selbstlobes geschrieben: "Niemand halte mich für einen Toren! Wenn aber doch, so nehmt mich als Toren hin, damit ich mich ein wenig rühmen kann. Was ich euch sage, das sage ich nicht im Sinne des Herrn, sondern wie ein Tor, da ich mich solcher Dinge rühme" (2 Kor 16f). In der Auseinandersetzung mit Martin Luther verfasste der Franziskaner Thomas Murner, Doktor der Theologie sowie des weltlichen und des kirchlichen Rechts, eine Schrift »Von dem großen Lutherischen Narren« (Straßburg 1522), worin er in spöttischer Form Luther und seinen närrischen Ideen die verdiente vernichtende Kritik verpasst. Somit haben wir schon klare Information, welchen geistigen Hintergrund Karl Lehmann und seine "Narrenschwestern, Narrenbrüder" haben. Weiter sprach Karl Lehmann: "Mein Ritter, wie ihr alle wisst, im Christentum verwurzelt ist. Und deshalb bin ich unumwunden im Herzen tief mit ihm verbunden." Hier ergibt sich nun ein Problem: Von welchem Christentum redet Karl Lehmann? In welchem Christentum ist Friedrich Merz verwurzelt? Die Fakten sind sehr ernüchternd. Wie sieht es z.B. mit dem Lebensschutz aus? Was hat die CDU, was hat Friedrich Merz getan, um die Abtreibungszahlen möglichst zu reduzieren? Nun, gar nichts. Allerdings war die CDU keineswegs untätig. Wenn es nämlich darum ging, dass Abtreibungsgegner für ihre Kritik an der Abtreibung bestraft werden, dann hat die CDU dieses Unrecht nach Kräften verteidigt und unterstützt. Nicht, wer abtreibt, wird bestraft, sondern wer Abtreibung kritisiert. Zu den bekanntesten Fällen dürfte die mehrmonatige Kerkerhaft eines Abtreibungsgegners (Lerle) in Bayern zählen; der Abtreibungsgegner berichtet über sein "Strafverfahren": "In meinem Fall hat die bayerische Staatsanwaltschaft in sämtlichen Instanzen meine Verurteilung gefordert. Die Staatsanwaltschaft untersteht dem bayerischen Justizminister, der wiederum Weisungsempfänger des jetzigen Kanzlerkandidaten Edmund Stoiber ist. Stoiber ist somit politisch mitverantwortlich für meine Gefängnisaufenthalte." Und zu Karl Lehmann: Der Vorsitzende einer Lebensrechtorganisation (Ramm) antwortete auf die Frage, auf welche Weise seine Organisation durch Lehmanns Firma im Lebensrechtsapostolat unterstützt wird: "Unterstützt? Auf gar keine. Wir sind schon froh, wenn man uns bei den wenigen Gelegenheiten, z.B. bei Vorträgen und Aktionen in Gemeinden, überhaupt arbeiten läßt." Berühmt sind heute noch die Scheine für straffreie Abtreibung, die von Lehmanns Firma ausgestellt wurden. Karl Lehmann und Friedrich Merz sind sich da ganz einig: Beide haben auf ihre Weise nicht nur das Verbrechen der Abtreibung verharmlost, sondern sich auch aktiv für die Straflosigkeit der Abtreibung bis hin zur Bestrafung von Abtreibungsgegnern eingesetzt. Allerdings muss man keineswegs Christ sein, um Abtreibung abzulehnen; jeder, der den Mord an Unschuldigen verurteilt, verurteilt auch Abtreibung. Lehmann und Merz haben auch ganz konkret mit dem Christentum zu tun, insofern sie es ablehnen und bekämpfen. Beide tragen auf ihre Weise dazu bei, dass die Wahrheit des Christentums unterdrückt wird, während schlimmste Lügen über das Christentum verbreitet werden. Lehmann und Merz setzen sich auf ihre Weise dafür ein, dass Menschen, die sich zum christlichen Glauben bekennen, dafür mit schwersten Strafen belegt werden. Lehmann und Merz verkünden ein Christentum, das mit dem echten Christentum nur noch den Namen gemeinsam hat, in Wahrheit aber ein entsetzliches Zerrbild der christlichen Lehre ist. Lehmann und Merz, die "Narrenbrüder", tragen Masken und halten ihr Gefolge zum Narren. Der heilige Papst Pius X. schrieb über die Irrlehrer: "Schließlich haben ihre Fachstudien sie dahin gebracht, dass sie keine Autorität mehr anerkennen und sich keine Beschränkung mehr gefallen lassen wollen; so haben sie ihr eigenes Gewissen getäuscht und möchten das Wahrheitsdrang nennen, was in Wirklichkeit nur Stolz und Hartnäckigkeit ist [...] Länger schweigen wäre Sünde; Wir müssen reden, Wir müssen ihnen vor der ganzen Kirche die Maske herunterreißen, die doch ihr wahres Wesen nur halb verhüllt." Man könnte sich überlegen, ob man seine Zeit nicht weitaus sinnvoller verbringen kann, als zu Karneval dem heidnischen Treiben zu frönen. Die Kirche hat oft dazu gemahnt, die so gen. "tollen Tage" als Zeit des Gebetes für die zu nutzen, die sich in dieser Ausgelassenheit mit Sünden beflecken. Wäre es nicht Zeit, sich über diese "Narrenschwestern, Narrenbrüder" genauer zu informieren, über das, was sie sagen und tun, also hinter ihre Masken zu schauen? Was Lehmann möchte, sagt er selbst am Ende seiner Lobrede: "Ich hoff’, ihr alle applaudiert, wenn er zum Ritter wird gekürt, und komm’ zum Schluss mit dem Laudieren. Mein Herr, er mög’ hereinmarschieren, wenn Ordensträger ihn begleiten, Fanfaren ihm den Weg bereiten! Ich trete ab als Knappe brav und grüß mit dreifachem „ A l a a f !" Amen.

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