Predigt 08.06.2008

- Vierter Sonntag nach Pfingsten, sd; Röm 8,18-23; Lk 5,1-11 -
(Kirche zum Mitreden, 08.06.2008)
Youtube-Video: http://www.youtube.com/watch?v=vGNJihPuMTQ
Wörter: 1173
In den vergangenen Tagen stand das Thema Bildung mal wieder im Mittelpunkt der Nachrichtenmeldungen, insbesondere wegen der jüngsten Ereignisse in Hessen bzgl. der Studiengebühren, sowie wegen eines Beitrags im "öffentlich-rechtlichen" Fernsehen (ARD-NDR): "Verzweifelte Grundschüler - Brutale Auslese im Kindesalter"; im dazugehörigen Artikel heißt es: "Die Einstufung in Haupt-, Realschule oder das Gymnasium stellt die Weichen fürs Leben, kann soziales Abseits oder gute Bildungschancen bedeuten. In einigen Bundesländern wird diese frühe soziale Auslese durch unzeitgemäße Methoden noch auf die Spitze getrieben, wie in Nordrhein-Westfalen. Hier wird innerhalb kürzester Zeit über die weitere Laufbahn von Grundschülern entschieden. Die Kinder müssen sich einem harten Test unterziehen: In einer dreitägigen Prüfung, dem so genannten Prognoseunterricht, müssen sie sich beweisen. In wenigen Schulstunden wird beurteilt, ob sie aufs Gymnasium oder die Realschule dürfen oder zur Hauptschule müssen." Dieser Fernsehbeitrag ist ein anschauliches Beispiel für die gezielte Dauerverblödung, mit der sich das Volk begierig manipulieren lässt. Eigentlich müsste es doch jedem sofort einleuchten, dass ein Test in der Grundschule letztlich doch nur ein Test in der Grundschule ist. Anders gesagt: Wer tatsächlich eine höhere Bildungslaufbahn verdient, als das Testergebnis zulässt, der wird sich üblicherweise auch in den Folgejahren bewähren können. Und die Frage, ob man nach vier Grundschuljahren nicht doch einen Test machen kann, geschweige denn, ob dieser Test wirklich so "brutal"  ist, ist dabei noch gar nicht gestellt. Um das ganze mal in die richtige Perspektive zu bringen, hier ein Zitat von Papst Pius XII. (Rundfunkbotschaft 24.12.44): "In einem Volk, das dieses Namens würdig ist, sind alle die Ungleichheiten, die nicht aus der Willkür, sondern von der eigentlichen Natur der Dinge herrühren, von der Ungleichheit der Bildung, des Besitzes, der sozialen Stellung - wohlgemerkt ohne Nachteil für die Gerechtigkeit und gegenseitige Liebe -, durchaus kein Hindernis für das Bestehen und die Herrschaft eines echten Gemeinschaftsgeistes und einer wahren Brüderlichkeit; ja weit entfernt, auf irgendeine Weise die bürgerliche Gleichheit zu verletzen, verleihen sie ihr sogar ihren wahren Sinn, daß nämlich jeder dem Staate gegenüber das Recht hat, in Ehren das eigene persönliche Leben zu leben auf dem Platz und unter den Bedingungen, in die ihn die Fügung und Führung der göttlichen Vorsehung gestellt hat." Der Papst verurteilt dann auch noch die "geistlose Gleichmacherei" und "eintönige Gleichschaltung", die entsteht, wenn die "Willkür der Masse" herrscht. Man darf sich keinen Illusionen hingeben: Die Talente und die Aufgaben sind nun einmal unterschiedlich verteilt. Jeder hat das Recht und die Pflicht, seinen Platz in der Gesellschaft zu finden und in rechter Weise auszufüllen. Und genau dieses absolut entscheidende Fundament jeder gesunden staatlichen Ordnung wird von Politik und Medien brutal bekämpft: Die gesunde Ethik wird durch die krankhafte Gleichmacherei verdrängt, und wenn es um Bildung geht, dann wird ausgiebig über solche materielle Themen wie Studiengebühren usw. diskutiert, um den Blick auf die echte Bildung zu versperren. Diese empfindlichen Tiefschläge wie die Hessener Studiengebühren und die Mär von den "verzweifelten Grundschülern" sind symptomatisch für eine Gesellschaft, die sich von echter Bildung abgewendet hat. Ganz im Gegensatz dazu ist Bildung ein Herzensanliegen der Kirche. In einem Lexikonartikel (Rauch) heißt es: »Bildung ist, in ihrem Wesen betrachtet, der geistige Standort, den der Mensch in der Durchformung seiner gottgeschenkten Anlagen u. der Verarbeitung des Geistesgutes der Vergangenheit u. Gegenwart gewinnt. Ihr letzter Grund liegt im Auftrag Gottes an den Menschen, zu wachsen u. die Erde zu beherrschen. In jedem Menschen verbirgt sich ein Strahl u. Abglanz göttl. Wissens u. der Drang, sich ihm anzunähern in der Erkenntnis der Dinge, seiner selbst u. seiner Bestimmung. Der Christ kann B. nicht anders verstehen als Stufe zu menschl. Vollendung, die das Wissen um die Grundgestalt der Welt mit der eigenen Berufung zu Gott hin verbindet. Der abendländ. Mensch, in 2 Weltkriegen an den Abgrund seines menschl. Daseins geführt, hat die Fragwürdigkeit einer B. ohne Gott erfahren. Angesichts des Todes u. der Ewigkeit gilt nicht mehr der Umfang erworbener Kenntnisse, sondern nur noch der rechte Gebrauch, den er von den "5 Talenten", d.h. seinen Anlagen u. B.möglichkeiten, für die Erfassung u. Lenkung der Welt zur Ehre Gottes gemacht hat.« Also die Bildung dient als "Stufe zu menschlicher Vollendung". Der gottlose Staat lehnt aber diese Erkenntnis ab, und das Resultat sieht man auch an der Bildungskatastrophe, die namentlich bei der PISA-Studie offenkundig wurde. Es gibt einen Spruch: "Nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen wir." Immerhin, viele Schüler haben sich den ersten Teil des Satzes zueigen gemacht: Sie lernen nicht für die Schule. Aber lernen sie denn wenigstens für das Leben? Nach den Ergebnissen der PISA-Katastrophe hält sich auch dieses Lernen arg in Grenzen. Die Schule, so wird den Schülern eingetrichtert, führt eine "brutale Auslese" durch, bei der "innerhalb kürzester Zeit über die weitere Laufbahn von Grundschülern entschieden" wird. Na, wer möchte sich denn für so ein "brutales" System, das womöglich ins "soziale Abseits" führt, noch anstrengen? Und hat man es dann doch erfolgreich bis zum Ende des Gymnasiums geschafft, dann warten die bösen Studiengebühren, weshalb die Akademikerlaufbahn nur Reichen vorbehalten bleibt. Nein, diese materialistische, verlogene Darstellung der Bildung kann von Christen nicht unterstützt werden. Aber endloses Jammern oder gar stille Resignation helfen hier kaum weiter. V.a.: Die Bildung, und das muss jedem klar werden, hört nicht mit dem Schulabschluss bzw. Studienabschluss auf. Wir lernen für das Leben, und so sollen wir auch in unserem Leben die Bildung weiter pflegen. Das gilt auch für solche, die vielleicht täglich in einem eher ernüchternden Berufsfeld tätig sind und dann nach Feierabend sich einfach nur vor den Fernseher legen wollen, um zu erfahren, wer Deutschlands nächster Superstar und nächstes Topmodel wird. Wenn man schon den ganzen Tag seine grauen Zellen verkümmern lässt, warum sollte man sie dann nach Feierabend plötzlich beschäftigen? Nun, aus dieser Mentalität, die auch an die Jugend weitergegeben wird, erwächst ja so viel Elend. Damit werden die von Gott zur fruchtbaren Nutzung überlassenen Talente vergraben bzw. beerdigt. Zugegeben, das Fernsehen taugt praktisch nur noch zur Verblödung, und die Fernsehkanäle sind wohl die schlimmste Kanalisation; da wird praktisch nur noch Schmutz transportiert, und das in jeden Haushalt hinein. Aber gleichzeitig muss man sagen, dass man heute auch schlichtweg großartige Möglichkeiten für Bildung und Kultur hat, mit einem gigantischen und kostengünstigen Angebot. Wer will, kann oft auch noch in unserem verarmten Deutschland an Bildungs- und Kulturangebote herankommen. Diese Chancen gilt es zu erkennen und zu nutzen. Wer nur dafür lernt, dass er einmal reich wird, der hat sich selbst die Weichen falsch gestellt. Es soll dabei gar nicht bestritten werden, dass die Pisa-Katastrophe in einem katastrophalen Bildungssystem gründet, also dass Schulen und Universitäten von einer gottlosen Ideologie verseucht und zersetzt sind. Aber gerade darum ist es wichtig, die Eigenverantwortung nicht zu vergessen. Es ist wichtig, den Platz der Bildung im Auftrag Gottes anzuerkennen. Nicht Reichtum, nicht hohe gesellschaftliche Stellung sind das Entscheidende, sondern die Erfüllung des göttlichen Auftrags - auch im Bereich der Bildung. Bemühen wir uns also, wirklich gebildete Menschen zu sein, und lassen wir uns von Fernsehbeiträgen und Politikertheater nicht irritieren. Setzen wir uns ein für eine gebildete Gesellschaft, eine Gesellschaft, die sich ihres Auftrags der Verherrlichung Gottes bewusst ist. Amen.

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