Derzeit sind 1,5 Milliarden Menschen zu
dick, davon sind eine halbe Milliarde fettleibig, bei einer
Weltbevölkerung von sieben Milliarden. Damit hat sich der
Bevölkerungsanteil der Fettleibigen seit 1980 fast verdoppelt.
Wissenschaftler sprechen mittlerweile von einem "Tsunami" der
Fettsucht. Und vor gut einem Jahr lautete das Ergebnis einer
Ernährungsstudie: "Der menschliche Körper braucht Hunger, um
gesund zu bleiben." Eine Sprecherin (Silke Restemeyer) der Deutschen
Gesellschaft für Ernährung (DGE) meinte: "Wer wirkungsvoll
und gesund abnehmen möchte, muss sein Ernährungsverhalten
langfristig umstellen und sich viel mehr körperlich bewegen."
Zudem meinte die Sprecherin, die Fastenzeit könnte für die
notwendige Ernährungsumstellung einen Impuls geben. "Doch wer
danach wieder in die alten Lebensgewohnheiten zurückfällt,
wird die paar Pfunde, die er abgenommen hat, bald wieder draufhaben."
Ein Sportwissenschaftler (Walter Brehm) äußerte
kürzlich im Zusammenhang mit seiner Studie über die Ursachen
des grassierenden Übergewichts (infranken.de, Die fetten Jahre
sind noch nicht vorbei, 15.02.2011): "Eine halbe Stunde
körperliche Aktivität am Tag hält gesund, mindestens
aber sollten es in der Summe zwei Stunden pro Woche sein. Unsportlich
Veranlagte gibt es nicht - wir wollen das Verhalten der Inaktiven
ändern, sie in Bewegung bringen. Vor allem aber muss jeder selbst
erkennen, dass regelmäßiger Sport das Wohlbefinden
steigert." Soweit der Sportwissenschaftler.
Mit dem heutigen Sonntag Septuagesima beginnt die Vorfastenzeit, die
zwar liturgisch bereits der Fastenzeit ähnlich ist, in der
allerdings das Fasten noch nicht vorgeschrieben ist. Und auch wenn die
Fastenzeit bisweilen so aufgefasst wird, als ob es dabei um
Gewichtsverlust ginge, ist das in Wahrheit keineswegs der Fall. Die
Fastenzeit dient ganz besonders der Buße und Umkehr. Der Christ
ist einmal im Jahr zum Kommunionempfang verpflichtet, u.z. in der
österlichen Zeit. Die vorgeschriebene jährliche Beichte wird,
auch wenn dafür keine bestimmte Zeit vorgeschrieben ist,
praktischerweise kurz vor der Kommunion erfolgen. Das kirchlich
vorgeschriebene Fasten allerdings betrifft Einschränkungen bei der
Nahrungsaufnahme: Pro Tag sind maximal eine Sättigung und zwei
kleine Stärkungen erlaubt. Mit dem Fasten soll die Tugend der
Mäßigung geübt werden. Dementsprechend kann es keinen
Einheitsspeiseplan für alle geben, sondern jeder muss seine
persönliche Situation berücksichtigen. Grundsätzlich
muss jeder darauf achten, seinen Körper so zu versorgen, dass er
seine Aufgaben noch vollständig erfüllen kann.
Dementsprechend kann es sein, dass manche Personen gar nicht zu fasten
brauchen oder sogar gar nicht fasten dürfen. Man darf vielleicht
fragen, inwieweit der "Tsunami" der Fettsucht Ausdruck von
Gedankenlosigkeit, von Gottlosigkeit sein mag. Aber es geht nicht an,
die kirchliche Fastenzeit als eigentliche Diätwochen hinzustellen.
In der heutigen Lesung aus dem 1. Korinterbrief des hl. Paulus
heißt es: "Wißt ihr nicht, daß die Wettläufer in
der Rennbahn zwar alle laufen, aber nur einer den Preis erlangt? Laufet
so, daß ihr ihn erlanget. Jeder der sich am Wettkampf beteiligt,
übt in allem Enthaltsamkeit. Sie tun es, um einen
vergänglichen, wir aber, um einen unvergänglichen Kranz zu
empfangen. [...] Ich züchtige meinen Leib und bringe ihn in
Dienstbarkeit, damit ich nicht selbst verworfen werde, nachdem ich
anderen gepredigt habe."
Man muss also Zucht und Maß üben. Jeder sollte sich stets
darüber Rechenschaft ablegen können, ob er bei Speis und
Trank das richtige Maß einhält. Essen wir, um zu leben, oder
leben wir, um zu essen? Worauf kommt es uns in erster Linie an: auf die
Nahrungsaufnahme oder auf den Gaumenkitzel? Essen wir, um unser Leben
zu meistern, oder haben wir uns an das Essen versklavt? Machen wir
unseren Leib dienstbar, oder dienen wir dem fleischlichen Genuss? Ist
der Genuss bei der Nahrungsaufnahme eine Begleiterscheinung, die ich
als Gottes Geschenk dankbar annehme, oder ist die Gewichtszunahme beim
Genuss eine Begleiterscheinung, über die ich mich beständig
ärgere? Verdrehe ich den Sinn der Nahrungsaufnahme womöglich
so sehr, dass ich nur für den Genuss und gegen jede Vernunft esse?
Die Fastenvorschriften können somit ein sinnvoller Prüfstein
sein, um sich darüber klar zu werden, ob man die irdischen Dinge
in ihrer Vorläufigkeit begreift oder ob man die irdischen Dinge
schon zum Götzen erhoben hat. Nutzen wir die irdischen Dinge, so
dass sie uns auf unserem Weg zur Seligkeit helfen, oder huldigen wir
den irdischen Dingen, so dass sie uns ins Verderben führen?
Ja, Zucht und Maß sowohl bei der Ernährung als auch bei der
körperlichen Betätigung tragen zum Wohlbefinden bei. Es ist
einfach in vielfacher Hinsicht sehr angenehm, einen gesunden und
leistungsfähigen Körper zu haben. Zudem bestätigen sogar
neueste Studien immer wieder, dass ordentliche Ernährung für
erfolgreichen Sport von großer Bedeutung ist und speziell bei
Wettkämpfen den Ausschlag geben kann.
Doch so sehr auch maßvolle Ernährung und maßvoller
Sport für echtes Wohlfühlen sorgen mögen, so viele
wirklich ehrenhafte Gründe für maßvolle Ernährung
und maßvollen Sport sprechen mögen: Das eigentliche, das
letztlich entscheidende Ziel aller unserer Mühen, unseres
Verzichts und unserer Anstrengungen, liegt eben nicht darin, einen
irdischen Preis zu gewinnen, sondern in der Gemeinschaft mit Christus.
Ähnlich wie beim Sport kommt es im christlichen Leben auf Ausdauer
an, darauf, sich in Beherrschung zu üben, d.h. sowohl
Trägheit als auch Überforderung zu meiden. Disziplin, das
richtige Maß, spielt jedesmal eine Schlüsselrolle. Gerade in
der Fastenzeit soll sich jeder prüfen, wie es mit Zucht und
Maß bei der Lebensführung bestellt ist. Habe ich mein Leben
unter Kontrolle? Versuche ich, mich gesund und leistungsfähig zu
halten, um anderen möglichst keine Last, sondern möglichst
eine Stütze sein zu können? Versuche ich, meinen Körper
so zu beherrschen, dass meine Talente möglichst zur Entfaltung
kommen können? Oder lasse ich meinen Körper verkommen und
verwahrlosen? Bin ich träge, bin ich in meiner
Leistungsfähigkeit geschwächt und gelähmt? Hindere ich
meine Talente durch eine ungesunde Lebensweise an der Entfaltung?
Verirren wir uns also nicht in irgendwelchen Diätplänen, die
mit der Fastenzeit gar nichts zu tun haben oder ihr gar widersprechen.
Sehen wir das Fasten als Opfer, als Ausdruck unserer Liebe zu Gott.
Beweisen wir Gott, dass wir bereit sind, auch auf erlaubte Genüsse
zu verzichten, eben damit wir den Himmel als unser eigentliches Ziel
nie aus den Augen verlieren. Sehen wir das Fasten als Buße, als
Beweis, dass wir unsere Sünden aufrichtig bereuen und uns
bemühen, Gott künftig nicht mehr zu beleidigen. Die richtige
Geisteshaltung wird vom hl. Paulus in demselben 1. Korintherbrief
(10,31) so beschrieben: "Mögt ihr also essen oder trinken oder
sonst etwas tun, so tut alles zur Ehre Gottes."
Richten wir unser Leben ganz auf Christus aus, der selbst gefastet hat
und der das Fasten empfohlen hat. Wenn wir die Tugend der
Mäßigung üben, auch durch Erfüllung der
kirchlichen Fastenvorschriften, dann tun wir es aus Liebe zu Christus,
um den unvergänglichen Kranz zu empfangen, um dereinst teilzuhaben
an der ewigen Freude des Himmels. Amen.
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