Chiasamen, Superfood und Nahrungsergänzungsmittel
- Pressemeldung: Aspekte einer gesunden Ernährung -
(Kirche zum Mitreden, 01.06.2015)
Chiasamen, Superfood und Nahrungsergänzungsmittel - dazu gibt es
zahlreiche Meldungen, aber leider sind bisweilen einige der
diesbzgl. Aussagen unbegründet, zumindest missverständlich oder
gänzlich falsch. So behauptete das Magazin Focus (Günstiger als
Chia-Samen: Nüsse liefern wichtige Fettsäuren, 19.05.2015) z.Th.
Chia-Samen: "Preiswerter und ebenfalls gute Lieferanten der
wichtigen Omega-3-Fettsäuren sind geschroteter Leinsamen, Rapsöl und
Nüsse. Ein Kilo Chia-Samen kostet 15 bis 20 Euro". Aber dank
Internet kann sich jeder sofort selbst davon überzeugen, dass a)
Chiasamen bereits für unter 10 Euro / kg zu bekommen sind, dass b)
Nüsse oft deutlich teurer sind und dass c) die Omega-3-Bilanz von
Chia derjenigen von Nüssen deutlich überlegen ist. Das Verhältnis
von Omega-3 zu Omega-6 ist zwar bei Walnüssen (1:4) und geschältem
Hanfsamen (1:3) noch akzeptabel, aber meistens ist das
O3-O6-Verhältnis von Nüssen eher schlecht bzw. enthält die Nuss v.a.
einfach ungesättigte Fettsäuren. Demgegenüber ist Chia reich an
mehrfach ungesättigten Fettsäuren und weist zudem mit 3:1 eine klar
bessere O3-O6-Bilanz auf. Zudem enthalten Chia, Nüsse und bestimmte
andere pflanzliche Quellen nur die alpha-Linolensäure (ALA), also
eine O3-Fettsäure, die erst vom Organismus zu den hochaktiven
Omega-3-Fettsäuren Docosahexaensäure (DHA) und Eicosapentaensäure
(EPA) verarbeitet wird. Und berücksichtigt man zusätzlich noch die
Dichte an Vitalstoffen in Chia, dann wird nachvollziehbar, weswegen
Chia-Samen derzeit bei vielen beliebt ist.
Ist Chia "Superfood"? Nun, schon angesichts einer mit Superlativen
überfrachteten Welt mit Superstars, Supermodels, Super Bowl usw.
sollte man das Präfix "super" nicht überbewerten. Und wer seine
tägliche Ernährung aus Gummibärchen, Schokoladentorte, Currywurst
und Pommes Frites noch verbessern möchte, indem er sie einmal im
Monat mit zehn Gramm Chia-Samen ergänzt, wird möglicherweise selbst
nach einem halben Jahr keinen signifikanten Gewichtsverlust oder
sonstige gesundheitliche Verbesserungen feststellen. "Superfood"
sollte nicht verstanden werden als radikal revolutionäres
Wundermittel, sondern schlicht als reich an gesundheitsfördernden,
lebenswichtigen Stoffen und entsprechend arm an Schadstoffen. Die
Dosis ist das Gift - insofern sollte man schädliche Mengen streng
meiden, ob nun an Schwermetallen, Zucker oder sonstigem. Insofern
darf man wohl z.B. auch Äpfel, Möhren, Haferflocken, Mandeln,
geschälte Hanfsamen, Eier, Butter, Sardinen und eben Chia als
"Superfood" bezeichnen. Fakt ist jedenfalls, dass sogar manche
"Supermänner" im Bodybuilding derlei "Superfood" verzehren.
Die Dosis ist das Gift - und das gilt ganz generell ganz
individuell. Will sagen: Alle Menschen unterscheiden sich einzeln
bei Nährstoffbedarf und Nährstoffverträglichkeit. Gerade an der
Missachtung dieser Binsenweisheit kranken vermeintliche
Ernährungs-Weisheiten vielleicht am schlimmsten. Wieviele
Makronährstoffe und Mikronährstoffe benötigt resp. vertragen werden,
muss jeweils für den konkreten Menschen jeweils in seiner konkreten
Situation (z.B. bei Krankheit, Stress, Schwangerschaft, Allergie)
entschieden werden. Dabei liest man oft den Satz: "Die empfohlene
Tagesmenge darf nicht überschritten werden." Wie bitte? Für wen und
für wann konkret ist denn diese Tagesmenge angegeben? Wer hat diese
Tagesmenge denn überhaupt empfohlen, und v.a.: mit welcher
Begründung? Wieviel Vitamin D3 muss "man" zuführen? "Man" im Sommer
/ im Winter? "Man" als Fabrikarbeiter / als Straßenbauer? Auch hier
ist Fakt, dass so manche Empfehlungen als wissenschaftlich unhaltbar
erwiesen wurden. Stichwort Cholesterin: Gängige Empfehlung sind
wöchentlich maximal zwei Eier, aber selbst konstant hoher Eierkonsum
(z.B. wöchentlich zehn Eier) hat bei vielen Menschen schlichtweg
keine Erhöhung, ja in manchen Fällen sogar eine Senkung des
Cholesterinspiegels zur Folge. Stichwort Protein: Gängige Empfehlung
sind täglich 800 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht, aber bei
manchen Menschen treten selbst nach jahrzehntelanger täglich
Einnahme von zwei Gramm / kgKGW keine Schäden auf. Stichwort Fett:
Gängige Empfehlung sind maximal dreißig Prozent der täglichen
Kalorienzufuhr aus Fetten, aber manche Menschen sind selbst bei
einer täglichen Kalorienzufuhr aus sechzig Prozent Fetten
kerngesund. Fett ist zudem nicht gleich Fett - und damit sind wir
auch wieder bei Omega-3 und überhaupt bei guten Fettlieferanten in
der Ernährung, wie eben Chia.
Und hier knüpft auch das Thema Nahrungsergänzungsmittel an: Bei sehr
vielen Menschen besteht zwar ein Überschuss in der Energiezufuhr
(Kalorien), aber gleichzeitig ein Mangel an Nährstoffen, u.z. sowohl
an Mikronährstoffen (Vitamine, Mineralstoffe) als auch an
Makronährstoffen - namentlich an Omega-3-Fettsäuren. Bestimmte
Aminosäuren und Fettsäuren sind essentiell, d.h. sie müssen dem
Körper über die Nahrung zugeführt werden. Sowohl die absolute Menge
als auch die relative Menge aller dieser Säuren untereinander (s.
exemplarisch wiederum: O3-O6-Bilanz) muss dem jeweils individuellen
Bedarf und Aufnahmevermögen angepasst sein. Selbst wer auf eine
abwechslungsreiche Ernährung aus diversem "Superfood" achtet,
schafft es möglicherweise dennoch nicht, dem Körper alle Nährstoffe
für eine optimale Leistungsfähigkeit zuzuführen. Bei extremen
Leistungssportlern sind Supplemente / Nahrungsergänzungen deshalb
keineswegs ungewöhnlich. Z.B. kann durch die gezielte Zufuhr von
Fettsäuren über Supplemente der Körper mit speziellen
Makronährstoffen versorgt werden, ohne dass Energieüberschuss und
infolgedessen Übergewicht bzw. unerwünschter Fettaufbau eintritt.
Sicherlich liefern auch einige Fleisch- und Milchprodukte
konjugierte Linolsäuren (CLA) - aber nicht jeder kann oder möchte
eine ggf. hohe Menge dieser Produkte wie z.B. Butter verzehren, um
seine CLA-Bilanz zu verbessern. Oder: Zwar können Dinkelkleie und
Schweineleberwurst als Eisenlieferanten den Hämoglobin-Spiegel
verbessern. Trotzdem kann auch bei eifrigen Dinkelkleie- und
Schweineleberwurst-Essern Blutarmut bestehen. Warum sollte man dann
nicht zu Eisen-Supplementen greifen? Weil Nahrungsergänzungsmittel
schädlich sind? Weil die "empfohlene Tagesmenge" (?, s.o.) nicht
überschritten werden darf?
Abschließend: Immerhin kann z.B. jeder recht leicht und preiswert
manche Blutwerte überprüfen lassen - z.B. seinen Zucker- und
Cholesterinwert in vielen Apotheken, oder seinen Eisenwert bei einer
Blutspende. Andere Werte könnten beim Arzt überprüft werden, und so
mancher Überschuss oder Mangel an Nährstoffen macht sich irgendwie
bemerkbar. In jedem Falle sollte man die Messlatte für sich selbst
ruhig etwas hoch ansetzen: Man sollte nicht nur "irgendwie gesund",
sondern besser auch fit, beweglich, allgemein leistungsfähig im
Alltag sein. Muskeln und Knochen sollten so versorgt und ausgebildet
sein, dass sie die Alltagsbelastungen möglichst gut bewältigen
können. Für dieses Ziel ist eine erste allgemeine Orientierung an
"Superfood" und v.a. an den diesbzgl. konkreten Fakten / Nährwerten
sinnvoll, wobei der Verzehr dann jeweils nach Empfinden und
Ergebnissen individuell angepasst werden kann.
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