Mea culpa?

- Der Rummel um die vermeintliche "Vergebungsbitte des Papstes" -
(Kirche zum Mitreden, 15.03.2000)
Ansehen der Kirche -a. bei G.
"In aller Welt beachtet wurde am Sonntag das Schuldbekenntnis des Papstes für die Vergehen der Kirche. Am Montag berichten alle italienischen Tageszeitungen auf den Titelseiten davon und bringen farbige Fotos dazu. Zurückhaltender sind die Reaktionen nördlich der Alpen." So beginnt Radio Vatikan die Ausgabe der Nachrichten vom 13.03.2000.
In der Tat fanden sich in verschiedenen überregionalen deutschen Zeitungen und Magazinen wenigstens ein paar Worte zu diesem Skandal. Wir zitieren hier exemplarisch einen Satz dazu aus der "Rheinischen Post". Die RP weist ausdrücklich hin, dass die Nachrichten nur rein privat verwendet und nicht an Dritte weitergegeben werden dürfen, deshalb schrieben wir eine e-mail: "Guten Tag, ich möchte in meinem Artikel über die vermeintliche "Vergebungsbitte des Papstes" Ihre Falschmeldung: "Als erster Papst der Kirchengeschichte hat sich Johannes Paul II. am Sonntag für Irrtümer und Verbrechen im Namen des katholischen Glaubens entschuldigt", zitieren. Bitte teilen Sie mir mit, ob Sie dies zulassen. Falls Sie die Erlaubnis nicht erteilen, werde ich nur einen entsprechenden Vermerk veröffentlichen. Im Herrn". Wenige Stunden später traf bereits die Antwort bei uns ein: "ok. gruss". Im Zitat der e-mail ist ja schon das Zitat aus der RP enthalten. Dazu noch eine Bemerkung: Sinnigerweise war oben auf der Seite mit dieser Meldung auch ein Werbebanner eingefügt, was als eine Art Überschrift zum Wojtyla-Spektakel aufgefasst werden könnte: "Komm in den Karnevals-Club!" Tja, Zufälle gibt´s...

Der Hintergrund der Wojtyla-Show
Am 12.03.2000, dem ersten Sonntag der diesjährigen Fastenzeit, hielt Wojtyla im Petersdom einen "Pontifikalgottesdienst" ab, bei dem er ein massiv ausgedehntes "Schuldbekenntnis" vorspielte. Das katholische und interessanterweise auch das V2-Schuldbekenntnis enthalten die Worte "peccavi ... mea culpa" ["ich habe gesündigt ... durch meine Schuld"]. Dementsprechend wurde Wojtylas "Vergebungsbitte" als ein besonderes "Mea culpa" bezeichnet. Kürzlich haben wir eine Linkliste zu einem ähnlich gelagerten Machwerk aus Luxemburg veröffentlicht, weswegen wir hier nicht alles wiederholen müssen. Beide V2-Produkte dienen nur dazu, unter dem Vorwand einer vermeintlichen "Vergebungsbitte" das Ansehen der Kirche zu beschmutzen. Der "konziliare Umbruch" wird als befreiendes Ereignis zelebriert, von dem ausgehend angeblich nun endlich die Frohe Botschaft in rechter Weise verkündet und im Leben umgesetzt wird. Wojtylas Showtime ist V2-liturgisch umnebelt und könnte im ersten Moment an ein Gebet erinnern; das LM verzichtet ganz auf diese Augenwischerei.
Ähnlich dem LM hat der Wojtyla-Text verschiedene Unterpunkte (wir greifen ausschließlich auf die offizielle Übersetzung zurück), konkret:
I. ALLGEMEINES SCHULDBEKENNTNIS
II. BEKENNTNIS DER SCHULD IM DIENST DER WAHRHEIT
III. BEKENNTNIS DER SÜNDEN GEGEN DIE EINHEIT DES LEIBES CHRISTI
IV. SCHULDBEKENNTNIS IM VERHÄLTNIS ZU ISRAEL
V. SCHULDBEKENNTNIS FÜR DIE VERFEHLUNGEN GEGEN DIE LIEBE, DEN FRIEDEN, DIE RECHTE DER VÖLKER, DIE ACHTUNG DER KULTUREN UND DER RELIGIONEN
VI. BEKENNTNIS DER SÜNDEN GEGEN DIE WÜRDE DER FRAU UND DIE EINHEIT DES MENSCHENGESCHLECHTES
VII. BEKENNTNIS DER SÜNDEN AUF DEM GEBIET DER GRUNDRECHTE DER PERSON.

Also: Im wesentlichen die gleichen törichten und sogar gotteslästerlichen Parolen, die schon aus dem LM bekannt sind. Eine ausführlichere Beschäftigung mit der heiligen Inquisition und der Kreuzzüge ist empfehlenswert; zu diesem Zweck kann man jedes beliebige zuverlässige Lehrbuch der Kirchengeschichte konsultieren. Hier nun einige Reaktionen auf Wojtylas Getue; auch dabei kann für weitere Informationen auf die Linkliste zum LM verwiesen werden:

Jüdische Organisationen
"Viele Sprecher jüdischer Organisationen zeigen sich enttäuscht, dass der Holocaust nicht eigens vom Papst genannt wurde. Gleichzeitig drücken sie die Hoffnung aus, dass der Papst dies in der kommenden Woche in Israel nachholen werde, wenn er auch die Holocaustgedenkstätte Jad Vashem besuchen wird. So auch der israelische Oberrabbiner Meir Lau. Er meinte, der Papst hätte die Wannseekonferenz, bei der die Ausrottung der Juden beschlossen worden sei, erwähnen sollen. Insgesamt hat der Papst jedoch im Vorfeld seiner Israelreise in Jerusalem und Tel Aviv eine positive Presse" (RV-Nachrichten v. 13.03.2000)
S. den Judaismus-Text. Für diese "Enttäuschung" und die weitergehenden "Hoffnungen" werden anscheinend keine vernünftigen Gründe genannt. Wir fragen, wie man sich darauf versteigen kann, der Kirche die Schuld an den Judenmorden zu geben, speziell natürlich während des Nazi-Regimes, aber auch in anderen Zeiten. Die Kirche hat sich immer darum bemüht, den Abstand zwischen Juden und Christen zu wahren, etwa durch Förderung von Judenvierteln oder auch durch Nichteinstellung von Juden in christlichen Betrieben. Damit wurde der Gefahr, dass es zu Konflikten zwischen diesen so unterschiedlichen Gruppen kommt, am wirksamsten begegnet. Je weniger sich Vertreter so gegensätzlicher Auffassungen in die Quere kommen, um so besser: Die Juden waren vor den böswilligen Menschen geschützt, die unter dem Vorwand, das Christentum zu ehren, Gewalt gegen Juden übten; die Christen wurden vor blasphemischen Reden der Juden geschützt. Natürlich blieb den Juden immer das Angebot offen, den christlichen Glauben anzunehmen, und bürgerliche Toleranz war immer ein Wesensmerkmal der Kirche. Um nur ein Kapitel zu nennen: Als die Juden Mitte des 14. Jh. als "Brunnenvergifter" verschrien wurden, die den "schwarzen Tod" über das Volk gebracht hätten, da versuchte die Kirche, diesen Aberglauben und die daraus resultierende Hetze gegen die Juden zu beenden. Wenn das Volk die Stimme der Kirche nicht hören wollte, ist es nicht die Schuld der Kirche, wenn das Volk in Aberglauben und Hetze schwelgte. Wie kann man da noch behaupten, die Kirche trage eine Schuld an Gewaltaktionen gegen Juden? Solche Unterstellungen sind schlichtweg haltlos.
Regelrecht skandalös ist daher die Behauptung des Präsidenten des Jüdischen Zentralrates in Deutschland, Paul Spiegel, die "Amtskirche" hätte der Judenverfolgung im Hitler-Deutschland "zumindest indifferent" gegenüber gestanden. Kein Leid der Welt kann eine Lüge rechtfertigen! Scharf zu kritisieren ist auch der Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Michel Friedman (CDU), der Wojtyla vorwarf, er habe eine "historische Chance verpasst, zum Holocaust, den mörderischen Untaten im Dritten Reich und der Rolle der katholischen Kirche dabei eine eindeutige Erklärung und Bewertung abzugeben." Selbstverständlich hat bei den V2-Anhängern Pius XII., der bislang letzte Papst, kein gutes Ansehen. Wenn mal etwas Gutes über ihn gesagt wird, dann meist etwas, was man als - ggf. schwerwiegenden - Fehler ansehen muss, z.B. die Neuübersetzung des Breviers, die Umkrempelung der Karliturgie o.ä. Und so verwundert es auch nicht, dass in einem modernistischen Büchlein über die Päpste, in dem der Autor bei den Scheinpäpsten Roncalli und Montini förmlich ins Schwärmen gerät, Pius XII. nicht gerade über den grünen Klee gelobt wird. Dennoch zitieren wir aus diesem Büchlein eine Notiz zu Pius XII. (Hans Kühner, Lexikon der Päpste von Petrus bis Paul VI., Zürich o.J., 296f): "Noch ist die zusammenfassende Geschichte der weltumspannenden Friedensarbeit des Papstes während des Zweiten Weltkriegs nicht geschrieben. Während des nazistischen Blutterrors in Rom vom Tage der militärischen Besetzung am 3.9.1943 bis zur Befreiung durch die Alliierten am 5.6.1944 gewährte der Papst unzähligen politisch und rassistisch Verfolgten Asyl, und unerschöpflich war seine Hilfstätigkeit für die leidende Bevölkerung des Nachkriegseuropas. [...] Er war die gewichtigste der vielen warnenden Stimmen, die sich mit den Drohungen der Atombombe und noch verhängnisvollerer Waffen auseinandersetzten. Er war zur Stimme des Weltgewissens - zum Anwalt der Menschheit im dämonischen Zeitalter der Angst und in den furchtbarsten Zusammenbrüchen der Geschichte geworden - aus dem Geist seiner Devise: Opus iustitiae pax, als Erfüller seiner höchsten Sendung."
Wir sehen öffentlichen Widerrufen seitens Spiegels und Friedmans samt Entschuldigungsbitte entgegen und werden dies auf KzM kommentieren.

"Kirchenvolksbewegung"
Das selbsternannte "reformkatholische Kirchenvolk" kritisierte durch ihre Sprecherin Magdalene Bußmann Wojtylas Showtime als "vertane Chance". Bußmann vermisste eine ausdrückliche Erwähnung der Kreuzzüge, der Inquisition und des Antijudaismus und sinnierte: "Weil kein konkretes Sündenbekenntnis abgelegt wurde, sind auch keine konkreten Folgen für die aktuellen Verfehlungen der Kirche zu erwarten." U.a. werde die "kirchliche Diskriminierung von Frauen" fortgesetzt. Schwachsinn zur Potenz!

EKD [Evangelische Kirche in Deutschland]-Ratsvorsitzender Manfred Kock
Kock äußerte im Radio (SWR) für die Vatikan-Show "Dank und Respekt". Als Entschuldigung, warum Wojtyla nicht alles Katholische restlos und konkret durch den Schmutz gezogen habe, meinte Kock, dass seine tolle protestantische Gemeinschaft es schon immer leicht gehabt habe, Irrtümer zuzugeben, während Schuldeingeständisse für die Katholiken "etwas Neues und etwas Kompliziertes" seien. In der Tat, die Protestanten haben eine ganze Menge an Irrtümern, die sie zugeben und von denen sie abschwören müssen, i.e. den Wust von protestantischen Meinungen. Nur leider wird das gerade nicht von den Protestanten zugegeben. Kock forderte für einen weiteren Dialog mit den "Katholiken", dass nun endlich auch offizielle Dokumente "zurückgenommen" würden. Sicher, das hätten die Häretiker gerne. Und wie die "Rechtfertigungs-Erklärung" zeigt, sind die Vatikanisten extrem willfährig.

Der "katholische Historiker" Konrad Repgen
In einem Interview mit dem "Rheinischen Merkur" äußerte sich Repgen zu der Absicht Wojtylas, eine "Vergebungsbitte" zu sprechen. Der RM hat bei Katholiken nicht gerade den besten Ruf; ein Beispiel: Zur Gruppe der Herausgeber gehört Christa Meves, über die wir bislang nicht viel Positives berichten konnten (s. z.B. Der Begriff "römisch-katholisch"). Im Gegensatz zur o.g. Rheinischen Post haben wir trotz angemessener Suche kein Verbot gefunden, weshalb wir nicht aus dem Merkur zitieren dürften. Bei einer anderen Zeitung (Die Woche), die ebenfalls keine so strikten Auflagen nannte wie die Rheinische Post, hatten wir vorsichtshalber gefragt, ob wir daraus zitieren dürften, und erhielten nur die Belehrung, dass ein Zitat keine Urheberrechtsverletzung darstelle, m.a.W. völlig in Ordnung sei. Frohgemut, wenn auch unter dem nötigen Vorbehalt, verwenden wir hier nun das Repgen-Interview. Zur Sicherheit werden wir aber im Gästebuch des Merkur folgenden Eintrag einfügen: "Auf meiner Homepage KzM verwende ich in meinem Text über die vermeintliche "Vergebungsbitte des Papstes" Teile aus dem Interview mit Konrad Repgen. Ich habe auf Ihrer Homepage keinen Hinweis gesehen, dass ein solches Zitat verboten sein sollte; ggf. werde ich aber einem solchen Verbot umgehend Folge leisten und die Zitate entfernen."
Wohlgemerkt: Das Interview ist vor Wojtylas Großauftritt geführt worden, ist also nur eine Reaktion auf die Ankündigung der Vergebungsbitte, und so sagt Repgen bereits zu Anfang: "Im Übrigen kennt zur Stunde niemand den Text vom kommenden Sonntag. Ich gehe davon aus, dass Johannes Paul II. in einer Predigt von etwa 10 oder 15 Minuten erklärt und begründet, warum eine Reihe von früheren Zuständen und Begebenheiten, von "heißen Eisen" in der Geschichte der Kirche, ihn und viele von uns heute bedrücken, und dass er dafür, soweit dabei gefehlt worden ist, die Vergebung Gottes erbittet. Vielleicht schließt er ein Gebet an. Gegen eine solche Erklärung und Bitte kann ein Historiker, zumal ein katholischer, nichts einwenden. Es ist ein genuiner Akt der Kirchenführung." Mit dieser Annahme lag Repgen gründlich daneben, und seinen sonstigen Ausführungen kann man schwerlich ein besseres Zeugnis ausstellen. Allein schon die Tatsache, dass Repgen Wojtyla zum Papst erklärt, spricht nicht gerade für die Kompetenz Repgens. Und dass sich Repgen des Traditionsbruchs, den die Neu-Römer vollzogen haben, durchaus bewusst ist, zeigt seine Feststellung: "Das Zweite Vatikanische Konzil, dessen Erklärung über den unbedingten Vorrang der Religionsfreiheit einen ziemlich radikalen Bruch mit einer jahrhundertelangen Tradition bedeutete, hat den Nachdruck darauf gelegt, dass die Lehre der Kirche, wonach niemand zum Glauben gezwungen werden darf, trotz entgegengesetzten Handelns die Zeiten überdauert habe ("Dignitatis humanae personae", 12)." Dementsprechend fällt sein Urteil über die Qualität von Wojtylas Show aus: "Es ist ein herausragender Akt der Kirchenleitung mit dem offenkundigen Ziel, dem Kirchenvolk für das Morgen und Übermorgen Richtung zu geben. Historische Begebenheiten und Zustände werden durch Schuldbekenntnis und Vergebungsbitte nicht ungeschehen gemacht, sondern in ein neues Licht gerückt. Das öffnet den Gläubigen die Augen zur besseren Bewältigung der künftigen Probleme auf dem Weg durch die Zeit." So viel z.Th. Bildungsnotstand in Deutschland.

Epilog
Das ist nur ein kleiner Ausschnitt aus dem Rummel, der um Wojtylas Showtime gemacht wurde. Natürlich meldeten sich u.a. Profis wie Karl Lehmann und Hans Küng zu Wort, aber lieferten nichts, was einen Gedanken wert wäre (außer natürlich Gedanken über die geistige Ausrichtung etc. dieser Leute). Dieses so genannte "Mea culpa" ist keine "Vergebungsbitte", sondern eine Verleumdung der Kirche, und der Apostat Wojtyla sollte deshalb auch klar zum Ausdruck bringen, dass er als Apostat über die katholische Kirche, die er vernichten möchte, herzieht. Was auch immer im Zusammenhang mit diesem Spektakel diskutiert und geschrieben werden mag: Die restlose Verlogenheit des Ober-Apostaten Karol Wojtyla und seiner Mannschaft ist für jeden sofort erkennbar. Man denke nur an die rigorose, menschenverachtende Christenverfolgung, mit der die V2-Sektierer die Katholiken auszurotten versuchen. Kaum eine Organisation kann eine ähnlich unerbittliche Terrorkampagne gegen die katholische Kirche vorweisen wie die V2-Sekte. Rechtschaffene, wehrlose Menschen werden ohne jeden vernünftigen Grund öffentlich diffamiert, ihres Eigentums beraubt oder gar ins Gefängnis geworfen. Für diesen Terror werden die V2-Anhänger (und ggf. der Staat als Erfüllungsgehilfe) sich einmal verantworten müssen, und es wird ihnen vermutlich nicht helfen, dass sie das Ansehen der Kirche ungerecht besudelt haben.

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