Reichsbürger und Deutsches Reich
- Pressemeldung: Hintergrundinformationen anlässlich Tod eines
Polizisten nach Einsatz gegen einen Reichsbürger -
(Kirche zum Mitreden, 23.10.2016)
Die sog. "Reichsbürger" stehen aktuell ganz besonders in der Kritik,
weil am 19.10.2016 ein Spezialeinsatzkommando (SEK) einen Einsatz
gegen Wolfgang P. in Georgensgmünd bei Nürnberg durchgeführt hat.
Dieser "Reichsbürger" (RB) sollte seine legal erworbenen Waffen
abgeben und hat sich gegen die Beschlagnahme, i.e. gegen den
gewaltsamen Einsatz der Polizisten gewehrt. Weil ein am Einsatz
beteiligter Polizist seinen Verletzungen erlegen ist, wurde gegen
den RB Haftbefehl wegen Mordes erlassen. Zum Hintergrund:
1. "Reichsbürger (RB) behaupten, dass das Deutsche Reich nicht
untergegangen sei." Es stimmt, dass RBs dies behaupten. Es stimmt
aber auch, dass dies offizielle Lehre der BRD ist. S. bundestag.de,
Art. »Völkerrechtssubjekt "Deutsches Reich"«, 30.06.2015: »Das
Bundesverfassungsgericht hat in ständiger Rechtsprechung
festgestellt, dass das Völkerrechtssubjekt "Deutsches Reich" nicht
untergegangen und die Bundesrepublik Deutschland nicht sein
Rechtsnachfolger, sondern mit ihm als Völkerrechtssubjekt identisch
ist.« Es ist bedenklich, wenn selbst höchste BRD-Repräsentanten /
Volksvertreter nicht wissen, welches Land sie repräsentieren /
welches Volk sie vertreten. Jedenfalls ist gem. unanfechtbarer
BRD-Lehre grundsätzlich jeder BRD-Bürger ein RB, d.h. Bürger des
Deutschen Reichs. Für alles folgende muss somit zwangsläufig gelten:
"RB" ist gar kein klarer Begriff. V.a. gibt es erst recht keine
klare Gruppe von RBs i.S.v. von BRD-Kritikern. Stattdessen
existieren mehrere BRD-kritische Clubs neben- und gegeneinander, mit
oder ohne "Selbstverwaltung"/ "kommissarische Reichsregierung" (KRR)
/ "Reichskanzler" / "Reichspräsident" / "König" / "Kaiser" o.ä.
2. "RBs bestreiten die Existenz der Bundesrepublik Deutschland."
Wohl kein einziger RB tut dies, ganz im Gegenteil: Sehr oft wird
seitens der RBs ausdrücklich auf das Impressum von
deutsche-finanzagentur.de verwiesen: "Die Bundesrepublik Deutschland
– Finanzagentur GmbH ist ein Ende 2000 gegründetes Unternehmen des
Bundes mit Sitz in Frankfurt am Main. Alleiniger Gesellschafter ist
die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das
Bundesministerium der Finanzen." Diese Finanzagentur ist also eine
"Gesellschaft mit beschränkter Haftung", d.h. eine juristische
Person des Privatrechts. Die Haftungsbeschränkung der
BRD-Finanzagentur GmbH beläuft sich auf 25.000 €. Momentan liegt die
Pro-Kopf-Verschuldung der 80 Millionen BRD-Insassen bei 27.295 € und
die Pro-Erwerbstätigen-Verschuldung bei 54.590 €. Lt.
staatsschuldenuhr.de liegt die deutsche Staatschuld bei
2.266.308,045,388 € (über 2,2 Billionen Euro) und wächst pro Sekunde
um 1.556 Euro. 25.000 € sind hier also nur eine sehr beschränkte
Haftung - sagen auch RBs.
3. "RBs bestreiten die Souveränität der Bundesrepublik Deutschland."
Das stimmt. Aber auch BRD-Repräsentanten deuten bisweilen an, dass
die BRD nicht wirklich souverän ist. S. bpb.de, Art. "Von der
beschränkten zur vollen Souveränität Deutschlands", 22.4.2005:
"Obwohl die Bundesrepublik Deutschland seit dem In-Kraft-Treten des
Zwei-plus-Vier-Vertrages am 15. März 1991 auch völkerrechtlich ein
souveräner Staat ist, sind heutzutage noch nicht alle Reste der
Kriegsfolgen beseitigt. Artikel 53 und 107 der UNO-Charta (so
genannte Feindstaatenklausel) erlauben ohne Beschlüsse des
Sicherheitsrates Zwangsmaßnahmen gegen solche Staaten, die im
Zweiten Weltkrieg gegen einen der Unterzeichnerstaaten der Charta
Krieg führten und erneut den Frieden bedrohen. Nicht zufällig waren
sich Bundeskanzler Gerhard Schröder und der japanische
Ministerpräsident Junichiro Koizumi bei ihrem Treffen am 9. Dezember
2004 in Tokio über die Notwendigkeit der Streichung der
Feindstaatenklausel einig." Zu Deutschland und Feindstaatenklausel
kann man also viel finden, ebenso z.B. zu Edward Snowden und NSA
resp. Angela Merkel. Praktisch jeder RB kennt die Erklärung von
Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) im November 2011auf dem
"European Banking Congress": Deutschland ist seit dem Ende des
Zweiten Weltkriegs zu keinem Zeitpunkt ein souveräner Staat gewesen.
N.b.: Schäuble hatte bereits im August 1990 den "deutschen
Einigungsvertrag" / "Zwei-plus-Vier-Vertrag" unterzeichnet.
4. "RBs bestreiten die Existenz eines deutschen Friedensvertrags."
Das stimmt - leuchtet aber angesichts der o.g. Tatsachen auch ein.
5. "RBs singen die verbotenen Strophen der Deutschlandsliedes."
Zugegeben: Im öffentlich-rechtlichen Fernsehen wird behauptet, dass
das "Lied der Deutschen", gedichtet 1841 vom demokratischen
Patrioten Hoffmann von Fallersleben, zumindest bzgl. der ersten
beiden Strophen verfassungswidrig sei. Und wohl die allermeisten
BRD-Insassen meinen, dass diese ersten beiden Strophen verboten
seien. Symptomatisch beschlagnahmte die Polizei im November 2003
eine Tonbandkassette mit der deutschen Nationalhymne. Auf die
Erlaubtheit der Nationalhymne hingewiesen, zeigte sich der
Polizei-Chef hartnäckig uneinsichtig. Erst das Amtsgericht Lüneburg
(Az. NZS Gs 419/03) erklärte schließlich, dass die Beschlagnahme
illegal war. Tatsächlich gibt es allerdings gar keine Klarheit,
geschweige denn ein Gesetz bzgl. der Deutschen Nationalhymne, nur
ein "Gewohnheitsrecht". Bereits diese wenigen Beispiele sagen im
Kern vielleicht alles wesentliche über den Zustand der BRD.
6. "RBs sind Nationalsozialisten / Neo-Nazis." Nun, wohl die meisten
RBs lehnen das "Dritte Reich" / Adolf Hitler ab. Recht viele RBs
verweisen ausdrücklich auf das "2. Reich" / Otto von Bismarck. Hier
sind die RB-Zersplitterungen vielleicht mit am deutlichsten.
7. "RBs kritisieren die BRD-Justiz." Es stimmt: Ganz im Zuge der
Ablehnung des Hitler-Regimes werfen manche RBs der BRD-Justiz vor,
quasi eine Nachfolge-Organisation der "Justiz" unter Dr. Roland
Freisler vom Volksgerichtshof zu sein. Allerdings: Sogar der
jüdische Publizist Henryk M. Broder hatte die deutsche Justiz als
"Erben der Firma Freisler" bezeichnet. Deshalb wurde ein
Strafverfahren gegen Broder wegen Beleidigung eröffnet. Das ist
möglich, weil "Beleidigung" gar nicht gesetzlich bestimmt ist. Im
Klartext: Absolut uneingeschränkt alles wird vollkommen willkürlich
wegen "Beleidigung" strafverfolgt / bestraft. Broder wurde ebenso
vollkommen willkürlich freigesprochen: Lt. Münchner Amtsgericht
müsse "sich die deutsche Justiz ihrem historischen Erbe stellen".
S.a. das "Braunbuch" sowie die Erklärung von Sabine
Leutheusser-Schnarrenberger (deutschlandfunk.de, 10.10.2016): "Von
170 Juristen, die zwischen 1949 und Anfang der 70er-Jahre in
Leitungspositionen des Justizministeriums tätig waren, gehörten 90
der NSDAP an von 170 und 34 der SA." Man informiere sich auch über
die Vergangenheit des vielleicht wichtigsten Architekten der
BRD-Justiz, i.e. Willi Geiger, später Richter am Bundesgerichtshof
und des Bundesverfassungsgerichts. Cf. Geiger über die BRD-Justiz
(DRiZ, 9/1982, 325): "In Deutschland kann man, statt einen Prozess
zu führen, ebenso gut würfeln. [...] Unter den in der Bundesrepublik
obwaltenden Verhältnissen von den Gerichten Gerechtigkeit zu
fordern, ist illusionär." Objektiv kann es kaum ein vernichtenderes
Urteil über die Justiz resp. generell über die BRD geben als von
Geiger. Cf. Augustinus, Gottesstaat IV, 4, 1: Ein Staat ohne
Gerechtigkeit ist nur eine Räuberbande.
7. "RBs sind Terroristen." Nun, welche und wie viele Überfälle und
Anschläge gehen denn auf das Konto von RBs? Und vorerst jedenfalls
gilt beim aktuellen RB-Fall von Wolfgang P. gem. Art. 11 Abs. 1 der
UN-Menschenrechte die Unschuldsvermutung und bleibt gem. StGB § 32
die Frage nach Notwehr / Notwehrrecht.
Epilog: Vieles weitere lässt sich über die BRD finden, z.B. Thema
Besatzungsmächte oder Carlo Schmid zum Grundgesetz. Doch letztlich
kommt man immer nur zu dem Schluss, dass die RBs nicht wirklich
weiterhelfen, und das nicht nur wegen ihrer faktischen
Machtlosigkeit. Denn oft sagen die RBs nur das gleiche wie die
BRD-Repräsentanten, und sie tun auch genauso viel für eine
Verbesserung der Situation. Die RBs sind ein Symptom einer
Gesellschaft, wie sie von Willi Geiger beschrieben und von
Augustinus charakterisiert ist. Oft sind RBs Agnostiker / erklärte
Kirchenfeinde. Schon deshalb ist für Christen eine Zusammenarbeit
mit RBs kaum möglich. Will man wirklich eine Verbesserung, hilft nur
das Festhalten an den Anfangsworten des Grundgesetzes für die
Bundesrepublik Deutschland:
"Im Bewußtsein seiner Verantwortung vor Gott".
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