Süßwaren für
Diabetiker geeignet?
- Pressemeldung: Süßigkeiten mit Fructose und
Zuckerkrankheit -
(Kirche zum Mitreden, 16.10.2011)
Weihnachtszeit - Süßigkeitenzeit. Schon seit August
quellen die Supermärkte über von Spekulatius, Printen,
Marzipan, Stollen usw. usf. Und damit auch Diabetiker gedankenlos
zugreifen, werden viele Süßigkeiten mit der Behauptung
beworben: "Für Diabetiker geeignet". Damit könnte gemeint
sein: "Geeignet für solche, die Diabetiker bleiben oder werden
wollen."
Die Gesetzeslage
In der "Verordnung über diätetische Lebensmittel"
(Diätverordnung / DiätV) wurde u.a. bestimmt:
"Diätetische Lebensmittel für Diabetiker müssen
folgenden Anforderungen entsprechen: [...] d-Glukose, Invertzucker,
Disaccharide, Maltodextrine und Glukosesirup dürfen nicht
zugesetzt sein; an Stelle dieser Stoffe dürfen nur Fructose
sowie Süßungsmittel nach Maßgabe der Anlage 2 der
Zusatzstoff-Zulassungsverordnung zugesetzt sein" (DiätV
§12). Der gesamte §12 wurde allerdings zum 01.10.2010
gestrichen. Fructose-Süßwaren dürfen trotzdem noch
bis 2012 als "Für Diabetiker geeignet" beworben werden.
Wissenschaftliche Erkenntnisse
Die "Unbedenklichkeit" von Fructose resp. die Behauptung, dass
Fructose-Süßwaren "zur besonderen Ernährung bei
Diabetes mellitus im Rahmen eines Diätplanes geeignet" seien,
wurde von wissenschaftlicher Seite schon vor Jahren als unhaltbar
eingestuft. Cf. Pressemeldung "Neuer Zusammenhang zwischen
Fructose-Konsum und Gewichtszunahme entdeckt. Wissenschaftler vom
Deutschen Institut für Ernährungsforschung
Potsdam-Rehbrücke haben in einer neuen Studie (Jürgens et
al., Obesity Research, 13:1146-1156, 2005) herausgefunden, dass die
Aufnahme von Fructose (Fruchtzucker) die Körperfett- und
Gewichtszunahme bei Mäusen deutlich steigert. Damit liefern die
Forscher neue Daten, die einen Zusammenhang zwischen dem weltweit
angestiegenen Fructosekonsum und der stetig steigenden Zahl
übergewichtiger Menschen möglich machen" (Deutsches
Institut für Ernährungsforschung, dife.de, 30.07.2005).
Cf. ferner: "Erhöhte Aufnahme von Fruktose ist für
Diabetiker nicht empfehlenswert", Stellungnahme Nr. 041/2009 des
Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), 06.03.2009).
Die vermeintlich süße
Illusion
Trotz aller Erkenntnisse hat die Süßwaren-Industrie
weiter die Diabetiker-Werbung betrieben. Und sogar nach Streichung
des §12 DiätV werden selbst neue Produkte weiterhin als
"für Diabetiker geeignet" beworben, obschon die
Übergangsfrist vielleicht bezweckt, dass bereits ausgelieferte
Produkte nicht aussortiert werden müssen. Proteste gegen diese
Illusion halten sich arg in Grenzen. Und um ehrlich zu sein: Wer
konnte denn jemals ernsthaft glauben, dass das
Übergewichts-Problem resp. (als dessen Konsequenz) das
Diabetes-Problem wirklich mit Fructose gelöst worden sei oder
werden könnte. Das irrationale Wunschdenken vom "Genuss ohne
Reue" war und ist auch v.a. bei den Verbrauchern beherrschend. Man
will Süßes, koste es, was es wolle, und sei es auch die
Gesundheit. Selbst wenn die Fructose-Diabetiker-Illusion ab 2012
nicht mehr in der Werbung auftauchen sollte: In vielen Köpfen
wird sie sich festgesetzt haben.
Tot ohne Fett
Es grassieren viele schwerwiegende, absurde, fatale Illusionen bzgl.
der Ernährung. S. z.B. die Sprüche "Fett macht fett" oder
gar "Fit ohne Fett". In Wahrheit gilt: a) Körperfett und
Nahrungsfett ist nicht dasselbe, d.h. man setzt weder nur dann noch
unbedingt dann Körperfett an, wenn man Nahrungsfett einnimmt;
b) der Mensch braucht sowohl Nahrungsfett als auch Körperfett,
d.h. sowohl ein zu geringer Fettanteil in der Nahrung als auch im
Körper können lebensbedrohlich sein. Selbst die "Deutsche
Gesellschaft für Ernährung" (DGE) empfiehlt, bis zu 30%
des täglichen Kalorienbedarfs aus (überwiegend
ungesättigten) Fettsäuren zu decken. Selbst
muskelgestählte Bodybuilder haben selbst bei Wettkämpfen
noch einen Körperfettanteil von mindestens 5%; übrigens
essen viele Bodybuilder mehr als 30% Fettkalorien. Statt also auf
"fettarme" oder gar "fettfreie" Produkte fixiert zu sein, sollte man
den Zuckeranteil strengstens unter Kontrolle halten.
Zucker als der Feind
Der Körper kann Zucker eben nur in sehr geringen Mengen
verkraften. Auch hier gilt das Axiom von Paracelsus: "Die Dosis ist
das Gift." Und will man komplexe Vorgänge wie die
Ernährung maßlos vereinfachen, kommt man eben leicht zu
falschen, ggf. gefährlich irreführenden Ergebnissen.
Richtig ist, dass ein Überschuss an Energie zu Gewichtszunahme
führt. Übergewicht kann man sich sowohl mit Fett als auch
mit Eiweiß als auch mit Kohlenhydraten anessen. Allerdings ist
Gewichtszunahme nicht in sich schlecht, und Kalorien sind in jedem
Falle lebensnotwendig. Der Körperfettanteil ist ungleich viel
interessanter als das Gewicht. Das Gewicht mag man über die
Kalorienzufuhr regulieren können. Für einen gesunden
Körper muss man aber eben auch auf die richtige Zusammensetzung
der Kalorien achten, darunter auch auf die richtigen Anteile an
(gesättigten, einfach ungesättigten und essentiellen)
Fett, an (essentiellen) Eiweißen und (komplexen)
Kohlenhydraten. Nicht nur für Diabetiker, sondern auch für
Menschen, die gesund sind und bleiben wollen, heißt deshalb
eine Grundregel: Weniger als 50g Zucker pro Tag.
Das süße Leben ohne
Zucker
Abschließend: Der grundsätzlich für jeden notwendige
permanente weitgehende Zuckerverzicht kann nicht ernsthaft als
"bittere Wahrheit" empfunden werden, ganz im Gegenteil: Hat man sich
von der Sucht nach der Überdosis Zucker erholt, kann man
endlich wieder den Eigengeschmack vieler Lebensmittel schätzen.
Überhaupt lebt es sich mit einem gesunden,
leistungsfähigen Körper erheblich angenehmer als mit einem
fettüberladenen, zuckersüchtigen Körper. Und wenn man
beim Essen nicht "gesündigt" hat, muss man sich dafür auch
nicht mit Gewissensbissen plagen.
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