"Ich sage euch: wenn Ihr den Vater in Meinem Namen um etwas bitten werdet,
so wird Er es euch geben. ... Ich brauche den Vater nicht für euch
zu bitten; denn der Vater selbst liebt euch, weil ihr Mich geliebt, und
geglaubt habt, daß Ich von Gott ausgegangen bin."
Im Brevier, dem Gebet der Priester, steht zu dem heutigen Evangelium
eine Erläuterung des hl. Kirchenlehrers Augustinus. Augustinus schreibt
über die Formulierung: "den Vater bitten im Namen Christi": Nichts
wird im Namen Christi erbeten, was gegen die Heilsordnung gerichtet ist.
Man muss so über Christus denken, wie es der Wirklichkeit entspricht.
Ein verzerrtes Christusbild führt zu Bitten, die nicht wirklich im
Namen Christi gesprochen werden. Es ist also unerlässlich, sein Wissen
über Christus zu vermehren und ggf. von irrigen Vorstellungen zu reinigen.
Man muss Christus so kennen wollen, wie er wirklich ist, man muss wissen,
wie er gelebt und was er gelehrt hat. Aus der mangelhaften Kenntnis über
Christus erwachsen Bitten, die mit dem Christentum schlichtweg nicht zu
vereinbaren sind. Wieviele Strömungen gibt es, die sich christlich
nennen, und die dennoch nicht im Namen Christi bitten? Wieviele Bitten
werden gesprochen, die mit dem eigentlichen Sinn des Christentums unvereinbar
sind?
Wer kein ordentliches, fundiertes Wissen über Christus besitzt,
der setzt sich der Gefahr aus, in einen Strudel von Meinungen hineingezogen
zu werden und die Orientierung zu verlieren; die Zugehörigkeit zur
Kirche erleidet Schiffbruch, das katholische Bekenntnis geht in einer Woge
irriger Vorstellungen unter. Also: Wir müssen im Namen Christi bitten,
und das bedeutet, wir müssen so bitten wie es der Wille Christi ist,
wie es der Heilsordnung entspricht. Und deshalb müssen wir Christus
kennen so wie er ist, nicht wie es unserem Wunschbild oder den irreführenden
Worten falscher Propheten entspricht.
Verhältnismäßig einfach ist es, sich von kindischen,
hochgradig lächerlichen Vorstellungen bzgl. des Bittgebetes zu trennen,
die das Bittgebet für ein Anliegen so bewerten wie das Bezahlen an
der Supermarktkasse: Um ein bestimmtes Anliegen erfüllt zu bekommen,
muss man nur eine bestimmte Anzahl von Gebeten sprechen. Wenn diese Anliegen
nämlich nicht im Sinne der Heilsordnung sind, also nicht letztlich
dazu dienen, dass Gott die Ehre erwiesen wird, wie kann man dann noch sagen,
man würde im Namen Christi bitten? Christus hat den Willen des Vaters
erfüllt, und der Wille des Vaters ist, dass die Menschen das ewige
Heil wählen und empfangen. Strebt man etwas an, dass auf dem Weg zum
ewigen Heil nutzlos oder direkt schädlich ist, bittet man nicht im
Namen Christi.
Etwas schwieriger zu durchschauen sind dagegen die Methoden der Irreführer,
die die Worte Christi zitieren, um sie in einen falschen Zusammenhang zu
stellen. Diese Vorgehensweise ist nicht wirklich neu. Man denke an die
Versuchung Christi in der Wüste: Der Teufel versuchte Christus, indem
er seine Forderung an Christus mit einem Schriftwort begründete: "Wenn
Du Gottes Sohn bist, so stürze dich hinab; denn es steht geschrieben:
Seine Engel hat Er ja zu Deinem Schutz befohlen; auf ihren Händen
sollen sie Dich tragen, daß niemals Deinen Fuß an einen Stein
Du stoßest." Der Teufel nimmt das Schriftwort nur als Vorwand, um
Christus zu einer Tat der Ehrsucht zu bewegen, er reißt das Schriftwort
also aus seinem Sinnzusammenhang der Verheißung, um es in einen falschen
Sinnzusammenhang der Ehrsucht zu stellen. Wer den Sinnzusammenhang der
Hl. Schrift ändert, wie kann der noch im Namen Christi bitten?
Ein anderes Beispiel: In seinem hohepriesterlichen Gebet betet Christus
für die Kirche, die Gemeinschaft der Gläubigen: "Laß sie
alle eins sein. Wie du Vater, in mir bist und ich in dir bin, so laß
sie in uns eins sein, damit die Welt es glaube, daß du mich gesandt
hast" (Joh 17,21). Bittet also jeder, der das Wort Christi: "Laß
sie alle eins sein", auf den Lippen führt, auch wirklich im Namen
Christi? Um welche Einheit wird gebetet? Um die Einheit, von der Christus
spricht, also um die Einheit in der Wahrheit, oder um eine Einheit, die
sich zu Unrecht auf Christus beruft, nämlich um eine Einheit in der
Unwahrheit? Auch heute noch gibt es Menschen, die mit lauter Stimme von
der Einheit der Gläubigen sprechen und behaupten, sie würden
für die Einheit der Gläubigen beten, die aber völlig falsche,
unchristliche Vorstellungen davon haben, was Christus mit der Einheit der
Gläubigen meinte. In solchen Fällen ist Vorsicht geboten.
Im ersten Gebet der heutigen heiligen Messe bittet die Kirche um die
Erleuchtung, den Willen Gottes zu erkennen: "O Gott, von Dir kommt alles
Gute; darum schenk uns auf unser Flehen die Gnade, von Dir erleuchtet,
zu denken, was recht ist, und, von Dir geleitet, es auch zu vollbringen."
Wenn wir denken, was recht ist, werden wir auch unsere Anliegen so
vor Gott tragen, wie es sich geziemt, nämlich im Namen Christi. Wir
bitten um die Erleuchtung, weil wir von Gottes Gnade abhängen. Aber
es könnte fatale Folgen haben, würden wir uns bereits mit der
Bitte um Erleuchtung begnügen, und nicht versuchen, durch Beschäftigung
mit der Glaubens- und Sittenlehre der Kirche unser Wissen zu erweitern
und ggf. zu korrigieren. Wozu hat Christus denn das Volk und insbesondere
die Apostel mit Worten und Taten belehrt? Weswegen hat er ihnen seine Lehre
in Worten anvertraut und sie beauftragt, diese Worte weiterzugeben? Doch
ganz sicher nicht, weil er jeden Menschen direkt und ohne Vermittlung durch
die Kirche erleuchten wollte. Deshalb hat die Kirche in den verschiedenen
Lehrschreiben, besonders in den Katechismen, den Gläubigen einen sicheren
Halt gegeben. Wer sich ganz auf seine private Erleuchtung verlässt
und die kirchlichen Lehren geringschätzt oder sich gar vor ihnen versperrt,
der wird leicht zu einem Spielball der Irreführer; er wird sich von
jeder noch so abwegigen Meinung beeinflussen lassen, er wird vielleicht
sogar so tief sinken, dass er einen Atheisten als Informationsquelle für
theologische Fragen akzeptiert, weil er dessen bloß geheucheltes
Christentum nicht mehr durchschaut.
Die ersten drei Wochentage vor dem kommenden Fest Christi Himmelfahrt
sind Bitttage. Es sollen Bittprozessionen stattfinden, bei denen die Allerheiligenlitanei
gebetet wird. Wer die Zeit erübrigen kann, sollte diese Tage nutzen,
um seine Bitten mit den Bitten der gesamten Kirche zu vereinen, wo auch
für die Einheit gebetet wird: "Daß Du alle Irrenden zur Einheit
der Kirche zurückrufen und alle Ungläubigen zum Lichte des Evangelium
führen wollest." Amen.
"Witz" z.Th. Bittgebet:
"Ein Mann fragt einen Franziskaner: Welche Novene muss ich beten, um
einen Mercedes-Benz zu bekommen. Der Franziskaner fragt zurück: Was
ist ein Mercedes-Benz? Dann fragt der Mann einen Jesuiten: Welche Novene
muss ich beten, um einen Mercedes-Benz zu bekommen. Der Jesuit fragt zurück:
Was ist eine Novene?"