Predigt am 13.07.2003

- 5. Sonntag nach Pfingsten, sd -
(Kirche zum Mitreden, 13.07.2003)
1 Petr 3,8-15; Mt 5,20-24

Sowohl in der Lesung als auch im Evangelium des heutigen Tages ist von der brüderlichen Liebe, besonders von der verzeihenden Liebe die Rede. Petrus mahnt, nicht Böses mit Bösem zu vergelten, und Christus warnt, dass jeder, der seinem Bruder zürnt, dem Gerichte verfallen wird.
Wir brauchen uns nichts vorzumachen: Die Feinde Christi haben dafür gesorgt, dass der Begriff der Nächstenliebe entwertet und verkehrt worden ist. Sie reden viel von Mitleid, Brüderlichkeit, Barmherzigkeit, Bescheidenheit und Demut. Man könnte meinen, dass die Feinde Christi damit genau den Mahnungen des hl. Petrus folgen. Schaut man aber etwas genauer hin, erkennt man wesentliche Unterschiede.
Petrus schreibt: "Seid alle einmütig im Gebete, mitleidig, brüderlich, barmherzig, bescheiden, demütig." An erster Stelle nennt Petrus also die Einmütigkeit im Gebet. Bei den Feinden Christi fehlt diese Einmütigkeit im Gebet vollkommen. Zunächst fehlt bei den Feinden Christi normalerweise das Gebet überhaupt. Während das Gebet für den Christen eine fundamentale, grundlegende Bedeutung besitzt, sind die Veranstaltungen der Feinde Christi nicht von Gebet, sondern von Spiel und Spaß geprägt. Bei den Veranstaltungen der Feinde Christi werden unter dem Motto "Fröhlicher Gottesdienst" Luftballons durch die Gegend geworfen, die Besucher bringen ihre Haustiere mit und die kleinen Kinder erzählen von ihren schönsten Erlebnissen mit ihren Haustieren, und fast bei jeder Veranstaltung der Feinde Christi gibt es einen Friedensgruß, bei denen jeder allen ringsum stehenden Unbekannten, mit denen er sonst nie etwas zu tun hat, kräftig die Hand schüttelt und sagt: "Der Friede sei mit dir."
Und selbst wenn bei den Feinden Christi doch einmal gebetet werden sollte, darf man nicht vorschnell von einer Einmütigkeit im Gebet im christlichen Sinne schwärmen. Es ist nämlich noch immer die Frage, zu wem da überhaupt gebetet wird. Betet man zu Buddha, zu Allah, zur Weltseele? Während die Feinde Christi so tun, als ob es im Grunde fast keinen Unterschied macht, zu wem man betet, wie man betet und um was man betet, müssen wir Christi darauf achten, dass wir in Wahrheit Gott anbeten. Also stellen wir unsere Werke der Liebe direkt auf die richtige Grundlage: die Einmütigkeit im Gebet, die immer auch eine Einheit in der Wahrheit sein muss.
Außerdem: Die Feinde Christi reden viel von Mitleid, Brüderlichkeit, Barmherzigkeit, Bescheidenheit und Demut. Schaut man aber auf ihre Taten, so findet man statt Mitleid Gleichgültigkeit, statt Brüderlichkeit Egoismus, statt Barmherzigkeit Skrupellosigkeit, statt Bescheidenheit und Demut Überheblichkeit und Selbstbeweihräucherung. Nach christlichem Verständnis hingegen reicht es nicht aus, nur von guten Werken zu reden. Petrus schreibt ja nicht: Redet alle von Mitleid, Brüderlichkeit, Barmherzigkeit, Bescheidenheit und Demut, er schreibt statt dessen: "Seid alle mitleidig, brüderlich, barmherzig, bescheiden, demütig." Und Christus warnt: "Wenn eure Gerechtigkeit nicht vollkommener sein wird als die der Schriftgelehrten und Pharisäer, werdet ihr nicht in das Himmelreich eingehen." Wie schildert Christus denn die Gerechtigkeit der Schriftgelehrten und Pharisäer? Er sagt: "Sie handeln anders als sie lehren. Sie binden schwere und untragbare Lasten und legen sie den Menschen auf die Schultern; sie selbst aber wollen sie mit keinem Finger heben. Alle ihre Werke tun sie, um von den Menschen gesehen werden" (Mt 23,3-5). Und Christus spricht die Schriftgelehrten und Pharisäer direkt an: "Ihr durchzieht Land und Meer, um einen einzigen Glaubensgenossen zu gewinnen, und ist er einer geworden, so macht ihr ihn zu einem Sohn der Hölle, doppelt so schlimm wie ihr" (Mt 23,15).
Man darf sich also nicht damit begnügen, schöne Worte auf den Lippen zu führen. Ebensowenig darf man sich von schönen Worten täuschen lassen. Vielmehr muss man im Gebet, in Dank und in Bitte an Gott sein Leben richtig orientieren. Im Gebetsschatz, den die Kirche uns schenkt, findet man Anleitung, Trost und Kraft, um Gott in Wahrheit zu dienen und die Nächstenliebe in der richtigen Weise zu üben. So bitten wir im Vaterunser: "Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern." Petrus mahnt: "Vergeltet nicht Böses mit Bösem, nicht Schmähung mit Schmähung; vielmehr segnet einander, denn dazu seid ihr berufen, auf daß ihr Segen erbet." Und Christus mahnt: Wenn du daher deine Gabe zum Altare bringst und dich daselbst erinnerst, daß dein Bruder etwas gegen dich hat, so laß deine Gabe dort vor dem Altar, geh zuvor hin und versöhne dich mit deinem Bruder, und dann komm und opfere deine Gabe." Verzeihung und Versöhnung sind also keineswegs unbedeutende Randbegriffe in der christlichen Lehre. Allerdings kann man bisweilen den Eindruck gewinnen, dass auch unter solchen, die sich Christen nennen und dafür gehalten werden, eher der Wille herrscht, Böses mit Bösem, Schmähung mit Schmähung zu vergelten. Eine Versöhnung mit dem Bruder wird gar nicht erst versucht, sondern regelrecht abgelehnt. Statt einen Irrenden zur Wahrheit zu rufen, wird der Irrende zu einem künftigen Hölleninsassen erklärt. In welch entsetzlicher Verblendung muss ein Mensch doch leben, wenn er sich darin gefällt, womöglich noch öffentlich zu erklären, Person xyz begehe die Sünde wider den Heiligen Geist, und diese werde ihr in alle Ewigkeit nicht vergeben werden? Hat jemand, der sich zum obersten Richter über seine Mitmenschen aufspielt, eigentlich überhaupt einen Bezug zu Christus? Wandelt er nicht vielmehr auf den Pfaden der Schriftgelehrten und Pharisäer, die sich rühmen, die Gottgefälligsten der Gottgefälligen zu sein, und die sich über die Irrenden in vollkommener Selbstherrlichkeit erheben? So ein Verhalten darf es bei uns nicht geben. Vielmehr müssen wir die Irrenden zur Wahrheit rufen.
Allerdings muss man sich auch darüber im klaren sein, dass nicht jeder gerne den Ruf zur Wahrheit vernimmt. Gerade diejenigen, die in ihren so gen. "Gottesdiensten" Luftballons werfen, Haustiere streicheln und Unbekannten die Hände schütteln, reagieren mit Widerstand, wenn man sie oder andere zur Wahrheit ruft. Die, die am eifrigsten von Mitleid, Brüderlichkeit, Barmherzigkeit, Bescheidenheit und Demut reden, zeigen ihr wahres Gesicht, wenn sie mit dem Ruf zur Wahrheit konfrontiert werden, und gehen unbarmherzig gegen jeden vor, der noch an der Wahrheit festhält und die Lüge ablehnt. Doch lassen wir uns nicht entmutigen, wenn wir Verfolgung erleiden, weil wir Gutes tun und die Wahrheit verteigigen. Beten wir für unsere Verfolger, dass sie doch noch sich bekehren, würdige Buße tun und gerettet werden. Denken wir an die Worte des hl. Petrus: "Wer kann euch schaden, wenn ihr eifrig seid im Guten? Wenn ihr aber um der Gerechtigkeit willen leiden müßtet, selig seid ihr! Fürchtet ihre Drohung nicht und lasset euch nicht irremachen. Haltet nur Christus, den Herrn, heilig in euren Herzen." Amen.

S. auch:
Nachrichten v. 11.07.2003
Zivilcourage

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