Predigt am 24.08.2003

- Bartholomäus (11. Sonntag nach Pfingsten), d II cl -
(Kirche zum Mitreden, 24.08.2003)
1 Kor 12,27-31; Lk 6,12-19

Am heutigen Fest des hl. Apostels Bartholomäus laden die Texte der Liturgie besonders ein, über das Apostelamt nachzudenken. Paulus schreibt: "Die einen hat nun Gott in der Kirche zu Aposteln bestimmt, andere zu Propheten, wieder andere zu Lehrern." Im Evangelium wird berichtet, dass Jesus die Apostel auswählt, nachdem er die ganze Nacht im Gebet verbracht hat. Da die Bischöfe die Nachfolger der Apostel sind, wird man sich also fragen: Wie treten heute diejenigen auf, die sich Bischöfe nennen und auch von einigen für Bischöfe gehalten werden?Ein so gen. "Weihbischof" (Paul Vollmar) einer international tätigen Sekte, die oberflächlich betrachtet sogar vereinzelt Ähnlichkeiten mit der katholischen Kirche aufweist, etwa wegen ihrer Berufsgruppen mit den Bezeichnungen Bischöfe und Priester, gab kürzlich ein Interview. Die Fragen betrafen besonders den Bereich des sechsten Gebotes. Diesbezgl. hat die Kirche sich schon mehrfach klar und verbindlich geäußert, so dass hier Fragen oft unnötig sind. Aus dem Interview: Zur Frage, welchen Standpunkt seine so gen. "Kirche" zum Thema Homosexualität habe, meinte der "Bischof": "Wir weihen ja auch ohne weiteres homosexuell empfindende Priester. Was wir aber in der Kirche nicht annehmen können, ist die praktizierte Homosexualität. Selbst die Schweizer Bischöfe sind nicht grundsätzlich gegen registrierte Partnerschaften, sondern nur gegen solche mit eheähnlichen Wirkungen." Homosexualität ist meist eine Folge schwerer Bosheit; vereinzelt kann es eine schwer krankhafte Neigung sein, die aber immer auch heilbar ist. Nun sieht dieser "Bischof" also kein Problem darin, Personen, die sehr böse oder sehr krank sind, zu "Priestern" zu weihen. Und auch "registrierte Partnerschaften" von Gleichgeschlechtlichen sind kein grundsätzliches Problem. Von der christlichen Verurteilung der Homosexualität ist bei diesem Bischof nicht viel zu merken. Was die Empfängnisverhütung betrifft, so meinte der "Bischof": "Für mich ist das persönlich gebildete Gewissen die letzte Instanz." Das Gewissen ist ein Verstandesurteil über die moralische Güte einer Handlung. Hier muss man fragen: Wie bzw. woran soll denn das Gewissen gebildet werden? Diese Frage lässt der "Bischof" unbeantwortet, eben weil er eine klare, verbindliche Entscheidung in dieser Sache ablehnt. In der Sekte dieses "Bischofs" gibt es offiziell das Zölibat für die höheren Mitglieder, allerdings lehnt dieser "Bischof" die Verpflichtung zum Zölibat ab. Er meinte, dass er sich nicht genug qualifiziert fühle, über das Zölibat der Weltpriester zu urteilen. Allerdings sprach er für seine Kollegen in der Berufsgruppe "Bischof": "Wir machen uns dafür stark, den Wert des Zölibats anzuerkennen, aber auch verheiratete Theologen zu ordinieren. Diese Möglichkeit kommt vielleicht mit der Zeit." Alles in allem ist in den Ausführungen dieses "Bischofs" kaum die christliche Lehre über Reinheit und Jungfräulichkeit zu erkennen, vielmehr spricht daraus Geringschätzung der ordentlichen Zucht. Von den klaren kirchlichen Äußerungen will dieser "Bischof" nichts wissen, vielmehr relativiert und verwässert er nach Kräften die christliche Lehre.
Zur in seiner Sekte offiziell nicht erlaubten "Priesterweihe der Frau" meinte er: "Ich bin Pragmatiker, nicht Dogmatiker. Darum wundere ich mich über dieses apodiktische Nein. Ich selber bin da offen. Wir sind theologisch auf der Suche. Allerdings kommen wir in Zugzwang, weil andere christliche Kirchen, die Anglikaner etwa, die Ordination der Frau eingeführt haben." Und zum Kommunionempfang bei konfessionsverschiedenen Ehepartnern sagte er: "Ich denke auch in dieser Beziehung pragmatisch." Außerdem verwies der "Bischof" auf einen anderen hohen Angestellten seiner Sekte, der bekennt, er habe noch nie jemandem die Kommunion verweigert. Auch hier sei das Gewissen der Gläubigen die letzte Instanz.
"Ich bin Pragmatiker, nicht Dogmatiker." Auf diesem Bekenntnis baut das Gedankengebilde dieses Bischofs und überhaupt seiner Sekte auf. Ein Dogmatiker orientiert sich an den Offenbarungsquellen und den Texten des kirchlichen Lehramtes; er untersucht, welche Sätze unfehlbare Lehre der Kirche sind, wo und wie sie begründet werden, wer sich gegen diese Sätze ausgesprochen hat und warum. Die Dogmatik ist die wissenschaftliche Durchdringung der Glaubenslehre, sie ist damit in höchstem Maße wichtig und auch vom Arbeitsgebiet her sehr umfangreich. Ein guter Theologe muss sich v.a. in der Dogmatik gut auskennen. Nun erklärt aber ein so gen. "Bischof", er sei kein "Dogmatiker", womit er offensichtlich meint, dass er keine ordentlichen dogmatischen Kenntnisse besitzt. Und als wäre es nicht schon schlimm genug, dass ein "Bischof" unter diesem Mangel leidet, und dass er wegen dieses Mangels keinerlei Gewissensbisse hat und keinen Ehrgeiz, diesen Mangel abzustellen, und dass er sich sogar ganz offen als "Nicht-Dogmatiker" bezeichnet, dass er als Nicht-Dogmatiker aber trotzdem "theologisch auf der Suche" ist, er nennt sich auch noch einen "Pragmatiker" und liefert statt dogmatischer Erklärungen nun "pragmatische" "Lösungen". Mit "Pragmatik" meint er ein Nützlichkeitsdenken, das nur fragt, wie ein reibungsloser Ablauf möglich ist. Die Bewertung einer Handlung als gut oder schlecht geht also nicht von objektiven Ordnungen wie dem Naturrecht oder den kirchlichen Vorschriften aus. Zur Unmöglichkeit der Weihe von Priesterinnen hat sich die Kirche bereits geäußert, es kann da also keine, auch keine bloß "pragmatische", Befürwortung geben. Objektiv besteht kein "Zugzwang", wenn es in anderen Gemeinschaften "Priesterinnen" gibt, auch in der Kirche Priesterinnen einzuführen. Dieses "pragmatische" Denken ist also die Rebellion gegen die objektive Ordnung. Man versucht, sich von vorhandenen Verpflichtungen zu lösen, indem man behauptet, die objektiven Normen ließen sich in der jeweiligen Situation nicht anwenden. Leider kann oder will nicht jeder sofort erkennen, dass diese "pragmatische" Ideologie dieses "Bischofs" mit dem Christentum unvereinbar ist.
Diese Verballhornung des Bischofsamtes, wie sie von dieser Sekte geleistet wird, ist an sich schon betrüblich. Noch betrüblicher ist, dass mittlerweile recht viele, die sich katholisch nennen, es wagen, ohne gründliche theologische, insbesondere dogmatische Bildung Ansichten zu vertreten, die einer dogmatischen Überprüfung nicht standhalten. Personen, die keineswegs die erforderliche Bildung besitzen, konstruieren und publizieren falsche Theorien, die dann von anderen leichtfertig und damit schuldhaft geglaubt werden. Statt sich ernsthaft mit wichtigen Fragen auseinanderzusetzen, geht man "pragmatisch" vor, man verschließt sich der dogmatischen Auseinandersetzung, ja überhaupt jeder Argumentation. Somit verschließt man sich auch der von Christus gesetzten Ordnung der kirchlichen Hierarchie, in der die Bischöfe als Lehrer auftreten. Sicherlich kann sich nicht jeder umfangreiche dogmatische Kenntnisse aneignen. Aber wenn es um die Klärung wichtiger Fragen geht, darf man nicht seine Augen verschließen und sich auf "pragmatische" "Lösungen" zurückziehen. Wählt man die "pragmatische" "Lösung" als Ersatz für die dogmatische Erklärung, handelt man selbst gegen die Kirche. Beherzigen wir das heutige Tagesgebet am Fest des Apostels Bartholomäus: "Gott, wir bitten Dich nun, laß Deine Kirche lieben, was er geglaubt, und verkünden, was er gelehrt hat." Amen.

S. auch:
Nachrichten v. 28.05.2000
Christus in Dachau (4 / 23)
Bernhard Kroll und Gotthold Hasenhüttl
Leserbriefe 03.01.1998

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