Der Monat Oktober wird auch der Rosenkranz-Monat genannt. Papst Leo
XIII. hatte sich in mehreren Schreiben für die Ausbreitung und Pflege
des Rosenkranzgebetes eingesetzt. Unter anderem hat er angeordnet, dass
im Monat Oktober in allen Pfarr- und Marienkirchen täglich der Rosenkranz
gebetet werden soll. Ob tatsächlich der hl. Dominikus, der Gründer
des Predigerordens, das Rosenkranzgebet eingeführt hat, ist fraglich.
Außer Frage aber steht, dass das Rosenkranzgebet in der Volksfrömmigkeit
des zweiten christlichen Jahrtausends eine große Bedeutung besaß
und dass besonders die Päpste Pius IX. und Leo XIII. das Rosenkranzgebet
empfohlen haben.
In einem Lexikon (Kirchliches Handlexikon) heißt es über
den Rosenkranz: "Der eigentliche Wert und Kern des Rosenkranzes liegt in
den Geheimnissen, deren Betrachtung ihm theologische Tiefe sichern, Abwechslung
bringen und Ermüdung fernhalten; gut verrichtet ist er eine ausgezeichnete
Volksandacht."
In der Tat geht es beim Beten des Rosenkranzes um die Betrachtung der
Geheimnisse. Leider kann man manchmal den Eindruck bekommen, dass manche
beim Rosenkranzgebet äußerst oberflächlich sind. Wie sieht
es mit der theologischen Tiefe aus? Ist wirklich allen immer bewusst, dass
der eigentliche Wert und Kern des Rosenkranzes in den Geheimnissen liegt,
deren Betrachtung ihm theologische Tiefe sichern? Oder besteht nicht bisweilen
die Gefahr, dass der eigentliche Wert und Kern des Rosenkranzes aus dem
Blickfeld gerät? Aufgrund unserer menschlichen Schwäche kann
es natürlich vorkommen, dass wir beim Rosenkranzgebet ermüden,
rein schon aufgrund von physischer Erschöpfung. Insofern muss es keinesfalls
verwerflich sein, wenn jemand beim Rosenkranzgebet unter Müdigkeit
leidet und es ihm schwerfällt, sich auf das Gebet zu konzentrieren.
Es kann sogar sein, dass auch in solchen Momenten der Schwäche ein
Rosenkranzgebet sehr hilfreich und lobenswert ist. Denn in den Zeiten der
Müdigkeit ist man oft auch schwach in seinem Widerstand gegen die
Versuchungen. Und wer - insbesondere bei Müdigkeit und Schwäche,
wenn sich gerade keine Gelegenheit zur gewünschten Erholung bietet
- den Versuchungen Widerstand leistet, indem er die wunderbare Hilfe des
Rosenkranzes sucht, der handelt sicher richtig. Und wer sich zu einem regelmäßigen
Gebet verpflichtet hat, ähnlich wie z.B. die Kleriker zum Breviergebet
verpflichtet sind, der weiß, dass die Erfüllung einer Gebetspflicht
nicht immer leicht fällt und dass es Momente geben kann, in denen
man lieber etwas anderes, an sich Erlaubtes tun würde, als die Gebetspflicht
zu erfüllen. Auch bei einer mühsamen Erfüllung der Gebetspflicht
kann ein Rosenkranz viele gute Früchte bringen, selbst wenn man dabei
leicht in Zerstreuung fällt, solange man nur immer wieder versucht,
mit der gebührenden Ehrfurcht und dem notwendigen Ernst die Gebete
zu verrichten.
Während also Müdigkeit und Zerstreuung, die in unserer menschlichen
Schwäche begründet sind, den Wert eines Rosenkranzgebetes nicht
notwendig mindern, gibt es eine große Gefahr, den eigentlichen Wert
und Kern des Rosenkranzes zu verschleiern. Sofern heute überhaupt
noch der Rosenkranz gebetet wird, erfüllt er anscheinend sehr oft
einen regelrecht antichristlichen Zweck: Die Betenden sollen gerade nicht
theologische Tiefe gewinnen, sie sollen sich gerade nicht an Jesu Leben
orientieren, sie sollen gerade nicht die Nachfolge Jesu verwirklichen.
Dieses Hemmnis bei der Entfaltung des christlichen Lebens, diese Verkümmerung
und Verfälschung der Spiritualität, kann sowohl in aktiver als
auch in passiver Form vorliegen. Eine aktive Verfälschung des Glaubens
durch den Rosenkranz liegt z.B. vor, wenn jemand zwar immer wieder allen
Leuten erzählt, sie sollten viel und andächtig den Rosenkranz
beten, wenn jemand eifrig in der Welt herumreist und dabei immer wieder
behauptet, er würde oft den Rosenkranz beten, wenn jemand sogar als
Vorbeter beim gemeinschaftlichen Rosenkranzgebet aktiv ist, wenn jemand
sogar massenweise Rosenkränze verschenkt, aber all dies nur tut, um
andere möglichst leicht in die Irre zu führen. Nehmen wir einmal
an, jemand würde massenweise Rosenkränze verschenken, dann müsste
man sich diese Rosenkränze einmal näher ansehen. Haben sie ein
ordentliches Kreuz? Oder haben sie ein verbogenes, entstelltes Kreuz, woran
möglicherweise noch eine Spottfigur unseres Heilandes befestigt ist?
Und v.a.: Wie sieht es mit der Theologie dieses Rosenkranzverbreiters aus?
Ist das jemand, der die Geheimnisse, die im Rosenkranz betrachtet werden,
auch tatsächlich vertritt und verteidigt? Oder ist das jemand, der
seine Anhänger nur in die Irre führen möchte? Im Rosenkranz
betrachten wir die wunderbare Geburt Jesu, sein Kreuzesopfer und seine
Auferstehung. Wie reagiert der Rosenkranzverbreiter auf diejenigen, die
die wunderbare Geburt Jesu, sein Kreuzesopfer und seine Auferstehung bestreiten?
Welche theologische Tiefe besitzt dieser Rosenkranzverbreiter eigentlich
selbst? Diesen Fragen darf man nicht ausweichen.
Und damit kommt man zur zweiten Gefahr, dem passiven Hemmnis bei der
Entfaltung des christlichen Lebens. Diese Gefahr besteht dort, wo man die
Vernichtung des Glaubens tatenlos hinnimmt. Man zieht nicht die notwendigen
Konsequenzen, man versteckt sich quasi hinter seinem Rosenkranz. Man möchte
gar nicht wissen, wer als Rosenkranzverbreiter gefeiert wird, welcher Mensch
das wirklich ist und aus welchen Motiven er handelt. Man will die Augen
verschließen vor der theologischen Wirrniss rings umher und insbesondere
des Rosenkranzverbreiters, man will v.a. selbst keine theologische Tiefe
gewinnen, man will nur oberflächlich bleiben. Man begnügt sich,
ein Ave Maria nach dem anderen zu sprechen, und will von Dogmen und Moralvorschriften,
von Kirchenrecht und Bibelauslegung nichts wissen. Statt den Rosenkranz
als großartige Hilfe für ein christliches Leben dankbar anzunehmen
und fruchtbringend einzusetzen, missbraucht man ihn, um sich vor der Realität
abzuschotten und um nur ja nicht die absolut notwendigen Konsequenzen in
seiner Lebensführung ziehen zu müssen. Man betrachtet gar nicht
mehr das Erlösungswerk, man versucht gar nicht erst, sich am Leben
Jesu zu orientieren, man versinkt in Tatenlosigkeit. So ist es z.B. heilsnotwendig,
zur Kiche zu gehören, aber es ist nicht heilsnotwendig, den Rosenkranz
zu beten. Trotzdem begnügen sich manche mit dem Rosenkranzgebet und
ignorieren völlig die Heilsnotwendigkeit der Kirche.
Versuchen wir also immer, den Rosenkranz fruchtbringend einzusetzen,
besonders jetzt im Monat Oktober auch mit den von der Kirche gewährten
Ablässen. Auch in der zweiten Hälfte des Monats Oktober kann
man durch das Rosenkranzgebet noch einen vollkommenen Ablass gewinnen.
Die Bedingungen: Beichte, Kommunionempfang, Besuch einer Kirche und an
wenigstens zehn Tagen Gebet von jeweils fünf Gesetzen. Wenn es noch
etwas gibt, was uns von Christus und von seinem mystischen Leib, der Kirche,
trennt, dann beseitigen wir dieses Hindernis. Suchen wir besonders im Rosenkranzgebet
theologische Tiefe, so dass wir aus begründeter Überzeugung und
mit mutiger Entschlossenheit das tun, was vor Gott richtig ist, und wenn
wir wegen unserer Treue zur Wahrheit mit Christus leiden müssen, wollen
wir ganz besonders aus der Hoffnung leben, auch an Christi Auferstehung
teilhaben zu dürfen. Amen.
S. auch:
Der Rosenkranz
Nachrichten v. 11.07.2003
Christus in Dachau (1 / 23)
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