Predigt am 11.06.2006
- Dreifaltigkeitssonntag, d 1 cl; Röm 11,33-36; Mt
28,18-20 -
(Kirche zum Mitreden, 10.06.2006)
"Taufet sie im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen
Geistes." Kürzlich verbreitete jemand die Behauptung, Papst Pius
XII. hätte die Ausstellung falscher Taufurkunden
gebilligt/gefördert, um Juden vor der Verfolgung durch die
Nationalsozialisten zu retten. Eine Quelle für diese Behauptung
wird dabei nicht genannt. Eine Internet-Suche nach "gefälschte
Taufurkunden" brachte nur einen einzigen Treffer: "Hätte die
Kirche gefälschte Taufurkunden weiter verbreitet herausgeben und
somit mehr Juden retten können? Der Heilige Stuhl hat niemals
versucht, jüdische Taufen auf irgendeine Weise einzuschränken
oder eine Ausgabe von falschen Papieren einer christlichen
Identität an Juden wo immer es möglich war zu verbieten.
Unzählige Leben wurden durch diese Methode gerettet. In Italien
gab es religiöse Orden, die rund um die Uhr an der Ausstellung
falscher Papiere arbeiteten." Auch hier keine Quellenangabe, keine
Nennung irgendeines päpstlichen Dokumentes, kein Name wenigstens
eines der Urkundenfälscher-Orden, kurz: gar nichts an
Glaubwürdigkeit. Und eine Anfrage an den Autor, worauf er seine
Behauptung stützt, kam als unzustellbar zurück. Was steht zu
den angeblichen Urkundenfälschungen in anerkannten Lehrbücher
der Kirchengeschichte? Rein gar nichts! Der Historiker Schuck schrieb
im Jahr 1953 (621.623): "Die Enzyklika Pius' XI. an die deutschen
Bischöfe vom 14. März 1937, beginnend mit den Worten, „Mit
brennender Sorge", war der ergreifende Warnungsruf der Kirche, der aber
zu den Gläubigen kaum mehr gelangen konnte, weil die Enzyklika
sofort beschlagnahmt wurde und ihre Verbreitung den schwersten Strafen
unterlag. [...] Wahre Orgien feierte der Haß gegen Christentum
und Kirche leider in den besetzten, an Deutschland grenzenden
östlichen Länder, vor allem im sogenannten Warthegau, der das
Vorbild für die Behandlung der Kirche im ganzen Reich nach dem
erhofften Siege abgeben sollte. Das Furchtbarste war die ganz
unmenschliche Ausrottung der „Nichtarier", d.h. sowohl der Juden, als
auch der vom Judentum her Konvertierten und ihrer Nachkommen. [...]
auch die Mauern des Klosters schützten weder Mönch noch
Nonne, wenn sie „nicht arisch" waren. [...] Allein an polnischen
Priestern sind etwa zweieinhalb Tausend getötet worden." Also so
viel auch in verlässlichen Geschichtsbüchern über die
Rettung Unschuldiger durch die Päpste berichtet wird, von
gefälschten Taufurkunden ist da keine Rede. Jedenfalls wissen wir,
dass selbst echte Katholiken, auch echte Ordensmitglieder nicht vor den
Nazis sicher waren; insbesondere wissen wir, dass der
Nationalsozialismus im Christentum seinen eigentlichen, seinen
schlimmsten Feind sah. Hitler selbst erklärte 1939 in einer
bekannten Rede: "Den Priester als politischen Feind des Deutschen
Reiches werden wir vernichten." Und die Tausende von Priestern, die in
Kerkern und Konzentrationslagern der Nazis eingesperrt und ermordet
wurden, verbieten den Irrglauben, dass der Taufschein vor jeglicher
nationalsozialistischer Verfolgung schützen konnte. Pius XII.
fasste es noch 1946 unmissverständlich in Worte: "Man vergesse
nicht, daß der Nationalsozialismus, dem es in Wahrheit nur darauf
ankam, die Kirche zu vernichten, gerade unter dem Vorwand, den
sogenannten 'politischen Katholizismus' zu bekämpfen, das ganze
Aufgebot von Verfolgung, Schikanen und Bespitzelung gegen die Kirche in
Bewegung setzte, wogegen sich leitende Männer der Kirche, deren
Mut heute noch von der ganzen Welt bewundert wird, auch von der Kanzel
aus verteidigen und mutig zur Wehr setzen mußten." Aber selbst
mal angenommen, der Taufschein wäre ein sicherer Schutz gegen
Verfolgung. Gab es in der Geschichte schon einmal so eine Art
Schutzbrief, also eine gefälschte Urkunde, womit man der
Verfolgung entkommen konnte? In der Tat: In der frühen Kirche, zur
Zeit der Christenverfolgung, als alle zum Götzendienst gezwungen
wurden, konnte man sich einen Schein ausstellen lassen, dass man den
Götzen geopfert hatte, obwohl man in Wahrheit nicht geopfert
hatte. Mit dieser gefälschten Urkunde entging man also der
Strafverfolgung. Wie hat die Kirche nun die Christen beurteilt, die
sich solche gefälschten Scheine besorgt haben? Diese
"Schein"-Christen wurden von der Kirche genauso behandelt wie
diejenigen, die tatsächlich geopfert hatten, d.h. sie wurden als
Abgefallene behandelt. Also die Kirche sollte zwar ihren Kindern eine
wirklich lebensrettende gefälschte Urkunde verbieten, aber dem
Volk der Gottesmörder im Erfolg höchst fragwürdige
gefälschte Urkunden selbst ausstellen? Und noch allgemeiner: Nach
katholischer Lehre gilt: "Die Lüge ist niemals erlaubt. [...] Weil
die Lüge innerlich schlecht ist, darf man auch nicht lügen,
um dem größten Unheil zu entgehen" (Jone 294). Würde
also die Geschichte von der "Ausstellung falscher Papiere" stimmen,
wäre das die rettungslose Aufgabe des unaufgebbaren Grundsatzes,
den Paulus so formuliert hat: "Ist es etwa so, wie man uns
böswillig nachredet und wie einige von uns in den Mund legen:
Laßt uns Böses tun, damit Gutes daraus entspringt'? Solche
erwartet die gerechte Strafe" (Röm 3,8). Und mal angenommen, die
katholische Kirche hätte tatsächlich "rund um die Uhr" solche
gefälschten Urkunden ausgestellt und somit eigentlich die gesamte
christliche Moral über Bord geworfen - welche Folgen hätte
das gehabt? Rettung für die Juden vor den Nazis zwar wohl kaum,
aber immerhin eine praktisch grenzenlose Unsicherheit bei den
Sakramenten. Denn: Wenn man schon fälscht, wird man wohl kaum eine
Fälschung abliefern wollen, die als solche leicht zu durchschauen
ist. Und somit hätten dann Zigtausende Ungetaufte eine
Taufurkunde. Ohne Taufe können auch die anderen Sakramente nicht
gültig empfangen werden. Das daraus resultierende
vollständige Chaos kann man sich nicht mal im entferntesten
ausmalen. Im letzten wäre das die Bankrotterklärung jedes
christlichen Lebens. Wenn Taufurkunden nichts mehr wert sind, wenn man
nicht mehr wissen darf, wer überhaupt welches Sakrament
gültig empfangen hat, wozu dann überhaupt noch Sakramente?
Wozu sich überhaupt auf Christus berufen? Hat Christus etwa
gesagt: Stellt den Ungläubigen gefälschte Taufurkunden aus?
Diese Geschichte von den gefälschten Taufurkunden ist
höchstwahrscheinlich von den Feinden der Kirche in die Welt
gesetzt worden. Es ist eindeutig, dass es dem Papst nicht zur Ehre
gereichen würde, wenn er gefälschte Taufurkunden
gefördert oder wenigstens gebilligt hätte. Seien wir also auf
der Hut! In keinem Falle darf man sich mit irgendwelchem
Hörensagen zufrieden geben. Die Auswirkungen gefälschter
Taufurkunden konnten hier nur ganz kurz und ausschnitthaft angerissen
werden, doch selbst das wenige muss uns zu höchster Vorsicht
mahnen, nicht alles zu glauben, was die Zeit des Nationalsozialismus
betrifft, sondern unbedingt harte Beweise zu fordern. Verfallen wir
nicht dem todbringenden Wahn, Propaganda gedankenlos zu
übernehmen. Wir müssen die Behauptungen über den
Nationalsozialismus dringend einer radikalen und umfassenden Revision
unterziehen und uns für den Sieg der Wahrheit einsetzen. "Die
erste, die selbstverständlichste Liebesgabe des Priesters an seine
Umwelt ist der Dienst an der Wahrheit und zwar der ganzen Wahrheit", so
schreibt Papst Pius XI. in seiner Enzyklika "Mit brennender Sorge". Wir
wollen uns dabei heute ganz besonders dankbar unserer Taufe erinnern.
Unser Bekenntnis zum Dreifaltigen Gott, dem Vater, dem Sohn und dem
Heiligen Geist, soll allzeit fest sein, auch in Zeiten, in denen uns
daraus gewisse zeitliche Nachteile erwachsen können. Wie der
Christ sich in der Verfolgung bewähren muss, beschreibt Papst Pius
XI. in derselben Enzyklika so: »Wenn der Versucher oder
Unterdrücker an ihn herantritt mit dem Judasansinnen des
Kirchenaustrittes, dann kann er ihm nur – auch um den Preis schwerer
irdischer Opfer – das Heilandswort entgegenhalten: "Weiche von mir,
Satan, denn es steht geschrieben: den Herrn deinen Gott sollst du
anbeten und Ihm allein dienen!" (Mt. 4, 10; Lc. 4, 8.). Zu der Kirche
aber wird er sprechen: Du meine Mutter von den Tagen meiner Kindheit
an, mein Trost im Leben, meine Fürbitterin im Sterben – mir soll
die Zunge am Gaumen kleben, wenn ich – irdischen Lockungen oder
Drohungen folgend – an meinem Taufgelübde zum Verräter
würde. Solchen aber, die vermeinen, sie könnten mit
äußerlichem Kirchenaustritt das innere Treuverhältnis
zur Kirche verbinden, möge des Heilands Wort ernste Warnung sein:
"Wer Mich vor den Menschen verleugnet, den werde Ich auch vor Meinem
Vater verleugnen, Der im Himmel ist" (Lc. 12, 9.)«. Amen.
13.06.2006:
Ein Leser schickte zu dieser Predigt folgende Mail (ganz herzlichen
Dank!):
a****
Sehr geehrter Herr Pater,
eine kleine Ergänzung zu Ihrer Predigt am 11.06.06 (Ausstellung
von gefälschten Taufurkunden)
Da mich das Thema auch interessiert, habe ich versucht zu
recherchieren, was es damit auf sich in Ungarn hatte.
Ungarn war bis März 1944 - obwohl mit Deutschland
verbündet - sicher für die Juden. Aus mehreren
europäischen Ländern kamen Juden nach Ungarn, Budapest
hieß damals das Judenparadies Europas (was heute von den
Mainstream-Medien verschwiegen wird, das würde nich zum Bild
passen, was man versucht den Leuten aufzuzwingen, ähnlich wie in
Deutschland).
Am 19. März 1944 haben die Deutschen Ungarn besetzt. De Regierung
blieb zwar an ihrem Platz, in einem Monat haben aber die Deportationen
angefangen (Diese wurden im Sommer 1944 auf Deruck der katholischen
Kirche eingestellt, was heute ebenfalss verschwiegen wird).
Eine historische Zeitschrift (História, XXVI. Jahrgang, , 2004,
Nr. 2-3. S. 59) schreibt nun, viele Juden haben sich in diesen Monaten
sowohl bei der katholische wie auch bei der reformierten Kirche taufen
lassen, in der Hoffnung, so der Deportation zu entgehen. Damals war
eine 6 monatige Vorbereitungszeit vor der Taufe vorgeschrieben. Viele
Priester haben sich trotz der kirchlichen Vorschriften nicht an die 6
monatige Wartezeit gehalten, und die Urkunden zurückdatiert. Zum
Bild gehört, daß viele Juden schon vor dem Krieg (und
sicherlich auch während des Krieges) aus echter Überzeugung
Christen geworden sind.
Mehr Schutz für die Juden bedeuteten die sogenannten Schutzbriefe,
die von der Nuntiatur in Budapest für praktisch für alle
Antragstellenden ausgestellt wurden (25-30.000), obwohl sie
ursprünglich nur 2500 ausgeben sollten (jedenfalls nach der oben
zitierten historischen Zeitschrift).
Eine gute Ergänzungsinformation hierzu:
http://www.30giorni.it/te/articolo.asp?id=8250
In diesem Interwiev gefällt mir nur ein Satz des ehrwürdigen
Paters Verolino nicht: "Die Wachen, die die Deportierten begleiteten,
erzählten, was sie gesehen hatten... "
Wie es tatsächlich in Auschwitz war, ein sehr guter Bericht der
zum Christentum konvertierten Kardos Klára, eine
deutschsprachige Rezension gibt's hier:
http://www.vho.org/VffG/2002/2/Pfitzner226-228.html
Fazit: Die Kirche hat keine gefälschten Taufscheine ausgestellt,
statt dessen aber Schutzbriefe. Vielleicht bringen manche diese zwei
Begriffe durcheinander.
Gelobt se Jesus Christus
****e
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