Predigt am 17.12.2006
- 3. Advent, sd; Phil 4,4-7; Joh 1,19-28 -
(Kirche zum Mitreden, 16.12.2006)
Wörter: 1123
"Freuet euch allezeit im Herrn. [...] Und der Friede Gottes, der alles
Begreifen übersteigt, bewahre eure Herzen und eure Gedanken in
Christus Jesus, unserem Herrn." Der Christ ist nicht blind für das
Leid in der Welt. Und von Paulus, der mit den eingangs zitierten Worten
die Philipper zur Freude aufruft, kann man ganz sicher nicht sagen,
dass er niemals in seinem Leben Widrigkeiten erfahren hat. Diese Zeilen
der Freude und des Friedens hat Paulus in der Gefangenschaft
geschrieben; in demselben Brief heißt es einleitend: "Ich habe
euch in mein Herz geschlossen, die ihr alle an meiner Gnade Anteil
habt, ob ich nun in Fesseln liege oder das Evangelium verteidige und
bekräftige. [...] Im ganzen Prätorium und bei allen
übrigen wurde es bekannt, dass ich meine Fesseln um Christi willen
trage" (1,7.13). Also mitten in diesem Leid der Gefangenschaft
trägt Paulus die Freude und den Frieden Gottes in seinem Herzen
und in seinen Gedanken, und er trägt sie weiter an die Philipper.
So müssen auch wir die Freude und den Frieden Gottes in unseren
Herzen und in unseren Gedanken tragen und sie zu unseren Mitmenschen
weitertragen, selbst wenn wir gerade Leid erfahren. Von Leid werden wir
in diesem Leben nie ganz frei sein, aber natürlich gibt es
Erfahrungen sehr großen Leidens, und solche Erfahrungen
können nicht nur sehr schmerzhaft, sondern auch sehr dauerhaft
sein. Es kann ein sehr schwerer Verlust sein, der Verlust eines
geliebten Menschen, der Verlust der eigenen Gesundheit, der Verlust der
gesellschaftlichen Existenz - an vieles lässt sich denken. Doch in
all dem, was passiert, kann und soll die Freude Gottes weiterbestehen.
Damit aber diese Freude Gottes in uns bleiben kann, müssen wir in
der Gnade Gottes bleiben. Und der Verlust der Gnade ist der schlimmste
Verlust, ja der eigentliche Verlust. Verliert der Mensch den Stand der
heiligmachenden Gnade, dann verliert er wirklich den Frieden Gottes.
Auf sonstige Verluste hat man letztlich kaum Einfluss: Der Verlust
eines geliebten Menschen, der Verlust der eigenen Gesundheit, der
Verlust der gesellschaftlichen Existenz - das alles kann sich durchaus
völlig jeder eigenen Einflussnahme entziehen. Oder man kann
manchmal verpflichtet sein, solche Verluste hinzunehmen, solche Opfer
zu bringen: Paulus trägt seine Fesseln um Christi willen, und es
kann geboten sein, seine eigenen Eltern und Geschwister zu verlassen,
wenn dies dem Evangelium dient.
Also wenn es einen Verlust gibt, der wirklich und radikal zu beklagen
ist, dann ist es der Verlust des Gnadenlebens. Und genau über
diesen Verlust entscheiden wir allein; dieser Verlust liegt ganz bei
uns. Betrachten wir das noch etwas genauer: "Und der Friede Gottes, der
alles Begreifen übersteigt, bewahre eure Herzen und eure Gedanken
in Christus Jesus, unserem Herrn." Sind unsere Gedanken "in Christus
Jesus, unserem Herrn"? Anders gesagt: Ist es nicht manchmal so, dass
wir alles mögliche im Kopf haben, aber nicht darauf achten, dass
wir im Gnadenstand leben, im Frieden mit Gott? Genau dort müssen
wir ansetzen: Wir müssen so leben, dass wir vor Christus bestehen
können. Und wer sich Christ nennt, wer sich also mit dieser
Bezeichnung als jemand bekennt, der Christus nachfolgt, der muss
schlichtweg auch wissen, wie Christus gelebt hat, der muss schlichtweg
auch wissen, was Christus gelehrt hat. Und hier ist vielleicht das
gefährlichste Hindernis, um doch nicht im Frieden Gottes zu leben:
Man macht sich selbst etwas vor. Man füllt den Begriff "Christ"
oder "Christentum" mit allem Möglichen, aber nicht oder jedenfalls
nicht konsequent mit dem, was "Christentum" eigentlich meint. Wer den
Katechismus gelernt hat, weiß von der Begriffsbestimmung, dass
"Christ" im eigentlichen Sinne nur der Katholik ist. Es kann ja auch
unmöglich angehen, sich auf Christus zu berufen, dann aber sich
seinen Glauben selbst zusammenzubasteln. Ebensowenig kann es angehen,
anderen zu erzählen, dass es egal wäre, ob sie katholisch
sind oder nicht. Denn die wahre Lehre Christi wissen wir nur durch die
katholische Kirche, und wenn andere Gemeinschaften etwas Wahres
über Christus sagen, dann eben immer nur insofern, als ihre
Aussagen mit der kirchlichen Lehre übereinstimmen. Die Kirche gab
es lange, bevor der erste Text des Neuen Testaments geschrieben wurde,
und auch die Kirche selbst hat bestimmt, aus welchen Texten
überhaupt die Bibel besteht. Diese Gleichmacherei aller Religionen
ist besonders ausgeprägt in einer international tätigen Firma
(V2-Sekte). Deren sichtbares Oberhaupt (Ratzinger) traf sich
kürzlich mit dem so gen. "griechisch-orthodoxen Primas von
Griechenland" (Christodoulos). Ein hochrangiger Firmensprecher (Walter
Kasper) äußerte sich zu Vorwürfen aus Moskau, die Firma
"versuche Gläubige abzuwerben"; der Firmensprecher erklärte
dazu, "man dürfe das Fehlverhalten einzelner Priester nicht
verallgemeinern. [Seine Firma] wolle keinen Proselytismus betreiben."
(RV 16.12.06). Also innerhalb der Ideologie dieser Firma ist es ein
"Fehlverhalten", andere für den eigenen Glauben zu gewinnen. Nun,
für die Firma betrachtet, ist es ja eigentlich auch ganz richtig:
Es wäre tatsächlich ein Fehlverhalten der Firma, wenn sie
neue Mitglieder werben würde. Aber die Firma geißelt es ganz
ausdrücklich als ein Fehlverhalten der katholischen Kirche, andere
zum Glauben zu bekehren.
Wer nun seine Gedanken bei Christus Jesus hat, weiß, dass
Christus es nicht nur nicht als "Fehlverhalten" verurteilt hat, andere
für den wahren Glauben zu gewinnen, sondern dass er
ausdrücklich die Mission befohlen hat. Die Zugehörigkeit zur
Kirche ist kein "Fehler", sondern eine Heilsnotwendigkeit. Wo hat die
Welt ihre Gedanken, wenn sie dieses Treiben der Firma nicht durchschaut?
Doch die Zugehörigkeit zur Kirche allein ist eben auch noch genug,
um in der Gnade Christi zu leben: Bereits durch eine einzige
Todsünde verliert man das Gnadenleben. Und auch hier muss man
fragen: Wie ist es um das Sündenbewusstsein bestellt? Wenn schon
manchen das notwendige Wissen fehlt über so elementare Dinge wie
Kirchenzugehörigkeit und Mission, wie vielen fehlt dann das Wissen
um die Zehn Gebote? Wer nutzt denn z.B. die von der Kirche
herausgegebenen Beichtspiegel, um sich über seine Sünden im
klaren zu sein? Wer prüft sein Gewissen aufrichtig? Das gute
Gewissen trägt ganz fundamental zu der Freude Christi, zum Frieden
Gottes bei. Und wenn man sich einer schweren Sünde bewusst ist,
dann wird man auch von sich aus nach der sakramentalen Lossprechung im
Beichtsakrament verlangen. Selbst wenn kein Priester erreichbar ist,
kann man durch die vollkommene Reue den Gnadenstand wiedererlangen,
aber auch dann bleibt die Verpflichtung bestehen, bei der
entsprechenden Gelegenheit das Beichtsakrament zu empfangen.
Blicken wir also auf das, was wirklich wichtig ist: "Freuet euch
allezeit im Herrn. [...] Und der Friede Gottes, der alles Begreifen
übersteigt, bewahre eure Herzen und eure Gedanken in Christus
Jesus, unserem Herrn." Lassen wir uns von den vielen Widrigkeiten des
Lebens nicht irritieren, behalten wir immer Christus im Blick. Basteln
wir nicht ein Christentum aus unserem eigenen Gutdünken zusammen.
Sehen wir Christus so, wie er wirklich ist, also so, wie wir es von der
Kirche mitgeteilt bekommen haben. Dann werden wir jetzt auch in allem
Leid noch den Frieden Gottes erfahren, und dereinst teilhaben an der
ewigen Freude im Himmel. Amen.
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