Predigt 22.06.2008

- Sechster Sonntag nach Pfingsten, sd; Röm 6,3-11; Mk 8,1-9 -
(Kirche zum Mitreden, 21.06.2008)
Youtube-Video: http://www.youtube.com/watch?v=jN9-r6vIMu8
Wörter: 1064
Wie kürzlich in den Nachrichten gemeldet wurde, fordert der Deutsche Bundestag mehr Einsatz gegen Internet-Zensur weltweit: "Der Bundestag hat die Bundesregierung mit den Stimmen der großen Koalition und der FDP aufgefordert, das Recht auf Meinungs- und Pressefreiheit global durchzusetzen und der vor allem im Mittleren und Fernen Osten zunehmenden Internetzensur entschiedener entgegenzutreten" (heise). Holger Haibach von der Unionsfraktion behauptete in diesem Zusammenhang, im Unterschied zu autoritären Staaten verfüge Deutschland "über einen funktionierenden Justizapparat, parlamentarische Kontrolle, eine wache Zivilgesellschaft und eine vielfältige und kritische Medienlandschaft". Wenn es hierzulande also zu nicht hinnehmbaren Einschränkungen der Pressefreiheit komme, "kann dem entgegengetreten werden und wird dem entgegengetreten". Volker Beck von den Grünen verkündete, es lohne sich, für freie Medien weltweit einzutreten, da diese Missstände aufdecken, gesellschaftliche Toleranz fördern und der Diskriminierung und Marginalisierung von einzelnen Gruppen entgegenwirken könnten. Soweit die Worte der Politiker. Und nun zur Realität. CDU-Mann Holger Haibach lobpreist den "funktionierenden Justizapparat"; dazu meint Wolfgang Neskovic, inzwischen ehemaliger Richter am Bundesgerichtshof: "Der Tiefschlaf richterlicher Selbstzufriedenheit wird selten gestört. Kritik von Prozessparteien, Rechtsanwälten und Politikern prallt an einem Wall gut organisierter und funktionierender Selbstimmunisierungsmechanismen ab. Die Kritik von Rechtsanwälten und Prozessparteien wird regelmäßig als einseitig zurückgewiesen ... Es ist ein Phänomen unserer Mediendemokratie, dass ein Berufsstand, der über eine so zentrale politische, soziale und wirtschaftliche Macht verfügt wie die Richterschaft, sich so erfolgreich dem Prüfstand öffentlicher Kritik entzogen hat ... Die Rechtsprechung ist schon seit langem konkursreif. Sie ist teuer, nicht kalkulierbar und zeitraubend. [...] Der Lotteriecharakter der Rechtsprechung, das autoritäre Gehabe, die unverständliche Sprache und die Arroganz vieler Richter(innen) im Umgang mit dem rechtssuchenden Bürger schaffen Misstrauen und Ablehung." Ähnliche Feststellungen wie die von Neskovic lassen sich trotz rabiater deutscher Internet-Zensur jedenfalls momentan noch immer finden. Was hat es mit der "parlamentarischen Kontrolle" auf sich? Die existiert nicht nur faktisch nicht - man schaue auf die Ignoranz des Parlaments gegenüber Eingaben aus der Bevölkerung -, sie wird sogar auch ausdrücklich ausgeschlossen. Wer sich z.B. wegen Justizverbrechen an das Parlament wendet, der erhält als Antwort die Lüge, dass die Justiz "unabhängig" sei. In Wahrheit ist die Justiz nämlich sehr wohl Recht und Gesetz unterworfen. Die sog. "wache Zivilgesellschaft" ist die, die sich an Deutschlands nächstem Topmodel und an der Fußball-EM berauscht, die sich damit betäubt, Prominenten und Nicht-Prominenten beim Kochen zuzuschauen und die sich das Gehirn mit Rockmusik und Pornographie zersetzt. Und damit nur ja niemand auf kluge Gedanken kommt, gibt es das, was von  CDU-Mann Holger Haibach als "vielfältige und kritische Medienlandschaft" bezeichnet wird, also die gleichgeschalteten Medien, die brav alles das den Bürgern einhämmern, was die Mächtigen als Glaubenssätze verkünden. Was die von Grünen-Mann Volker Beck beschworene "gesellschaftliche Toleranz" betrifft, so ist dieser "bekennende Homosexuelle" nicht nur für seine Hetzattacken gegen normale Menschen bekannt; von ihm stammt auch das Zitat: "Eine Entkriminalisierung der Pädosexualität ist angesichts des jetzigen Zustandes ihrer globalen Kriminalisierung dringend erforderlich." Derlei Toleranz soll jetzt nicht weiter vertieft werden. Um noch etwas konkreter die angebliche Zensurfreiheit der brd zu verdeutlichen, sei an die Internetseite eines Lebensschützers (Annen, babycaust.de) erinnert. Die sog. "Bundesprüfstelle jugendgefährdender Medien" (BPjM) verbietet, die dortigen Texte und Bilder zum Thema Abtreibung Minderjährigen zugänglich zu machen. Da bekanntlich sehr viele Minderjährige schwanger werden, fürchtet die brd anscheinend, die jungen Eltern könnten vor dem Mord an ihrem Kind zurückschrecken, wenn sie über die Fakten des Kindermords im Mutterleib informiert werden. Aber damit nicht genug: Kritik am Kindermord im Mutterleib ist grundsätzlich strafbar, insofern die jeweiligen Mörder als Mörder bezeichnet werden. Wer also Wahrheiten bekanntmacht, muss, zumindest wenn diese Bekanntmachtung berechtigt und notwendig ist und dabei ggf. sogar Mächtige betroffen sind, mit Bestrafung rechnen. Das ganze nennt man dann "Beleidigung gem. § 185 StGB". Da im § 185 StGB aber nicht bestimmt ist, was eine "Beleidigung" ist, gibt es gem. § 185 StGB schlichtweg keine strafbare Beleidigung. Statt dessen bleibt illegalerweise alles der totalitären Willkür der "konkursreifen, nicht kalkulierbaren Justiz" überlassen. Zur Orientierung hier die Erklärung eines Anwalts (Plantiko): "Es ist reiner unvorhersehbarer und unvermeidbarer Zufall, ob man wegen irgendeiner Äußerung oder Geste angeklagt und bestraft wird." "Beleidigung" ist somit ein reines Terrorinstrument in der Hand einer Gruppe, die sich "erfolgreich dem Prüfstand öffentlicher Kritik entzogen hat". Vielleicht ein Trost: So verunsichernd der "Lotteriecharakter" der Justiz generell auch ist, man kann immerhin dann sicher sein, wegen Beleidigung verurteilt zu werden, wenn man sich für Wahrheit und Gerechtigkeit einsetzt. Dieser alarmierende Riesenskandal wird von der "wachen Zivilgesellschaft" allerdings komplett verschlafen, und falls doch jemand aufwacht, wird er von der "kritischen Medienlandschaft" schnell wieder in den Schlaf gesungen. Auch das aktuelle Gerangel um den "Reformvertrag von Lissabon" kann helfen, das Meinungsfreiheits-Verständnis der Politiker zu verstehen. Warum hat Irland diesen "Reformvertrag", der u.a. für willkürliche Kriegshandlungen und Zerstörung gesunder Familien steht, abgelehnt? Ganz einfach: Weil das irische Volk gefragt wurde. Denn in anderen Ländern wurde das Volk einfach komplett ignoriert. Nachdem sich die Franzosen und die Niederländer gegen die EU-Verfassung ausgesprochen hatten, wurde der Vertrag einfach in den jeweiligen Parlamenten durchgewunken. Nach Lehre der Politiker ist es eben zutiefst undemokratisch, das Volk nach seiner Meinung zu fragen. Dementsprechend wollen die EU-Bastler Irland solange bearbeiten, bis das Volk endlich seinen Widerstand aufgibt. Alternativ ist angedacht, Irland einfach zu ignorieren bzw. das Land zumindest solange aus der EU auszuschließen, bis der Vertrag durchgesetzt ist. Kurz: Wir sind heute Zeugen einer gigantischen antichristlichen Revolution. Die Mächtigen setzen mit aller Gewalt und Lüge ein System durch, in dem Moral verboten und Unmoral aufgezwungen wird. Deshalb müssen wir uns fragen: Haben wir als Christen unsere entsprechende Pflicht immer vollauf erfüllt, uns gegen Lüge und Verbrechen und für Wahrheit und Gerechtigkeit einzusetzen? Oder haben wir aus Angst vor Spott, aus Angst vor Verfolgung oder gar aus purer Bequemlichkeit nur tatenlos zugesehen bzw. hartnäckig ignoriert, wie unsere Welt zum Teufel geht? Papst Leo XIII. mahnt in seiner Enzyklika über die Pflichten der Bürger (Sapientiae christianae, 10.01.1890): "Es ist verboten, die Gesetze Jesu Christi zu mißachten, um der Obrigkeit zu folgen, oder die Rechte der Kirche zu verletzen unter dem Vorwande, das Recht des Staates zu wahren. 'Man muß Gott mehr gehorchen als den Menschen' (Apg 5,29) [...] Nur das ist ein wahres Gesetz, welches als vernünftiger Befehl von der rechtmäßigen Gewalt zum allgemeinen Wohle erlassen wird. Nur jene ist eine wahre und rechtmäßige Gewalt, welche von Gott, dem höchsten Fürsten und Herrn aller, stammt." Beherzigen wir also unsere bürgerlichen Pflichten, setzen wir uns ein gegen aufgezwungene Lüge und für wahre Freiheit. Amen.

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