"Der Herr lobte den ungerechten Verwalter, daß er klug gehandelt
hatte." Dieser Satz aus dem Gleichnis vom ungerechten Verwalter wird
bisweilen dahingehend missverstanden, als ob Christus die
Ungerechtigkeit des Verwalters loben würde. Natürlich ist mit
"Herr" an dieser Stelle der reiche Mann aus dem Gleichnis gemeint, der
seinen ungerechten Verwalter lobt, dass er "klug gehandelt hat." Im
Einleitungstext des Schott-Messbuchs zum heutigen Evangelium steht denn
auch: "Mit welch zielbewusster Klugheit ergreifen die Weltkinder jedes
Mittel, das ihnen dazu dienen kann, ihre irdische Zukunft
sicherzustellen. Mit welchem Eifer, mit welcher Zielstrebigkeit und
Klugheit wird erst der Getaufte für sein ewiges Leben sorgen." Im
Breviergebet der Priester wird zum heutigen Evangelium ein Text des hl.
Hieronymus gelesen; gemäß Hieronymus stammt dieses Lob
für den ungerechten Verwalter aus dem Mund seines Herrn,
während Christus seine Jünger zu Güte und Barmherzigkeit
ermahnt, was sich auch im Almosengeben zeigt. In den Bibelkommentaren
und in den Predigtempfehlungen des Römischen Katechismus zum
heutigen Evangelium wird auf die Verpflichtung zum Almosengeben
hingewiesen: Wir müssen uns Freunde machen mit dem Vermögen,
das wir ja letztlich von Gott empfangen haben. Wir werden Gott
darüber Rechenschaft ablegen müssen, wie wir mit dem
Vermögen, das ja letztlich er uns anvertraut hat, umgegangen sind.
Wenn wir uns die Armen zu Freunden gemacht haben, indem wir sie an dem
uns geschenkten Überfluss teilhaben lassen, dann werden wir
aufgenommen in die ewigen Wohnungen des Himmels.
Der reiche Mann aus dem Gleichnis hat einen sehr verbogenen Begriff von
Klugheit; es ist die Klugheit der Kinder dieser Welt, aber nicht die
Klugheit der Kinder des Lichtes. Das Sprichwort: "Geld verdirbt den
Charakter," kommt ja auch nicht von ungefähr, und in der Heiligen
Schrift wird oft vor den Gefahren des Reichtums gewarnt. Deshalb sagt
Jesus: "Macht euch Freunde mit dem ungerechten Mammon." Nicht, als ob
Geld an sich ungerecht ist. Nicht, als ob Reichtum an sich schlecht
ist. Aber Reichtum birgt nunmal die Gefahr, den Charakter zu verderben,
wenn man nämlich angesichts des ganzen Luxus das ewige Heil aus
den Augen verliert. Die Klugheit, die der reiche Mann im Gleichnis
lobt, äußert sich ja ausdrücklich in Ungerechtigkeit.
Objektiv kann es aber keine Klugheit geben, die im Widerspruch zur
Gerechtigkeit steht. Bereits die vorchristliche griechische Philosophie
und erst recht die katholische Moraltheologie haben klar
herausgestellt, wie eng Klugheit und Gerechtigkeit verbunden sind. Die
Klugheit ist Mittelpunkt und Lenkerin der vier Kardinaltugenden, zu
denen außerdem noch Gerechtigkeit, Starkmut und
Mäßigung gehören. Die Klugheit lässt uns erkennen,
ob wir in unserem Tugendleben das rechte Maß halten, ob wir zur
richtigen Zeit am richtigen Ort in richtiger Weise die richtige
Handlung vollziehen. Während die Tiere sich von ihrem Instinkt
leiten lassen, müssen wir Menschen uns von der Vernunft leiten
lassen. Der Instinkt beim Tier ist angeboren, die Vernunft beim
Menschen muss entwickelt werden, sie muss gefördert und
weitergebildet werden. Unser ganzes Leben muss von der Vernunft
geprägt sein.
In den Standardwerken der katholischen Moraltheologie liest man
Sätze wie: "Der Tugendakt ist ein Befehl der Klugheit", und: "Das
Kluge und das sittlich Gute sind identisch." Bereits diese wenigen
Sätze lassen schon erahnen, wie hoch die Verpflichtung für
den Menschen ist, seine Vernunft zu bilden. Aber wie bequem ist es
doch, die Vernunft gar nicht zu entwickeln, ja sogar gewaltsam zu
unterdrücken! Man kann sogar sagen: Es gilt für die Kinder
dieser Welt als unklug, vernünftig zu handeln. Denn der
desaströse Zustand der Welt kann ja nur deshalb so desaströs
sein und sich noch weiter verschlimmern, weil die Unvernunft herrscht.
Wer in dieser Welt Ungerechtigkeit als Ungerechtigkeit bezeichnet und
sich für Gerechtigkeit ausspricht, der erfährt
gesellschaftliche Ächtung bis hin zur Strafverfolgung. Wer von
solchen Fällen nichts weiß, der muss sich die Frage gefallen
lassen, wie ihm das entgehen konnte, denn derlei Justizverbrechen sind
nicht bloß sehr zahlreich; diese ganzen Prozesse gegen
Lebensschützer, Geschichtsforscher usw. lassen sich auch durch die
schlimmsten Lügenorgien von Politikern, Richtern und Medien nicht
mehr entschuldigen. Eine Weltklugheit winkt da einfach ab: Wozu sich
denn diesem ganzen Stress aussetzen, wenn man doch immerhin
einigermaßen unbeschwert bleiben kann, solange man nur als braver
Lemming mit in den Abgrund rennt? Wozu sich für das Lebensrecht
von Kindern im Mutterleib einsetzen, wozu sich für
wahrheitsgemäße Geschichtsforschung aussprechen, wozu sich
gegen Verbrechen in Politik und Justiz wenden? Das bedeutet doch in
jedem Falle Arbeit und höchstwahrscheinlich massive irdische
Nachteile. Und selbst wer sich - vergleichsweise harmlos - nur gegen
Rockmusik, gegen Pornographie, gegen widernatürliche Unzucht und
sonstige Abartigkeiten ausspricht, die heutzutage nicht nur von der
Gesellschaft akzeptiert, sondern auch von den höchsten Stellen
gefördert werden, der muss schon damit rechnen, verspottet und
verleumdet zu werden. Also wofür in seinem Leben Vernunft walten
lassen, wenn man sich damit doch so viele Unannehmlichkeiten einhandeln
kann? Machen wir es uns also unbedingt klar: Wir werden Gott über
unser Leben Rechenschaft ablegen müssen. Das ist es, was wir
verinnerlichen müssen. Um in die ewigen Wohnungen aufgenommen zu
werden, müssen wir uns des Vermögens bedienen, das uns von
Gott zur Verwaltung überlassen wurde. Sicherlich kann und wird
dies üblicherweise auch durch Almosengeben geschehen, also
dadurch, dass wir von unserem materiellen Überfluss etwas an
bedürftige Menschen abgeben. Aber unsere Lebensaufgabe
erschöpft sich nicht im Almosengeben, und von manchen kann es
vernünftigerweise auch nicht verlangt werden, Almosen zu geben,
weil ihnen dafür die Mittel fehlen. Aber für jeden gilt die
Verpflichtung: Wir müssen ganz allgemein von der Klugheit Gebrauch
machen. Wir sollen ganz allgemein ein tugendhaftes Leben führen,
und eben weil die Klugheit Mittelpunkt und Lenkerin des Tugendlebens
ist, müssen wir uns als vernunftbestimmte Menschen erweisen.
Nehmen wir jetzt mal ein ganz einfaches Beispiel: Im großen und
ganzen dürften wohl ziemlich viele Menschen einsehen, dass es
nicht gesund ist, sich mit Zucker, Nikotin und Alkohol vollzupumpen,
seine Zähne verrotten zu lassen usw. Aber wieviele Menschen
handeln denn, was gesunde Ernährung und Hygiene betrifft,
tatsächlich auch vernünftig? Weil es auch in diesem Bereich
gilt, Klugheit walten zu lassen und dementsprechend das
vernünftige Maß zu wahren, lehrt der hl. Hieronymus:
»Kein maßloses, gewaltiges Fasten befehlen wir. Dadurch
werden schwächliche Körper ruiniert. Und das Kranksein stellt
sich ein, bevor das Fundament der Heiligkeit gelegt ist« Und der
hl. Thomas von Aquin schreibt: »Es ist kein Unterschied, ob du
dich in langer oder kurzer Zeit umbringst. Einen Raub bringt der zum
Opfer dar, der seinen Leib durch allzu schlechtes und karges Essen oder
durch zu wenig Schlaf maßlos zerquält.« Üben wir
also stets und umfassend die Tugend der Klugheit. Fragen wir uns, ob
unser Handeln vernünftig ist. Und halten wir uns klar vor Augen:
Nach Gottes Anordnung ist die heilige katholische Kirche die
Führerin der Menschheit. Sie ist die Autorität, durch die wir
die Heilige Schrift eben als Heilige Schrift erhalten und erkennen. Sie
ist die Autorität, die unfehlbar die Heilige Schrift erklärt
und uns unfehlbar die Glaubens- und Sittenlehre vorlegt. Hören wir
auf die Kirche, folgen wir den Weisungen der Kirche, damit wir in die
ewigen Wohnungen des Himmels aufgenommen werden. Amen.