Predigt 06.07.2008

- Achter Sonntag nach Pfingsten, sd; Röm 8,12-17; Lk 16,1-9 -
(Kirche zum Mitreden, 05.07.2008)
Youtube-Video: http://www.youtube.com/watch?v=jrGYFqiklpE

Wörter: 1147
"Der Herr lobte den ungerechten Verwalter, daß er klug gehandelt hatte." Dieser Satz aus dem Gleichnis vom ungerechten Verwalter wird bisweilen dahingehend missverstanden, als ob Christus die Ungerechtigkeit des Verwalters loben würde. Natürlich ist mit "Herr" an dieser Stelle der reiche Mann aus dem Gleichnis gemeint, der seinen ungerechten Verwalter lobt, dass er "klug gehandelt hat." Im Einleitungstext des Schott-Messbuchs zum heutigen Evangelium steht denn auch: "Mit welch zielbewusster Klugheit ergreifen die Weltkinder jedes Mittel, das ihnen dazu dienen kann, ihre irdische Zukunft sicherzustellen. Mit welchem Eifer, mit welcher Zielstrebigkeit und Klugheit wird erst der Getaufte für sein ewiges Leben sorgen." Im Breviergebet der Priester wird zum heutigen Evangelium ein Text des hl. Hieronymus gelesen; gemäß Hieronymus stammt dieses Lob für den ungerechten Verwalter aus dem Mund seines Herrn, während Christus seine Jünger zu Güte und Barmherzigkeit ermahnt, was sich auch im Almosengeben zeigt. In den Bibelkommentaren und in den Predigtempfehlungen des Römischen Katechismus zum heutigen Evangelium wird auf die Verpflichtung zum Almosengeben hingewiesen: Wir müssen uns Freunde machen mit dem Vermögen, das wir ja letztlich von Gott empfangen haben. Wir werden Gott darüber Rechenschaft ablegen müssen, wie wir mit dem Vermögen, das ja letztlich er uns anvertraut hat, umgegangen sind. Wenn wir uns die Armen zu Freunden gemacht haben, indem wir sie an dem uns geschenkten Überfluss teilhaben lassen, dann werden wir aufgenommen in die ewigen Wohnungen des Himmels.
Der reiche Mann aus dem Gleichnis hat einen sehr verbogenen Begriff von Klugheit; es ist die Klugheit der Kinder dieser Welt, aber nicht die Klugheit der Kinder des Lichtes. Das Sprichwort: "Geld verdirbt den Charakter," kommt ja auch nicht von ungefähr, und in der Heiligen Schrift wird oft vor den Gefahren des Reichtums gewarnt. Deshalb sagt Jesus: "Macht euch Freunde mit dem ungerechten Mammon." Nicht, als ob Geld an sich ungerecht ist. Nicht, als ob Reichtum an sich schlecht ist. Aber Reichtum birgt nunmal die Gefahr, den Charakter zu verderben, wenn man nämlich angesichts des ganzen Luxus das ewige Heil aus den Augen verliert. Die Klugheit, die der reiche Mann im Gleichnis lobt, äußert sich ja ausdrücklich in Ungerechtigkeit. Objektiv kann es aber keine Klugheit geben, die im Widerspruch zur Gerechtigkeit steht. Bereits die vorchristliche griechische Philosophie und erst recht die katholische Moraltheologie haben klar herausgestellt, wie eng Klugheit und Gerechtigkeit verbunden sind. Die Klugheit ist Mittelpunkt und Lenkerin der vier Kardinaltugenden, zu denen außerdem noch Gerechtigkeit, Starkmut und Mäßigung gehören. Die Klugheit lässt uns erkennen, ob wir in unserem Tugendleben das rechte Maß halten, ob wir zur richtigen Zeit am richtigen Ort in richtiger Weise die richtige Handlung vollziehen. Während die Tiere sich von ihrem Instinkt leiten lassen, müssen wir Menschen uns von der Vernunft leiten lassen. Der Instinkt beim Tier ist angeboren, die Vernunft beim Menschen muss entwickelt werden, sie muss gefördert und weitergebildet werden. Unser ganzes Leben muss von der Vernunft geprägt sein.
In den Standardwerken der katholischen Moraltheologie liest man Sätze wie: "Der Tugendakt ist ein Befehl der Klugheit", und: "Das Kluge und das sittlich Gute sind identisch." Bereits diese wenigen Sätze lassen schon erahnen, wie hoch die Verpflichtung für den Menschen ist, seine Vernunft zu bilden. Aber wie bequem ist es doch, die Vernunft gar nicht zu entwickeln, ja sogar gewaltsam zu unterdrücken! Man kann sogar sagen: Es gilt für die Kinder dieser Welt als unklug, vernünftig zu handeln. Denn der desaströse Zustand der Welt kann ja nur deshalb so desaströs sein und sich noch weiter verschlimmern, weil die Unvernunft herrscht. Wer in dieser Welt Ungerechtigkeit als Ungerechtigkeit bezeichnet und sich für Gerechtigkeit ausspricht, der erfährt gesellschaftliche Ächtung bis hin zur Strafverfolgung. Wer von solchen Fällen nichts weiß, der muss sich die Frage gefallen lassen, wie ihm das entgehen konnte, denn derlei Justizverbrechen sind nicht bloß sehr zahlreich; diese ganzen Prozesse gegen Lebensschützer, Geschichtsforscher usw. lassen sich auch durch die schlimmsten Lügenorgien von Politikern, Richtern und Medien nicht mehr entschuldigen. Eine Weltklugheit winkt da einfach ab: Wozu sich denn diesem ganzen Stress aussetzen, wenn man doch immerhin einigermaßen unbeschwert bleiben kann, solange man nur als braver Lemming mit in den Abgrund rennt? Wozu sich für das Lebensrecht von Kindern im Mutterleib einsetzen, wozu sich für wahrheitsgemäße Geschichtsforschung aussprechen, wozu sich gegen Verbrechen in Politik und Justiz wenden? Das bedeutet doch in jedem Falle Arbeit und höchstwahrscheinlich massive irdische Nachteile. Und selbst wer sich - vergleichsweise harmlos - nur gegen Rockmusik, gegen Pornographie, gegen widernatürliche Unzucht und sonstige Abartigkeiten ausspricht, die heutzutage nicht nur von der Gesellschaft akzeptiert, sondern auch von den höchsten Stellen gefördert werden, der muss schon damit rechnen, verspottet und verleumdet zu werden. Also wofür in seinem Leben Vernunft walten lassen, wenn man sich damit doch so viele Unannehmlichkeiten einhandeln kann? Machen wir es uns also unbedingt klar: Wir werden Gott über unser Leben Rechenschaft ablegen müssen. Das ist es, was wir verinnerlichen müssen. Um in die ewigen Wohnungen aufgenommen zu werden, müssen wir uns des Vermögens bedienen, das uns von Gott zur Verwaltung überlassen wurde. Sicherlich kann und wird dies üblicherweise auch durch Almosengeben geschehen, also dadurch, dass wir von unserem materiellen Überfluss etwas an bedürftige Menschen abgeben. Aber unsere Lebensaufgabe erschöpft sich nicht im Almosengeben, und von manchen kann es vernünftigerweise auch nicht verlangt werden, Almosen zu geben, weil ihnen dafür die Mittel fehlen. Aber für jeden gilt die Verpflichtung: Wir müssen ganz allgemein von der Klugheit Gebrauch machen. Wir sollen ganz allgemein ein tugendhaftes Leben führen, und eben weil die Klugheit Mittelpunkt und Lenkerin des Tugendlebens ist, müssen wir uns als vernunftbestimmte Menschen erweisen. Nehmen wir jetzt mal ein ganz einfaches Beispiel: Im großen und ganzen dürften wohl ziemlich viele Menschen einsehen, dass es nicht gesund ist, sich mit Zucker, Nikotin und Alkohol vollzupumpen, seine Zähne verrotten zu lassen usw. Aber wieviele Menschen handeln denn, was gesunde Ernährung und Hygiene betrifft, tatsächlich auch vernünftig? Weil es auch in diesem Bereich gilt, Klugheit walten zu lassen und dementsprechend das vernünftige Maß zu wahren, lehrt der hl. Hieronymus: »Kein maßloses, gewaltiges Fasten befehlen wir. Dadurch werden schwächliche Körper ruiniert. Und das Kranksein stellt sich ein, bevor das Fundament der Heiligkeit gelegt ist« Und der hl. Thomas von Aquin schreibt: »Es ist kein Unterschied, ob du dich in langer oder kurzer Zeit umbringst. Einen Raub bringt der zum Opfer dar, der seinen Leib durch allzu schlechtes und karges Essen oder durch zu wenig Schlaf maßlos zerquält.« Üben wir also stets und umfassend die Tugend der Klugheit. Fragen wir uns, ob unser Handeln vernünftig ist. Und halten wir uns klar vor Augen: Nach Gottes Anordnung ist die heilige katholische Kirche die Führerin der Menschheit. Sie ist die Autorität, durch die wir die Heilige Schrift eben als Heilige Schrift erhalten und erkennen. Sie ist die Autorität, die unfehlbar die Heilige Schrift erklärt und uns unfehlbar die Glaubens- und Sittenlehre vorlegt. Hören wir auf die Kirche, folgen wir den Weisungen der Kirche, damit wir in die ewigen Wohnungen des Himmels aufgenommen werden. Amen.

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