Predigt 13.12.2009

- Dritter Adventssonntag, sd II cl; Phil, 4,4-7; Joh 1,19-28 / Übergewicht und Fasten -
(Kirche zum Mitreden, 12.12.2009)
Wörter: 1099
http://www.youtube.com/watch?v=8d2DaLza8R4

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"Der menschliche Körper braucht Hunger, um gesund zu bleiben. Ein Körper, der zu oft Nahrung erhält, gerät laut einer Schweizer Studie in den Sog von Bewegungsarmut, Fettleibigkeit und schließlich Diabetes. Daher plädieren die Forscher der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich für Fastenzeiten zwischen den Mahlzeiten." Dies meldete eine Tageszeitung am 07.12.2009 (Macht "5 am Tag" dick?, sueddeutsche.de). "Der Anteil der fettleibigen 15-jährigen Mädchen in Deutschland hat sich seit 2001 verdoppelt und ist damit so schnell gestiegen wie in fast keinem anderen OECD-Land. Dies geht aus einer Studie der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung hervor." Dies meldete eine Tageszeitung am 08.12.2009 (Deutsche Mädchen werden immer dicker, rp-online.de). »Nach Ansicht von Ärzten muss Übergewicht bei Kindern gezielter bekämpft werden als bisher. "Wir brauchen vor allem eine verbesserte Primärprävention, die Übergewicht und Fettleibigkeit von Anfang an verhindert", erklärte Wolfram Hartmann, Präsident des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), in Köln. So sollten die Krankenkassen Sportkurse, Kochkurse und Ernährungsberatung für Kinder finanzieren.« Dies meldete eine  Tageszeitung am 09.12.2009 (Ärzte fordern gezielten Kampf gegen Übergewicht bei Kindern, donaukurier.de). Und wie immer wieder zu lesen ist, sind Zweidrittel der deutschen Männer übergewichtig, d.h. Normalgewichtige sind in der Minderheit. Also auch was die Ernähung betrifft, ist nicht nur Deutschland schwer aus dem Gleichgewicht geraten. Die breite Masse zeigt dabei kein großes Interesse, wenigstens beim Gewicht die Dinge ins Lot zu bringen.
Zwar ist die Adventszeit als ganze keine Fastenzeit, aber immerhin sind der Mittwoch, Freitag und Samstag nach dem dritten Adventssonntag als Quatembertage auch Fasttage; außerdem ist, sofern er nicht auf einen Sonntag fällt, der Heiligabend ein Fasttag. Zur Einhaltung dieses kirchlichen Fastengebots ist jeder unter schwerer Sünde verpflichtet, sofern keine Befreiung z.B. wegen Alters oder Krankheit vorliegt. An den Fasttagen sind nur eine einzige Sättigung sowie zwei kleine Stärkungen erlaubt, dazwischen nur Getränke wie Wasser, Wein und Bier, nicht aber Milch oder Suppe. Immerhin, die neuesten Forschungen an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich weisen in die Richtung, dass diese kirchlichen Fastenvorschriften gar nicht so ungesund sind. Und bei geschickter Durchführung ist es erfahrungsgemäß sogar möglich, auch über einen sehr langen Zeitraum täglich mit nur einen einzigen Sättigung sowie zwei kleinen Stärkungen auszukommen, ohne den Körper zu schwächen. Welche Früchte allerdings die vorherrschende wahllose, gedankenlose und maßlose Ernährung hervorbringt, das zeigt nicht nur ein Blick in irgendwelche Ernährungsstudien, sondern bereits ein Blick in eine Fußgängerzone. Man muss auch nicht unbedingt Arzt sein, um die Bekämpfung von Übergewicht gutzuheißen und um insbesondere Prävention, also Vorbeugung gegen Übergewicht zu empfehlen. Ob  Sportkurse, Kochkurse und Ernährungsberatung für Kinder dabei wichtige oder überhaupt richtige Maßnahmen sind und ob die Krankenkassen das alles noch finanzieren sollen, darüber mag man sich dann streiten. Unbestritten ist in jedem Falle, dass Kochen nicht nur Energie, sondern v.a. die ungleich wertvollere Zeit kostet, und dass beim Kochen die eigentlich gesundheitsfördernden Eigenschaften bestimmter Lebensmittel gemindert werden können. Und wenn beim Kochen den Lebensmitteln noch viel Fett, Salz und Zucker hinzugefügt werden, ist das einer gesunden Ernährung wohl auch nicht unbedingt sehr zuträglich. Doch von solchen Detailfragen jetzt einmal abgesehen: Das Übergewichtsproblem ist anscheinend - zumindest in erster Linie - nicht ein finanzielles, organisatorisches, technisches oder wissenschaftliches Problem. Selbst mit einem schmalen Geldbeutel sind gesunde Lebensmittel wie Brot, Obst und Gemüse oft noch erschwinglich. Und Brot, Obst und Gemüse wird vielerorts angeboten, Einkaufsmöglichkeiten gibt es wohl genug. Brot, Obst und Gemüse können oft auch ohne große Zubereitung verzehrt werden, ja sind ggf. im Rohzustand besonders gesund. Und dass Brot, Obst und Gemüse Grundbestandteile gesunder Ernährung sind, bestreitet auch kein Ernährungsexperte ernsthaft, trotz aller gelegentlicher Ideologien um vermeintliche Diätsensationen.
Nein,  das Übergewichtsproblem ist anscheinend - zumindest in erster Linie - ein moralisches Problem. Es fällt manchen anscheinend schwer oder gar nicht erst ein, sich gewissenhaft zu ernähren. Und eine gewissenhafte Ernährung bedeutet keinesfalls, dass man sich ständig intensiv mit den neuesten Nachrichten aus dem Bereich Ernährung beschäftigen muss. Eher im Gegenteil - man kann und soll sogar den neuesten Ernährungsforschungen, Ernährungsstudien und Ernährungsforderungen gegenüber durchaus gelassen bleiben. Außerdem: Auch die sehr umfangreichen und detaillierten Nahrungsempfehlungen der hl. Hildegard von Bingen haben selbst für Katholiken keinen verpflichtenden Charakter. Man muss der Ernährung eben den Stellenwert zubilligen, den sie verdient. Aufgabe der Ernährung ist es eben, den Körper so mit Energie zu versorgen, dass der Mensch seine Aufgaben möglichst gut erfüllen kann, denn darum geht es ja eigentlich: Dass man sein Leben als Gottesdienst führt. Wer sich tatkräftig für das Reich Gottes einsetzen will, der muss auch bei seinem Körper die Zügel in der Hand halten. Es werden bisweilen verschiedene Gründe genannt, warum der Mensch fasten soll. Nicht nur seitens der Ärzte werden gesundheitliche Vorteile an erster Stelle genannt. Dann bestehen sicherlich für viele auch psychologisch-gesellschaftliche Gründe: Man will schlank sein, um vor sich und vor anderen eine gute Figur zu machen. Manche argumentieren auch, dass jemand, der die Geldausgaben für die eigene Nahrung einschränkt, dadurch dann größere Spenden an Bedürftige geben kann. Zugegeben, alle diese Gründe mögen eine Berechtigung haben und mögen als Ansporn für eine gesunde Ernährung dienen. Aber angesichts der immer breiter werdenden Massen von Übergewichtigen hält sich deren Überzeugungskraft anscheinend doch ziemlich in Grenzen. Also: Wir Katholiken sehen auch die Ernährung unter dem Aspekt eines tugendhaften, gottgefälligen Lebens, und zu einem gottgefälligen Leben gehört die Tugend der Mäßigung. Wer sein Leben im Griff haben will, der will es auch bei Speis und Trank im Griff haben, und er will es eben deshalb im Griff haben, weil er Gott dienen will. Wenn die Mäßigung noch andere positive Aspekte hat - etwa Gesundheit, gesellschaftliche Akzeptanz, Hilfe für Bedürftige usw. -, so muss das nicht schlecht sein, aber die Verantwortung vor Gott bleibt immer ausschlaggebend. Will man also Übergewicht und Fettleibigkeit bei Kindern bekämpfen bzw. verhindern, so mag man über Sportkurse, Kochkurse und Ernährungsberatung diskutieren. Aber an allererster Stelle gehören Kruzifixe in jedes öffentliche Gebäude, namentlich in Schulen. Statt den Kindern nur zu erzählen, wie sie schlank werden bzw. bleiben können, sollte man ihnen v.a. auch klar machen, warum und wozu sie die Tugend der Mäßigung üben sollen.
Sehen wir also auch die Ernährung im Licht der Tugendlehre und der kirchlichen Fastenvorschriften. An allen vier Adventssonntagen werden im Breviergebet der Priester aus verschiedenen Fastenpredigten des hl. Papstes Leo gelesen. Am heutigen dritten Sonntag heißt es in der Brevierlesung: "Was kann wirksamer sein als das Fasten? Durch dessen Einhaltung nähern wir uns Gott, und indem wir dem Teufel widerstehen, überwinden wir die lockenden Fehltritte. Denn immer diente das Fasten als Nahrung für die Tugend." Beherzigen wir diese Worte des heiligen Papstes. Widerstehen wir den Versuchungen, nähren wir die Tugend, damit wir dereinst teilhaben an der ewigen Freude des Himmels. Amen.

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