Predigt zu Christi Himmelfahrt

- 13. Mai 1999 / 28.05.2003 -
(Kirche zum Mitreden, 08.05.1999)
Apg 1,1-11; Mk 16,14-20

Im sechsten Glaubensartikel des Apostolischen Glaubensbekenntnisses lehrt die Kirche über Jesus Christus: Er ist "aufgefahren in den Himmel, sitzet zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters". Christus fuhr mit Leib und Seele in den Himmel auf - dies ist ein unfehlbarer Glaubenssatz, an dem jeder Christ unbedingt festhalten muß. In einem katholischen Lexikon wird die Himmelfahrt Christi erklärt als [Zitat] "die Tatsache, daß Christus seiner menschlichen Natur nach am 40. Tage nach der Auferstehung [...] über den Luftkreis emporgestiegen ist zur förmlichen Besitzergreifung von seiner königlichen Herrschaft im Himmel" [Zitat Ende] (1).
Die Bedrohung der unverfälschten Glaubenslehre geht bekanntlich weniger von denen aus, die den Glauben offen ablehnen. Sicherlich, die offene Ablehnung oder gar Bekämpfung des Glaubens ist sehr schlimm und absolut zu verurteilen. Die Gefahr, die von den offenen Glaubensgegnern ausgeht, ist aber sofort erkenntlich, d.h. jeder durchschaut sofort, daß die offenen Glaubensgegner nur Gift verbreiten.
Weitaus gefährlicher sind hingegen jene Glaubensgegner, die wie Wölfe im Schafspelz umherstreunen und ihre todbringenden Lehren einigermaßen hübsch verpacken. Betrachten wir dies nun am Beispiel des heutigen Festes: Der Bericht über die Himmelfahrt Christi wird - ähnlich wie bei der Auferstehung Christi - von den Wölfen im Schafspelz gerne als reine Symbolsprache ausgegeben.
In einem Buch, das einige der ganz listigen und gut getarnten Gegner Christi herausgegeben haben (2), heißt es über die Himmelfahrt Christi: [Zitat] "Sie darf selbstverständlich nicht nach Art einer Weltraumfahrt verstanden werden. Die Wolke, die Jesus den Blicken der Jünger entzieht, ist schon im Alten Testament ein Symbol der machtvollen Erscheinung und Gegenwart Gottes. Gemeint ist also, daß Jesus in die raum- und zeitübersteigende Welt Gottes, in die Herrlichkeit Gottes eingegangen ist" [Zitat Ende].
Möglicherweise wußten die Autoren nicht, was sie für einen Unfug produziert haben, als sie den Begriff der Weltraumfahrt eingefügt haben - an Weltraumfahrten, wie sie in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts Realität geworden sind, haben die Jünger Christi sicher nicht gedacht, und man kann ihnen deshalb auch nicht unterstellen, sie wollten einen - obendrein nur symbolischen - "Vergleich" zur Weltraumfahrt  konstruieren. Die Autoren wollten - sehr unbeholfen - mit der Ablehnung des Vergleichs zur Weltraumfahrt einfach sagen, daß Christus nicht wirklich in den Himmel aufgefahren ist. Es hat nach Aussage der Autoren schlichtweg keine Himmelfahrt stattgefunden; die Jünger Christi wollten mit derlei Geschichtchen in Wirklichkeit nur die Menschheit betrügen. Weil der Ausdruck "Betrug" manchen vielleicht zu hart erscheinen und dadurch die Tarnung der Autoren verschlechtert werden könnte, entschieden sich die Autoren für den Ausdruck "Symbol", was aber in diesem Zusammenhang sachlich dasselbe ist: Eine Nichtwirklichkeit, nämlich die Himmelfahrt, wird von den Jüngern Jesu als Wirklichkeit ausgegeben, und dieses Vorgehen erfüllt den Tatbestand des Betruges.
Interessant ist die Begründung, warum nach dem Willen der Autoren der Bericht über die Himmelfahrt Christi nur ein "Symbol", d.h. Betrug sein soll: Dies ist nämlich angeblich "selbstverständlich". Ja, wenn das "selbstverständlich" ist, dann braucht man darüber nicht weiter nachzudenken. Nur ist diese symbolische Auffassung eben nicht "selbstverständlich", denn wer diese symbolische Auffassung vertritt, gehört nicht mehr zur Kirche, denn er lehnt die unfehlbare Lehre der Kirche ab.
Deshalb ist mit dem Bericht über die Himmelfahrt auch nicht nur etwas "gemeint", wie sich die Autoren ausdrücken. Vielmehr hat die Himmelfahrt Christi auch etwas bewirkt. Erst wenn man dieses verlogene Symbolverständnis abgelegt hat, erkennt man, welch großer Trost uns aus der Himmelfahrt Christi erwächst: Christus ist der Verteidiger unserer Sache und Fürsprecher unseres Heiles, er hat den Weg zum Vater geöffnet und denen, die in dieser Zeit die Gemeinschaft mit ihm halten, einen Platz im Himmel bereitet.
Christus hat mit seiner Himmelfahrt auch darauf hingewiesen, daß eben nicht das Irdische das Entscheidende ist, keine irdischen Schätze, keine irdischen Freuden, keine irdische Anerkennung. Wenn wir die Gemeinschaft mit Christus halten wollen, dann muß unser ganzes Verlangen letztlich darauf gerichtet sein, bei Christus im Himmel zu sein. Die alltäglichen Sorgen und Nöte, so schwer und niederdrückend sie auch auf uns lasten mögen, können uns dennoch nicht gefangennehmen. Wir erkennen, daß wir hier auf Erden nur Pilger sind, in der Fremde, und daß unser eigentliches Ziel der Himmel ist. Wenn also irdische Lasten über uns zusammenbrechen, dann wissen wir immer noch, daß all ihr Schrecken nur vorübergehender Art ist, und aus diesem Wissen können wir Kraft und Mut schöpfen, uns allen Aufgaben zu stellen. Nie können wir in eine Situation geraten, in der Verzweiflung und Resignation als notwendige, unvermeidbare Folgen eintreten, denn wir können auf Christus schauen, der zum Vater heimgekehrt ist und dort für die, die hier auf Erden in Gemeinschaft mit ihm bleiben, eine ewige Wohnung bereitet hat.
Bleiben wir also in dieser Erdenzeit in der Gemeinschaft mit Christus; beweisen wir Christus unsere Liebe, indem wir seine Gebote halten und uns durch unermüdlichen Einsatz für Wahrheit und Gerechtigkeit, im großen wie im kleinen, Verdienste sammeln, um nach dieser Zeit in Ewigkeit bei ihm zu sein. Amen.

1 Kirchliches Handlexikon, Bd. 1 (1907), 1976
2 "Katholischer Erwachsenen-Katechismus", 210

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