"Zweites Vatikanischen Konzil" - 50
Jahre nach seiner Eröffnung
- Predigt 14.10.2012 (20. Sonntag nach Pfingsten, sd, Eph
5,15-21; Joh 4,46-53) -
(Kirche zum Mitreden, 12.10.2012)
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Wörter: 1192
"Mit großer Freude beginnen wir heute, fünfzig Jahre nach
der Eröffnung des Zweiten Vatikanischen Konzils, das Jahr des
Glaubens. [...] Das Jahr des Glaubens, das wir heute eröffnen,
ist konsequent mit dem ganzen Weg der Kirche in den letzten
fünfzig Jahren verbunden [...] Während des Konzils
herrschte eine bewegende innere Spannung angesichts der gemeinsamen
Aufgabe, die Wahrheit und die Schönheit des Glaubens im Heute
unserer Zeit erstrahlen zu lassen, ohne sie den Ansprüchen der
Gegenwart zu opfern, noch sie an die Vergangenheit gefesselt zu
halten: Im Glauben schwingt die ewige Gegenwart Gottes mit, die
über die Zeit hinausreicht und dennoch von uns nur in unserem
unwiederholbaren Heute aufgenommen werden kann. [...] Wir
müssen in der Tat dem Heute der Kirche treu sein, nicht dem
Gestern oder dem Morgen. Und dieses Heute finden wir gerade in den
Konzilsdokumenten, weil sie immer so aktuell sind, wie der Diener
Gottes Paul VI. und die Konzilsväter sie verkündet haben,
in ihrer Vollständigkeit und in ihrem Zusammenhang, ohne
Abstriche und ohne Hinzufügungen." Dies sind einige Ausschnitte
aus der Rede, die Joseph Ratzinger am 11.10.2012 gehalten hat.
Ratzinger wird von manchen bisweilen als "Benedikt XVI." bezeichnet,
u.z. in seiner Eigenschaft als das momentane sichtbare Oberhaupt
einer Gruppe, deren Gründungsstatut eben dieses sog. "Zweite
Vatikanische Konzil", kurz V2, ist. Ratzinger verwendet sowohl
für die katholische Kirche als auch für seine V2-Gruppe
die Bezeichnung "Kirche", damit stiftet er gezielt schlimmste
Verwirrung. Während die Kirche schon seit 2.000 Jahren besteht,
geht es also in der V2-Gruppe, und jetzt besonders in Ratzingers
"Jahr des Glaubens", nur um den "ganzen Weg der Kirche in den
letzten fünfzig Jahren". Diese 50 Jahre sind das "Heute". Und
dazu lautet Ratzingers Befehl: "Wir müssen in der Tat dem Heute
der Kirche treu sein, nicht dem Gestern oder dem Morgen. Und dieses
Heute finden wir gerade in den Konzilsdokumenten"! Nichts ist so alt
wie die Zeitung von Gestern. V2 wurde 1962, d.h. vor 50 Jahren
begonnen und 1965, d.h. vor 47 Jahren beendet. Wer fährt heute
ein 50 Jahre altes Auto mit 50 Jahre alten Reifen? Wer trägt
heute 50 Jahre alte Wäsche? Wer benutzt heute ein 50 Jahre
altes Notebook und ein 50 Jahre altes Smartphone? Wahrscheinlich tut
dies noch nicht einmal der 50-Jahre-Heute-Mann Joseph Ratzinger.
Jedenfalls sind die V2-Texte eben nicht von "heute", nicht
"aktuell", sondern - jedenfalls im Vergleich zu Zeitung, Autoreifen,
Wäsche, Notebook und Smartphone - mindestens uralt. An diese
Uralt-Texte soll sich jeder versklaven, u.z. "ohne Abstriche und
ohne Hinzufügungen". 1982, als Joseph Ratzinger noch der sog.
"Präfekt der Kongregation für die Glaubenslehre" der
V2-Gruppe war, veröffentlichte er ein Buch "Theologische
Prinzipienlehre". Die theologischen Prinzipien des Joseph Ratzinger
speziell zum V2-Text "Gaudium et Spes" lauten wörtlich: "Wenn
man nach einer Gesamtdiagnose für den Text sucht, könnte
man sagen, daß er (in Verbindung mit den Texten über
Religionsfreiheit und über die Weltreligionen) eine Revision
des Syllabus Pius' IX., eine Art Gegensyllabus darstellt. [...] Die
Aufgabe lautet daher nicht: Aufhebung des Konzils, sondern
Entdeckung des wirklichen Konzils und Vertiefung seines wahren
Wollens im Angesicht des jetzt Erfahrenen. Dies schließt ein,
daß es keine Rückkehr zum Syllabus geben kann, der eine
erste Markierung in der Auseinandersetzung mit dem Liberalismus und
den heraufsteigenden Marxismus sein mochte, aber kein letztes Wort
sein kann." Soweit Ratzinger. Zur Richtigstellung: Papst Pius IX.
veröffentlichte 1864 die Enzyklika "Quanta cura", worin er
einige Irrlehren unfehlbar verurteilte. Dieser Enzyklika fügte
er noch einen "Syllabus" (d.h. "Sammlung"; DS 2901-2980) hinzu mit -
z.T. früher - verurteilten Irrlehren. Zumindest soweit diese
Irrlehren unfehlbar verurteilt sind, ist auch der Syllabus
unfehlbar, also dort hat die Kirche "das letzte Wort" gesprochen.
Und zur Möglichkeit der Deutungswandels von Dogmen gibt es auch
ein Dogma; dieses lautet: "Wer sagt, es sei möglich, daß
man den von der Kirche vorgelegten Glaubenssätzen entsprechend
dem Fortschritt der Wissenschaft gelegentlich einen anderen Sinn
beilegen müsse als den, den die Kirche verstanden hat und
versteht, der sei ausgeschlossen" (NR 61, cf. DS 3043). Also selbst
der Syllabus findet vor Ratzinger und seiner V2-Gruppe keine Gnade.
D.h.: Laut Ratzinger ist V2 ein Superdogma, das allem früheren,
dem "Gestern", die Bedeutung nimmt. Zum Vergleich: Ratzinger sagte
1988 vor den sog. "Bischöfen" Chiles über V2: "Die
Wahrheit ist, daß das Konzil selbst kein Dogma definiert hat
und sich bewußt in einem niedrigeren Rang als reines
Pastoralkonzil ausdrücken wollte; trotzdem interpretieren es
viele, als wäre es fast das Superdogma, das allen anderen die
Bedeutung nimmt." Ja, was denn nun? Ist V2 Superdogma oder nicht
Superdogma? Ist das eine "bewegende innere Spannung"? Oder ist das
einfach nur rettungsloser Irrsinn? Noch mehr Kostproben der
V2-Logik: Der jetzige sog. "Präfekt der Glaubenskongregation",
Gerhard Ludwig Müller, äußerte kürzlich in
einem Interview: V2 "ist ein offizielles ökumenisches Konzil,
und alles, was auf dem Konzil gesagt wurde, ist deshalb bindend
für alle". Soweit Müller. Derselbe Müller
erklärte 2004 in einer Studie zu V2, "dass im Gesamt der Texte
bestimmte theologische Fluktuationen festgestellt werden
können". Laut Müller "spiegeln die Texte eine
Unterschiedlichkeit der theologischen Akzente, die nicht ohne
weiteres harmonisiert werden können." Aha: theologische
Schwankungen und Veränderung, unterschiedliche theologische
Akzente, die nicht ohne weiteres harmonisiert werden können.
Dieser ganze Wirrwarr ist für alle "bindend", u.z. in
Ratzinger-Wortwahl "ohne Abstriche und ohne Hinzufügungen". Und
ganz konkret: Was steht denn im "Gestern" des Syllabus? Z.B. wird
der Satz (19) verurteilt: "Der Protestantismus ist nichts anderes,
als eine eigenständige Form des gleichen wahren christlichen
Glaubens. In diesem Glauben ist es ebenso möglich, Gott
wohlgefällig zu dienen, wie in der katholischen Kirche." Das
ist ein unfehlbar verurteilter Satz, d.h. wer diesen Satz glaubt,
ist aus der Kirche ausgeschlossen. Und was steht im Heute von V2?
Z.B. wird bzgl. nichtkatholischer Gemeinschaften behauptet, "der
Geist Christi hat sich gewürdigt, sie als Mittel des Heiles zu
gebrauchen". Nach unfehlbarer katholischer Lehre sind
nichtkatholische Gemeinschaften kein Mittel des Heiles. Nach
angeblich ohne Abstriche und ohne Hinzufügungen bindender
V2-Lehre sind nichtkatholische Gemeinschaften doch Mittel des
Heiles. Katholisch war gestern, heute ist V2. Keine Treue dem
Gestern, keine Fesselung an die Vergangenheit, keine Rückkehr
zum Syllabus. Statt unfehlbarer und dementsprechend zwingend
unwandelbarer Lehre nun theologische Schwankungen und
Veränderung, unterschiedliche theologische Akzente, die nicht
ohne weiteres harmonisiert werden können.
Wir haben die Wahl. Wir können mit 50-Jahre-Mann-Ratzinger, mit
seinem Glaubenspräfekten Müller usw. den schwankenden Weg
von V2 herumstolpern. Und man ist gewarnt: Die V2-Gruppe kennt nur
ihr "Heute", sie will von Gestern und Morgen nichts wissen. Die
V2-Gruppe ist fixiert auf ihr "Heute"; sie hat keine Vergangenheit
und v.a. keine Zukunft. Oder wir können den sicheren Weg der
katholischen Kirche gehen, der uns führt zur ewigen Seligkeit
in der Gemeinschaft mit Christus im Himmel. Amen.
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