Hula-Hup-Tanz, oben ohne (2)

- RTL2 mal wieder siegreich im Kampf gegen das Sittengesetz -
(Kirche zum Mitreden, 18.07.2000)
sexueller reiz bei G.
anzeige-gegen rtl bei G.

Nach unserer Strafanzeige gegen RTL2 erhielten wir heute das Urteil der Staatsanwaltschaft München; unsere Klage wurde in allen Punkten zurückgewiesen. Hier der Wortlaut des Briefes (Aktenzeichen: 467 JS 307025/00; München, 11.07.2000/bd):


Ermittlungsverfahren gegen Josef Andorfer wegen Verbreitung jugendgefährdender Schriften
Strafanzeige vom 05.05.2000
Sehr geehrter Herr L.,
das Ermittlungsverfahren habe ich mit Verfügung vom 05.07.2000 gemäß § 170 Abs. 2 Strafprozeßordnung eingestellt.
Gründe:
Das Ermittlungsverfahren hat den letzten Beitrag der am 04.05.2000 auf den Fernsehsender RTL 2 ausgestrahlten Sendung "Die Redaktion" zum Gegenstand. In diesem Beitrag wurden auf einer öffentlichen Straße von einem Redakteur dieser Sendung weibliche Passantinnen angesprochen und ihnen das Angebot unterbreitet, gegen Zahlung von 100,00 DM nur mit ihrer Unterhose bekleidet einen Hula-Hup-Reifen um ihre Hüften kreisen zu lassen. Zwei Frauen erklärten sich gegen Zahlung von je 300,00 DM bereit, dies zu machen. Es war in dem Beitrag dann zu sehen, wie die beiden Frauen in der beschriebenen Weise den Hula-Hup-Reifen kreisen lassen.
Anläßlich der Ausstrahlung dieses Beitrags hat der Anzeigeerstatter mit Schreiben vom 05.05.2000 bei der Staatsanwaltschaft München I Anzeige gegen die Verantwortlichen des Senders RTL 2 und gegen die beiden Frauen erstattet. Hinsichtlich der weiteren Begründung der Anzeige wird auf das Schreiben des Anzeigeerstatters vom 05.05.2000 Bezug genommen.
Aufgrund des dargestellten Sachverhalts lagen den Verantwortlichen des Senders RTL 2 eine Straftat der Verbreitung pornographischer Schriften (§ 184 StGB) und der beiden Frauen eine Straftat der Erregung öffentlichen Ärgernisses (§ 183 a StGB) zur Last.
Das Verfahren war einzustellen, weil weder durch die Ausstrahlung des Beitrags noch durch die Handlungen der Frauen Straftatbestände verletzt wurden. Die Besichtigung einer Videoaufzeichnung der Sendung "Die Redaktion" vom 04.05.2000 hat ergeben, daß strafbare Handlungen nicht vorliegen. Eine Verbreitung pornographischer Schriften ist nicht gegeben, da der Beitrag keine pornographischen Darstellung im Sinne des § 184 StGB enthält. Zwar sind in dem Beitrag zwei Frauen mit entblößten Oberkörpern zu sehen, hierbei handelt es sich jedoch nicht um Pornographie im strafrechtlichen Sinne. Pornographie in diesem Sinne definiert sich als grobe Darstellung des sexuellen in drastischer Direktheit, die in einer den Sexualtrieb aufstachelnden oder die Geschlechtlichkeit in den Schmutz ziehenden oder lächerlich machenden Weise den Menschen zum bloßen Objekt geschlechtlicher Begierde oder Betätigung jeglicher Art degradiert. Die Darstellung des nackten menschlichen Körpers als solchen ist noch nicht pornographisch, auch nicht hinsichtlich seiner mit dargestellten erogenen Teile, auch wenn ein sexueller Reiz von ihnen ausgehen kann. Nach der obergerichtlichen Rechtssprechnung liegt Pornographie beispielsweise dann vor, wenn die primären Geschlechtsorgane in den Bildmittelpunkt gerückt sind. Der am 04.05.2000 ausgestrahlte Beitrag enthält keine Pornographie im Sinne der genanten Definition. Insbesondere sind keine primären Geschlechtsorgane in dem Beitrag zu sehen und die beiden Frauen werden auch nicht bei einer sexuellen Betätigung gezeigt.
Das Verhalten der Frauen erfüllt auch nicht den Tatbestand der Erregung öffentlichen Ärgernisses. Dabei kann dahinstehen, ob das Verhalten der beiden FRauen als sexuelle Handlungen zu bewerten sind, die ein öffentliches Ärgernis erregen, da der Tatbestand des § 183 a StGB darüber hinaus voraussetzt, daß der Täter gerade die Absicht hat, ein öffentliches Ärgernis zu erregen, d.h. daß es ihm darauf ankommt. Aufgrund der näheren Umstände der Aufnahme, insbesondere deren Kürze, und unter Berücksichtigung des dokumentierten Verhaltens der vorbeigehenden Passanten, kann diese subjektive Komponente bei den Frauen nicht festgestellt werden. Es kann daher auch dahin stehen, ob gegenüber einem Fernsehzuschauer, der diesen Beitrag nach einer entsprechenden Ankündigung anschaut, noch ein öffentliches Ärgernis erregt werden kann.
Der genannte Beitrag mag zwar den Moralvorstellungen des Anzeigeerstatters und von Teilen der Bevölkerung zuwider laufen, es handelt sich jedoch nicht um strafbare Darstellungen. Etwaige zivilrechtliche Ansprüche werden durch diese Entscheidung nicht berührt.
Hochachtungsvoll gez. Schaulies, Staatsanwalt
Diese Mitteilung wurde elektronisch erstellt und enthält deshalb keine Unterschrift, wofür um Verständnis gebeten wird.
Beschwerdebelehrung
Gegen diesen Bescheid können Sie binnen 2 Wochen nach Zugang Beschwerde bei der Generalstaatsanwaltschaft München erheben. Die Beschwerde kann innerhalb dieser Frist auch bei der Staatsanwaltschaft München I eingelegt werden.


Dazu einige Anmerkungen:

1. "Eine Verbreitung pornographischer Schriften ist nicht gegeben, da der Beitrag keine pornographischen Darstellung im Sinne des § 184 StGB enthält."
Die gebotene Aufführung ist durchaus ein Verstoß gegen das Sittengesetz, und nur das hatten wir in unserer Anzeige behauptet. Irgendwelche Definitionen von Pornographie haben uns dabei nicht interessiert.

2. "Die Darstellung des nackten menschlichen Körpers als solchen ist noch nicht pornographisch, auch nicht hinsichtlich seiner mit dargestellten erogenen Teile, auch wenn ein sexueller Reiz von ihnen ausgehen kann."
Die Frauen standen nicht bloß nackt herum.

3. "Dabei kann dahinstehen, ob das Verhalten der beiden FRauen als sexuelle Handlungen zu bewerten sind, die ein öffentliches Ärgernis erregen, da der Tatbestand des § 183 a StGB darüber hinaus voraussetzt, daß der Täter gerade die Absicht hat, ein öffentliches Ärgernis zu erregen, d.h. daß es ihm darauf ankommt."
Hier können wir schlichtweg nicht mehr folgen: Wie soll man denn diese Absicht herausfinden? Also: Wenn eine Person nackt herumläuft, muss man also erst einmal diese Person fragen, ob sie mit ihrem Exhibitionismus öffentliches Ärgernis erregen und sich damit strafbar machen möchte. Verneint die Person diese Frage, darf sie weitermachen.

4. "Unter Berücksichtigung des dokumentierten Verhaltens der vorbeigehenden Passanten, kann diese subjektive Komponente bei den Frauen nicht festgestellt werden."
Bei verschiedenen Anlässen haben wir festgestellt, dass sich viele Bürger einfach nicht mehr trauen, der Verrohung entgegenzuwirken. Unlängst ergab sich ein Gespräch mit einer Person, die mehrere Fälle nächtlicher Ruhestörung über sich ergehen ließ und dann endlich die Polizei einschaltete. Das Ergebnis des Polizei-Einsatzes war ernüchternd: Die Ruhestörer ließen sich kaum davon beeindrucken, und auch der Polizei konnte man nicht unbedingt energisches Vorgehen bescheinigen. Dieser Bericht deckt sich im wesentlichen mit unseren eigenen Erfahrungen, als wir die Polizei wegen nächtlicher Ruhestörung einschalteten (wobei allerdings nach geraumer Zeit dann doch noch Ruhe einkehrte). Kurz: Bei den Bürgern macht sich Resignation breit; das Vertrauen in die Ordnungsbereitschaft des Staates besteht nicht uneingeschränkt. Indem der Staat immer mehr zulässt, wächst auch die Bereitschaft, Sittenwidriges zu tun; viel hat man ja nicht zu befürchten. Bezogen auf die Passanten, die Zeugen des Hula-Hup-Tanzes wurden, muss bei vielen angenommen werden, dass sie versucht haben, das Gesehene zu ignorieren, weil sie - nicht ganz zu Unrecht - der Meinung sind, dass der Staat diesen Verstoß gegen das Sittengesetz ungestraft lassen wird.

Sieht man auf das Ergebnis bei der Staatsanwaltschaft München, bleibt nur die bittere Feststellung, dass wir anständigen Bürger (wer meint, dies sei doch wohl ein Werturteil, hat den Nagel auf dem Kopf getroffen) uns kaum noch gegen die Verletzung unserer vom Naturgesetz festgelegten Rechte zur Wehr setzen können, zumindest was die Zuhilfenahme des Staates betrifft. Wir ermuntern nicht zur Selbstjustiz, sondern zu einer aktiven Gestaltung des Staates, die immer im Rahmen der christlichen Gebote vonstatten gehen muss.

Wir zitieren oft den Grundsatz: "Die Obrigkeit hat die Pflicht, in erster Linie für das allgemeine Wohl zu sorgen. Sie muß deshalb nach Kräften alle Übel vom Staate fernhalten und sein Wohl fördern, Religion und Sittlichkeit beschützen, für gerechte Verteilung der Rechte und Pflichten sorgen, die Gesetze ohne persönliche Rücksichten durchführen, die öffentlichen Ämter nur geeigneten Personen geben und ungeeignete aus denselben entfernen" (H. Jone, Katholische Moraltheologie, Paderborn (7)1936, 164).
Mit dem Hula-Hup-Vorfall gibt es nun ein Beispiel mehr dafür, wie genau es der deutsche Staat mit dem Schutz der Sittlichkeit nimmt.

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