An die Stelle der hierarchischen Leitung ist nun etwas Neues getreten, der sog. "Dialog", also das "Miteinanderreden". Der Dialog ist scheinbar das neue Prinzip der Kirche, in Wirklichkeit aber das Prinzip der neuen Sekte. Bereits die Priesterkandidaten "sollen im Geist des Ökumenismus erzogen und zum brüderlichen Dialog mit den Nichtchristen gut vorbereitet werden" (V2, Ad Gentes, Nr. 16). Um des Dialogs willen kann es auch kein entschiedenes Auftreten für die Wahrheit mehr geben, denn während Wahrheit immer eine objektive, dem menschlichen Bestimmen entzogene Größe ist, gibt es jetzt bestenfalls eine subjektive, dem Urteil des Einzelnen überlassene Meinung: "Die Wahrheit muß aber auf eine Weise gesucht werden, die der Würde der menschlichen Person und ihrer Sozialnatur eigen ist, d.h. auf dem Wege der freien Forschung, mit Hilfe des Lehramtes oder der Unterweisung, des Gedankenaustauschs und des Dialogs, wodurch die Menschen einander die Wahrheit, die sie gefunden haben oder gefunden zu haben glauben, mitteilen, damit sie sich bei der Erforschung der Wahrheit gegenseitig zu Hilfe kommen; an der einmal erkannten Wahrheit jedoch muß man mit personaler Zustimmung festhalten" (V2, Dignitatis Humanae, Nr. 3). Den Theologen kommt bei dem revolutionären Umsturz natürlich eine besonders wichtige Aufgabe zu, deswegen gilt für sie die Richtlinie: "Die Art und Weise der Formulierung des katholischen Glaubens darf keinerlei Hindernis bilden für den Dialog mit den Brüdern" (V2, Unitatis Redintegratio, Nr. 11).
Im Geiste des Dialogs wurde das Hl, Offizium durch die "Glaubenskongregation" ersetzt. Joseph Ratzinger stöhnte einmal bei einem Interview über die große Arbeit, die seine kleine "Glaubenskongregation" zu bewältigen hatte, und erzählte von seinem Wunsch, daß es z.B. auf diözesaner Ebene "Glaubenskommissionen" geben sollte, die in der jeweiligen Diözese die Aufgabe der "Glaubenskongregation" übernehmen. Ratzinger erläutert: "Gewiß behalten wir gemäß dem Statut das Recht, überall in der gesamten Kirche zu intervenieren. Aber wenn es Ereignisse oder Theorien gibt, die Unruhe hervorrufen, ermutigen wir vor allem die Bischöfe oder die Ordensoberen dazu, mit dem Autor in Dialog zu treten, wenn sie es nicht ohnehin schon getan haben. Nur wenn es nicht gelingt, die Dinge in dieser Weise zu klären (oder wenn das Problem die lokalen Grenzen überschreitet und internationale Ausmaße annimmt oder wenn die lokale Autorität selbst ein Einschreiten von seiten Roms wünscht), nur dann treten wir in kritischen Dialog mit dem Autor. Zunächst teilen wir ihm unsere Stellungnahme mit, die aufgrund der Prüfung seiner Werke zusammen mit Gutachten von verschiedenen Experten erarbeitet ist. Er hat die Möglichkeit, uns zu korrigieren und uns zu sagen, wenn wir da oder dort sein Denken nicht richtig interpretiert haben. Nach einem Briefwechsel (und bisweilen einer Reihe von Gesprächen) antworten wir ihm, indem wir ihm eine definitive Einschätzung mitteilen und ihm vorschlagen, alle aus dem Dialog hervorgegangenen Klärungen in einem geeigneten Artikel darzulegen" (J. Ratzinger, Zur Lage des Glaubens, München 1985, 69f).
Angesichts der dialoglastigen Worte von V2 und der betonten
Dialogsucht
der Konzilsfunktionäre könnte bei oberflächlicher
Betrachtung
die Konzilssekte wie ein netter, unverbindlich handelnder Verein
erscheinen,
dem nur noch an einem entspannten Verhältnis zwischen den
Vertretern
aller möglichen Meinungen gelegen ist und dem nichts ferner liegt
als Zwang gegenüber und brutale Ausschaltung von Andersgesinnten,
ein Verein, in dem jeder unverbindlich nach seiner Lieblingswahrheit
suchen
darf, und wer in bestimmten Punkten mit Rom in Konflikt gerät, der
wird zum weiteren Dialog eingeladen. Aufgrund dieses trügerischen
Bildes wird uns des öfteren vorgeworfen, wir, die Katholiken,
sollten
nun endlich einmal versuchen, mit dem Vatikan in den Dialog zu treten.
Es erscheint daher sinnvoll, über die Praktiken der Konzilssekte
zu
informieren und klarzustellen, daß diese Sekte uns gegenüber
nur das Faustrecht anwendet.
Nur zwei Generalvikariate haben uns geantwortet, und auch erst nach einigen Monaten. Köln schrieb uns (03.12.97): "Sehr geehrter Herr [N.N], Herr Kardinal Meisner dankt Ihnen für Ihr Schreiben vom 10. September, das er mir zur Beantwortung übergeben hat. Die Ihrem Brief beigefügten Texte, die die römisch-katholische Kirche als 'Konzilssekte', den Päpstlichen Stuhl als 'vakant' und die Nachfolger Pius XII. als 'Scheinpäpste' bezeichnen, spricht eine ebenso deutliche Sprache wie die angegebene Weihe zum 'röm.-kath. Priester' durch - einen mir nicht als römisch-katholischen - 'Bischof' bekannten Herrn [N.N.]. Sie liefern die Gründe, weswegen sich die römisch-katholische Kirche nicht so nennen darf, selbst: Sie möchten als nicht in der Gemeinschaft der römisch-katholischen Kirche Stehender gerne dazugehören. Ich muß Sie darauf aufmerksam machen, daß durch das Urteil des Bundesgerichtshofes vom 24.11.1993 (AZ XII ZR 51/92) die Bezeichnung 'römisch-katholisch' allein der mit Rom in Einklang stehenden Katholischen Kirche zusteht. Deshalb haben Sie auch kein Recht, sich als 'römisch-katholischer' oder als 'katholischer' Priester zu bezeichnen. Mit freundlichen Grüßen gez. Dr. theol. Manfred Becker-Huberti (Pressesprecher)". Wir haben umgehend geantwortet, daß wir das Geschreibe Becker-Hubertis nicht ernstnehmen können.
Ähnlich reagierte Münster (04.07.1997): "Sehr geehrter Herr [N.N], Ihre Schreiben an den H.H. Bischof von Münster sind hier eingegangen. Ein Bischof [N.N] ist uns nicht bekannt. Ausweislich des von Ihnen mitgeschickten bedruckten Blattes [eine beglaubigte Kopie der Weiheurkunde!] handelt es sich offensichtlich um einen nicht in der geltenden Ordnung der katholischen Kirche stehenden Bischof, der Sie damit auch nicht erlaubt geweiht hat. Sie wissen selber, daß Sie sich deshalb auch nicht 'römisch-katholischer Priester' nennen dürfen. Was Ihre sonstigen Ausführungen betrifft, dürfen wir Sie bitten, die Sorge um die rechte katholische Lehre im Bistum Münster dem H.H. Bischof zu überlassen. Mit freundlichen Grüßen i.V. gez. Theodor Buckstegen, Domkapitular".
Interessant ist auch noch ein Blick auf einen Brief, der an einen Bekannten des Verf. geschrieben wurde. Der Verf. hatte einem Bekannten den Vorschlag gemacht, sich direkt bei dem Erzbistum Köln über die Gültigkeit der Weihelinie des Verf. zu erkundigen. Die zentrale Gestalt ist Bischof Thiesen, dessen Aufnahme in die röm.-kath. Kirche - bei gleichzeitiger Anerkennung der Gültigkeit seiner Weihen durch das Hl. Offizium - unter Vermittlung des Erzbistums Köln 1926 stattfand. Köln schreibt (11.06.97): "Sehr geehrter Herr [N.N.]! Bezugnehmend auf Ihren Brief vom 4. Juni 1997 an Herrn Generalvikar Feldhoff übersenden wir Ihnen hiermit den Auszug aus einem bereits 1976 erschienenen Buch von W. Riediger 'Bischof werden ist nicht schwer ... Heute lebende 'falsche Bischöfe'. Dem Auszug aus diesem Buch ist eigentlich nichts weiter hinzuzufügen. Mit freundlichen Grüßen gez. Krebs, Pastoralreferent". Das Machwerk von Riediger ist in Fachkreisen als unbrauchbar bekannt, z.B. wird es auch von der "Einsicht"-Sekte gegen uns verwendet. Die dem Brief von Herrn Krebs beigefügte Kopie enthält die Aussage, daß Thiesen ein "falscher Bischof" ist, der zwar nach dem Rituale Romanum, aber nicht in der Einheit mit Rom seine Weihen empfangen hat. Die Bezeichnung "falscher Bischof" legt die falsche Auffassung nahe, Thiesen sei kein gültiger Bischof gewesen - diese Information hätte Herr Krebs noch hinzufügen müssen! Als der Verf. von diesem tendenziösen Krebs-Brief erfuhr, beschwerte er sich umgehend schriftlich beim Generalvikar Feldhoff, der jedoch nicht reagierte.
Allein drei Briefen ist gemeinsam, daß
a) die Adressaten kurz abgefertigt werden; man vergleiche dazu die ellenlangen Briefwechsel, wenn es um den Dialog mit den hauseigenen Häretikern geht, z.B. den Briefwechsel zwischen dem Super-Häretiker Drewermann und Herrn Degenhardt, "Bischof" von Paderborn;
b) sie die Frage der Weihegültigkeit nicht klar beantworten und die Feststellung der Weihegültigkeit sowohl durch das Hl. Offizium 1926 als auch durch das Erzbistum Freiburg 1985 verschweigen - zumindest in Köln gegen besseres Wissen, wobei auch die Leute aus Münster sich ja leicht hätten informieren können;
c) sie in einem herablassenden ton gehalten sind (z.B. "bedrucktes Papier" als Bezeichnung für die beglaubigte Kopie einer Weiheurkunde);
d) uns das Recht abgesprochen wird, uns röm.-kath. zu nennen, wobei die Konzilssekte niemals auch nur ein einziges Argument von uns widerlegt oder ein eigenes Argument eingebracht hat, außer eben einen Gerichtsentscheid (dazu s.u.).
Fazit: Die Konzilssekte will nur belangloses Geschwätz, nicht
die
geistige Auseinandersetzung mit dem Gesprächspartner. Die
zahllosen
Briefe und Gespräche z.B. im Fall Drewermann erscheinen so nur als
eine Taktik der Konzilssekte, Drewermann möglichst lange am Ruder
und sein Gift verspritzen lassen zu können, ohne sich den Vorwurf
einzuhandeln, den Glauben nicht zu schützen. Wenn es wirklich um
die
geistige Auseinandersetzung auf argumentativer Ebene geht, dann kennen
die Konzilsfunktionäre keine Gnade: Sie verfassen sofort ggf.
öffentliche
Warnungen vor "Irreführern", d.h. vor treugebliebenen Katholiken,
und drohen im äußersten Fall mit gerichtlichen Schritten,
wenn
die Katholiken nicht anders zum Schweigen gebracht werden können.
Nachdem nun bewiesen ist, daß die Konzilssekte gar nicht zum
argumentativen
Gedankenaustausch bereit ist, blicken wir nun auf die Kompetenz der
Konzilssekte.
Der Verf. kennt diese Herren aus langen Studienjahren an der Universität Köln und könnte deshalb eine ganze Reihe von Erfahrungen wiedergeben, die für eine völlige Inkompetenz dieser Herren sprechen. Doch wer würde diesen Berichten glauben? Und v.a., würden diese Herren die Wahrheit zugeben, wenn sie es nicht müßten, d.h. wenn keine weiteren Zeugen vorgebracht werden können? Würde man dem Verf. glauben, wenn er sagte, daß er den sog. "Bibelwissenschaftler" U. Borse darüber aufklären mußte, was das Wort "Bibel" bedeutet? Würde man dem Verf. glauben, wenn er sagte, daß er den angeblich so hochgebildeten "Dogmatiker" H.-J. Höhn darüber aufklären mußte, was im Originaltext der Seligpreisungen steht? Das ist schon deswegen unwahrscheinlich, weil der Verf. sich bei "Bischof" Meisner über die Vorkommnisse in den Vorlesungen beschwerte und dabei verschiedene Hinweise auf die Gottlosigkeit der Herren Borse und Höhn vorbrachte. Meisner ließ antworten durch einen Herrn "Prof. Dr." Norbert Trippen, ein "Domkapitular", der mittlerweile von Wojtyla zum "Päpstlichen Ehrenprälat" erhoben wurde. Trippen schreibt u.a.: "Sehr leicht können Beanstandungen als Mißverständnisse interpretiert werden. Da wäre es natürlich besser, wenn Sie und möglichst viele Ihrer Kommilitoninnen und Kommilitonen sofort in oder nach einer Veranstaltung, in der inakzeptable Formulierungen fallen, Ihre kritische Stimme erheben." An Unterstützung gegen Häretiker ist also nicht zu denken, es könnte sich ja um "Mißverständnisse" handeln. Nun gut, aber mal ehrlich, wieviel Sympathie bringt es einem jungen Studenten ein, wenn er pausenlos seine Dozenten zurechtweist und damit auch noch seine Kommilitonen als Naivlinge bzw. Opportunisten bloßstellt. Würde man es dem Verf. glauben, wenn er sagte, daß diese Herren Borse und Höhn oft genug regelrecht beleidigt waren, wenn der Verf. sie wieder einmal korrigiert hatte?
Also ein kurzer Blick auf schriftliches Material: Borse steuerte für ein Buch mit Aufsätzen verschiedener Autoren zum Thema Diakonat einen Artikel bei, der sich mit den beiden Bischöfen Titus und Timotheus beschäftigt, die uns u.a. aus den Paulusbriefen bekannt sind: Zur Heiligen Schrift gehören zwei Briefe an Timotheus und ein Brief an Titus, die alle von Paulus verfaßt wurden. Titus wirkte als Bischof in Kreta, Timotheus als Bischof in Ephesus. In der kirchlichen Liturgie wird Timotheus am 24. Januar und Titus am 6. Februar gefeiert. Borse kommt nun mit einer bahnbrechenden These: "Mehrere Beobachtungen sprechen dafür, daß hinter Titus und Timotheus die gleiche [Borse meint: "dieselbe"] Person steht" (U. Borse, Timotheus und Titus: J.G. Plöger, H.J. Weber (Hgg.), Der Diakon, Freiburg 1980, 27-43, 40). Borse weist darauf hin, daß der Name "Titus" als Kurzform für "Timotheus" durchaus für dieselbe Person gebraucht werden kann und meint dann, bei Bischof Titus wären tatsächlich beide Formen gebraucht worden. Borse hofft, mit seinem Artikel die Zahl der Heiligen im Himmel erfolgreich um eins reduziert und ein kirchliches Fest abgeschafft zu haben. An diesen wüsten Fieberträumen des Herrn Borse läßt sich aber exemplarisch klarmachen, wie lächerlich die "nachkonziliare" "Theologie" eigentlich ist. Zum Beispiel schreibt Paulus an Timotheus, daß Titus nach Dalmatien gezogen ist (2 Tim 4,10) - an diesem Faktum scheitern alle Verrenkungen von Borse. Borses These soll jedes Vertrauen in die Heilige Schrift und die Tradition aufheben - aber warum sollte man Herrn Borse mehr Glauben schenken als der Heiligen Schrift und der Tradition? Die Scheinargumente für Borses These sind es nicht wert, hier weiter verfolgt zu werden, uns reicht die Feststellung, daß hier anscheinend ein Phantast am Werk war.
Was ist nun mit dem Kollegen von Borse, H.-J. Höhn? Zunächst einmal, Höhn ist ein verheirateter Laie, woraus sich bereits die Frage stellt, inwieweit Höhn eigentlich als Lehrer der Theologe tauglich ist, schließlich liegt die theologische Ausbildung traditionsgemäß in den Händen der Priester. Doch zu den Leistungen dieses Laien: Höhn tritt z.B. als Referent in der Diözese Köln bei Tagungen auf, die die Vernichtung auch noch des letzten Restes, den die Konzilssekte mit der katholischen Kirche gemein hat, vorantreiben sollen. Im Informationstext für eine der Höhn-Veranstaltungen (die er in Zusammenarbeit mit dem relativ bekannten Enfant terrible der Konzilsliturgie, A. Gerhards, durchführte) heißt es: "Viele bitten um die Sakramente, obwohl sie sich mit dem theologisch-religiösen Inhalt nicht mehr identifizieren. Soll die Kirche in solchen Fällen die Sakramente verweigern? Oder bietet die Sakramentenpastoral noch eine, vielleicht letzte Chance, den Glauben der Menschen zu retten?" (Karl-Rahner-Akadernie, Programm 1994/95, 31). Mit nebulösem Vokabular zu operieren, ist üblicherweise eine Masche der Demagogen, auch Höhn operiert mit nebulösem Vokabular. Welchen Glauben - so muß man fragen - will Höhn denn retten, wenn dieser Glaube sich ausdrücklich nicht mit dem Glauben der Kirche identifizieren läßt? Was Höhn retten will, muß konsequenterweise der Unglaube sein, d.h. Höhn will diejenigen, die sich nicht mit den theologisch-religiösen Inhalten der Kirche identifizieren, davor retten, die Lehre der Kirche anzunehmen bzw. annehmen zu müssen, um die Sakramente empfangen zu dürfen.
Ein Phantast und ein Revoluzzer als die Oberhäupter der
"theologischen"
Universitätsausbildung! Und wem das nicht paßt, der darf
nicht
hoffen, seitens des "Bischofs" Hilfe gegen die Häresien zu
erhalten,
ganz im Gegenteil: der soll gegen einen Phantasten und einen Revoluzzer
seine "kritische Stimme" erheben. Jetzt mal im Ernst: Wie
erfolgversprechend
sind Versuche, häretische Dozenten, deren geistige Kräfte
nicht
gerade genial zu sein scheinen, zur Wahrheit bringen zu wollen? Wer
sich
so verbissen wie Borse, Höhn und die ganze Theologenschar gegen
jede
Wahrheit sperrt, bei dem helfen wohl keine Argumente mehr. Wir urteilen
nicht, inwieweit die Verblendung und Ignoranz von solchen Herren wie
Borse
und Höhn schuldhaft ist, wir stellen sie nur mit aufrichtigem
Bedauern
fest.
Der Staat kann der Kirche folglich keine Auflagen machen, er hat statt dessen die Aufgabe, die Rechte der Kirche zu vertreten. Leo XIII. schreibt in seiner Enzyklika über die christliche Staatsordnung ("Immortale Dei", 1.11.1885): "Natur und Vernunft, die den einzelnen befiehlt, Gott zu ehren in heiliger und ehrfurchtsvoller Weise, weil wir in seiner Hand und von ihm ausgegangen sind, zu ihm auch zurückkehren müssen, verpflichtet durch dasselbe Gesetz auch das bürgerliche Gemeinwesen ... Heilig muß daher bei den Fürsten der Name Gottes sein und zu ihren vorzüglichsten Pflichten müssen sie es rechnen, der Religion ihre Gunst zuzuwenden, sie wohlwollend zu schützen, sie bereitwilligst zu verteidigen durch die Autorität und Macht der Gesetze, und sie dürfen nichts verordnen oder beschließen, was ihr Schaden bringen könnte" (zit. nach C. Ulitzka, Lumen de Caelo, Ratibor 1934, 66).
Da die Konzilssekte aber nicht die röm.-kath. Kirche ist, darf sie rechtmäßiger Weise keine Unterstützung vom Staat erhalten; ebensowenig darf der Staat gegen uns Katholiken vorgehen. Doch wie die Erfahrung zeigt, verteidigt der Staat die Konzilssekte. Ist die Handlungsweise des Staates ein partikuläres Versagen aufgrund von Fehlinformation? Zur Klärung dieser Frage lohnt es sich, die Enzyklika von Leo XIII. über die Freimaurerei und ihr Prinzip, den Naturalismus ("Humanum Genus", 20.04.1884; Ulitzka a.a.0. 254-269), mit dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland zu vergleichen, was hier nur ausschnitthaft geschehen kann. Zunächst kurz eine Erklärung zum Begriff Naturalismus: "Wie der Name genugsam andeutet, heißt der Hauptgrundsatz der Naturalisten: die menschliche Natur und die menschliche Vernunft muß in allem oberste Lehrerin und Führerin sein. Von dieser Voraussetzung ausgehend kümmern sie sich wenig um die Pflichten gegen Gott, oder entstellen sie durch irrige und schwankende Meinungen. Sie leugnen nämlich jede göttliche Offenbarung; sie erkennen kein Dogma an in der Religion, keine Wahrheit, die der menschliche Verstand nicht begreift, keinen Lehrer, der Kraft seiner Amtsgewalt das Recht hatte, Glauben von uns zu fordern. Da aber der katholischen Kirche einzig und allein die Aufgabe zu Teil wurde, die geoffenbarten Wahrheiten und das Lehramt samt den übrigen zum Heile notwendigen Gnadenmitteln unverkürzt zu besitzen und unversehrt zu beschützen, so richtet sich demnach gegen sie der ganze Zorn und der Ansturm der Feinde" (Ulitzka 259).
Die röm.-kath.. Kirche lehrt:
"Wenn auch jene, welche sich in die Zahl der Freimaurer aufnehmen lassen, keineswegs gezwungen werden, ausdrücklich den katholischen Glauben abzuschwören, so widerspricht das keineswegs den Plänen der Freimaurer, kommt ihnen vielmehr zu gute. Zunächst täuschen sie auf diese Weise leicht die Einfältigen und Unvorsichtigen und locken dadurch noch viel mehr an. Während sie dann Anhänger aus jeder Religion aufnehmen, gelingt es ihnen, diesen den großen Irrtum unserer Zeit beizubringen: Religion sei Privatsache, und es gebe keinen Unterschied unter den Religionsbekenntnissen. Diese Ansicht ist geeignet, jede Religion zu vernichten, namentlich aber die katholische. Die katholische Religion ist unter allen die einzig wahre, und darum ist es das höchste Unrecht, sie auf gleiche Stufe mit den anderen zu stellen" (Ulitzka 260). "Wir kornmen auf die bürgerlichen Gesetze zu sprechen. Da vertreten die Naturalisten den Standpunkt, daß alle Menschen das gleiche Recht hätten und unter ihnen in jeder Beziehung völlige Gleichheit obwalte; ein jeder sei von Natur aus frei; die Menschen einer Autorität unterwerfen zu wollen, die nicht aus ihnen selbst wäre, das heiße, ihnen Gewalt antun. Alles liege also beim freien Volke; eine Regierung besteht nur, insoweit das Volk sie angeordnet oder eingeräumt habe, so zwar, daß, ändert das Volk seinen Willen, die Inhaber der Regierungsgewalt von dem Throne auch wider ihren Willen entfernt werden dürften. Die Quelle aller bürgerlichen Rechte und Pflichten sei zu suchen in der Menge oder in der staatlichen Regierungsgewalt, insoweit diese nach solchen modernen Grundsätzen gestaltet sei. Außerdem dürfe der Staat nicht auf dem Boden des Glauben an Gott stehen. Was die verschiedenen Religionsformen anlangt, so habe man keinerlei Grund, die eine der anderen vorzuziehen, sie seien vielmehr alle als gleich anzusehen" (Ulitzka 263).
Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland fordert:
"Artikel 3 [Gleichheit vor dem Gesetz] (3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.
Artikel 4 [Glaubens-, Gewissens- und Bekenntnisfreiheit] (1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich. (2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet."
"Artikel 20 [Grundlagen staatlicher Ordnung, Widerstandsrecht] (2) Alle Staatsgewalt geht vorn Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt. (3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden. (4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zurn Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist."
Von daher sind bestimmte Entscheidungen des Staates verständlich. Beispielsweise werden schon seit einigen Jahren viele Millionen Mark der Steuereinnahmen vom Staat dazu verwendet, die Bürger zum Gebrauch von Kondomen zu animieren
Auch das sog. "Kruzifixurteil", demzufolge es z.B. verboten ist, in den Klassenzimmern von öffentlichen Schulen Kreuze aufzuhängen, spricht nicht für eine fundamental katholische Ausrichtung unseres Staates. Ebenso wäre in einem katholischen Staat die Rechtslage unseres Staates unvorstellbar, derzufolge Abtreibungen praktisch immer ungestraft durchgeführt werden können und sogar noch von den "gesetzlichen" Krankenkassen, für die grundsätzlich jeder Bürger Beiträge zahlen muß, bezahlt werden.
Papst Leo XIII. nennt in derselben Enzyklika auch Hilfen, wie man den Fängen der Sekte der Naturalisten, insbesondere der Freimaurer, und ihrem Reich des Satans entkommt: "Nicht ohne Grund ergreifen Wir die günstige Gelegenheit, die sich Uns hier bietet, um zu wiederholen, das was Wir schon bei anderen Gelegenheiten gesagt haben: man müsse den dritten Orden des hl. Franziskus, dessen Regel Wir vor kurzem aus kluger Nachsicht gemildert haben, eifrigst verbreiten und schützen. Denn es besteht nach der Bestimmung, die ihm sein Stifter gegeben, seine Aufgabe einzig und allein darin, die Menschheit zur Nachfolge Jesu Christi einzuladen; für die Liebe zur Kirche und für die Übung aller christlichen Tugenden zu gewinnen. Er muß also eine starke Macht zur Bekämpfung der nichtswürdigen, verderblichen Sekte sein. Möge diese heilige Vereinigung durch täglichen Zuwachs an Mitgliedern erstarken" (Ulitzka, 269).
Kann es also sein, daß Katholiken mit dem Staat gerechterweise in Konflikt geraten können? Dies wurde von der Kirche immer gelehrt. Es steht völlig außer Frage, daß ungerechte Gesetze nicht verpflichten und daß bei schweren Verfehlungen seitens der Regierung auch ein je nach Situation unterschiedlicher Widerstand gegen diese Regierung geübt werden muß. In der berühmten Enzyklika "Mit brennender Sorge" (gegen den Nationalsozialismus, 14.03.1937) schreibt Pius XI.: "Er, der Herz und Nieren durchforscht, ist Unser Zeuge, daß Wir keinen innigeren Wunsch haben als die Wiederherstellung eines wahren Friedens zwischen Staat und Kirche in Deutschland. Wenn aber – ohne unsere Schuld - nicht Friede sein soll, dann wird die Kirche Gottes ihre Rechte und Freiheiten verteidigen im Namen des Allmächtigen, Dessen Arm auch heute nicht verkürzt ist. Im Vertrauen auf Ihn 'hören wir nicht auf zu beten und zu rufen' (Col. 1,9) für Euch, die Kinder der Kirche, daß die Tage der Trübsal abgekürzt und Ihr treu erfunden werdet am Tage der Prüfung, und auch tür die Verfolger und Bedränger: der Vater alles Lichtes und aller Erbarmung möge Ihnen eine Damaskusstunde der Erkenntnis schenken, für sich und alle die vielen, die mit ihnen geirrt haben und irren" (zit. nach W. Jussen, Gerechtigkeit schafft Frieden, Hamburg 1946, 384).