Kirche und Gegenwart
- Das Antichristentum des Dritten Reiches und unsere Aufgaben -
(Kirche zum Mitreden, 27.04.1999)
[PRHL] Der folgende Text stammt aus dem Buch "Kirche und Gegenwart. Besinnliches
zur heutigen religiös-kulturellen Lage", Celle 1946. Der Autor, Konrad
Algermissen, ist eine angesehene Autorität in Fragen des Verhältnisses
der Kirche zu den christlichen Sekten. 1930, als die vierte Auflage seines
Buches "Christliche Sekten und Kirche Christi" unter dem Titel "Konfessionskunde"
veröffentlicht wurde, war Algermissen Leiter des apologetischen Dezernats
an der Zentrale des Volksvereins für das katholische Deutschland.
"Kirche und Gegenwart basiert auf dem 1939 erschienenen Buch Algermissens
"Predigten zur Zeitlage", das allerdings sehr bald verboten und von der
Gestapo beschlagnahmt wurde. Auf vielfachen Wunsch hin hat Algermissen
nach Ende des Naziterrors das Buch überarbeitet und die Predigten
in besinnliche Lesungen umgestaltet. Der Text beweist nicht nur den Bekennermut
der römisch-katholischen Kirche in der Nazizeit, sondern kann auch
den Christen unserer Gegenwart helfen, die unter der am Ausgang des zweiten
Jahrtausends wütenden Christenverfolgung in Deutschland leiden, zu
beurteilen und siegreich zu bestehen (s. Herz Jesu).
Jeder darf selbst darüber nachdenken, ob sich vielleicht mutatis mutandis
das eine oder andere, was Algermissen über die Kennzeichen und Folgen
eines gottlosen Staates schreibt, auf die heutige Bundesrepublik übertragen
läßt.
Das Antichristentum des Dritten Reiches und unsere
Aufgaben
Niemals hat die Kirche im Laufe der Geschichte so furchtbare Angriffe
gegen Christus erlebt, wie wir sie in unseren Tagen mitgemacht haben. Drei
Merkmale sind es vorzüglich, die den Christuskampf des deutschen Neuheidentums
kennzeichneten:
Das erste Merkmal war der Apostatenhaß dieses Antichristentums.
Der Kampf gegen Christus, wie ihn das altrömische Kaisertum in den
Tagen der alten Kirche oder die späteren Christenverfolgungen in den
heidnischen Missionsländern führten, ging aus von einem Heidentum,
das Christus nicht kannte. Der furchtbare Kampf gegen Christus, wie er
in den zwölf Jahren des sogenannten Dritten Reiches in Deutschland
geführt wurde, ging aus von einem Heidentum, das Christus kannte,
das einmal zu ihm gehörte und von ihm abgefallen war. Das war es,
was als erstes diese Kämpfe kennzeichnet. Es waren Apostatenkämpfe.
Als ein Kaiser Nero die Apostel Petrus und Paulus einkerkern und hinrichten
ließ, als Decius und Diokletian zahlreiche unschuldige Christen zum
Tode verurteilten, da wußten sie im letzten nicht, was sie taten;
denn sie kannten Christus nicht. Die Männer aber, die in unseren Tagen
Priester und Gläubige in die Konzentrationslager schaffen und dort
verhungern oder grausam zu Tode martern ließen, waren Christen, waren,
selbst in der Führung, zum Teil ehemalige Katholiken. Sie waren einmal
in der Taufe dem mystischen Leibe Christi eingegliedert. Sie waren in der
Firmung mit dem Heiligen Geiste gesalbt. Sie waren in der heiligen Kommunion
mit dem Fleische und Blute Christi gespeist. Über sie hatte sich im
Bußsakrament die Hand eines Priesters segnend erhoben und das "Absolvo
te" gesprochen. Und diese Menschen, die einmal Christus angehörten,
die aufs engste mit ihm verbunden waren, wüteten jetzt gegen ihn,
gegen seine Priester und die Glieder seines mystischen Leibes. Apostatenhaß,
Renegatenhaß ist immer der furchtbarste Haß.
Mit dem Apostatenhaß hängt ein zweites Kennzeichen dieser
Kämpfe eng zusammen. Das ist der Satanismus. Weil es sich um Apostatenkämpfe
handelte, wirkte sich in ihnen der Satanismus aus, das heißt die
Besessenheit durch den Teufel und das Bestreben, an Stelle des Reiches
Christi ein Reich der Dämonie, an Stelle des Gottesreiches ein Rech
der Hölle auf Erden zu errichten. Denn in allem Apostatentum offenbart
sich jenes entsetzliche Geheimnis der Bosheit, das wir im ersten aller
Apostaten, dem Apostel Judas Ischariot, verköpert sehen. Von ihm sagt
der Evangelist Johannes in jener Stunde, da er sein Apostatentum im Abfall
von Christus verwirklichte: "Et introivit in eum Satanas" - "Und der Statan
fuhr in ihn" (Joh. 13,27).
Weil sich in diesen Kämpfen gegen Christus der Satanismus in besonderer
Weise offenbarte, herrschte in ihnen auch eine ganz teuflische Methode,
eine actio diabolica, zusammengesetzt aus Lüge und Ungerechtigkeit,
aus Grausamkeit und Mord; "denn der Teufel ist der Vater der Lüge
und ein Mörder von Anbeginn" (Joh. 8,44).
In die Zeiten solcher Kämpfe hat Gott uns hineingestellt. Sollen
wir deshalb niedergedrückt sein, daß er uns nicht in ruhigeren
Zeiten hat geboren werden und leben lassen? Nein, im Gegenteil! Zeiten
des Kampfes sind Zeiten der Entscheidung. Zeiten der Entscheidung sind
immer große Zeiten. Wir wollen Gott danken, daß er uns für
würdig erachtet hat, in dieser großen Zeit zu leben, in ihr
mitzukämpfen und mitzusiegen.
Was will Gott in dieser Entscheidung von uns? Zunächst will er
sich uns und der Welt als der unendlich heilige und gerechte Gott offenbaren.
Wir sollen alle die Wahrheit jenes Prophetenwortes erkennen und tief beherzigen:
"Wehe, du sündiges Geschlecht, du schuldbeladenes Volk!
Sie haben den Herrn verlassen, ihm den Rücken gekehrt.
Nun ist euer Land zu Wüste geworden.
Eure Städte sind vom Feuer verzehrt" (Js 1,4 und 7).
Aber er will sich uns auch als der bamrhezige Gott und Vater offenbaren.
Es hat sich an uns das weitere Wort des Propheten erfüllt:
"Hätte der Herr der Heerscharen uns nicht einen Rest gelassen,
Wie Sodoma wären wir fast, wir glichen Gomorrha" (Js 1,9).
Aus dieser Erkenntnis heraus sollen wir unsere Aufgaben erfassen lernen.
Eine dreichfache Aufgabe steht vor uns:
Dem Apostatenhaß, dem Abfall von Christus, sollen wir entgegenstellen
unsere unerschütterliche Treue zu Christus.
Dem Satanismus, dem Bestreben, das Reich der Dämonie auf Erden
zu errichten, sollen wir entgegenstellen unser Treuebekenntnis zur Kirche,
unsere Arbeit am Aufbau des Reiches Gottes.
Der actio diabolica der Lüge und der Ungerechtigkeit, der Grausamkeit
und des Menschenmordens, womit jene Apostaten das Reich der Hölle
auf Erden zu begründen suchten, sollen wir entgegenstellen die actio
catholica, die Aktion der Wahrheit und der Gerechtigkeit, der Güte
und der helfenden Menschenliebe.
Apostatenhaß - Christustreue
Dem Apostatentum unserer Zeit stellen wir entgegen das Treuebekenntnis
zu Christus. Es ist in den Tagen des Dritten Reiches in furchtbarer Weise
gekämpft worden gegen Christus. Man schmähte und schändete
den Heiland wegen seiner irdischen Abstammung von Unserer Lieben Frau,
der hehren Himmelskönigin, weil sie aus dem Hause und Geschlechte
Davids war, weil sie einem Volke entstammte, dem man den Untergang geschworen
hatte. Man verbreitete in Massen Lästerschriften gegen Christus und
seine heilige Mutter. Man entehrte sein Kreuz, das Zeichen der Erlösung.
Man verachtete seine Lehre als asiatische Entwürdigung des Menschen.
Man hätte am liebsten seinen Namen ausgetilgt aus der Geschichte der
Menschheit. In Büchern, Kalendern und öffentlichen Reden wurde
nicht mehr von der "Zeit vor und nach Christus", sondern "vor und nach
der Zeitenwende" gesprochen. Freilich war diese Zeitenwende nichts anderes
als die Geburt Christi. Das konnte man vorerst nicht ändern. Aber
man würde es geändert haben, wenn man zum Endsieg über die
Menschheit gekommen wäre. Dann würde man der ganzen Erde eine
neue Zeitenwende diktiert haben.
Beim letzten Abendmahle sprach der Herr das Wort: "Wenn der Heilige
Geist kommt, dann wird er die Welt überzeugen von der Sünde,
von der Gerechtigkeit und vom Gericht: von der Sünde, weil sie nicht
an mich geglaubt hat" (Joh 16,8). Der Heilige Geist wird im Laufe der Geschichte
der Welt immer deutlicher offenbaren, daß sie in der Verwerfung Christi,
des menschgewordenen Sohnes Gottes, die furchtbarste Sünde auf sich
geladen hat. Aber der Heilige Geist offenbart der Welt auch, daß
es eine göttliche Gerechtigkeit gibt, einen gerechten Gott, der diese
Sünde der Verwerfung Christi an der Menschheit heimsucht. Er offenbart
ihr, daß es ein Gericht über die christusentfremdete, christusfeindliche
Welt gibt wegen dieser Sünde.
In unseren Tagen haben wir diese Gerechtigkeit Gottes von neuem erkannt.
Wir haben dieses Gericht Gottes sich an der Menschheit, besonders an unserem
deutschen Volke, vollziehen sehen. Der Fluch, den einst der Prophet des
Alten Bundes über sein Volk aussprach, ist auch an unserem Volke in
Erfüllung gegangen.
"Wehe, du sündiges Geschlecht, du schuldbeladenes Volk!
Sie haben den Herrn verlassen, ihm den Rücken gekehrt.
Nun ist euer Land zur Wüste geworden,
Eure Städte sind vom Feuer verzehrt."
Wir haben in unseren Tagen mit Schaudern die Wahrheit erkannt, daß
eine christusfeindliche Menschheit eine ungeordnete und unsoziale, eine
erbarmungslose und unmoralische Menschheit ist. Wir haben erkannt, daß
ohne Christus die Völker sterben, bei all ihrer Wissenschaft und Technik
und Hygiene, daß sie dahinsterben an blutigen Kriegen, dahinsiechen
am weißen Tode, dem Geburtenschwund und der Zerrüttung der Familien.
Wir haben erkannt, daß, wer Christus ans Kreuz schlägt, sich
selber den Karfreitag bereitet. Das ist die Gerechtigkeit Gottes, das Gericht
Gottes am Fürsten dieser Welt. Und weite Kreise haben erkannt, daß
nur von Christus und seiner Wahrheit, nur von seinem Gesetz und seiner
Gnade die Rettung der Völker, die Rettung der menschlichen Gesellschaft
kommen kann.
Christi Worte und nur Christ Worte haben schöpferische Kraft.
Menschenworte mag man schon gar nicht mehr hören, nachdem auch die
machtvollsten zerplatzt sind wie Seifenblasen. Christi Wort an Petrus:
"Auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen" (Mt 16,18) hat den Wunderbau
der heiligen Kirche ins Leben gerufen und ihm Festigkeit gegeben für
alle Zeit. Christi Wort an seine Apostel: "Gehet hin in alle Welt" (Mk.
16,15) hat das Werk der Heidenmission geschaffen und die Welt für
die Wahrheit erobert. Christi Wort: "Tuet dies zu meinem Andenken!" (Lk
22,19) hat das Priestertum seiner Kirche gegründet, hat Millionen
und Milliarden von Menschenseelen mit Liebe und Leben erfüllt, vom
unschuldigen Kinde am Weißen Sonntag bis zum sterbenden Greis auf
dem Todesbette. Christi Wort an den Jüngling: "Gehe hin und verkaufe
alles, was du hast, und komm und folge mir!" (Mt. 19,21) hat das Ordenswesen
der Kirche ins Dasein gerufen mit all dem Segen, den es der Menschheit
erbracht hat. Christi Wort: "Gebet dem Kaiser, was des Kaisers ist, und
Gott, was Gottes ist" (Mt 22,21) vermag allein bürgerlichen Frieden,
Eintracht zwischen Kirche und Staat zu schaffen. Christi Wort: "Selig die
Friedfertigen, denn sie werden Kinder Gottes genannt werden! Selig die
Barmherzigen, denn sie werden Barmherzigkeit erlangen!" (Mt. 5,7) ist allein
imstande, Völkerfrieden und soziale Gemeinschaft zu bringen. Aus Christi
Wort: "Selig die reinen Herzens sind!" (Mt 5,8) kann allein wahre Sexualreform
erwachsen. Aus Christi Wort: "Was Gott verbunden, soll der Mensch nicht
trennen!" (19,6) kann allein die Erneuerung der Ehe und Familie kommen.
In dieser Überzeugung wollen wir dem Heiland das Bekenntnis der
Treue unseres Glaubens geben. Im Geiste der Glaubenstreue sprechen wir
zu ihm: "Du, mein Heiland, bist mein höchster König und Herr,
mein höchster Führer und Lehrer. Du bist es durch deine ewige
Geburt aus dem wesensgleichen, unendlichen Vater. Du bist es durch dein
Erlöserleben und deinen Erlösertod. In diesem Glauben will ich
leben und wirken und sterben."
In diesem Glauben geben wir dem Heiland das Bekenntnis der Treue unserer
hingebenden Liebe. Wir gläubigen Männer treten in diesen Tagen
der Entscheidung vor sein Angesicht, und mit Petrus, dem Fürsten der
Apostel, sprechen wir zu ihm: "Herr, zu wem könnten wir gehen als
zu dir? Welcher Irrlehre sollten wir uns wohl anschließen, nachdem
wir sie alle in ihrer Nichtigkeit und Verderblichkeit erkannt haben? Du
allein hast Worte des ewigen Lebens. Wir haben geglaubt und erkannt, daß
du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes. Dein wollen wir sein.
Dein wollen wir bleiben in allem Ringen und Kämpfen dieser Zeit."
So treten in diesen Tagen der Entschedigung die gläubigen Frauen
zum Heiland. Nehmet eure Kinder im Geiste an die Hand, ihr Mütter,
wie einst die jüdischen Mütter ihre Kinder zum Heiland führten,
und bittet ihn, daß er sie segnen möge! Zwölf Jahre lang
hat man versucht, eure Kinder vom Heiland fern zu halten. Weiht sie ihm
jetzt wieder ganz und gar, daß es Königskinder werden des höchsten
Königs! Versprecht ihm, daß ihr durch eure häusliche Erziehung,
durch euer Eintreten für die Bekenntnisschule, durch eure Zusammenarbeit
mit euren Seelsorgern und guten katholischen Lehrern eure Kinder immer
mehr zu seinem heiligen Herzen führen wollt!
Und ihr, katholische Jungmänner, kommt auch ihr in diesen Tagen
der Entscheidung zum Heiland! Mit dem Jüngling im Evangelium richtet
an ihn die Frage: "Guter Meister, was muß ich tun, um das Leben zu
erlangen?" (Mt 19,16)! Und ihr werdet aus seinem Munde die Worte vernehmen:
"Willst du zum Leben eingehen, so halte die Gebote! Sei gut gegen deinen
Vater und gegen deine Mutter! Sie haben viele Sorge und Mühe deinetwegen
in diesen Jahren gehabt, weit mehr als zu anderen Zeiten. Vergilt es ihnen,
soviel du nur kannst. Sei rein und keusch mit dir selber und mit anderen!
Mute keinem Mädchen etwas Schlechtes zu! Denk daran, daß auch
deine Mutter einmal ein junges Mädchen war! Ehre in jedem Mädchen
deine Mutter, am meisten in deiner Braut!"
Und ihr katholischen Jungfrauen, setzt euch sinnend nieder zu des Heilands
Füßen, wie einst Maria von Bethanien zu seinen Füßen
saß, und lauschet auf die Worte, die er zu euch spricht! Er mahnt
euch, daß ihr ihm die Reinheit eures Leibes durch eure Jugend hindurchtragt.
Mag unser deutsches Volk noch so geschlagen und zerschlagen sein, wir brauchen
nichts zu fürchten, wenn in unseren Jungmädchen und Jungfrauen
eine Generation starker, frommer, sittenreiner, echt deutscher Mütter
von alter, selbstbeherrschter, selbstbewußter Art heranwächst.
So weihen wir uns in diesen Tagen der Entscheidung alle dem Heiland.
So stellen wir dem Apostatenhaß unserer Zeit das unerschütterliche
Treuebekenntnis unseres Glaubens und unserer Liebe zum Heiland entgegen.
Satanismus - Treue zur Kirche
Wie dem Apostatentum die Christustreue, so stellen wir dem Satanismus,
dem Bestreben, ein Reich der Dämonie auf Erden zu errichten, entgegen
unser Treuebekenntnis zur heiligen Kirche.
Am Hochaltar des Kreuzes sind die ewigen Quellen aufgebrochen, aus
deren heiliger Flut die Kinder des Gottesreiches, das königliche Geschlecht
der heiligen Kirche, geboren sind. Dem Herzen des Heilands sind die Quellen
des Heiles entströmt, aus denen die Kirche wurde. Deshalb wird die
Verfolgung des Gekreuzigten immer zur Verfolgung der Kirche.
In der Gestalt des Gekreuzigten schreitet die Kirche durch unsere Tage.
Wir haben im Dritten Reiche den furchtbaren Kampf erlebt, der gegen die
Kirche tobte. Wir haben erlebt, wie man an Stelle des Reiches Gottes das
Reich der Hölle aufzurichten suchte. Der Kirche wurde jeder Einfluß
im öffentlichen Leben genommen, der Dämonie jeglicher Einfluß
gegeben. In den öffentlichen Vortragsräumen erscholl nicht mehr
die Lehre der heiligen Kirche, statt ihrer die Lehre Satans. Die kirchliche
Presse wurde vollständig vernichtet, statt ihrer eine neuheidnische
Presse zwangsmäßig in die Häuser und Familien geschafft.
Für Katechismen, Bibeln, Gebet- und Gesangbücher wurde kein Papier
mehr bewilligt, umso mehr für eine ungläubige, kirchenhetzerische
Literatur. So ging es auf allen Gebieten. Überall herrschte das Bestreben,
an Stelle des Reiches Gottes das Reich der Hölle zu errichten. Überall
herrschte der Satanismus. Noch konnte man nicht bis zum Letzten, bis zur
vollständigen Vernichtung der Kirche, schreiten, weil man vor Kriegsende
keinen Zwiespalt in Volk und Heer tragen durfte. Aber für den Schluß
eines siegreichen Krieges waren alle Pläne zur Austilgung der Kirche
gefaßt und vorbereitet.
Da griff der gerechte Gott ein. Da griff derjenige ein, der von sich
sagte: "Der Vater hat alles Gericht dem Sohne übertragen" (Joh 5,22).
Der Sohn Gottes, er, der seiner Kirche seinen ewigen Beistand verheißen,
vollzog das furchbbare Gericht an den Feinden seines Reiches. So ging auch
wegen des Kampfes gegen die heilige Kirche das Wort des Propheten an unserem
Volk in Erfüllung:
"Wehe, du sündiges Geschlecht, du schuldbeladenes Volk!
Nun ist euer Land zur Wüste geworden,
Eure Städte sind vom Feuer verzehrt."
An uns ist es nunmehr, gut zu machen, was gesündigt ist. Je mehr
die heilige Kirche verfolgt wurde, umso inniger soll unsere Liebe zur Kirche
sein. Es ist heute eine ganz große Zeit für die Kirche Christi
auf Erden angebrochen. Wenn wir in unseren Tagen den Heiland in seiner
Kirche auch oft in der Ecce-homo-Gestalt durch die Menschheit haben schreiten
sehen, so haben wir doch mit den Augen des Glaubens in der Ecce-homo-Gestalt
die Gestalt des verklärten Gottessohnes vom Tabor erkannt. Wenn nicht
alles trügt, steht in nicht ferner Zukunft eine Zeit bevor, in der
der Herr auch offensichtlich vor aller Welt in der Gestalt des Verklärten
vom Tabor in seiner Kirche durch die Menschheit schreiten wird.
Alle rein irdischen Systeme, alle rein menschlichen Versuche und Konstruktionen
wissenschaftlicher, sozialer und wirtschaftlicher Art haben im Laufe der
Menschheitsgeschichte immer offensichtlicher ihre Unzulänglichkeit
geoffenbart. Welche irdische Macht möchte von sich behaupten, sie
sei durch eigene Kraft imstande, die in der ganzen Welt wachsende Unruhe
und Unzufriedenheit der Menschheit zu bannen? Die Bazillen geistiger Verseuchung
lassen sich weder durch Grenzmauern noch Grenzstationen, weder durch Militär
noch durch Polizei noch durch internationale Konferenzen von den Völkern
und Menschen fernhalten. Sie dringen durch Radiowellen in Blitzesschnelle
bs zu den Grenzen der Erde. Sie schwirren schließlich von Mund zu
Mund. Sie setzen sich überall fest, wo sie Boden finden, unsichtbar
und doch stark und zähe. Sie wachsen und gedeihen, zersetzen und zermürben.
Nur eine Macht, die hineinreicht bis in die Tiefe der Gewissen, bis in
die letzte Verantwortung der Seele, vermag die Menschen vor dem Verderben
zu bewahren, ist imstande, der Menschheit Hilfe und Rettung und Heilung
zu bringen. Diese Macht kann nicht eine rein menschliche Macht sein. Es
ist die Gottesmacht der Kirche, in ihrem Wesen der auf Erden geheimnisvolle
fortlebende und fortwirkende menschgewordene Gottessohn, in der der heilige
Gottesgeist sich auswirkt, läuternd und leuchtend und stärkend
auf die Seelen der Menschen. Zur alle versöhnenden, alles überbrückenden
Kirche Christi müssen die Kulturvölekr sich wieder wenden, ihren
Einfluß auf die Gewissen der Menschen müssen sie wieder zu mehren
suchen, damit nicht die Menschheit an Weltkriegen und Revolutionen zugrunde
gehe. Diese Erkenntnis hat in unseren Tagen immer mehr denkende und verantwortungsbewußte
Menschen erfaßt.
[...; Algermissen nennt hier als Beispiel von Bodelschwingh]
actio diabolica - actio catholica
Die actio catholica stellen wir entgegen der actio diabolica des modernen
Antichristentums. Wahrlich, es hat eine actio diabolica von furchtbaren
Ausmaßen in unserem deutschen Volke in den zwölf Jahren des
Dritten Reiches gegeben.
Aus dem Satanismus entsprang die Aktion der Lüge und Heuchelei.
Wo der Teufel herrscht, da herrscht die Lüge; denn "der Teufel ist
der Vater der Lüge" (Joh. 8,45). In wahrhaft satanischer Weise wurde
unser Volk belogen. So sehr herrschte schließlich die Lüge,
daß die höchsten geistigen und sittlichen Begriffe in ihr Gegenteil
verkehrt wurden. Die Gottlosigkeit nannte man "Gottgläubigkeit". Das
Antichristentum hieß "positives Christentum". Das Grauen der Konzentrationslager
wurde als "Schutzhaft" bezeichnet: der arme Insasse sollte angeblich geschützt
werden vor der Wut des Volkes. Recht hieß Unrecht und Unrecht Recht,
Wahrheit Lüge und Lüge Wahrheit. Das unsittlichste aller Systeme
organisierte Sittlichkeitsprozesse gegen die Kirche. Die unersättlichsten
aller Schieber gefielen sich in Devisenprozessen gegen Klöster und
Mönche und Nonnen. Schließlich log man das Volk in den Krieg
und den Untergang hinein. Actio diabolica!
Eine solche tiefinnerste Verlogenheit ist wahrhaft dämonisch.
Sie ist wahres Antichristentum, denn Christus ist die Wahrheit, die personale
Wahrheit. Sie ist psychologisch der Quellgrund aller Verbrechen. Diese
Zusammenhänge spricht einer der gründlichsten Seelenkenner der
Neuzeit, der russische Dichter Dostojewskij, aus in dem Wort: "Wer sich
selbst belügt und der eigenen Lüge traut, kommt soweit, daß
er gar keine Wahrheit mehr, weder in sich selbst noch in seiner Umgebung,
erkennt; und er gelangt schließlich dazu, weder sich selbst noch
andere mehr zu achten. Sobald er aber niemand mehr achtet, hört er
auch auf zu lieben; und, der Liebe entbehrend, überläßt
er sich den Leidenschaften und den groben Lüsten. Und in seinen Lastern
sinkt er vollständig zum Vieh hinab, und alles das infolge beständiger
Lüge sich selbst und anderen gegenüber" ("Die Brüder Karamasow",
übersetzt von Bodo v. Loßberg, Berlin, o.J., Bd. I, S. 61f).
So entsprang dem Satanismus auch die Ungerechtigkeit. Riesenhoch stieg
das Unrecht im Dritten Reich empor. Hunderttausende, Millionen unschuldiger
Menschen erlagen dem Unrecht in Kerkern und Konzentrationslagern. Nie wurde
ihnen ein Prozeß gemacht. Jahrelang seufzet die ganze Welt unter
dem Unrecht des freventlich entfachten Krieges mit seinem unübersehbaren
Meer von Ungerechtigkeiten. Actio diabolica!
Und schließlich entsprang aus dem Satanismus die Grausamkeit,
die Folter, der Mord, der Massenmord: "Der der Teufel ist ein Mörder
von Anbeginn" (Joh 8,44). Die Grausamkeiten der Gestapo-Foltern, die Scheußlichkeiten
der Konzentrationslager mit ihren sadistischen Strafen, ihrem menschenunwürdigen
Leben, ihren Gaskammern, ihrer Herabwürdigung des gottebenbildlichen
Menschen unter das Vieh, das waren die grauenerregegenden Früche des
Satanismus. Actio diabolica!
In dieser systematischen Entehrung des Menschenbildes, in dieser grundsätzlichen
Entwürdigung geschöpflicher Gottebenbildlichkeit offenbarte sich
am deutlichsten der diabolische Charakter des Dritten Reiches. Denn in
dieser Entweihung des Ebenbildes Gottes wurde Gott selber, wurde Christus,
der menschgewordene Sohn Gottes, getroffen. Deshalb mußte Gott eingreifen.
Und nur er war imstande, die Macht der Hölle, die sich hier verkörpert
hatte, und die schützend ihre Hände über ihre Sendlinge
hielt, zu zerschlagen. Ein Wort Goethes läßt uns diese düsteren,
unheimlichen Zusammenhänge durchschauen. Goethe sagt: "Das Dämonische
bildet eine die moralische Weltordnung durchkreuzende Macht. Am furchtbarsten
erscheint dieses Dämonische, wenn es in irgend einem Menschen überwiegend
hervortritt. Eine ungeheure Kraft geht von solchen Menschen aus, und sie
üben eine unglaubliche Gewalt über alle Geschöpfe, ja sogar
über die Elemente; und wer kann sagen, wie weit sich eine solche Wirkung
erstrecken wird? Alle vereinten sittlichen Kräfte vermögen nichts
gegen sie. Vergebens, daß der hellere Teil der Menschen sie als Betrogene
oder als Betrüger verdächtig machen will; die Masse wird von
ihnen angezogen. Sie sind durch nichts zu überwinden als durch das
Universum selbst, mit dem sie den Kampf begonnen" (Goethe, "Aus meinem
Leben", IV, 20).
Nun ist Gottes Gericht über all das ergangen. Nun hat sich erfüllt
an unserem Volk das Wort des Propheten:
"Wehe, du sündiges Geschlecht, du schuldbeladenes Volk!
Sie haben den Herrn verlassen, ihm den Rücken gekehrt.
Nun ist euer Land zur Wüste geworden.
Eure Städte sind vom Feuer verzehrt.
Hätte der Herr der Heerscharen uns nicht einen Rest gelassen,
Wie Sodoma wären wir fast, wir glichen Gomorrha" (Js 1,9).
An uns allen ist es, Sühne zu leisten. Im Geiste der Sühne
stellen wir dieser actio diabolica die actio catholica entgegen. Katholische
Aktion heißt die tätige Mithilfe der Laien am Aufbau des Reiches
Gottes, an den Aufgaben der Seelsorge. Der Priester kann nicht überall
sein. Wohin er nicht kommt: in das tägliche Leben der Familien, in
die Werkstätten und Fabriken, in die Lehrstätten und Büros,
in die Gaststätten und Kaufläden, dahin kommt ihr, gläubige
Laien. Ihr habt dort Arbeits- und Heimatsrecht. Daß ihr dort im Sinne
eurer Seelsorger wirkt als deren verlängerte Arme, daß ihr mit
den Augen des wahren Seelsorgers, mit den Augen Christi die Not eures Mitmenschen
seht, seine soziale, seine sittliche, seine seelische Not, daß ihr
diese Not mit dem Herzen Christis empfindet, daß ihr zu helfen und
zu heilen sucht mit dem Munde Christi, mit den Händen Christi: das
ist Katholische Aktion.
Der satanischen Aktion der Lüge stellen wir im Apostolat des Wortes
entgegen die Aktion der Wahrheit. Es gibt soviel Unkenntnis und Irrtum,
soviele religiöse und sittliche Unwissenheit. Infolge der Unwissenheit
fallen die Massen des Volkes zu allen Zeiten Lügenpropheten und der
Lüge anheim. Aus der Lüge entsteht das Elend der Völker.
Üben wir alle, wo nur immer wir Gelegenheit dazu haben, das Apostolat
des Wortes, daß Christus, daß die Wahrheit Gottes zum Siege
komme! Nur die Wahrheit wird uns frei machen (Joh 8,32).
Der satanischen Aktion der Ungerechtigkeit stellen wir entgegen die
katholische Aktion der Gerechtigkeit. Seien wir gerecht in all unserem
Handeln! Seien wir von unbestechlicher Gerechtigkeit in unseren privaten
Beziehungen zueinandern! Seien wir von unerschütterlicher Gerechtigkeit
in unserem wirtschaftlichen und sozialen Denken und Leben! Die Gerechtigkeit
ist das Fundament jeder menschlichen Gemeinschaft.
Vor allem aber üben wir die Liebe als die Vollendung der actio
catholica, im Gegensatz zum Haß und zur Grausamkeit des Satanismus,
der über uns herrschte. Es gibt in den nächsten Jahren so unendlich
viel Not zu lindern, leibliche und seelische, geistige und sittliche Not.
Seien wir Apostel lebendigster Caritas auch im Geiste der Sühne für
all die Grausamkeiten, die auf deutschem Boden geschehen sind, für
das Meer unschuldig vergossenen Blutes, das die deutsche Erde getrunken
hat, und das von der deutschen Erde um Rache zum Himmel schreit! Seien
wir auch Apostel der Liebe und des Friedens im Sinne der Eintracht aller
Völker, der großen Menschenfamilie auf Erden.
Das sind die großen Aufgaben, die heute vor uns stehen: unerschütterliche
Treue zu Christus, unerschütterliche Treue zur heiligen Kirche, unermüdliche
Arbeit am Aufbau des Reiches Gottes auf Erden im Geiste der Aktion christlicher
Güte und Liebe. Immer klarer wollen wir diese unsere Aufgaben sehen,
immer starkmütiger wollen wir sie durchführen. So muß jeder
von uns seinen Teil beitragen, daß das Königreich Christi werde,
"das Reich der Wahrheit und des Lebens, das Reich der Heiligkeit und der
Gnade, das Reich der Gerechtigkeit und Liebe und des Friedens" (Präfation
der Christkönigsmesse). Erfüllen wir so die Forderung, die ein
katholischer Dichter der Neuzeit an die Männerwelt richtet, die aber
im gleichen Sinne gilt für die Frauenwelt und für unsere Jugend:
"Wir brauchen Männer, mutig, ohne Wanken,
nicht Schwächlinge, die wie das Schilfrohr schwanken.
Wir brauchen Männer, wie von Stahl und Eisen,
und Memmen nicht, die nur mit Worten gleißen.
Wir brauchen Männer und nicht Wetterfahnen,
die bei des Sturmes erstem, dumpfem Weh´n
sich ächzend schon um ihre Achse dreh´n.
Wir brauchen Männer in den schweren Tagen,
die hoch des Kreuzes heilig Banner tragen,
trotz Hohn und spott, in starker, fester Hand.
Wir brauchen Männer in den trüben Tagen,
die glaubensstark die Schlachten Gottes schlagen
für unser Volk, für unser Vaterland" (F. Eichert)
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