Kirche und Gegenwart

- Das Antichristentum des Dritten Reiches und unsere Aufgaben -
(Kirche zum Mitreden, 27.04.1999)
[PRHL] Der folgende Text stammt aus dem Buch "Kirche und Gegenwart. Besinnliches zur heutigen religiös-kulturellen Lage", Celle 1946. Der Autor, Konrad Algermissen, ist eine angesehene Autorität in Fragen des Verhältnisses der Kirche zu den christlichen Sekten. 1930, als die vierte Auflage seines Buches "Christliche Sekten und Kirche Christi" unter dem Titel "Konfessionskunde" veröffentlicht wurde, war Algermissen Leiter des apologetischen Dezernats an der Zentrale des Volksvereins für das katholische Deutschland.
"Kirche und Gegenwart basiert auf dem 1939 erschienenen Buch Algermissens "Predigten zur Zeitlage", das allerdings sehr bald verboten und von der Gestapo beschlagnahmt wurde. Auf vielfachen Wunsch hin hat Algermissen nach Ende des Naziterrors das Buch überarbeitet und die Predigten in besinnliche Lesungen umgestaltet. Der Text beweist nicht nur den Bekennermut der römisch-katholischen Kirche in der Nazizeit, sondern kann auch den Christen unserer Gegenwart helfen, die unter der am Ausgang des zweiten Jahrtausends wütenden Christenverfolgung in Deutschland leiden, zu beurteilen und siegreich zu bestehen (s. Herz Jesu). Jeder darf selbst darüber nachdenken, ob sich vielleicht mutatis mutandis das eine oder andere, was Algermissen über die Kennzeichen und Folgen eines gottlosen Staates schreibt, auf die heutige Bundesrepublik übertragen läßt.

Das Antichristentum des Dritten Reiches und unsere Aufgaben

Niemals hat die Kirche im Laufe der Geschichte so furchtbare Angriffe gegen Christus erlebt, wie wir sie in unseren Tagen mitgemacht haben. Drei Merkmale sind es vorzüglich, die den Christuskampf des deutschen Neuheidentums kennzeichneten:
Das erste Merkmal war der Apostatenhaß dieses Antichristentums. Der Kampf gegen Christus, wie ihn das altrömische Kaisertum in den Tagen der alten Kirche oder die späteren Christenverfolgungen in den heidnischen Missionsländern führten, ging aus von einem Heidentum, das Christus nicht kannte. Der furchtbare Kampf gegen Christus, wie er in den zwölf Jahren des sogenannten Dritten Reiches in Deutschland geführt wurde, ging aus von einem Heidentum, das Christus kannte, das einmal zu ihm gehörte und von ihm abgefallen war. Das war es, was als erstes diese Kämpfe kennzeichnet. Es waren Apostatenkämpfe.
Als ein Kaiser Nero die Apostel Petrus und Paulus einkerkern und hinrichten ließ, als Decius und Diokletian zahlreiche unschuldige Christen zum Tode verurteilten, da wußten sie im letzten nicht, was sie taten; denn sie kannten Christus nicht. Die Männer aber, die in unseren Tagen Priester und Gläubige in die Konzentrationslager schaffen und dort verhungern oder grausam zu Tode martern ließen, waren Christen, waren, selbst in der Führung, zum Teil ehemalige Katholiken. Sie waren einmal in der Taufe dem mystischen Leibe Christi eingegliedert. Sie waren in der Firmung mit dem Heiligen Geiste gesalbt. Sie waren in der heiligen Kommunion mit dem Fleische und Blute Christi gespeist. Über sie hatte sich im Bußsakrament die Hand eines Priesters segnend erhoben und das "Absolvo te" gesprochen. Und diese Menschen, die einmal Christus angehörten, die aufs engste mit ihm verbunden waren, wüteten jetzt gegen ihn, gegen seine Priester und die Glieder seines mystischen Leibes. Apostatenhaß, Renegatenhaß ist immer der furchtbarste Haß.
Mit dem Apostatenhaß hängt ein zweites Kennzeichen dieser Kämpfe eng zusammen. Das ist der Satanismus. Weil es sich um Apostatenkämpfe handelte, wirkte sich in ihnen der Satanismus aus, das heißt die Besessenheit durch den Teufel und das Bestreben, an Stelle des Reiches Christi ein Reich der Dämonie, an Stelle des Gottesreiches ein Rech der Hölle auf Erden zu errichten. Denn in allem Apostatentum offenbart sich jenes entsetzliche Geheimnis der Bosheit, das wir im ersten aller Apostaten, dem Apostel Judas Ischariot, verköpert sehen. Von ihm sagt der Evangelist Johannes in jener Stunde, da er sein Apostatentum im Abfall von Christus verwirklichte: "Et introivit in eum Satanas" - "Und der Statan fuhr in ihn" (Joh. 13,27).
Weil sich in diesen Kämpfen gegen Christus der Satanismus in besonderer Weise offenbarte, herrschte in ihnen auch eine ganz teuflische Methode, eine actio diabolica, zusammengesetzt aus Lüge und Ungerechtigkeit, aus Grausamkeit und Mord; "denn der Teufel ist der Vater der Lüge und ein Mörder von Anbeginn" (Joh. 8,44).
In die Zeiten solcher Kämpfe hat Gott uns hineingestellt. Sollen wir deshalb niedergedrückt sein, daß er uns nicht in ruhigeren Zeiten hat geboren werden und leben lassen? Nein, im Gegenteil! Zeiten des Kampfes sind Zeiten der Entscheidung. Zeiten der Entscheidung sind immer große Zeiten. Wir wollen Gott danken, daß er uns für würdig erachtet hat, in dieser großen Zeit zu leben, in ihr mitzukämpfen und mitzusiegen.
Was will Gott in dieser Entscheidung von uns? Zunächst will er sich uns und der Welt als der unendlich heilige und gerechte Gott offenbaren. Wir sollen alle die Wahrheit jenes Prophetenwortes erkennen und tief beherzigen:
"Wehe, du sündiges Geschlecht, du schuldbeladenes Volk!
Sie haben den Herrn verlassen, ihm den Rücken gekehrt.
Nun ist euer Land zu Wüste geworden.
Eure Städte sind vom Feuer verzehrt" (Js 1,4 und 7).
Aber er will sich uns auch als der bamrhezige Gott und Vater offenbaren. Es hat sich an uns das weitere Wort des Propheten erfüllt:
"Hätte der Herr der Heerscharen uns nicht einen Rest gelassen,
Wie Sodoma wären wir fast, wir glichen Gomorrha" (Js 1,9).
Aus dieser Erkenntnis heraus sollen wir unsere Aufgaben erfassen lernen. Eine dreichfache Aufgabe steht vor uns:
Dem Apostatenhaß, dem Abfall von Christus, sollen wir entgegenstellen unsere unerschütterliche Treue zu Christus.
Dem Satanismus, dem Bestreben, das Reich der Dämonie auf Erden zu errichten, sollen wir entgegenstellen unser Treuebekenntnis zur Kirche, unsere Arbeit am Aufbau des Reiches Gottes.
Der actio diabolica der Lüge und der Ungerechtigkeit, der Grausamkeit und des Menschenmordens, womit jene Apostaten das Reich der Hölle auf Erden zu begründen suchten, sollen wir entgegenstellen die actio catholica, die Aktion der Wahrheit und der Gerechtigkeit, der Güte und der helfenden Menschenliebe.

Apostatenhaß - Christustreue

Dem Apostatentum unserer Zeit stellen wir entgegen das Treuebekenntnis zu Christus. Es ist in den Tagen des Dritten Reiches in furchtbarer Weise gekämpft worden gegen Christus. Man schmähte und schändete den Heiland wegen seiner irdischen Abstammung von Unserer Lieben Frau, der hehren Himmelskönigin, weil sie aus dem Hause und Geschlechte Davids war, weil sie einem Volke entstammte, dem man den Untergang geschworen hatte. Man verbreitete in Massen Lästerschriften gegen Christus und seine heilige Mutter. Man entehrte sein Kreuz, das Zeichen der Erlösung. Man verachtete seine Lehre als asiatische Entwürdigung des Menschen. Man hätte am liebsten seinen Namen ausgetilgt aus der Geschichte der Menschheit. In Büchern, Kalendern und öffentlichen Reden wurde nicht mehr von der "Zeit vor und nach Christus", sondern "vor und nach der Zeitenwende" gesprochen. Freilich war diese Zeitenwende nichts anderes als die Geburt Christi. Das konnte man vorerst nicht ändern. Aber man würde es geändert haben, wenn man zum Endsieg über die Menschheit gekommen wäre. Dann würde man der ganzen Erde eine neue Zeitenwende diktiert haben.
Beim letzten Abendmahle sprach der Herr das Wort: "Wenn der Heilige Geist kommt, dann wird er die Welt überzeugen von der Sünde, von der Gerechtigkeit und vom Gericht: von der Sünde, weil sie nicht an mich geglaubt hat" (Joh 16,8). Der Heilige Geist wird im Laufe der Geschichte der Welt immer deutlicher offenbaren, daß sie in der Verwerfung Christi, des menschgewordenen Sohnes Gottes, die furchtbarste Sünde auf sich geladen hat. Aber der Heilige Geist offenbart der Welt auch, daß es eine göttliche Gerechtigkeit gibt, einen gerechten Gott, der diese Sünde der Verwerfung Christi an der Menschheit heimsucht. Er offenbart ihr, daß es ein Gericht über die christusentfremdete, christusfeindliche Welt gibt wegen dieser Sünde.
In unseren Tagen haben wir diese Gerechtigkeit Gottes von neuem erkannt. Wir haben dieses Gericht Gottes sich an der Menschheit, besonders an unserem deutschen Volke, vollziehen sehen. Der Fluch, den einst der Prophet des Alten Bundes über sein Volk aussprach, ist auch an unserem Volke in Erfüllung gegangen.
"Wehe, du sündiges Geschlecht, du schuldbeladenes Volk!
Sie haben den Herrn verlassen, ihm den Rücken gekehrt.
Nun ist euer Land zur Wüste geworden,
Eure Städte sind vom Feuer verzehrt."
Wir haben in unseren Tagen mit Schaudern die Wahrheit erkannt, daß eine christusfeindliche Menschheit eine ungeordnete und unsoziale, eine erbarmungslose und unmoralische Menschheit ist. Wir haben erkannt, daß ohne Christus die Völker sterben, bei all ihrer Wissenschaft und Technik und Hygiene, daß sie dahinsterben an blutigen Kriegen, dahinsiechen am weißen Tode, dem Geburtenschwund und der Zerrüttung der Familien. Wir haben erkannt, daß, wer Christus ans Kreuz schlägt, sich selber den Karfreitag bereitet. Das ist die Gerechtigkeit Gottes, das Gericht Gottes am Fürsten dieser Welt. Und weite Kreise haben erkannt, daß nur von Christus und seiner Wahrheit, nur von seinem Gesetz und seiner Gnade die Rettung der Völker, die Rettung der menschlichen Gesellschaft kommen kann.
Christi Worte und nur Christ Worte haben schöpferische Kraft. Menschenworte mag man schon gar nicht mehr hören, nachdem auch die machtvollsten zerplatzt sind wie Seifenblasen. Christi Wort an Petrus: "Auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen" (Mt 16,18) hat den Wunderbau der heiligen Kirche ins Leben gerufen und ihm Festigkeit gegeben für alle Zeit. Christi Wort an seine Apostel: "Gehet hin in alle Welt" (Mk. 16,15) hat das Werk der Heidenmission geschaffen und die Welt für die Wahrheit erobert. Christi Wort: "Tuet dies zu meinem Andenken!" (Lk 22,19) hat das Priestertum seiner Kirche gegründet, hat Millionen und Milliarden von Menschenseelen mit Liebe und Leben erfüllt, vom unschuldigen Kinde am Weißen Sonntag bis zum sterbenden Greis auf dem Todesbette. Christi Wort an den Jüngling: "Gehe hin und verkaufe alles, was du hast, und komm und folge mir!" (Mt. 19,21) hat das Ordenswesen der Kirche ins Dasein gerufen mit all dem Segen, den es der Menschheit erbracht hat. Christi Wort: "Gebet dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist" (Mt 22,21) vermag allein bürgerlichen Frieden, Eintracht zwischen Kirche und Staat zu schaffen. Christi Wort: "Selig die Friedfertigen, denn sie werden Kinder Gottes genannt werden! Selig die Barmherzigen, denn sie werden Barmherzigkeit erlangen!" (Mt. 5,7) ist allein imstande, Völkerfrieden und soziale Gemeinschaft zu bringen. Aus Christi Wort: "Selig die reinen Herzens sind!" (Mt 5,8) kann allein wahre Sexualreform erwachsen. Aus Christi Wort: "Was Gott verbunden, soll der Mensch nicht trennen!" (19,6) kann allein die Erneuerung der Ehe und Familie kommen.
In dieser Überzeugung wollen wir dem Heiland das Bekenntnis der Treue unseres Glaubens geben. Im Geiste der Glaubenstreue sprechen wir zu ihm: "Du, mein Heiland, bist mein höchster König und Herr, mein höchster Führer und Lehrer. Du bist es durch deine ewige Geburt aus dem wesensgleichen, unendlichen Vater. Du bist es durch dein Erlöserleben und deinen Erlösertod. In diesem Glauben will ich leben und wirken und sterben."
In diesem Glauben geben wir dem Heiland das Bekenntnis der Treue unserer hingebenden Liebe. Wir gläubigen Männer treten in diesen Tagen der Entscheidung vor sein Angesicht, und mit Petrus, dem Fürsten der Apostel, sprechen wir zu ihm: "Herr, zu wem könnten wir gehen als zu dir? Welcher Irrlehre sollten wir uns wohl anschließen, nachdem wir sie alle in ihrer Nichtigkeit und Verderblichkeit erkannt haben? Du allein hast Worte des ewigen Lebens. Wir haben geglaubt und erkannt, daß du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes. Dein wollen wir sein. Dein wollen wir bleiben in allem Ringen und Kämpfen dieser Zeit."
So treten in diesen Tagen der Entschedigung die gläubigen Frauen zum Heiland. Nehmet eure Kinder im Geiste an die Hand, ihr Mütter, wie einst die jüdischen Mütter ihre Kinder zum Heiland führten, und bittet ihn, daß er sie segnen möge! Zwölf Jahre lang hat man versucht, eure Kinder vom Heiland fern zu halten. Weiht sie ihm jetzt wieder ganz und gar, daß es Königskinder werden des höchsten Königs! Versprecht ihm, daß ihr durch eure häusliche Erziehung, durch euer Eintreten für die Bekenntnisschule, durch eure Zusammenarbeit mit euren Seelsorgern und guten katholischen Lehrern eure Kinder immer mehr zu seinem heiligen Herzen führen wollt!
Und ihr, katholische Jungmänner, kommt auch ihr in diesen Tagen der Entscheidung zum Heiland! Mit dem Jüngling im Evangelium richtet an ihn die Frage: "Guter Meister, was muß ich tun, um das Leben zu erlangen?" (Mt 19,16)! Und ihr werdet aus seinem Munde die Worte vernehmen: "Willst du zum Leben eingehen, so halte die Gebote! Sei gut gegen deinen Vater und gegen deine Mutter! Sie haben viele Sorge und Mühe deinetwegen in diesen Jahren gehabt, weit mehr als zu anderen Zeiten. Vergilt es ihnen, soviel du nur kannst. Sei rein und keusch mit dir selber und mit anderen! Mute keinem Mädchen etwas Schlechtes zu! Denk daran, daß auch deine Mutter einmal ein junges Mädchen war! Ehre in jedem Mädchen deine Mutter, am meisten in deiner Braut!"
Und ihr katholischen Jungfrauen, setzt euch sinnend nieder zu des Heilands Füßen, wie einst Maria von Bethanien zu seinen Füßen saß, und lauschet auf die Worte, die er zu euch spricht! Er mahnt euch, daß ihr ihm die Reinheit eures Leibes durch eure Jugend hindurchtragt. Mag unser deutsches Volk noch so geschlagen und zerschlagen sein, wir brauchen nichts zu fürchten, wenn in unseren Jungmädchen und Jungfrauen eine Generation starker, frommer, sittenreiner, echt deutscher Mütter von alter, selbstbeherrschter, selbstbewußter Art heranwächst.
So weihen wir uns in diesen Tagen der Entscheidung alle dem Heiland. So stellen wir dem Apostatenhaß unserer Zeit das unerschütterliche Treuebekenntnis unseres Glaubens und unserer Liebe zum Heiland entgegen.

Satanismus - Treue zur Kirche

Wie dem Apostatentum die Christustreue, so stellen wir dem Satanismus, dem Bestreben, ein Reich der Dämonie auf Erden zu errichten, entgegen unser Treuebekenntnis zur heiligen Kirche.
Am Hochaltar des Kreuzes sind die ewigen Quellen aufgebrochen, aus deren heiliger Flut die Kinder des Gottesreiches, das königliche Geschlecht der heiligen Kirche, geboren sind. Dem Herzen des Heilands sind die Quellen des Heiles entströmt, aus denen die Kirche wurde. Deshalb wird die Verfolgung des Gekreuzigten immer zur Verfolgung der Kirche.
In der Gestalt des Gekreuzigten schreitet die Kirche durch unsere Tage. Wir haben im Dritten Reiche den furchtbaren Kampf erlebt, der gegen die Kirche tobte. Wir haben erlebt, wie man an Stelle des Reiches Gottes das Reich der Hölle aufzurichten suchte. Der Kirche wurde jeder Einfluß im öffentlichen Leben genommen, der Dämonie jeglicher Einfluß gegeben. In den öffentlichen Vortragsräumen erscholl nicht mehr die Lehre der heiligen Kirche, statt ihrer die Lehre Satans. Die kirchliche Presse wurde vollständig vernichtet, statt ihrer eine neuheidnische Presse zwangsmäßig in die Häuser und Familien geschafft. Für Katechismen, Bibeln, Gebet- und Gesangbücher wurde kein Papier mehr bewilligt, umso mehr für eine ungläubige, kirchenhetzerische Literatur. So ging es auf allen Gebieten. Überall herrschte das Bestreben, an Stelle des Reiches Gottes das Reich der Hölle zu errichten. Überall herrschte der Satanismus. Noch konnte man nicht bis zum Letzten, bis zur vollständigen Vernichtung der Kirche, schreiten, weil man vor Kriegsende keinen Zwiespalt in Volk und Heer tragen durfte. Aber für den Schluß eines siegreichen Krieges waren alle Pläne zur Austilgung der Kirche gefaßt und vorbereitet.
Da griff der gerechte Gott ein. Da griff derjenige ein, der von sich sagte: "Der Vater hat alles Gericht dem Sohne übertragen" (Joh 5,22). Der Sohn Gottes, er, der seiner Kirche seinen ewigen Beistand verheißen, vollzog das furchbbare Gericht an den Feinden seines Reiches. So ging auch wegen des Kampfes gegen die heilige Kirche das Wort des Propheten an unserem Volk in Erfüllung:
"Wehe, du sündiges Geschlecht, du schuldbeladenes Volk!
Nun ist euer Land zur Wüste geworden,
Eure Städte sind vom Feuer verzehrt."
An uns ist es nunmehr, gut zu machen, was gesündigt ist. Je mehr die heilige Kirche verfolgt wurde, umso inniger soll unsere Liebe zur Kirche sein. Es ist heute eine ganz große Zeit für die Kirche Christi auf Erden angebrochen. Wenn wir in unseren Tagen den Heiland in seiner Kirche auch oft in der Ecce-homo-Gestalt durch die Menschheit haben schreiten sehen, so haben wir doch mit den Augen des Glaubens in der Ecce-homo-Gestalt die Gestalt des verklärten Gottessohnes vom Tabor erkannt. Wenn nicht alles trügt, steht in nicht ferner Zukunft eine Zeit bevor, in der der Herr auch offensichtlich vor aller Welt in der Gestalt des Verklärten vom Tabor in seiner Kirche durch die Menschheit schreiten wird.
Alle rein irdischen Systeme, alle rein menschlichen Versuche und Konstruktionen wissenschaftlicher, sozialer und wirtschaftlicher Art haben im Laufe der Menschheitsgeschichte immer offensichtlicher ihre Unzulänglichkeit geoffenbart. Welche irdische Macht möchte von sich behaupten, sie sei durch eigene Kraft imstande, die in der ganzen Welt wachsende Unruhe und Unzufriedenheit der Menschheit zu bannen? Die Bazillen geistiger Verseuchung lassen sich weder durch Grenzmauern noch Grenzstationen, weder durch Militär noch durch Polizei noch durch internationale Konferenzen von den Völkern und Menschen fernhalten. Sie dringen durch Radiowellen in Blitzesschnelle bs zu den Grenzen der Erde. Sie schwirren schließlich von Mund zu Mund. Sie setzen sich überall fest, wo sie Boden finden, unsichtbar und doch stark und zähe. Sie wachsen und gedeihen, zersetzen und zermürben. Nur eine Macht, die hineinreicht bis in die Tiefe der Gewissen, bis in die letzte Verantwortung der Seele, vermag die Menschen vor dem Verderben zu bewahren, ist imstande, der Menschheit Hilfe und Rettung und Heilung zu bringen. Diese Macht kann nicht eine rein menschliche Macht sein. Es ist die Gottesmacht der Kirche, in ihrem Wesen der auf Erden geheimnisvolle fortlebende und fortwirkende menschgewordene Gottessohn, in der der heilige Gottesgeist sich auswirkt, läuternd und leuchtend und stärkend auf die Seelen der Menschen. Zur alle versöhnenden, alles überbrückenden Kirche Christi müssen die Kulturvölekr sich wieder wenden, ihren Einfluß auf die Gewissen der Menschen müssen sie wieder zu mehren suchen, damit nicht die Menschheit an Weltkriegen und Revolutionen zugrunde gehe. Diese Erkenntnis hat in unseren Tagen immer mehr denkende und verantwortungsbewußte Menschen erfaßt.
[...; Algermissen nennt hier als Beispiel von Bodelschwingh]

actio diabolica - actio catholica

Die actio catholica stellen wir entgegen der actio diabolica des modernen Antichristentums. Wahrlich, es hat eine actio diabolica von furchtbaren Ausmaßen in unserem deutschen Volke in den zwölf Jahren des Dritten Reiches gegeben.
Aus dem Satanismus entsprang die Aktion der Lüge und Heuchelei. Wo der Teufel herrscht, da herrscht die Lüge; denn "der Teufel ist der Vater der Lüge" (Joh. 8,45). In wahrhaft satanischer Weise wurde unser Volk belogen. So sehr herrschte schließlich die Lüge, daß die höchsten geistigen und sittlichen Begriffe in ihr Gegenteil verkehrt wurden. Die Gottlosigkeit nannte man "Gottgläubigkeit". Das Antichristentum hieß "positives Christentum". Das Grauen der Konzentrationslager wurde als "Schutzhaft" bezeichnet: der arme Insasse sollte angeblich geschützt werden vor der Wut des Volkes. Recht hieß Unrecht und Unrecht Recht, Wahrheit Lüge und Lüge Wahrheit. Das unsittlichste aller Systeme organisierte Sittlichkeitsprozesse gegen die Kirche. Die unersättlichsten aller Schieber gefielen sich in Devisenprozessen gegen Klöster und Mönche und Nonnen. Schließlich log man das Volk in den Krieg und den Untergang hinein. Actio diabolica!
Eine solche tiefinnerste Verlogenheit ist wahrhaft dämonisch. Sie ist wahres Antichristentum, denn Christus ist die Wahrheit, die personale Wahrheit. Sie ist psychologisch der Quellgrund aller Verbrechen. Diese Zusammenhänge spricht einer der gründlichsten Seelenkenner der Neuzeit, der russische Dichter Dostojewskij, aus in dem Wort: "Wer sich selbst belügt und der eigenen Lüge traut, kommt soweit, daß er gar keine Wahrheit mehr, weder in sich selbst noch in seiner Umgebung, erkennt; und er gelangt schließlich dazu, weder sich selbst noch andere mehr zu achten. Sobald er aber niemand mehr achtet, hört er auch auf zu lieben; und, der Liebe entbehrend, überläßt er sich den Leidenschaften und den groben Lüsten. Und in seinen Lastern sinkt er vollständig zum Vieh hinab, und alles das infolge beständiger Lüge sich selbst und anderen gegenüber" ("Die Brüder Karamasow", übersetzt von Bodo v. Loßberg, Berlin, o.J., Bd. I, S. 61f).
So entsprang dem Satanismus auch die Ungerechtigkeit. Riesenhoch stieg das Unrecht im Dritten Reich empor. Hunderttausende, Millionen unschuldiger Menschen erlagen dem Unrecht in Kerkern und Konzentrationslagern. Nie wurde ihnen ein Prozeß gemacht. Jahrelang seufzet die ganze Welt unter dem Unrecht des freventlich entfachten Krieges mit seinem unübersehbaren Meer von Ungerechtigkeiten. Actio diabolica!
Und schließlich entsprang aus dem Satanismus die Grausamkeit, die Folter, der Mord, der Massenmord: "Der der Teufel ist ein Mörder von Anbeginn" (Joh 8,44). Die Grausamkeiten der Gestapo-Foltern, die Scheußlichkeiten der Konzentrationslager mit ihren sadistischen Strafen, ihrem menschenunwürdigen Leben, ihren Gaskammern, ihrer Herabwürdigung des gottebenbildlichen Menschen unter das Vieh, das waren die grauenerregegenden Früche des Satanismus. Actio diabolica!
In dieser systematischen Entehrung des Menschenbildes, in dieser grundsätzlichen Entwürdigung geschöpflicher Gottebenbildlichkeit offenbarte sich am deutlichsten der diabolische Charakter des Dritten Reiches. Denn in dieser Entweihung des Ebenbildes Gottes wurde Gott selber, wurde Christus, der menschgewordene Sohn Gottes, getroffen. Deshalb mußte Gott eingreifen. Und nur er war imstande, die Macht der Hölle, die sich hier verkörpert hatte, und die schützend ihre Hände über ihre Sendlinge hielt, zu zerschlagen. Ein Wort Goethes läßt uns diese düsteren, unheimlichen Zusammenhänge durchschauen. Goethe sagt: "Das Dämonische bildet eine die moralische Weltordnung durchkreuzende Macht. Am furchtbarsten erscheint dieses Dämonische, wenn es in irgend einem Menschen überwiegend hervortritt. Eine ungeheure Kraft geht von solchen Menschen aus, und sie üben eine unglaubliche Gewalt über alle Geschöpfe, ja sogar über die Elemente; und wer kann sagen, wie weit sich eine solche Wirkung erstrecken wird? Alle vereinten sittlichen Kräfte vermögen nichts gegen sie. Vergebens, daß der hellere Teil der Menschen sie als Betrogene oder als Betrüger verdächtig machen will; die Masse wird von ihnen angezogen. Sie sind durch nichts zu überwinden als durch das Universum selbst, mit dem sie den Kampf begonnen" (Goethe, "Aus meinem Leben", IV, 20).
Nun ist Gottes Gericht über all das ergangen. Nun hat sich erfüllt an unserem Volk das Wort des Propheten:
"Wehe, du sündiges Geschlecht, du schuldbeladenes Volk!
Sie haben den Herrn verlassen, ihm den Rücken gekehrt.
Nun ist euer Land zur Wüste geworden.
Eure Städte sind vom Feuer verzehrt.
Hätte der Herr der Heerscharen uns nicht einen Rest gelassen,
Wie Sodoma wären wir fast, wir glichen Gomorrha" (Js 1,9).
An uns allen ist es, Sühne zu leisten. Im Geiste der Sühne stellen wir dieser actio diabolica die actio catholica entgegen. Katholische Aktion heißt die tätige Mithilfe der Laien am Aufbau des Reiches Gottes, an den Aufgaben der Seelsorge. Der Priester kann nicht überall sein. Wohin er nicht kommt: in das tägliche Leben der Familien, in die Werkstätten und Fabriken, in die Lehrstätten und Büros, in die Gaststätten und Kaufläden, dahin kommt ihr, gläubige Laien. Ihr habt dort Arbeits- und Heimatsrecht. Daß ihr dort im Sinne eurer Seelsorger wirkt als deren verlängerte Arme, daß ihr mit den Augen des wahren Seelsorgers, mit den Augen Christi die Not eures Mitmenschen seht, seine soziale, seine sittliche, seine seelische Not, daß ihr diese Not mit dem Herzen Christis empfindet, daß ihr zu helfen und zu heilen sucht mit dem Munde Christi, mit den Händen Christi: das ist Katholische Aktion.
Der satanischen Aktion der Lüge stellen wir im Apostolat des Wortes entgegen die Aktion der Wahrheit. Es gibt soviel Unkenntnis und Irrtum, soviele religiöse und sittliche Unwissenheit. Infolge der Unwissenheit fallen die Massen des Volkes zu allen Zeiten Lügenpropheten und der Lüge anheim. Aus der Lüge entsteht das Elend der Völker. Üben wir alle, wo nur immer wir Gelegenheit dazu haben, das Apostolat des Wortes, daß Christus, daß die Wahrheit Gottes zum Siege komme! Nur die Wahrheit wird uns frei machen (Joh 8,32).
Der satanischen Aktion der Ungerechtigkeit stellen wir entgegen die katholische Aktion der Gerechtigkeit. Seien wir gerecht in all unserem Handeln! Seien wir von unbestechlicher Gerechtigkeit in unseren privaten Beziehungen zueinandern! Seien wir von unerschütterlicher Gerechtigkeit in unserem wirtschaftlichen und sozialen Denken und Leben! Die Gerechtigkeit ist das Fundament jeder menschlichen Gemeinschaft.
Vor allem aber üben wir die Liebe als die Vollendung der actio catholica, im Gegensatz zum Haß und zur Grausamkeit des Satanismus, der über uns herrschte. Es gibt in den nächsten Jahren so unendlich viel Not zu lindern, leibliche und seelische, geistige und sittliche Not. Seien wir Apostel lebendigster Caritas auch im Geiste der Sühne für all die Grausamkeiten, die auf deutschem Boden geschehen sind, für das Meer unschuldig vergossenen Blutes, das die deutsche Erde getrunken hat, und das von der deutschen Erde um Rache zum Himmel schreit! Seien wir auch Apostel der Liebe und des Friedens im Sinne der Eintracht aller Völker, der großen Menschenfamilie auf Erden.

Das sind die großen Aufgaben, die heute vor uns stehen: unerschütterliche Treue zu Christus, unerschütterliche Treue zur heiligen Kirche, unermüdliche Arbeit am Aufbau des Reiches Gottes auf Erden im Geiste der Aktion christlicher Güte und Liebe. Immer klarer wollen wir diese unsere Aufgaben sehen, immer starkmütiger wollen wir sie durchführen. So muß jeder von uns seinen Teil beitragen, daß das Königreich Christi werde, "das Reich der Wahrheit und des Lebens, das Reich der Heiligkeit und der Gnade, das Reich der Gerechtigkeit und Liebe und des Friedens" (Präfation der Christkönigsmesse). Erfüllen wir so die Forderung, die ein katholischer Dichter der Neuzeit an die Männerwelt richtet, die aber im gleichen Sinne gilt für die Frauenwelt und für unsere Jugend:
"Wir brauchen Männer, mutig, ohne Wanken,
nicht Schwächlinge, die wie das Schilfrohr schwanken.
Wir brauchen Männer, wie von Stahl und Eisen,
und Memmen nicht, die nur mit Worten gleißen.
Wir brauchen Männer und nicht Wetterfahnen,
die bei des Sturmes erstem, dumpfem Weh´n
sich ächzend schon um ihre Achse dreh´n.
Wir brauchen Männer in den schweren Tagen,
die hoch des Kreuzes heilig Banner tragen,
trotz Hohn und spott, in starker, fester Hand.
Wir brauchen Männer in den trüben Tagen,
die glaubensstark die Schlachten Gottes schlagen
für unser Volk, für unser Vaterland" (F. Eichert)

[Zurück zur KzM - Startseite]