Video v. 14.04.2018
Sünde - Gewissenserforschung - Beichte
Predigt 2. Sonntag n. Ostern 2018
Christus hat nach seiner Auferstehung die Apostel mit
der Gewalt der Sündenvergebung ausgestattet, und es ist ein Gebot
der Kirche, dass wenigstens einmal im Jahr alle schweren Sünden
vollständig nach Art und Zahl gebeichtet werden müssen. Zum
Empfang des Bußsakraments gehören logischerweise fünf Stücke:
Gewissenserforschung, Reue, Vorsatz, Sündenbekenntnis und
Genugtuung. Zunächst muss man sich durch Gewissenserforschung über
seine Sünden im klaren sein, dementsprechend wendet man sich in
Reue von seinen Sünden ab. Man fasst den guten Vorsatz, keine
einzige schwere Sünde mehr zu begehen sowie auch nach Möglichkeit
den durch die Sünde angerichteten Schaden wiedergutzumachen. Man
bekennt nun wenigstens alle schweren Sünden vollständig nach Art
und Zahl vor dem Priester, wobei man lässliche Sünden zusätzlich
beichten kann. Nach der Beichte erfüllt man das Bußwerk, das der
Priester vor der Lossprechung auferlegt hat. Falls noch nicht
geschehen, leistet man jetzt ggf. auch die notwendige
Wiedergutmachung.
In vielen kirchlichen Büchern, insbesondere in Katechismen, sind
sog. Beichtspiegel enthalten. Normalerweise werden dafür Fragen
genannt, die sich an den Zehn Geboten orientieren. Im
Beichtspiegel des Schott-Messbuchs heißt es zum achten Gebot:
"Habe ich gelogen? in wichtigen Dingen? zum Schaden anderer? War
ich unwahr im Benehmen und Reden? Habe ich andere beschimpft?
ihnen an der Ehre geschadet? Habe ich ohne genügenden Grund die
Fehler anderer bekanntgemacht? sie weitererzählt? Habe ich andere
verleumdet? wirkliche Fehler vergrößert? über andere lieblos
geredet? Habe ich über den Nächsten grundlos im Herzen schlecht
geurteilt? falschen Argwohn gehabt?" Welchen Stellenwert hat das
Wahrheitsgebot heute? Begriffe wie "Lügenpresse", womit die
Zuverlässigkeit der Massenmedien charakterisiert werden soll,
lassen Ungutes ahnen. Allerdings könnte eine Lügenpresse kein
Massenmedium sein, wenn die Masse eben nicht belogen werden
wollte. Alte Sprichwörter wie "Die Welt will betrogen werden" sind
sogar heute noch bekannt. Man schaue sich dafür mal ein ganz
konkretes Beispiel an: Bekanntlich hat in Europa Dänemark bereits
1989 als erstes Land überhaupt die standesamtliche Eintragung
gleichgeschlechtlicher Partnerschaften eingeführt. Als dann die
Dänische Volkskirche, eine protestantische Staatskirche, für 2012
die sog. "kirchliche Trauung" ankündigte, titelte eine deutsche
Zeitung (handelsblatt.com, 23.11.2011) dazu: "Dänemark. Homo-Ehe
mit Gottes Segen". Diese Meldung wurde in den Leserkommentaren
regelrecht gefeiert. Ein anonymer Forumschreiber meinte: »Ein
"Christ", der sich über [Homosexuelle] erhebt, ist es nicht wert,
diesen Titel zu tragen, er hat nicht verstanden, worum es geht.«
Es ist zwar anscheinend wahr, dass bei Protestanten
Veranstaltungen für gleichgeschlechtliche Partnerschaften
abgehalten werden, die an die kirchliche Eheschließung erinnern
sollen. Aber woher nimmt die Zeitung das Recht, von einer
"Homo-Ehe mit Gottes Segen" zu sprechen? Einerseits soll es ja
hier ganz unmissverständlich und ausdrücklich nicht bloß um
irgendeine rein staatlich organisierte Lebensgemeinschaft, sondern
um eine "christliche Ehe" gehen. Anderseits soll die Veranstaltung
in der Kirche für diese Lebenspartner nicht bloß irgendeine Feier,
sondern "Gottes Segen" sein. Da muss man schon fragen: Inwieweit
ist eine "Homo-Ehe mit Gottes Segen" überhaupt vereinbar mit dem,
was wir vom Christentum wissen. Vielleicht hilft hier der anonyme
Forumschreiber, der meinte: »Ein "Christ", der sich über
[Homosexuelle] erhebt, ist es nicht wert, diesen Titel zu tragen,
er hat nicht verstanden, worum es geht.« Nun, der Anonyme
behauptet: »Wenn ich das richtig verstehe, hat Jesus die
[Prostituierten] und die Verbrecher mehr geliebt als die
"Bibelfesten". [...] Einmal abgesehen davon, daß Christentum
eigentlich "Paulianismus" heissen müsste und das Gros seiner
Ideologie aus damals weit verbreiteten Religionen zusammengeklaut
ist. Aber, das ist das Problem von Buchstabengläubigen, denen den
Sinn der Sache irgendwie nicht klar geworden ist - und sie genau
deshalb so verzweifelt an den Lettern kleben.«
Ist diese Argumentation des Anonymen schlüssig und tragfähig?
Bereits das erste Problem besteht darin, dass wir von Christus
eben durch die Kirche wissen. Die Kirche wurde geboren aus der
geöffneten Seite Christi am Kreuz, und am Pfingsttag zeigte sie
sich vor aller Welt. Die Schriften des Neuen Testaments sind erst
Jahrzehnte später entstanden, und erst im Verlaufe der
Jahrhunderte wurde endgültig bestimmt, welche Texte zur Bibel
gehören und welche nicht. Die Bibel als Heilige Schrift ist im
wahrsten Sinne des Wortes ein Buch der katholischen Kirche. Der
Anonyme erklärt auch nirgends, inwiefern Paulus ein anderes
Evangelium verkündet hat als Christus, und v.a.: Wie will der
Anonyme das eigentlich wissen können? Kurzum: Der Anonyme
verbreitet nur völlig unsinnige Unwahrheiten. Im christlichen
Zusammenhang kann man schlichtweg unmöglich von einer "Homo-Ehe
mit Gottes Segen" sprechen. Aber die "christliche Homo-Ehe" ist ja
nur ein Thema in der sog. "Lügenpresse". Noch viele andere Themen
werden in den Medien genannt, z.B. "Papst Franziskus I.",
"Menschenrecht auf Abtreibung", "globale Erwärmung durch
Kohlendioxid", "Notwendigkeit zum Impfzwang", "Schuld der Kirche
an der nationalsozialistischen Judenausrottung", "Rechtsstaat
Bundesrepublik Deutschland" usw. usf. Auch hier ist immer wieder
festzustellen: Die Medien verbreiten hemmungslos völlig unsinnige
Unwahrheiten. Und es gibt unzählige Anonyme, die in Foren und
Netzwerken aller Art diese Falschaussagen weiterverbreiten. Zwar
gibt es auch bisweilen Versuche, diesen Falschaussagen die
Wahrheit entgegenzusetzen, aber wahrheitsgemäße Kommentare werden
von der Presse oft zensiert, oft gar nicht erst veröffentlicht.
Wahrheitsgemäße Beitrage werden gelöscht, die entsprechenden
Autoren im jeweiligen Netzwerk gesperrt und ggf. sogar noch
strafrechtlich verfolgt.
Nicht alle Priester können immer vollkommen darauf verzichten,
Unwahrheiten öffentlich zu kritisieren. In seiner Enzyklika gegen
den Nationalsozialismus schreibt Papst Pius XI.: "Die erste, die
selbstverständlichste Liebesgabe des Priesters an seine Umwelt ist
der Dienst an der Wahrheit und zwar der ganzen Wahrheit, die
Entlarvung und Widerlegung des Irrtums, gleich in welcher Form, in
welcher Verkleidung, in welcher Schminke er einherschreiten mag.
Der Verzicht hierauf wäre nicht nur ein Verrat an Gott und Eurem
heiligen Beruf, er wäre auch eine Sünde an der wahren Wohlfahrt
Eures Volkes und Vaterlandes." Und bisweilen kann auch für Laien
die Pflicht bestehen, der Unwahrheit entgegenzutreten.
Doch noch einmal zurück zum Abschnitt im Schott-Beichtspiegel:
"Habe ich gelogen? in wichtigen Dingen? zum Schaden anderer? War
ich unwahr im Benehmen und Reden? Habe ich andere beschimpft?
ihnen an der Ehre geschadet? Habe ich ohne genügenden Grund die
Fehler anderer bekanntgemacht? sie weitererzählt? Habe ich andere
verleumdet? wirkliche Fehler vergrößert? über andere lieblos
geredet? Habe ich über den Nächsten grundlos im Herzen schlecht
geurteilt? falschen Argwohn gehabt?" Hier sollte man wirklich
ansetzen: Die Vergiftung durch Gedankenlosigkeiten, durch
Gehässigkeiten, durch Verleumdungen. Möglicherweise begehen viele,
die sich Christen nennen und sich vielleicht sogar dafür halten,
mit der allergrößten Selbstverständlichkeit Rufmord. Man denke an
die Worte Christi: "Es kommt die Stunde, da jeder, der euch tötet,
Gott damit einen Dienst zu erweisen glaubt. Das werden sie tun,
weil sie weder den Vater noch mich kennen" (Joh 16,2). Wie
leichtfertig werden lieblose, falsche Urteile gefällt? Wie
energisch werden lieblose, falsche Urteile verbreitet? Und zwar
genau von solchen, die meinen, damit Gott einen Dienst zu
erweisen. Solche sog. "Christen" stören sich überhaupt nicht an
der Bosheit, an der Ungerechtigkeit ihrer Äußerungen; ganz im
Gegenteil: Je gehässiger, je verlogener ihre Aussagen sind, desto
mehr freuen sie sich. Was unter der Überschrift "christliches
Forum" bisweilen zu finden ist, ist oft noch ekelerregender und
verabscheuungswürdiger als Aussagen in erklärtermaßen
antichristlichen Foren, die gar nichts von christlicher
Nächstenliebe wissen wollen. Dass obendrein viele sog.
"christliche" Autoren in jämmerlichster Feigheit noch nicht einmal
ihren Namen nennen, ist nur ein weiterer Mosaikstein im
katastrophalen Gesamteindruck. Also ob in Gesprächen, in Mails, in
Foren, in Publikationen: Jeder muss sich immer wieder selbst
fragen: Kann ich ich das, was ich da sage oder schreibe,
eigentlich im Ernst glauben? Habe ich mich gründlich genug
informiert, bevor ich mein Urteil über ein Thema bzw. über einen
anderen Menschen abgebe? Wie schlüssig, wie durchdacht, wie
tragkräftig, wie überzeugend ist meine Argumentation? Habe ich ein
Recht, das zu schreiben? Oder auch als unbeteiligter Leser: Habe
ich womöglich die Pflicht, mich gegen solche Falschaussagen oder
gar Verleumdung auszusprechen? Das sind sehr wichtige Fragen für
eine Gewissenserforschung. Z.B. heißt es in einem Lehrbuch zur
Moraltheologie (Jone 375): "Die ungerechte Verletzung des guten
Rufes anderer ist eine schwere Sünde [ihrer Art nach] ... und zwar
gegen die Gerechtigkeit ... Eine läßliche Sünde aber liegt vor,
wenn der andere nur eine kleine Einbuße an seinem guten Ruf
erleidet." Wichtig ist auch: Niemals darf etwas Unwahres
verbreitet werden. Aber das Recht auf den guten Ruf ist so
grundsätzlich, dass selbst ein tatsächlich vorhandener Fehler
grundsätzlich nicht bekannt gemacht werden darf, außer wenn
ausnahmsweise die Bekanntmachung dieses Fehlers für die gute
Ordnung wichtig ist. Vermutlich sehr viele Forenkommentare sind
Todsünden, selbst wenn sie leichtfertig gemacht und von vielen
gutgeheißen werden. Hier ist also ehrliche Gewissenserforschung
und Reue notwendig sowie der Vorsatz, künftig solche Kommentare zu
unterlassen sowie insbesondere, für die bereits gemachten
Äußerungen öffentlich um Verzeihung zu bitten. Streben wir also
immer nach der Wahrheit. Meiden wir Gehässigkeit und
Ungerechtigkeit. Wo es unsere Aufgabe ist, entlarven und
widerlegen wir den Irrtum, gleich in welcher Form, in welcher
Verkleidung, in welcher Schminke er einherschreiten mag, damit wir
dereinst teilhaben an der ewigen Freude des Himmels. Amen.