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    Papst Pius XII. und der Holocaust

    Pressemeldung: Notizen zum Theaterstück "Der Stellvertreter" von Rolf Hochhuth, 10.08.2018

    Papst Pius XII. war ein Verbrecher. Er ist mitschuldig, oder genauer: Er war der Hauptschuldige, ja der eigentliche Schuldige an der Vernichtung von sechs Millionen Juden durch die Nationalsozialisten. Denn hätte Pius XII. sich gegen Hitler ausgesprochen, dann wäre der Holocaust absolut unmöglich gewesen - so oder so ähnlich meinen heute vielleicht viele.
    Zur Richtigstellung: Herbert Schambeck (geb. 1934, österreichischer Rechtswissenschaftler und Politiker (ÖVP) und mehrfacher Präsident des österreichischen Bundesrates) gab 1986 eine Aufsatzsammlung heraus: "Pius XII. Friede durch Gerechtigkeit", Die Beiträge zeugen durchgehend von großer Dankbarkeit gegenüber dem Papst, wenn z.B. Fürst Franz Joseph II. von und zu Liechtenstein "ohne Übertreibung sagen möchte, daß Pius XII. für mich das Idealbild eines Papstes war und dadurch das Sinnbild des Papsttums" (13). Hubert Jedin (1900-1980, Honorarprofessor für Kirchengeschichte in Bonn) stellt fest: »Als Papst Pius XII. am 9. Oktober 1958 nach einer Regierung von über 19 Jahren starb, war die öffentliche Meinung der Welt noch viel einheitlicher, nicht nur in der katholischen, sondern in der ganzen christlichen, ja auch in der nichtchristlichen Welt ... Und dennoch, dennoch müssen wir heute konstatieren, daß eben dieser selbe Papst heute umstritten ist wie keiner seiner letzten Vorgänger, und nicht nur umstritten. Von der Bühne hören wir das auf ihn zielende vernichtende Urteil: "Ein solcher Papst ist ein Verbrecher."« (185). Jedin bezieht sich dabei ausdrücklich auf das Schauspiel "Der Stellvertreter" von Rolf Hochhuth. Bereits 1961 geschrieben, aber erst 1963 veröffentlicht, ist es bis heute das Paradebeispiel für vernichtende Papstkritik und generell für Verteufelung der katholischen Kirche überhaupt. N.b.: Eine - natürlich praktisch völlig ignorierte - Gegendarstellung lieferte z.B. Görgen, Josef-Matthias, Pius XII., Katholische Kirche und Hochhuths ,Stellvertreter', Buxheim 1964. Für die "alte Zeit" s. z.B.  Johann Maria Lenz, Christus in Dachau, Wien (6)1957: »Was 2600 Geistliche aus 134 Diözesen und 24 Nationen im KZ Dachau erlebt und erlitten! Mehr als 1000 getötet! Wer könnte  achtlos  daran  vorbei?!  ... Das Buch "Christus in Dachau" oder "Christus der Sieger" ist unserem Heiligen Vater, Papst Pius XII., in tiefster Verehrung gewidmet!«
    Jeder, der die Literatur vor und nach dem Tod des Papstes prüft, wird sich dieser Feststellung Jedins anschließen, dass hier ein radikaler Meinungswandel stattgefunden hat. Der Bruch lässt sich sogar recht genau bestimmen, cf. Kurt Sontheim, Katholische Kirche und Nationalsozialismus, München 1963: "Im Februarheft des Jahres 1961 veröffentlichte die katholische Zeitschrift »Hochland« einen Artikel von Ernst-Wolfgang Böckenförde über die Haltung des deutschen Katholizismus im Jahre der nationalsozialistischen Machergreifung. Der Münsteraner Assistent für öffentliches Recht hatte seine Darstellung im Untertitel als eine »kritische Betrachtung« bezeichnet. Sie wurde in der katholischen Öffentlichkeit als derart kritisch bzw. »unkritisch« empfunden, daß sie in großen Teilen der katholischen Öffentlichkeit und ihren Organen einen Proteststurm auslöste. [...] [Böckenförde musste] sich von einigen seiner Kritiker bescheinigen lassen, daß sein Beitrag »schlechthin unseriös« sei, daß seine Ergebnisse auf einer »außerordentlich primitiven Methode« der Sammlung und Auswahl von Zitaten beruhten, daß er seine Darlegungen in ein »scheinwissenschaftliches Mäntelchen« gehüllt und als vermeintlicher Historiker jedes Einfühlungsvermögen in die besondere Situation des deutschen Katholizismus im Jahre 1933 habe vermissen lassen." Böckenförde wurde später Verfassungsrichter und gehört zum Stiftungskuratorium der Organisation Donum Vitae; diese stellt "Beratungsscheine" für straffreie Abtreibungen aus.
    Doch zurück zum Schambeck-Buch: Konrad Repgen (1923-2017, Professor für Mittlere und Neuere Geschichte in Bonn), hat im Artikel "Pius XII. und die Deutschen" (144-161) wichtige Fakten genannt. Einige Ausschnitte:
    »Der Staat Israel aber bekannte 1958 durch den Mund seiner Außenministerin: "Als für unser Volk im Jahrzehnt des Naziterrors das furchtbare Martyrium anbrach, erhob der Papst seine Stimme zur Verurteilung der Verfolger und zur Barmherzigkeit für die Opfer." Fünf Jahre später schlug die öffentliche Meinung über Pius XII. nahezu in das Gegenteil um. ... Die Kritik an Pius XII. hatte als eigentlichen Adressaten die Konzilsaula, denn Kritik zielt immer auf die Änderung des Kritisierten; historische Kirchenführungskritik will Veränderung der Institution Kirche, will eine andere Kirche. ... Eisenhowers erste Proklamation auf deutschem Boden hieß: "Wir kommen als ein siegreiches Heer." So brachen denn fatale Zwangsläufigkeiten herein wie die Flucht und Vertreibung von zwölf Millionen Deutschen aus den Ostgebieten, die z.T. jahrelange Kriegsgefangenschaft für andere elf Millionen, dazu Krankheit, Hunger und Wohnungsnot und all das andere Elend der unmittelbaren Nachkriegsjahre, vor allem das seelisch-menschliche, von dem den jungen Menschen heute eine sehr unzureichende Anschauung vermittelt wird. Zur Legitimierung hatten die Sieger eine scheinbar unangreifbare Begründung gefunden: die These von der Kollektivschuld des deutschen Volkes. ... Die katholischen Bischöfe Deutschlands sind allen Kollektivschuld-Thesen damals mit einem entschiedenen Nein entgegengetreten. Vorausgegangen war ihnen damit der Papst, zuerst am 2. Juni 1944, als die alliierten Truppen noch vor den Toren von Rom standen, das sie am 5. Juni besetzt haben" (147f. 150f).
    Diese kurzen Ausschnitte lassen bereits erahnen: Man kann heute sehr schnell und v.a. völlig wehrlos zum "Nazi" abgestempelt und dementsprechend misshandelt werden, wenn man für Papst Pius XII. und überhaupt für die katholische Kirche Gerechtigkeit befürwortet, speziell auch im Kontext Nationalsozialismus / Holocaust.
    Doch sogar noch weitaus bedeutsamer ist die Feststellung Repgens, die - heute praktisch allein geduldete und allein herrschende - Kirchenkritik "will Veränderung der Institution Kirche, will eine andere Kirche". Denn tatsächlich: Mit dem sog. "Zweiten Vatikanischen Konzil" (V2) wurde eine "andere Kirche" geschaffen. In seiner V2 -Eröffnungsansprache forderte Roncalli ("Papst Johannes XXIII.") das Ende von Verurteilungen, d.h. das Ende vom Schutz der Wahrheit vor der Lüge. Die V2-Texte sind ausdrücklich häretisch (z.B. Unitatis Redintegratio 3), also bereits ihre Akzeptanz führt zum Ausschluss aus der Kirche. Wojtyla (später "Papst Johannes Paul II.") jubelte triumphalistisch vor Montini (damals "Papst Paul VI."), der Kirche sei es "geglückt, im Zweiten Vatikanischen Konzil ihr Wesen neu zu bestimmen" (Zeichen des Widerspruchs, Freiburg 1979, 27). Nun, ein Gebilde, das gegenüber der katholischen Kirche ein neues Wesen hat, ist logischerweise etwas wesentlich anderes als die katholische Kirche. Wer - im Gegensatz zu Repgen - die Konsequenzen aus diesen Fakten zieht, kann sich erst recht schnell und hilflos einer maßlosen Verfolgung ausgesetzt sehen.
    Trotzdem: Dank Internet, (Online-) Antiquariaten etc. kann man sich heute sehr leicht und und muss sich dementsprechend auch informieren. Man schuldet es schlichtweg der Wahrheit und damit letztlich auch der gesamten menschlichen Gesellschaft, sich eben nicht mit haltlosen und gehässigen Verleumdungskampagnen abzufinden, geschweige denn diese zu unterstützen, sondern ggf. opferstarken Widerstand zu leisten.