"In Kontinuität mit der lebendigen Tradition der kirchlichen
Gemeinschaft durch die Geschichte hin haben so das II. Vatikanische Konzil
und das Lehramt meines Vorgängers Pauls VI., vor allem in der
Enzyklika Humanae vitae, unserer Zeit eine wahrhaft prophetische Botschaft
verkündet, welche die stets alte und zugleich neue Lehre und Norm der
Kirche über die Ehe und die Weitergabe menschlichen Lebens deutlich
bekräftigt und erneuert. Deshalb haben die Väter der Synode in
ihrer letzten Versammlung wörtlich erklärt: 'Diese Heilige
Synode, versammelt in der Einheit des Glaubens mit dem Nachfolger Petri, hält
fest an dem, was im II. Vatikanischen Konzil (vgl. Gaudium et spes, 50)
und dann in der Enzyklika Humanae vitae dargelegt wird, daß nämlich
die eheliche Liebe voll menschlich, ausschließlich und offen für
das neue Leben sein muß (Humanae vitae, 11, vgl. 9 und 12).'"
Aus: Karol Wojtyla, "Apostolisches Schreiben" Familiaris
Consortio, 22. November 1981, Nr. 29 (zit. nach: Verlautbarungen des
Apostolischen Stuhls Nr. 33, S. 32).
"Lebendige Tradition"? Die Tradition ist mit dem Tod des
letzten Apostels abgeschlossen, es können also keine neuen
Offenbarungsinhalte mehr hinzukommen! Was meint hier "Lebendigkeit"?
"wahrhaft prophetische Botschaft"? Da HV die katholische Lehre
bekämpft, kann das nur die Botschaft von falschen Propheten sein!
"bekräftigt und erneuert"? Ja, was denn nun? Wurde die
Lehre bekräftigt ODER erneuert?
Man beachte schließlich: Als "Quellen" für die Lehre
werden ausschließlich unkatholische Texte angeführt, i.e. V2
und HV!
Dieser kleine Ausschnitt aus dem Wojtyla-Schreiben sollte bereits genügen, um vor HV gewarnt zu sein. Wir hatten zwar bereits in den Nachrichten vom 14.03.1998 auf die Gefahr hingewiesen, die von "Humanae vitae" ausgeht, weil aber immer noch von einigen Exoten HV als "konservatives" Schreiben gepriesen oder verdammt wird, stellen wir einmal die Fakten zu HV zusammen, das ein Mosaikstein in der antichristlichen Aktion ist.
Die Demontage der christlichen Ehelehre: Vatikanum 2 (1962-1965)
Bereits nach dem Naturrecht besitzt die Ehe klare Zwecke und Güter:
"Hauptzweck der Ehe ist, wie bereits angedeutet wurde, die
Fortpflanzung des Menschengeschlechts (honesta propagatio generis humani)
und die Erziehung der Kinder, welcher Zweck in der menschlichen Natur begründet
liegt. Nebenzwecke der Ehe sind: gegenseitige Hilfe und Unterstützung
der Ehegatten in materieller und geistiger Hinsicht (mutuum adjutorium,
Gen. 2, 18) und die menschenwürdige Befriedigung des
Geschlechtstriebes. Auch um dieser Nebenzwecke willen kann die Ehe
eingegangen werden, wenn nur der Hauptzweck nicht ausgeschlossen wird.
Aus dem Hauptzweck der Ehe ergibt sich deren Notwendigkeit und
Erlaubtheit. Notwendig ist die Ehe zur Erhaltung des Menschengeschlechtes,
da dieses in der Ehe allein würdig fortgepflanzt wird; erlaubt ist
die Ehe, weil 'in ihr etwas Heiliges und Religiöses liegt, nicht
hinzugekommen, sondern angeboren, nicht von den Menschen überkommen,
sondern von der Natur der Ehe eingepflanzt ... Die Ehe ist ihrer Anlage,
ihrer Natur, ihrer Richtung nach heilig' (Leo XIII., Enz. Arcanum,
10.02.1880).
Aus dem Zweck der Ehe und aus dem Berichte der Schrift über ihre
Einsetzung folgen naturgemäß deren zwei Wesenseigenschaften:
die Einkeit und Unauflöslichkeit der ehelichen Verbindung. Erstere
Eigenschaft schließt nicht bloß die Vielmännerei
(Polyandrie), die der Ehe am meisten widerstrebt, sondern auch die
Vielweiberei (polygamia simultanea) aus, obwohl diese mit den natürlichen
Zwecke der Ehe nicht in gleicher Weise wie die Vielmännerei
unvereinbar ist. Die Unauflöslichkeit schützt das Eheband vor
jeder unrechtmäßigen Auflösung und ist naturrechtlich
darin begründet, daß ohne dieselbe eine völlige, rückhaltlose
Hingabe der Gatten nicht denkbar ist und daß die Erziehung der
Kinder die Mitwirkung von Vater und Mutter fordert.
Mit den Zwecken und Eigenschaften der Ehe hängen innig zusammen deren
drei Güter, nämlich das Gut der Nachkommenschaft, das der Treue
und das der Unauflöslichkeit, insofern durch die Ehe das
Menschengeschlecht fortgepflanzt werden soll (bonum prolis), die Eheleute
sich die eheliche Treue versprechen (bonum fidei) und die Ehe bei
Lebzeiten der Gatten unauflöslich ist (bonum sacramenti). Diese drei
Güter sind so wesentlich, daß die Ehe nichtig ist, wenn eines
derselben im vorhinein von den Kontrahenten ausgeschlossen wird. Doch
bleibt das bonum sacramenti und somit die Ehe selbst bestehen, wenn nach
Abschluß der Ehe das bonum fidei und prolis schwinden, bezw.
ausbleiben" (A. Perathoner, Das kirchliche Gesetzbuch, Brixen
(4)1926, 354-356).
Im christlichen Verständnis ist zum Begriff und Zweck der Ehe
festzustellen:
"Christus der Herr hat den ehelichen Vertrag unter Getauften zur Würde
eines Sakramentes erhoben. Vertrag und Sakrament sind unzertrennlich mit
einander verbunden; daher kann es unter Getauften keine gültige Ehe
geben, die nicht zugleich Sakrament wäre. Der Ehezweck ist ein
doppelter: der Hauptzweck (finis primarius) ist die Erzeugung und
Erziehung von Nachkommenschaft (procreatio atque educatio prolis); die
beiden Nebenzwecke (finis secundarius) sind gegenseitige Hilfe (mutuum
adjutorium) und Heilmittel gegen die Begierlichkeit (remedium
concupiscentiae, d.i. menschenwürdige Befriedigung des
Geschlechtstriebes). Die wesentlichen Eigenschaften der Ehe sind die
Einheit und Unauflöslichkeit, die bei der christlichen Ehe durch die
Sakramentalität besondere Festigkeit erhalten" (A.a.O. 358).
Daraus ergibt sich z.B., daß es keine Ehe unter
Gleichgeschlechtlichen geben kann, weil hier der finis primarius der Ehe
ausgeschlossen ist; ferner gilt: "Vorangehende und bleibende
Impotenz, sei es beim Manne oder beim Weibe, sei sie dem anderen Gatten
bekannt oder unbekannt, absolut oder relativ, läßt nach dem
Naturrecht keine gültige Ehe zustande kommen" (a.a.O. 388).
Sicherlich erschöpft sich die Ehe nicht in der Sexualität, aber
die Sexualität grenzt die Ehe von einer reinen Freundschaftsbeziehung
ab.
Sobald der Hauptzweck der Ehe abgewertet und mit den Nebenzwecken auf eine
Stufe gestellt wird, wird das gesamte Gebäude der Ehe ins Wanken
gebracht und schließlich zunichte gemacht: Es ist z.B. für eine
gültige Ehe nicht erforderlich, daß die Gatten ihren
Geschlechtstrieb befriedigen; wenn der Hauptzweck auf derselben Stufe
stehen würde wie die Nebenzwecke, könnte man sagen, es ist für
eine gültige Ehe nicht erforderlich, daß die Sexualität in
den Dienst der Fortpflanzung gestellt wird. Wie bereits bewiesen, gibt es
in den hochoffziellen Kreisen der V2-Sekte schon den offenen Aufruf zur
Anerkennung der Sodomie als eine der Ehe gleichgestellte Lebensform (s.
Homosexuelle und Kirche).
Der bislang letzte Papst, Pius XII., hatte diesem Treiben noch einen
Riegel vorgeschoben: Am 29.03.1944 wurde an das Hl. Offizium die Frage
gerichtet: "Ob man die Meinung einiger Neuerer zulassen kann, die
entweder leugnen, daß der erste Ehezweck die Zeugung und Erziehung
von Nachkommen sei, oder lehren, daß die sekundären Ehezwecke
dem ersten Zweck nicht essentiell untergeordnet seien, sondern gleichermaßen
grundlegend und unabhängig?" Die Antwort des Heiligen Offiziums,
die Pius XII. am Folgetag sogar noch ausdrücklich bestätigte: "Nein!"
(cf. DS 3838).
Doch dann kam V2 und gab die kirchlich verworfene Irrlehre plötzlich als Lehre der Kirche aus: "Ehe und eheliche Liebe sind ihrem Wesen nach auf die Zeugung und Erziehung von Nachkommenschaft ausgerichtet. [...] Ohne Hintansetzung der übrigen Eheziele sind deshalb die echte Gestaltung der ehelichen Liebe und die ganze sich daraus ergebende Natur des Familienlebens dahin ausgerichtet, daß die Gatten von sich aus entschlossen bereit sind zur Mitwirkung mit der Liebe des Schöpfers und Erlösers, der durch sie seine eigene Familie immer mehr vergrößert und bereichert" (GS 50; Kleines Konzilskompendium S. 501).
Die Konsequenzen der Demontage: Humanae vitae (01.08.1968)
Wenn die Befriedigung des Geschlechtstriebes tatsächlich so wichtig
ist, wie V2 das behauptet, dann kann man auch nicht mehr ernsthaft die
These vertreten, man dürfe in keinem einzigen Fall die Zeugung von
Nachkommenschaft künstlich ausschließen. Obwohl V2 und eben
auch HV mit echten katholischen Aussagen kommen, entbehren sie jeder
Grundlage und können nur noch als Augenwischerei verstanden werden.
Pius XII. hatte erklärt:
"Es wäre mehr als ein bloßer Mangel an Bereitschaft im
Dienst am Leben, wenn der Versuch des Menschen nicht nur auf den einzelnen
Akt zielte, sondern den Organismus selbst antastete mit dem Ziel, ihn
durch Sterilisation der Fähigkeit zur Zeugung neuen Lebens zu
berauben.
Die direkte Sterilisation das heißt jene, die als Mittel oder
Zweck die Zeugung unmöglich zu machen sucht ist eine schwere
Verletzung des Sittengesetzes und ist daher unerlaubt. Auch die öffentliche
Autorität hat kein Recht, sie unter dem Vorwand irgendeiner
'Indikation' zu erlauben, noch viel weniger sie vorzuschreiben oder zum
Schaden von Unschuldigen ausführen zu lassen. Dieser Grundsatz ist
schon in der obenerwähnten Enzyklika Pius' XI. über die Ehe
[Casti connubii] ausgesprochen. Als vor einem Jahrzehnt die Sterilisation
in immer größerem Maße angewandt wurde, sah sich daher
der Heilige Stuhl vor die Notwendigkeit gestellt, ausdrücklich und öffentlich
zu erklären, daß die direkte Sterilisation, sei es für
immer oder für bestimmte Zeit, sei es beim Mann oder der Frau,
unerlaubt ist auf Grund des Naturgesetzes, von dem, wie ihr wißt,
auch die Kirche nicht zu dispensieren vermag. Heute stellt sich außerdem
das ernste Problem dar, ob und inwieweit die Pflicht der Bereitschaft zum
Dienst der Mutterschaft mit der immer weiter verbreiteten Ausnützung
der Zeiten der natürlichen Sterilität (der sogenannten Perioden
der Empfängnisfähigkeit) der Frau vereinbar sei.
Man muß da vor allem zwei Voraussetzungen erwägen. Wenn die
Anwendung dieser Theorie nichts weiter bedeuten soll, als daß die
Ehegatten ihr eheliches Recht auch an den Tagen der natürlichen
Unfruchtbarkeit ausüben können, so ist dagegen nichts
einzuwenden. Denn damit hindern oder beeinträchtigen sie durchaus
nicht den Vollzug des natürlichen Aktes und seine späteren natürlichen
Folgen. Gerade hierin unterscheidet sich die Anwendung der Theorie, von
der Wir sprechen, wesentlich von dem angedeuteten Mißbrauch, der in
der Verkehrung des Aktes selbst besteht. Geht man jedoch weiter, das heißt,
erlaubt man, daß der eheliche Akt ausschließlich an jenen
Tagen ausgeführt werde, so muß das Verhalten der Eheleute
aufmerksamer geprüft werden. Und hier bieten sich abermals unserer Überlegung
zwei Annahmen dar. Wenn schon bei Schließung der Ehe wenigstens
einer der Ehegatten die Absicht gehabt hätte, das eheliche Recht
und nicht nur keinen Gebrauch auf die Zeiten der Unfruchtbarkeit zu
beschränken, dergestalt, daß der andere Ehegatte an anderen
Tagen nicht einmal das Recht hätte, den Akt zu verlangen, so würde
dies einen wesentlichen Mangel des Ehewillens bedeuten, der die Ungültigkeit
der Ehe zur Folge hätte. Denn das Recht, das sich aus dem Ehevertrag
ableitet, ist ein dauerndes, ununterbrochenes, nicht auf Zeit aussetzendes
Recht jedes der beiden Gatten gegenüber dem anderen. Wenn sich jedoch
diese Beschränkung des Aktes auf die Tage der natürlichen
Unfruchtbarkeit, nicht auf das Recht selbst, sondern nur auf den Gebrauch
des Rechtes bezieht, so kann die Gültigkeit der Ehe nicht bestritten
werden. Die sittliche Zulässigkeit eines solchen Verhaltens der
Ehegatten wäre aber zu bejahen oder zu verneinen, je nachdem, ob die
Absicht, jene Zeiten beständig einzuhalten, auf ausreichende und
sichere sittliche Beweggründe gegründet ist oder nicht. Die bloße
Tatsache, daß die Ehegatten nicht gegen die Natur des Aktes verstoßen
und auch bereit sind, das Kind anzunehmen und aufzuziehen, das trotz ihrer
Vorsichtsmaßregeln zur Welt kommt, würde für sich allein
nicht genügen, die Rechtlichkeit der Absicht und die sittliche
Unanfechtbarkeit der Beweggründe zu verbürgen. Der Grund ist, daß
die Ehe zu einem Lebensstande verpflichtet, der bestimmte Rechte auf den
anderen Ehepartner überträgt, aber auch die Erfüllung eines
positiven Werkes auferlegt, das eben diesen Stand selbst betrifft. In
einem solchen Fall kann man den allgemeinen Grundsatz anwenden, daß
eine positive Leistung unterlassen werden kann, wenn ernste Gründe,
unabhängig von dem guten Willen jener, die zu ihr verpflichtet sind,
zeigen; daß diese Leistung untunlich ist, und beweisen, daß
sie von dem Forderungsvertreter in diesem Falle dem
Menschengeschlecht billigerweise nicht verlangt werden kann.
Der Ehevertrag, der den Ehegatten das Recht einräumt, die Neigung der
Natur zu befriedigen, setzt sie in einen bestimmten Lebensstand ein, eben
den Ehestand. Den Gatten nun, die von jenem Recht mittels des spezifischen
Aktes dieses ihres Standes Gebrauch machen, legen Natur und Schöpfer
die Funktion auf, für die Erhaltung des Menschengeschlechts zu
sorgen. Dies ist die charakteristische Leistung, die den eigentümlichen
Wert ihres Standes, das bonum prolis (das Gut der Nachkommenschaft)
ausmacht. Einzelmensch und Gesellschaft, Volk und Staat, die Kirche selbst
hängen in ihrem Dasein nach der von Gott gesetzten Ordnung von der
fruchtbaren Ehe ab. In den Ehestand einzutreten, die ihm eigene und nur in
ihm erlaubte Möglichkeit ständig zu benützen und sich
andererseits immer und mit Überlegung ohne ernsten Grund sein
Hauptpflicht zu entziehen, das hieße, sich gegen den Sinn des Lebens
selbst zu vergehen" (Pius XII., Ansprache an die Hebammen,
29.10.1951: M. Chinigo (Hg.), Der Papst sagt, Frankfurt 1955, 118-120).
Es handelt sich also um eine unantastbare Lehre. Aber das kümmert
Montini nicht, der zu Beginn von HV von den neuzeitlichen Problemen (z.B.
Überbevölkerung) und einem geistigen Wandel in der Gesellschaft
(insbesondere bzgl. der Rolle der Frau) spricht, weshalb die Frage nach
der rechten Weitergabe des menschlichen Lebens vermehrt gestellt würde.
Nun, mag sie auch vermehrt gestellt werden, unwandelbare Lehre ist
unwandelbare Lehre, gleichgültig ob sie von niemandem, wenigen,
vielen oder allen in Frage gestellt, d.h. als verbindlich abgelehnt wird.
Montini möchte sich also aufs Neue den Kopf zerbrechen über
bereits endgültig abgeklärte Fragen; darin sieht er angeblich
die Erfüllung seiner Aufgabe, das natürlichen Sittengesetz
auszulegen (cf. HV 4). "Im Bewußtsein dieser gleichen Aufgabe
haben Wir den von Unserm Vorgänger Johannes XXIII. im März 1963
eingesetzten Ausschuß bestätigt und erweitert. Ihm gehörten
außer vielen Gelehrten aus den betreffenden Fachgebieten auch
Ehepaare an. Dieser Ausschuß sollte Gutachten einholen über die
Fragen, die das eheliche Leben und vor allem die sittlich geordnete
Geburtenregelung aufwirft; er sollte darüber hinaus die Ergebnisse
seiner Studien so vorlegen, daß das kirchliche Lehramt eine den
Erwartungen nicht nur der Gläubigen, sondern auch der übrigen
Welt entsprechende Antwort geben könnte. Das Forschungsergebnis der
Sachkundigen und die Gutachten vieler Unserer Brüder im Bischofsamt,
die sie teils aus eigenem Antrieb einsandten, die teils von Uns erbeten
waren, erlaubten Uns, dieses vielseitige Problem von allen Seiten aus
sorgfältiger zu bedenken. Deshalb sagen Wir allen von Herzen Dank"
(HV 5).
Nachdem also auf diese Weise Geld verschwendet worden und im Volk die
teuflische Saat aufgegangen war, daß die Frage der Empfängnisverhütung
doch nicht endgültig beantwortet sei, verkündet Montini:
"Die Folgerungen jedoch, zu denen der Ausschuß gelangt war,
konnten für Uns kein sicheres und endgültiges Urteil darstellen,
das Uns der Pflicht enthoben hätte, ein so bedeutsames Problem zum
Gegenstand Unserer persönlichen Erwägung zu machen. Das war auch
deshalb notwendig, weil es in der Vollversammlung des Ausschusses nicht zu
einer vollen Übereinstimmung der Auffassungen über die
vorzulegenden sittlichen Normen gekommen war; und vor allem, weil einige Lösungsvorschläge
auftauchten, die von der Ehemoral, wie sie vom kirchlichen Lehramt
bestimmt und beständig vorgelegt wurde, abwichen. Daher wollen Wir
nun nach genauer Prüfung der Uns zugesandten Akten, nach reiflicher Überlegung,
nach inständigem Gebet zu Gott, in kraft des von Christus Uns übertragenen
Auftrags auf diese schwerwiegenden Fragen Unsere Antwort geben" (HV
6).
Montinis Antwort flunkert also Unsicherheit vor, trotz der klaren Lehre
der Kirche, ja sogar trotz des jedem einleuchtenden Naturrechts. Es
bedeutet deshalb keinen Gewinn für die Verbreitung der Wahrheit, daß
in HV richtige Aussagen zum Thema Empfängnisverhütung stehen;
entscheidend für die Taktik Neu-Roms ist ja immer der
Augenwischereffekt durch richtige Aussagen und der Wegfall kirchlicher
Zensur, so daß Irrlehren unter den Fittichen der Oberfunktionäre
sich ausbreiten und die richtige Lehre früher oder später vollständig
ausrotten können. In HV bleibt alles in der Schwebe, nirgends heißt
es, daß die Ablehnung der traditionellen Lehre ipso facto den
Ausschluß aus der Kirche zur Folge hat, stattdessen ergeht sich
Montini in furchtbar anbiederndenden Wortschwallen an alle möglichen
Gruppen, etwa Politiker, Ärzte und Eheleute. Priester und Bischöfe
werden erst am Schluß genannt - sicherlich Ausdruck der Geringschätzung
des kirchlichen Amtes. An die Priester schreibt Montini:
"Liebe Priester, liebe Söhne! Durch euren heiligen Beruf seid
ihr Berater und geistliche Führer der einzelnen Menschen wie der
Familien. Voll Vertrauen möchten Wir Uns an euch wenden. Eure Pflicht
ist es ja - Unser Wort gilt besonders den Lehrern der Moraltheologie -,
die kirchliche Ehelehre unverfälscht und offen vorzulegen. Gebt an
erster Stelle ihr bei der Ausübung eures Amtes das Beispiel
aufrichtigen Gehorsams, der innerlich und nach außen dem kirchlichen
Lehramt zu leisten ist. Wie ihr wohl wißt, verpflichtet euch dieser
Gehorsam nicht so sehr wegen der beigebrachten Beweisgründe, als
wegen des Lichtes des Heiligen Geistes, mit dem besonders die Hirten der
Kirche bei der Darlegung der Wahrheit ausgestattet sind (cf. LG 25). Ihr
wißt auch, daß es zur Wahrung des inneren Friedens der
einzelnen und der Einheit des christlichen Volkes von größter
Bedeutung ist, daß in Sitten- wie in Glaubensfragen alle dem
kirchlichen Lehramt gehorchen und die gleiche Sprache sprechen. Deshalb
machen Wir Uns die eindringlichen Worte des großen Apostels Paulus
zu eigen und appellieren erneut an euch aus ganzem Herzen: "Ich
ermahne euch, Brüder, ... daß Ihr alle in Eintracht redet;
keine Parteiungen soll es unter euch geben, vielmehr sollt ihr im gleichen
Sinn und in gleicher Überzeugung zusammenstehen' (1 Kor 1,10)"
(HV 28).
Wirklich herzergreifend, dieser Appell, aber in Anbetracht der Thematik
bestenfalls ein schlechter Scherz! Gemäß HV gibt es letztlich
keine Verbindlichkeit des Naturrechts und der kirchlichen Autorität.
Die Rezeption von Humanae vitae: Die "Königsteiner
Erklärung" (30.08.1968)
Montini bettelte abschließend die Bischöfe an: "Liebe und
ehrwürdige Brüder im Bischofsamt! Am Ende dieses Rundschreibens
wenden Wir Uns in Ehrerbietung und Liebe an euch. Mit euch teilen Wir
besonders eng die Sorgen um das geistliche Wohl des Gottesvolkes. An euch
richtet sich Unsere dringende Bitte: Setzt euch, an der Spitze eurer
Mitarbeiter, der Priester, und eurer Gläubigen restlos und unverzüglich
ein für Schutz und Heiligkeit der Ehe; dafür, daß damit
das Leben in der Ehe zu menschlicher und christlicher Vollendung kommt.
Das sollt ihr als die größte und verantwortungsvollste Aufgabe
ansehen, die euch heute anvertraut ist. Ihr wißt sehr wohl, daß
dieser Hirtendienst eine gewisse Abstimmung der pastoralen Bemühungen
aufeinander erfordert, die alle Bereiche menschlichen Tuns umfaßt:
den wirtschaftlichen, den der Bildung und den gesellschaftlichen.
Gleichzeitiger Fortschritt auf allen diesen Gebieten wird das Leben von
Eltern und Kindern in der Familie erträglicher, leichter und froher
machen. Bei ehrfürchtiger Wahrung von Gottes Plan mit der Welt wird
auch das Leben der menschlichen Gesellschaft durch brüderliche Liebe
reicher und durch wahren Frieden gesicherter werden" (HV 30).
In Deutschland reagierten die Bischöfe prompt; ganz im Sinne von
Montini heben sie die Belanglosigkeit von Humanae vitae hervor und stellen
letztlich alles der Beliebigkeit anheim - das nennen sie dann "Seelsorge".
In dem "Wort der deutschen Bischöfe zur seelsorglichen Lage nach
dem Erscheinen der Enzyklika 'Humanae vitae'" (sog. "Königsteiner
Erklärung"). Einleitend beurteilen die DB Montinis Ergüsse:
"Sein Wort ist getragen vom Bewußtsein hoher Verantwortung für
die kirchliche Lehre als Dienst am christlichen Leben, von Ehrfurcht vor
der Würde des Menschen und vor der Heiligkeit des Lebens. Es greift
die im II. Vatikanischen Konzil erneuerte Sicht ehelicher Liebe und
verantwortlicher Elternschaft auf" (KE 1). Die DB springen auf den
Zug, daß HV eben nur eine Enzyklika ohne letztverbindliche Autorität
sei, m.a.W. die Tatsache, daß die richtigen Aussagen in HV
traditionelle und unfehlbare Lehre sind, fällt unter den Tisch. Der
Unsicherheitsfaktor, der in HV suggeriert wurde, wird damit weiter
eingeredet. Wenngleich in Augenwischermanier nicht direkt zum Protest
gegen HV aufgerufen wird, so räumen die DB doch ein, daß eine
HV entgegensetzte Haltung nicht unmöglich ist: "Enzykliken sind
amtliche Lehräußerungen der Kirche. Ihnen schulden wir religiösen
Gehorsam. [...] Wer glaubt, in seiner privaten Theorie und Praxis von
einer nicht unfehlbaren Lehre des kirchlichen Amtes abweichen zu dürfen
ein solcher Fall ist grundsätzlich denkbar , muß
sich nüchtern und selbstkritisch in seinem Gewissen fragen, ob er
dies vor Gott verantworten kann" (KE 3). Das Erscheinen von HV hat,
wie die DB bemerken, zu einigem Trubel geführt, denn außer großer
Zustimmung gab es auch Gegenreaktionen: "Für viele Kritiker der
Kirche ist allerdings das Rundschreiben auch zu einem Anlaß billiger
und manchmal sogar böswilliger Abreaktion antikatholischer,
antikirchlicher oder antiklerikaler Vorurteile und Affekte geworden.
Emotionen und unkritische Stellungnahmen werden jedoch dem Ernst der Frage
nicht gerecht" (KE 6). Die DB gewinnen dem ganzen Tohuwabohu aber
noch etwas Positives ab: "Dieses ganze Geschehen hat aber nicht nur
negative Aspekte. Wir dürfen in ihm auch einen heilsamen Läuterungsprozeß
sehen. Die Einstellung zum Geschlechtlichen wird sachgerechter. Es bahnen
sich neue Formen der Verwirklichung von Autorität und Freiheit in der
Kirche an. Das Ganze kann ein wirksamer Beitrag zur Erneuerung der Kirche
im Sinne des II. Vatikanischen Konzils sein." Die DB haben damit den
Nagel auf den Kopf getroffen und genau das zur Sprache gebracht, was den
Kern von HV ausmacht: Die Aushöhlung der Autorität und das
Abrutschen in die Beliebigkeit sind die Hauptcharakteristika des von V2
propagiert Neuen Zeitalters. Die Betonung der "Seelsorge", die
im weiteren Verlauf der KE quasi als eine Gegenkraft zur
Wahrheitsverpflichtung hingestellt wird, ist nur eine Folge dieses neuen
Denkens. Besonders gegen Ende der KE kommt diese konstruierte Gegensätzlichkeit
deutlich zum Ausdruck: "Wir würden es bedauern, wenn wegen der
Schwierigkeiten, von denen wir sprachen, die im Sinne des II.
Vatikanischen Konzils vielerorts wachsende Bereitschaft zur kirchlichen
Mitverantwortung und die Bildung eines selbständigen Gewissens
Schaden litten. Deshalb werden auch die Seelsorger in ihrem Dienst,
insbesondere in der Verwaltung der heiligen Sakramente, die
verantwortungsbewußte Gewissensentscheidung der Gläubigen
achten. Wir werden uns in gemeinsamer Arbeit mit Priestern und Laien um
gangbare Wege der Ehepastoral bemühen. Im Sinne der Kollegialität
werden wir Bischöfe das Gespräch mit dem Heiligen Vater und mit
dem Episkopat anderer Länder pflegen. Mit allen Gläubigen
empfinden wir die Größe der Aufgabe, die vor uns liegt"
(KE 16).
Einige besonders engstirnige V2-Sektierer schwingen unermüdlich
Parolen wie: "Die Bischöfe sind mit der KE dem Papst in Rücken
gefallen". Wie nachgewiesen, ist diese Aussage falsch - die DB haben
genau das getan, was Montini wollte. Was wäre nämlich passiert,
wenn die DB Montini "in den Rücken gefallen" wären
bzw. ihn "hintergegangen" hätten? Eine öffentliche
Erklärung ist ja kein Geheimdokument - mit dem öffentlichen
Bekanntwerden hätte Montini wenigstens dieses Schreiben verbieten,
aber sicherlich hätte er auch Personalpolitik betreiben müssen.
Beides ist nicht passiert, damit kommt zu dem inneren Beweis, daß
die KE das Anliegen von HV richtig wiedergibt, noch der äußere
Beweis hinzu.
Das dauernde Gezetere gegen HV, auch 30 Jahren nach der Veröffentlichung, kann also nicht überraschen - HV ist als Angriff gegen die göttliche und die kirchliche Ordnung geplant gewesen, und das Schreiben hat seinen Zweck nicht verfehlt. Die Katholiken sehen in HV nur einen weiteren Beweis für die Verlogenheit der V2-Sekte.