brd-Justiz: Alles Arschlöcher?

- Leserbrief / Pressemitteilung zur Anklageschrift von "Staatsanwaltschaft Augsburg" -
(Kirche zum Mitreden, 11.09.2008)
In vielen Tageszeitungen und sonstigen Medien vom 09. / 10.09.2008 wird darüber berichtet, dass ein (wegen Einfuhr geschützter Tierarten) Angeklagter in der diesbzgl. Anklageschrift von der SA Augsburg als "Arschloch" tituliert wird.
Die Tatsache selbst ist absolut unstrittig und wird auch von der SA Augsburg ausdrücklich bestätigt. Die Hintergründe mögen angesichts ihrer schwierigen Nachprüfbarkeit dahingestellt bleiben. Anscheinend gibt es wohl zwei Fassungen dieser Anklageschrift, die eine quasi "nur für den Dienstgebrauch" (mit "A."), die andere für das Gericht (ohne "A."); der Angeklagte selbst hatte jedenfalls eine "A."-Version erhalten. Wiederum absolut unstrittig und v.a. wirklich bedeutsam sind aber die Verrenkungen der SA, jetzt nicht wegen Beleidigung verurteilt zu werden. Der Chef der Augsburger SA, Reinhard Nemetz, behauptete - oder im Neusprech: "erklärte" - , dass das "A." in der Anklageschrift keine "Beleidigung im juristischen Sinne" sei, denn dafür sei der "Vorsatz nötig, sie öffentlich zu machen." Die "A."-Anklageschrift hingegen sei ein "Internum" gewesen und nur versehentlich versandt worden, und "man kann ja schließlich auch in sein Tagebuch schreiben, was man will." Die Frage, ob eine "Dienstgebrauch-Anklageschrift" mit einem persönlichen Tagebuch vergleichbar sei, bleibe jetzt mal dahingestellt, und erst recht die Frage, wie dann ein "A." etc. in Internet-Tagebüchern (Weblogs / Blogs) zu beurteilen ist, die - sicherlich ganz im Gegensatz zu einer Anklageschrift - wirklich nur privaten Charakter haben. Damit bleibt hier auch unbeantwortet, ob die SA Augsburg mit diesem Pseudo-Vergleich die Bürger nur ver*rschen will. Eine absolut radikale Ver*rschung der Bürger ist allerdings die "Erklärung", d.h. die Lüge von Reinhard Nemetz, für eine "Beleidigung im juristischen Sinne" sei der "Vorsatz nötig, sie öffentlich zu machen." Man nehme das "Strafgesetzbuch", schlage den §185 ("Beleidigung") auf und markiere dick mit rotem und blauem Filzstift die Wörter "Vorsatz" und "öffentlich". Und siehe da: Weder das eine noch das andere Wort kommt darin vor, noch nicht einmal sinngemäß. Und um ehrlich zu sein, ist da rein gar nicht bestimmt, was eine Beleidigung ist. Und um dem §185 endgültig den Todesstoß zu versetzen, lese man dazu den Grundsatz "Keine Strafe ohne Gesetz" (nulla poena sine lege), der u.a. in 103 GG / §1 StGB / Art. 7 EMRK festgehalten ist. S. dazu den Artikel "Richterwahl auf Zeit durchs Volk" (2004) von einem Juristen, i.e. Rechtsanwalt Claus Plantiko: "Daß die Strafbestimmungen zur Beleidigung gegen das Bestimmtheitsgebot des Art. 103(2) GG verstoßen, räumte selbst das Bundesverfassungsgericht ein, s. E 93, 266, 292; 71, 108, 114ff., meint aber, der Begriff der Beleidigung habe durch >100jährige und im Wesentlichen einhellige Rechtsprechung einen hinreichend klaren Inhalt erlangt, der den Gerichten ausreichende Vorgaben für die Anwendung an die Hand gibt und den Normadressaten deutlich macht, wann sie mit einer Bestrafung wegen Beleidigung zu rechnen haben. Das Bundesverfassungsgericht verstößt damit selber gegen das Gewaltentrennungsgebot der Verfassung, da Art. 103(2) GG eine gesetzliche Bestimmtheit der Strafe fordert und keine durch (verfassungswidriges!) Richterrecht." Nemetz schafft hier also ein "Staatsanwaltsrecht", indem er sich selbst zum Gesetzgeber "erklärt". Er spielt damit höchstselbst den absoluten Souverän, für den das Volk eben nur eine Horde belangloser *rschlöcher ist. Man könnte noch an andere konkrete "A."-Kapriolen denken. Bekannt ist z.B. der Fall von Fußballer Stefan Effenberger, der, wie er selbst sagte, einem Polizisten "Schönen Abend noch" gewünscht hatte und dafür 90.000 Euro zahlen musste, weil der Polizist behauptete, Effenberger hätte "A." zu ihm gesagt. Da die Sache nicht nachprüfbar war und der Polizist - im Gegensatz zu Effenberger - keinen Zeugen hatte, wurde das Prinzip "Im Zweifel gegen den Angeklagten" (in dubio contra reum) angewandt. Als hingegen einige Polizisten mehrere Anwesende bei einer Demonstration mit Verbalattacken wie "Verp*ss dich, du *rschloch" bearbeiteten, gab es dafür zahlreiche Zeugen, weswegen die Sache für die Polizisten keinerlei Konsequenzen hatte. Doch so amüsant konkrete Fälle auch sein mögen: Die wichtigste Erkenntnis aus der unanfechtbaren Beleidigungs-Ideologie des BVerfG dürfte die Tatsache sein, dass in den "mehr als hundert Jahren" mit Beleidigungsprozessen das gesamte Tausendjährige Reich mitsamt allen Urteilen beim Volksgerichtshof etc. enthalten ist. Damit haben die Völkermordaktivitäten der Nazis gegen die Tausende von katholischen Kleriker, die wegen "Beleidigung" und dergleichen "Verbrechen" verurteilt, eingekerkert und ermordet wurden (s. z.B. das Buch von Pater Johann Maria Lenz, Christus in Dachau), vom BVerfG ihre unanfechtbare Bestätigung erhalten. Die Maxime der Justiz lautet also: Berechtigte und notwendige Kritik an öffentlichem Unrecht ist strafbar. Zugegeben, das ist nichts wirklich Neues: Praktisch alle Nazi-Richter wurden ja in der brd im Amt gelassen und ggf. noch befördert. Ein Schmankerl obendrein: Eine ausdrücklich nur "im Wesentlichen (???) einhellige Rechtsprechung" ist eben KEINE einhellige Rechtsprechung, also damit werden alle Bürger unanfechtbar grenzenlos ver*rscht.
Was also den ganzen Rummel um die "A."-Anklageschrift betrifft: Man sollte nicht nur den Finger darauf legen, wenn die brd die Bürger als *rschlöcher tituliert, sondern vielleicht sogar noch stärker darauf, wenn die brd die Bürger wie *rschlöcher behandelt.

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