Predigt zum Christkönigsfest

- 29.10.2000 -
(Kirche zum Mitreden, 29.10.2000)
(Kol 1,12-20; Joh 18,33-37)

Das heutige Christkönigsfest, das von Papst Pius XI. 1925 eingeführt wurde, stellt uns in besonderer Weise die Grundaussage unseres Glaubens vor Augen, dass Jesus Christus der König der Könige ist. Objektiv besteht die Unterordnung aller Menschen unter die Herrschaft Christi, wie es der hl. Paulus in der heutigen Lesung formuliert: Christus "ist das Ebenbild Gottes, des Unsichtbaren, der Erstgeborene vor aller Schöpfung; denn in ihm wurde alles erschaffen im Himmel und auf Erden, das Sichtbare und das Unsichtbare, ob Throne, Fürstentümer, Herrschaften oder Gewalten: alles ist durch Ihn und für Ihn geschaffen. Er ist vor allen, und alles hat in Ihm Bestand."
Nun wird diese objektive Ordnung allerdings nicht von allen Menschen hingenommen. Nicht jeder Mensch akzeptiert, dass er ein Geschöpf Gottes ist und seinem Schöpfer völlige Unterwerfung schuldet; an die Stelle Gottes tritt dann notwendig ein Götze, sei es nun die eigene Person, der Staat, ein Idol oder was auch immer. In dieser falschen Weltsicht wird dann auch der Kirche Gewalt angetan. Während Paulus lehrt: Christus "ist das Haupt des Leibes, nämlich der Kirche", muss Christus in der falschen Weltsicht seinen Platz für Götzen räumen. Nicht mehr Christus darf über die Kirche bestimmen, sondern eben nur die eigene Person, der Staat o.ä.
Obwohl also Throne und Fürstentümer ihren Bestand objektiv in Christus haben, kann es dennoch sein, dass sie die absolute Herrschaft Christi nicht anerkennen, und genau dies kommt auch im heutigen Evangelium zum Ausdruck. "Mein Reich ist nicht von dieser Welt. Wenn Mein Reich von dieser Welt wäre, so würden gewiß Meine Diener für Mich streiten, und Ich wäre nicht den Juden ausgeliefert worden. Nun aber ist Mein Reich nicht von hier." Die gottfeindlichen Kräfte können das Reich Christi nicht besiegen, weil es über ihnen steht, weil es überirdischen Ursprungs ist. Den gottfeindlichen Kräften kann es allerdings möglich sein, nach rein irdischen Gesichtspunkten Christus und die Christen zu besiegen. Wir dürfen das heutige Evangelium sicher mit dem gestrigen Evangelium (Joh 15,17-25) vom Fest der hll. Apostel Simon und Judas sehen: "Wenn euch die Welt haßt, so wisset, daß sie Mich vor euch gehaßt hat. Wäret ihr von der Welt, so würde die Welt das Ihrige lieben; weil ihr aber nicht von der Welt seid, sondern Ich euch von der Welt auserwählt habe, darum haßt euch die Welt. Denket an das Wort, das Ich zu euch gesprochen habe: Der Knecht ist nicht größer als sein Herr. Haben sie Mich verfolgt, so werden sie auch euch verfolgen; haben sie Mein Wort gehalten, so werden sie auch das eurige halten. Aber dies alles werden sie euch antun um Meines Namens willen; denn sie kennen Den nicht, der Mich gesandt hat. Wäre Ich nicht gekommen und hätte Ich nicht zu ihnen geredet, so hätten sie keine Sünde; nun aber haben sie keine Entschuldigung für ihre Sünde. Wer Mich haßt, der haßt auch Meinen Vater."
Es muss also nicht notwendig so sein, dass derjenige, der vor Gericht wegen seines Glaubens verurteilt wird und von allen möglichen Seiten nur Hass und Verfolgung erfährt, auch objektiv im Unrecht ist; ebensowenig ist ein so genanntes "höchstrichterliches" Urteil der Garant für die absolute Wahrheit. Obwohl der Maßstab, den die Menschen anlegen, derselbe sein muss, den die Menschen von Gott erhalten haben, so besteht dennoch die Gefahr, dass die Menschen von der göttlichen Anordnung abweichen. Kommt es zu einer Abweichung, muss der Mensch sich entscheiden, welchen Maßstab er als den höheren und damit letztlich verpflichtenden nimmt: den irdischen oder den göttlichen.
Nun muss es ja nicht für jeden Menschen soweit kommen, dass er unter Gefahr von Folter und Tod das Bekenntnis zu Christus als König der Könige ablegen muss. Wenngleich uns gerade das heutige Fest wieder zu Glaubentreue in der Verfolgung einlädt, so wollen wir auch nicht das tägliche Bekenntnis zu Christus in den kleinen Dingen des Alltags, ja im Verborgenen vergessen. Das fängt bei der persönlichen Lebensführung an: In all unserem Handeln, in all unseren Gedanken muss Christus herrschen; Gedanken, Worte und Werke müssen bestimmt sein von der Herrschaft Christi. Das setzt sich dann in der Familie fort: Hier muss die von Gott gesetzte gesellschaftliche Ordnung im kleinen verwirklicht werden. Und auch hier gilt: Sollte es zu einem Interessenkonflikt kommen zwischen dem, was die Familie will und dem, was dem göttlichen Gebot entspricht, muss wiederum zu Gunsten des göttlichen Gebotes entschieden werden: "Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, ist meiner nicht wert. Und wer Sohn oder Tochter mehr liebt als mich, ist meiner nicht wert. Wer sein Kreuz nicht auf sich nimmt und mir nicht nachfolgt, ist meiner nicht wert" (Mt 10,37f).
In den Gebeten der heutigen Messe bitten wir Gott um Frieden und Einheit unter den Völkern. Dieser wahre Frieden kann nur da Bestand haben, wo er in Christus Bestand hat, da, wo sich die Völker der Herrschaft Christi unterwerfen. Also: Alle Bereiche unseres Lebens müssen von Wahrheit und Gerechtigkeit durchdrungen sein. Und wenn wir uns in dieser Erdenzeit zu Christus bekennen, wird er sich beim Jüngsten Gericht als gnädiger Richter zeigen und uns an der Herrlichkeit seines Reiches, das nicht von dieser vergänglichen Welt ist, teilhaben lassen. Amen.

[Predigt zum Christkönigsfest 1997]

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