Das heutige Christkönigsfest, das von Papst Pius XI. 1925 eingeführt
wurde, stellt uns in besonderer Weise die Grundaussage unseres Glaubens
vor Augen, dass Jesus Christus der König der Könige ist. Objektiv
besteht die Unterordnung aller Menschen unter die Herrschaft Christi, wie
es der hl. Paulus in der heutigen Lesung formuliert: Christus "ist das
Ebenbild Gottes, des Unsichtbaren, der Erstgeborene vor aller Schöpfung;
denn in ihm wurde alles erschaffen im Himmel und auf Erden, das Sichtbare
und das Unsichtbare, ob Throne, Fürstentümer, Herrschaften oder
Gewalten: alles ist durch Ihn und für Ihn geschaffen. Er ist vor allen,
und alles hat in Ihm Bestand."
Nun wird diese objektive Ordnung allerdings nicht von allen Menschen
hingenommen. Nicht jeder Mensch akzeptiert, dass er ein Geschöpf Gottes
ist und seinem Schöpfer völlige Unterwerfung schuldet; an die
Stelle Gottes tritt dann notwendig ein Götze, sei es nun die eigene
Person, der Staat, ein Idol oder was auch immer. In dieser falschen Weltsicht
wird dann auch der Kirche Gewalt angetan. Während Paulus lehrt: Christus
"ist das Haupt des Leibes, nämlich der Kirche", muss Christus in der
falschen Weltsicht seinen Platz für Götzen räumen. Nicht
mehr Christus darf über die Kirche bestimmen, sondern eben nur die
eigene Person, der Staat o.ä.
Obwohl also Throne und Fürstentümer ihren Bestand objektiv
in Christus haben, kann es dennoch sein, dass sie die absolute Herrschaft
Christi nicht anerkennen, und genau dies kommt auch im heutigen Evangelium
zum Ausdruck. "Mein Reich ist nicht von dieser Welt. Wenn Mein Reich von
dieser Welt wäre, so würden gewiß Meine Diener für
Mich streiten, und Ich wäre nicht den Juden ausgeliefert worden. Nun
aber ist Mein Reich nicht von hier." Die gottfeindlichen Kräfte können
das Reich Christi nicht besiegen, weil es über ihnen steht, weil es
überirdischen Ursprungs ist. Den gottfeindlichen Kräften kann
es allerdings möglich sein, nach rein irdischen Gesichtspunkten Christus
und die Christen zu besiegen. Wir dürfen das heutige Evangelium sicher
mit dem gestrigen Evangelium (Joh 15,17-25) vom Fest der hll. Apostel Simon
und Judas sehen: "Wenn euch die Welt haßt, so wisset, daß sie
Mich vor euch gehaßt hat. Wäret ihr von der Welt, so würde
die Welt das Ihrige lieben; weil ihr aber nicht von der Welt seid, sondern
Ich euch von der Welt auserwählt habe, darum haßt euch die Welt.
Denket an das Wort, das Ich zu euch gesprochen habe: Der Knecht ist nicht
größer als sein Herr. Haben sie Mich verfolgt, so werden sie
auch euch verfolgen; haben sie Mein Wort gehalten, so werden sie auch das
eurige halten. Aber dies alles werden sie euch antun um Meines Namens willen;
denn sie kennen Den nicht, der Mich gesandt hat. Wäre Ich nicht gekommen
und hätte Ich nicht zu ihnen geredet, so hätten sie keine Sünde;
nun aber haben sie keine Entschuldigung für ihre Sünde. Wer Mich
haßt, der haßt auch Meinen Vater."
Es muss also nicht notwendig so sein, dass derjenige, der vor Gericht
wegen seines Glaubens verurteilt wird und von allen möglichen Seiten
nur Hass und Verfolgung erfährt, auch objektiv im Unrecht ist; ebensowenig
ist ein so genanntes "höchstrichterliches" Urteil der Garant für
die absolute Wahrheit. Obwohl der Maßstab, den die Menschen anlegen,
derselbe sein muss, den die Menschen von Gott erhalten haben, so besteht
dennoch die Gefahr, dass die Menschen von der göttlichen Anordnung
abweichen. Kommt es zu einer Abweichung, muss der Mensch sich entscheiden,
welchen Maßstab er als den höheren und damit letztlich verpflichtenden
nimmt: den irdischen oder den göttlichen.
Nun muss es ja nicht für jeden Menschen soweit kommen, dass er
unter Gefahr von Folter und Tod das Bekenntnis zu Christus als König
der Könige ablegen muss. Wenngleich uns gerade das heutige Fest wieder
zu Glaubentreue in der Verfolgung einlädt, so wollen wir auch nicht
das tägliche Bekenntnis zu Christus in den kleinen Dingen des Alltags,
ja im Verborgenen vergessen. Das fängt bei der persönlichen Lebensführung
an: In all unserem Handeln, in all unseren Gedanken muss Christus herrschen;
Gedanken, Worte und Werke müssen bestimmt sein von der Herrschaft
Christi. Das setzt sich dann in der Familie fort: Hier muss die von Gott
gesetzte gesellschaftliche Ordnung im kleinen verwirklicht werden. Und
auch hier gilt: Sollte es zu einem Interessenkonflikt kommen zwischen dem,
was die Familie will und dem, was dem göttlichen Gebot entspricht,
muss wiederum zu Gunsten des göttlichen Gebotes entschieden werden:
"Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, ist meiner nicht wert. Und
wer Sohn oder Tochter mehr liebt als mich, ist meiner nicht wert. Wer sein
Kreuz nicht auf sich nimmt und mir nicht nachfolgt, ist meiner nicht wert"
(Mt 10,37f).
In den Gebeten der heutigen Messe bitten wir Gott um Frieden und Einheit
unter den Völkern. Dieser wahre Frieden kann nur da Bestand haben,
wo er in Christus Bestand hat, da, wo sich die Völker der Herrschaft
Christi unterwerfen. Also: Alle Bereiche unseres Lebens müssen von
Wahrheit und Gerechtigkeit durchdrungen sein. Und wenn wir uns in dieser
Erdenzeit zu Christus bekennen, wird er sich beim Jüngsten Gericht
als gnädiger Richter zeigen und uns an der Herrlichkeit seines Reiches,
das nicht von dieser vergänglichen Welt ist, teilhaben lassen. Amen.