Vor einer Woche ist in Berlin ein so genannter "ökumenischer Kirchentag"
zuende gegangen. Das bedeutendste und sowohl in den Medien als auch von
den Besuchern am meisten bewunderte Ereignis war der Auftritt des tibetanischen
Oberbuddhisten, der sich Dalai Lama nennt und von den "Kirchentags"-Veranstaltern
immer wieder "Seine Heiligkeit" genannt wurde. Aber die Organisatoren haben
auch noch auf andere Angebote mit besonderem Nachdruck hingewiesen, z.B.
auf eine Podiumsdiskussion mit einer politisch sehr stark engagierten Prostituierten,
die einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet hat, dass in Deutschland
seit über einem Jahr Prostitution nicht mehr als sittenwidrig gilt.
Das Thema der Prostituierten-Diskussion auf dem "Kirchentag" lautete: "Wofür
ist mein Körper gut?" Ein so genannter "Theologe" (Peter Neuner) plädierte
für eine Veränderung des Papstamtes. Das Papstamt solle sich
so gestalten, dass der Papst als Repräsentant nicht nur einer Konfession,
sondern der Christenheit als ganzer verstanden und akzeptiert werde. Der
"Theologe" erklärte, das Dogma von 1870 binde die Unfehlbarkeit daran,
dass der Papst "als Hirt und Lehrer aller Christen" spreche.
Beendet wurde dieser "Kirchentag" mit einem so gen. "ökumenischen
Gottesdienst" vor etwa 200.000 Zuschauern. Von den Veranstaltern wurde
eine positive Bilanz des "Kirchentages" gezogen. Einer der Verantwortlichen
(Hans-Joachim Meyer) erklärte: "Ich hoffe, dass dieses große
Glaubensfest der Schwäche des christlichen Glaubens in Deutschland
entgegenwirkt. Es ist ja ein Gegenzeichen, ein Zeichen für die Stärke
von Glauben." Ein anderer (Stephan Vesper) meinte: "Für mich
ist es ein Ergebnis dieser Tage, dass die Fragen der Theologie für
die Menschen überhaupt nicht unwichtig sind. Das hört man ja
schon manchmal, das sei nicht so wichtig – nein: die Christen wollen über
theologische Fragen diskutieren und wissen, wie der Glaube zu begreifen
ist und wie er sich entfaltet."
Blickt man auf die beeindruckende Zuschauerzahl des "Abschlussgottesdienstes",
so hat sich der "Kirchentag" eigentlich selbst Recht gegeben. Er ist ein
"großes Glaubensfest", und man könnte meinen, es mit einer unerschütterlichen
Gruppe zu tun zu haben, der gegenüber jeder Widerstand zwecklos ist.
Gott würde es doch sicherlich niemals zulassen, dass 200.000 Menschen
an einer irrigen, einer dem christlichen Glauben entgegengesetzten Veranstaltung
teilnehmen. So viele Menschen können nicht irren.
Oder man könnte meinen, dass dieser zwar "Kirchentag" nicht wirklich
eine christliche Veranstaltung war, man könnte meinen, dass zwar tatsächlich
sehr viele Menschen irrige Vorstellungen vom Christentum haben. Aber diese
Sicht der Dinge könnte dazu verleiten, dass man sich nur noch vor
dieser Masse an Irrenden verbarrikadieren will, dass man jedem Konflikt
oder noch grundsätzlicher jedem Kontakt mit denen, die den "Kirchentag"
für eine christliche Veranstaltung halten, meidet, dass man aus dem
eigenen Christentum eines seiner bestgehüteten Geheimnisse macht.
Was ist also zu tun? In der heutigen Lesung wird davon berichtet, dass
die Apostel nach der Ausgießung des Heiligen Geistes am Pfingstfest
den Abendmahlssaal verlassen und in verschiedenen Sprachen reden, so wie
es ihnen der Hl. Geist eingibt, und sie verkünden die Großtaten
Gottes. Im Evangelium spricht Christus: "Wenn jemand Mich liebt, wird er
Mein Wort halten ... Wer Mich nicht liebt, der hält Meine Worte nicht."
Und wir hören die Verheißung Christi: "Der Tröster aber,
der Hl. Geist, den der Vater in Meinem Namen senden wird, der wird euch
alles lehren und euch an alles erinnern, was Ich euch gesagt habe."
Will man einer Illusion, einer Täuschung glauben, dann wird man
sich angesichts der Lobgesänge auf den "Kirchentag" und angesichts
der gigantischen Teilnehmerzahl geschlagen geben. Oder will man von der
Verheißung Christi, dem Tröster, dem Heiligen Geist nichts wissen,
dann wird man sich ebenfalls angesichts der Lobgesänge und der gigantischen
Teilnehmerzahl geschlagen geben; man wird es nämlich tunlichst unterlassen,
die Worte Christi anderen mitzuteilen, ja man wird vermeiden, auch nur
als Christ erkannt zu werden.
Aber die Verkündigung des wahren Glaubens ist nun einmal wesentlich
für die Kirche. Die Verkündigung ist sogar so wesentlich, dass
bereits in der Anfangszeit Menschen bereit waren, für das Bekenntnis
des wahren Glaubens zu sterben. Fast alle Apostel sind als Märtyrer
gestorben. Diejenigen hingegen, die ihren Glauben verleugnet haben, etwa
weil sie vom Staat dazu gezwungen wurden, haben damit die Kirche verlassen.
Der Hl. Geist lehrt die Wahrheit. Im Hl. Geist erkennen wir die Wahrheit.
Der Hl. Geist lehrt alles und erinnert an alles, was Christi Lehre ist.
Was ist im Licht der christlichen Lehre vom Buddhismus zu halten? Christus
spricht: "Wer nicht glaubt, wird verdammt werden." Was ist von der Prostitution
zu halten? So wie die Liebe Gottes zu seinem Volk, die Liebe Christi zu
seiner Kirche mit der Ehe verglichen wird, so wird vor der Unzucht und
insbesondere vor der Prostitution immer wieder ausdrücklich gewarnt.
Christus spricht: "Aus dem Herzen kommen böse Gedanken, Mord, Ehebruch,
Unzucht, Diebstahl, falsches Zeugnis, Gotteslästerung. Das macht den
Menschen unrein" (Mt 15,19). Was ist von der Forderung zu halten, der Papst
solle als Repräsentant nicht nur einer Konfession, sondern der Christenheit
als ganzer verstanden und akzeptiert werden? Christus spricht zu Petrus:
"Du bist Petrus. Auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen" (Mt 16,18).
Christus spricht nicht von mehreren Kirchen, und er beauftragt Petrus auch
nicht, Interessenvertreter von Irrlehrern zu werden. Man sieht: Selbst
die am meisten gefeierten Ereignisse auf diesem so gen. "Kirchentag" lassen
sich mühelos als dem Christentum fremd erkennen. Der Hl. Geist lehrt
alles und erinnert an alles, was Christus gesagt hat. Wer von den Worte
Christi jedoch nichts wissen will und sie sogar bewusst verdreht, verschließt
sich dem Hl. Geist.
Christus hat seiner Kirche den Hl. Geist verheißen, und in der
Kraft des Hl. Geistes haben die Apostel die Großtaten Gottes verkündet.
Beten also auch wir um den Hl. Geist, den Geist der Wahrheit. Der Hl. Geist
möge uns erleuchten, damit wir der Wahrheit anhängen und die
Unwahrheit meiden. Und wo immer er es will, lasse er uns mutig Zeugnis
vor der Welt geben, Zeugnis für die Wahrheit und Zeugnis gegen die
Unwahrheit. Und in der Kraft des Hl. Geistes werden wir uns nicht durch
noch so große Gegnermassen einschüchtern lassen, nicht durch
noch so raffinierte Lügen täuschen lassen.
Der Hl. Geist bewahre uns auch vor jeder Überheblichkeit und v.a.
vor Gehässigkeit. Kein Tag möge vergehen, ohne dass wir für
unsere Gegner, ganz besonders für unsere größten Gegner,
beten. Sie mögen sich dem Hl. Geist öffnen, von ihrem bösen
Tun ablassen, wahre Buße tun und gerettet werden. Amen.
S. auch:
Johannes Rau und der "Kirchentag"