"Nicht Gesunde bedürfen des Arztes, sondern Kranke. Gehet hin und
lernet, was es heißt: Barmherzigkeit will ich, nicht Opfer. Denn
Ich bin nicht gekommen, die Gerechten zu berufen, sondern die Sünder."
Wie diese Worte Jesu zu verstehen sind, darüber herrscht in Einzelfragen
nicht bei allen Theologen völlige Einigkeit. Was jedenfalls klar ist:
Die Begriffe "Zöllner" und "Sünder" lagen im jüdischen Denken
sehr nahe beieinander. Die Zöllner standen im Dienst der verhassten
römischen Besatzungsmacht, und wenngleich viele Juden bereits daran
Anstoss nahmen, dass die Zöllner für die Römer arbeiteten,
war es auch typisch für das Zöllnerwesen, dass die geforderten
Beiträge ungerecht waren, dass die Zöllner mit Wucher auch sich
selbst bereicherten und ein rücksichtsloses Genussleben führten.
In den Augen der Juden war es vom Zöllnerwesen kein weiter Schritt
mehr zu völlig sittenwidrigen Berufen wie in der Prostitution.
Nun leuchtet es ein, dass man Sittlich verdorbene Menschen grundsätzlich
meiden muss aufgrund der Gefahr der Verführung zur Sünde, die
durch einen schlechten Umgang gegeben ist. Insofern erscheint die Reaktion
der Pharisäer durchaus nachvollziehbar, wenn sie die Jünger fragen:
"Warum ißt euer Meister mit den Zöllnern und Sündern."
Weswegen sollte man sich mit sittlich verdorbenen Menschen abgeben, bei
denen sowieso nicht auf eine Bekehrung oder auch nur sittliche Besserung
zu hoffen ist? Wieso sollte man sich der Gefahr aussetzen, sich von der
sittlichen Verrohung dieser Menschen vereinnahmen zu lassen?
Hierauf erwidert also Jesus: "Nicht Gesunde bedürfen des Arztes,
sondern Kranke." Man soll auch denjenigen, die in sittlicher Verrohung
gefangen sind, noch eine Hilfe geben, damit sie ihren falschen Weg verlassen
und sich bekehren. Indem man die Botschaft Christi auf geeignete Weise
verbreitet, führt man die Kranken zu dem wahren Arzt, zu Christus.
Es widerspricht dem christlichen Gedanken vollkommen, wollte man anderen
grundsätzlich die Möglichkeit verweigern, das Christentum kennenzulernen.
Leider ist diese zutiefst antichristliche Haltung auch heute gerade bei
denen zu finden, die sich für die besten der besten Christen halten
und auch von anderen dafür gehalten werden wollen. Angenommen, ein
Katholik bietet Nichtkatholiken die Möglichkeit, den katholischen
Glauben kennenzulernen, indem er päpstliche Lehrschreiben und dogmatische
und moraltheologische Literatur öffentlich verbreitet. Jeder Interessierte
kann problemlos, anonym und nahezu kostenfrei diese Literatur sich ansehen
und sogar Fragen stellen, wenn ihm etwas in der katholischen Lehre unklar
ist. Mit einer unfassbaren Selbstsicherheit erklären daraufhin die
Superchristen, dass ein solches katholisches Angebot gar nichts Gutes bewirkt,
dass es nicht nur ergebnislos und sinnlos, sondern sogar schädlich
für das Christentum ist. Der gesunde Menschenverstand muss doch schon
erkennen lassen, dass niemand weiß, welche Wirkungen von einem katholischen
Angebot ausgehen. Und selbst wenn dieser Arbeit kein Erfolg im Sinne der
Bekehrung eines oder mehrer Nichtkatholiken beschieden wäre: Ist nicht
schon ein gutes Werk an sich wertvoll? Oder anders: Darf nur derjenige
sich zu Christus bekennen, der beweisen kann, dass er mit seinem Bekenntnis
Erfolg im Sinne der Bekehrung anderer haben wird? Wenn ja, wäre noch
immer zu fragen, wie jemand denn vorher wissen und insbesondere beweisen
kann, dass sein Bekenntnis andere zur Bekehrung führen wird. Trotz
aller Logik: Wer anderen, insbesondere Nichtkatholiken, den katholischen
Glauben nahebringen möchte, der übt in den Augen der Superchristen
Verrat am Christentum, der hat in den Augen der Superchristen nichts besseres
verdient als Spott und Hohn. Und die Superchristen bedienen sich bei ihrer
Spottkampagne gegen ungeliebte Katholiken derselben Mittel wie die Pharisäer
damals: Sie verdrehen die Wahrheit. Sie dürfen sich dabei sicher sein,
dass es auch heute noch genug Personen gibt, die sich mit der verdrehten
Wahrheit zufrieden geben. Das Christentum verkümmert damit zu einer
Privatbelustigung von selbsternannten Katholiken, die sich um christliche
Grundsätze nicht scheren, die von Dogmatik, Moraltheologie und Kirchenrecht
nichts wissen wollen und an die Stelle der kirchlichen Lehre ihre Privatmeinung
gesetzt haben. Durch die kirchliche Lehre haben wir einen klaren Maßstab.
Wir können und müssen uns also selbst überprüfen: Steht
das, was wir vertreten, im Einklang mit der kirchlichen Lehre? Stehen wir
fest und treu zu den kirchlichen Dogmen? Oder basteln wir uns unsere eigene
Religion zusammen, wobei wir die kirchlichen Dogmen als "einseitig, oberflächlich,
rechthaberisch, dumm und voreilig" verurteilen. Stehen wir fest und treu
zum Papstamt? Oder bekennen wir uns lieber zu einem Betrüger, den
wir obendrein noch völlig entmündigen, indem wir seine Anordnungen
und Bestimmungen ignorieren und öffentlich ins Lächerliche ziehen,
so dass wir uns im Grunde selbst als Papst aufspielen? Gehören wir
zur katholischen Kirche, oder sind wir eingetragenes Mitglied einer kirchenfeindlichen
Organisation?
Dabei kann uns die Mehrheitsmeinung nicht unbedingt helfen: Das gewichtige
Wort der Pharisäer über die Zöllner und Sünder spiegelt
durchaus eine im damaligen Judentum verbreitete Meinung wider. Trotzdem
schließt sich Jesus nicht der Auffassung der Pharisäer an. Er
erwidert ihnen: "Ich bin nicht gekommen, die Gerechte zu berufen, sondern
die Sünder." Möglicherweise verwendete Jesus den Begriff "Gerechte"
ironisch. Gruppen wie die Pharisäer sind also nicht wirklich "Gerechte",
sie sind es nur in der Auffassung vieler Juden und wohl v.a. in ihrer eigenen
Auffassung. Wer so von sich eingenommen ist, wer seine Fehler nicht mehr
sieht, wer nicht mehr erkennt, dass er ein Sünder und der göttlichen
Gnade bedürftig ist, der ist nicht empfänglich für die Botschaft
Jesu. Bei ihm stößt der Ruf Gottes auf taube Ohren. Jedenfalls
sagt Christus immer wieder, dass die Gerechtigkeit der Pharisäer ungenügend
ist, um gerettet zu werden. Fest steht: Christus spricht ganz besonders
zu denen, die in der größten Gefahr stehen, das ewige Heil zu
verfehlen, aber er spricht auch zu denen, die sich um ein sittenreines
Leben bemühen. Diese Gerechten befinden sich in einer besseren Situation,
sie sind nicht so bedürftig wir die Sünder. Außerdem zitiert
Christus den Propheten Hosea: "Barmherzigkeit will ich, nicht Opfer." Es
sollen damit ja Opfer nicht grundsätzlich abgelehnt, geschweige denn
verboten werden. Vielmehr geht es darum, rituelle Handlungen nicht von
einem gottesfürchtigen Leben zu trennen. Die Worte bei Hosea bedeuten:
Man kann sich nicht damit begnügen, ein paar Tiere in kultischen Handlungen
zu schlachten und zu verbrennen, man muss auch sein Leben nach den Grundsätzen
der Gottes- und Nächstenliebe führen. Allerdings will Gott die
Bekehrung auch derer, die in einem sündhaften Leben und Denken gefangen
sind. Christus zeigt selbst Barmherzigkeit, wenn er die Sünder zur
Bekehrung ruft. Man darf anderen nicht unbarmherzig die Möglichkeit
der Bekehrung verweigern.
Bemühen wir uns also um Gerechtigkeit. Führen wir ein Leben
gemäß den Geboten Gottes und der Kirche. Orientieren wir uns
nicht an irrigen Privatmeinungen, selbst dann nicht, wenn sie weit verbreitet
sind. Beten wir für die Bekehrung der Sünder, ganz besonders
für die Bekehrung derer, die es sich zum Ziel gesetzt haben, das Christentum
zu bekämpfen und auszurotten. Mögen sogar die größten
Sünder noch würdige Buße tun und gerettet werden. Amen.
S. auch:
Völkermordorganisation "Staatsanwaltschaft
Saarbrücken"
www.katholisch.net
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