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Betr.: Anfrage nach BGH-Entscheidungen
Bezug: Ihr Schreiben vom 26. Januar 1999 Anlage: 1
Sehr geehrter Herr [N.],
für Ihr Schreiben vom 26. Januar 1999, das der
Vorsitzende
des 12. Zivilsenats zuständigkeitshalber an mich weitergeleitet
hat,
danke ich Ihnen.
Die Verzögerung in der Beantwortung bitte ich zu
entschuldigen.
Anliegend erhalten Sie einen Abdruck der von Ihnen
gewünschten
Entscheidung.
Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag
Schliebs
RegDir
Beglaubigt
(Gindner)
Justizangestellte
Die katholische Kirche genießt für die Bezeichnungen "römisch-katholisch" und "katholisch" Namensschutz, soweit sie zur namensmäßigen Kennzeichnung der Zugehörigkeit von Einrichtungen und Veranstaltungen zur katholischen Kirche verwendet werden.
BGH, Urteil vom 24. November 1993 XII ZR 51/92
-
OLG Köln
LG Köln
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 51/92
Verkündet am:
24. November 1993
Küpferle
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
[S. 1: Die Parteien; anscheinend die Kölner
V2-Mannschaft
gegen die Piusbruderschaft]
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die
mündliche Verhandlung vom 13. Oktober 1993 durch den Vorsitzenden
Richter Dr. Blumenröhr und die Richter Dr. Krohn, Nonnenkamp, Dr.
Knauber und Gerber
für Recht erkannt:
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 12.
Zivilsenats
des Oberlandesgerichts Köln vom 13. Februar 1992 wird
zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu
tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der beklagte Verein, ein Zusammenschluß von
Anhängern
des von der römisch-katholischen Kirche exkommunizierten und
zwischenzeitlich
verstorbenen Erzbischofs Lefebvre, unterhält in Köln in dem
Haus
"Am Salzmagazin" eine Kapelle. Am Eingang des Hauses befindet sich ein
Schild mit den Aufschriften: "Priesterbruderschaft St. Pius X." Und
"röm.kath.
Oratorium".
Der Kläger, das Erzbistum Köln, hat der
Errichtung
der Kapelle und der Verwendung der Bezeichnung "röm.kath." nicht
zugestimmt.
Er verlangt vom Beklagten, die am Hauseingang des Oratoriums
angebrachte
Bezeichnung "röm.kath." zu entfernen und es zu unterlassen, seine
Kapelle in Köln und überhaupt seine Einrichtungen und
Veranstaltungen
im Erzbistum Köln in irgendeiner Form als "katholisch" oder
"römisch-katholisch"
zu bezeichnen. Der Beklagte hält sich für berechtigt, diese
Bezeichnungen
zu führen.
Das Landgericht hat der Klage unter Androhung eines
Ordnungsgeldes
für jeden Fall der Zuwiderhandlung stattgegeben. Das
Oberlandesgericht
hat die dagegen eingelegte Berufung des Beklagten mit der Maßgabe
zurückgewiesen, daß Ordnungsgeld nur für den Fall der
Zuwiderhandlung
gegen die Verurteilung angedroht werde, es zu unterlassen, die Kapelle
in Köln sowie überhaupt Einrichtungen und Veranstaltungen im
Erzbistum Köln in irgendeiner Form als "katholisch" oder
"römisch-katholisch"
zu bezeichnen. Mit der - zugelassenen - Revision verfolgt der Beklagte
sein Begehren weiter, die Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe:
I.
1. Die von Amts wegen zu prüfende
Parteifähigkeit
des Klägers ist gegeben.
Der Kläger macht Ansprüche der katholischen
Kirche geltend. Nach dem Grundgesetz hat die katholische Kirche, die
bereits
vor dem Inkrafttreten der Weimarer Reichsverfassung "Körperschaft
des öffentlichen Rechts" im Sinne des § 137 Abs. 5 WRV war
(vgl.
dazu Anschütz, Die Verfassung des Deutschen Reichs vom 11. August
1919, 12. Aufl. Art. 137 Anm. 8 S. 556; vgl. auch RGZ 38, 324, 326 f.),
in der Bundesrepublik Deutschland die Stellung einer (besonderen)
Körperschaft
des öffentlichen Rechts (Art. 140 GG i.V. mit Art. 137 Abs. 5 WRV;
vgl. auch BVerfGE 30, 112, 119). Sie ordnet und verwaltet ihre
Angelegenheiten
selbständig, Art. 140 GG i.V. mit Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV. Dazu
gehört auch die Regelung ihrer kirchlichen Organisation, die
deshalb
in der von der Kirche verfaßten Weise von den staatlichen
Gerichten
zu respektieren ist. Nach Can. 368 des Codex Juris Canonici (CIC)
besteht
die katholische Kirche aus Teilkirchen, die vor allem die Diözesen
sind. In dieser Weise ist die katholische Kirche auch in Deutschland
gegliedert.
Die Rechtsstellung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts
kommt deshalb jedenfalls den Bistümern als maßgebenden
Territorialgliederungen
der katholischen Kirche zu (vgl. auch VGH Baden-Württemberg
DÖV
1967, 309; BayObLGE 1973, 328, 329; OVG Münster NJW 1983, 2592; v.
Mangoldt/Klein/v. Campenhausen, Das Bonner Grundgesetz 3. Aufl. Art.
140
Rdn. 151 f; Herzog in: Maunz/Dürig, Grundgesetz Art. 140 - Art.
137
Weimarer Verfassung - Rdn. 30; Obermayer in: Bonner Kommentar, Art. 140
Rdn. 44; v. Campenhausen, Staatskirchenrecht, 2. Aufl. S. 103, 104;
Badura,
Staatsrecht L Rdn. 41; H. Weber, Die Religionsgemeinschaften als
Körperschaften
des öffentlichen Rechts im System des Grundgesetzes S. 105 f.).
Als juristische Person des öffentlichen Rechts ist
der Kläger sowohl rechts- als auch parteifähig (W. Weber, Die
Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen
Rechts
S. 15; Rudolf in: Erichsen/Martens, Allgemeines Verwaltungsrecht 8.
Aufl.
S. 635 Fn. 26; Zöller/Vollkommer, ZPO 18. Aufl. 5 50 Rdn. 12 und
14).
2. Ohne Erfolg rügt die Revision, die Verurteilung
des Beklagten, "überhaupt seine Einrichtungen und Veranstaltungen
im Erzbistum Köln in irgendeiner Form als 'katholisch' oder
'römisch-katholisch'
zu bezeichnen", sei unzulässig, weil der Klageantrag nicht
hinreichend
bestimmt sei.
Bei der Prüfung der Frage, ob der Urteilsausspruch
den Inhalt und den Umfang eines Verbots hinreichend bestimmt erkennen
läßt,
kommt es nicht allein auf den Wortlaut der Urteilsformel an.
Maßgebend
sind bei der Auslegung insoweit auch der Tatbestand und die
Entscheidungsgründe
und das dort in Bezug genommene Parteivorbringen (BGH, Urteil vom 9.
Oktober
1986 - I ZR 138/84 - BGHR ZPO S 253 Abs. 2 Nr. 2 Bestimmtheit 3 m.N.,
insoweit
in BGHZ 98, 330 nicht abgedruckt).
Unter Berücksichtigung dessen ist die Rüge
der Revision nicht gerechtfertigt. Aus den Urteilsausführungen
ergibt
sich, daß das Berufungsgericht - entsprechend dem Begehren des
Klägers
und dessen vorbringen im Rechtsstreit - als Gegenstand des Streits das
Führen der Bezeichnungen "römisch-katholisch" und
"katholisch"
ausschließlich als namensmäßige Kennzeichnung von
Einrichtungen
und Veranstaltungen des Beklagten, insbesondere seiner in Köln
unterhaltenen
Kapelle, angesehen hat. Dementsprechend ist das vorgenannte Verbot
dahin
zu verstehen, daß Einrichtungen und Veranstaltungen des Beklagten
namensmäßig nicht in Beziehung zum Kläger
gebracht
werden dürfen. Dabei begegnet auch die Verwendung der Worte
"Einrichtungen"
und "Veranstaltungen" keinen durchgreifenden Bedenken. Allerdings darf
ein Verbotsantrag nicht derart undeutlich gefaßt sein, daß
sich der Beklagte nicht erschöpfend verteidigen kann und es in der
Zwangsvollstreckung, wenn dem gestellten Antrag im Erkenntnisverfahren
Rechnung getragen wird, die Entscheidung darüber, was dem
Beklagten
verboten ist, dem Vollstreckungsgericht überlassen bleibt (BGH,
Urteil
vom 11. Oktober 1990 - I ZR 35/89 - GRUR 1991, 254, 256 = BGHR ZPO
§
253 Abs. 2 Nr. 2 Bestimmtheit 15). So liegt der Fall indessen nicht.
Der
Beklagte konnte sich gegen das auf S 12 BGB gestützte eindeutige
Begehren
des Klägers erschöpfend verteidigen und hat von dieser
Möglichkeit
auch Gebrauch gemacht. Dem Beklagten sind nicht etwa einzelne
namensmäßige
Verwendungen erlaubt, andere hingegen untersagt worden, so daß
wegen
der nicht immer gleichen Bedeutung "Einrichtung" und "Veranstaltung"
der
Umfang des Verbots erst vom Vollstreckungsgericht festgestellt werden
mußte.
Vielmehr ist das Berufungsurteil dahin zu verstehen, daß dem
Beklagten
generell die Befugnis abgesprochen worden ist, seine Einrichtungen und
Veranstaltungen mit den Namensbestandteilen "römisch-katholisch"
oder
"katholisch" zu versehen. Er hat es danach zu unterlassen, durch die
namensmäßige
Verwendung dieser Attribute den irreführenden Eindruck zu
erwecken,
es handele sich bei seinen Einrichtungen und Veranstaltungen um solche
der katholischen Kirche. Dabei besteht unter den Parteien kein Streit
darüber,
was unter "Einrichtung" oder "Veranstaltung" zu verstehen ist;
Bedeutung
und Sinngehalt dieser Begriffe sind nicht etwa dahingestellt geblieben
(vgl. Dazu BGH, Urteil vom 11. Oktober 1990 aa0). Ihre Verwendung
erklärt
sich daraus, daß es nicht darum geht, dem Beklagten die
Führung
seines eigenen Namens zu untersagen, sondern den
namensmäßigen
Gebrauch der genannten Attribute bei Erscheinungsformen seines
Auftretens
in der Öffentlichkeit, wie es im Unterhalten einer Einrichtung,
etwa
einer Kapelle, oder durch Veranstaltungen (etwa Kultushandlungen,
Werbe-
oder Propagandaveranstaltungen) zum Ausdruck kommen kann, zu verbieten.
II.
1. Der Kläger ist zur Geltendmachung des erhobenen
Anspruchs aktivlegitimiert.
Nach Can. 368 CIC ist der Kläger in dem sein
Bistum
umfassenden Gebiet "die katholische Kirche". Er kann deshalb die nach
seiner
Auffassung der katholischen Kirche zustehenden Ansprüche -
örtlich
beschränkt auf sein Gebiet - selbständig geltend machen. In
dieser
Befugnis ist der Kläger weder durch die Aufgabenstellung der
Deutschen
Bischofskonferenz (vgl. dazu Schlief in: Handbuch des
Staatskirchenrechts
der Bundesrepublik Deutschland Bd. I § 7 S. 308) noch durch die
Zuständigkeiten
des Verbandes der Diözesen Deutschlands (vgl. dazu Schlief aa0 S.
311 sowie § 3 der Satzung des Verbands der Diözesen
Deutschlands
- Kirchlicher Anzeiger für die Erzdiözese Köln 1968 S.
261,
262) beschränkt.
2. a) Das Oberlandesgericht sieht durch die
Kennzeichnung
des Oratoriums als "röm.kath." das Namensrecht des Klägers
aus
§ 12 BGB verletzt und führt dazu aus: Die Rechte aus §
12
BGB stünden auch juristischen Personen des öffentlichen
Rechts
zu. Bei der vom Beklagten verwandten Bezeichnung handele es sich nach
allgemeinem
Sprachgebrauch um ein Kürzel für das Attribut
"römisch-katholisch",
das den gleichen Sinngehalt wie das Wort "katholisch" habe. Daß
der
Kläger diese Worte nicht in seinem Namen führe, stehe der
Geltendmachung
von Namensschutzansprüchen nicht entgegen. Unter den Schutz des
§
12 BGB fielen auch namensartige Kennzeichnungen, die unabhängig
vom
gesetzlichen Namen geführt werden. Ob ihnen Namensschutz zukomme,
hänge davon ab, ob sie geeignet seien, auf die Person des
Namensträgers
hinzuweisen und sie damit von anderen Personen oder Einrichtungen zu
unterscheiden.
Die in Rede stehenden Bezeichnungen dienten nicht nur der Kennzeichnung
bestimmter Glaubensinhalte, vielmehr handele es sich um Attribute, mit
denen in der Öffentlichkeit - auch vom Staat - gerade die
verfaßte
römische Amtskirche und deren Untergliederungen zur Abgrenzung
gegenüber
anderen Religionsgemeinschaften schlagwortartig bezeichnet würden,
die also für sie letztlich prägend seien.
Die Revision wendet ein, der Beklagte habe allenfalls
einen Namensteil des Klägers für sich in Anspruch genommen,
wenn
man - was offen bleiben könne - davon ausgehe, daß der
Kläger
sich als "katholische Kirche" bezeichne und diese Bezeichnung
Namens-/Unterscheidungsfunktion
habe. Das Adjektiv "katholisch" bezeichne Konfession und Glauben
dessen,
der katholisch sei und sich katholisch nenne. Eine Unterscheidungskraft
komme dieser Bezeichnung nicht zu. Bei Gattungs- und
Gegenstandsbezeichnungen
fehle die Unterscheidungskraft. Genauso sei es bei der Bezeichnung
einer
Konfession. Die gegenteilige Annahme der Vorinstanzen sei
verfahrensfehlerhaft
zustande gekommen. Es sei offenkundig, daß es zahllose Vereine
und
Einrichtungen gebe, die sich als "katholisch" bezeichneten, ohne
daá
der Verkehr auf die Idee käme, sie könnten Teile der
Amtskiche
sein.
Damit kann die Revision keinen Erfolg haben.
b) Zutreffend ist das Berufungsgericht davon
ausgegangen,
daß die Bestimmung des § 12 BGB den Namensschutz auch
juristischer
Personen des öffentlichen Rechts gewährleistet
(MünchKomm/Schwerdtner,
BGB 3. Aufl. õ 12 Rdn. 34 m.N.). Dem Berufungsgericht ist auch
darin
zu folgen, daß nach den in der Rechtsprechung zum
Wettbewerbsrecht
entwickelten Grundsätzen auch ein Namensteil oder eine aus dem
Namen
abgeleitete abgekürzte Bezeichnung dann ohne weiteres Namensschutz
genießt, wenn die verwendete Bezeichnung eine individualisierende
Eigenart aufweist, also eine namensmäßige
Unterscheidungskraft
besitzt und damit von Natur aus geeignet ist, eine Namensfunktion
auszuüben
(BGHZ 43, 245, 252; Senatsurteil,vom 24. Oktober 1990 - XII ZR 112/89 -
GRUR 1991, 157 - "Johanniter-Bier" -). Allerdings hat das
Berufungsgericht
die Ansicht vertreten, die Worte "römisch-katholisch" und
"katholisch"
führe der Kläger nicht in seinem Namen. Damit stellt es nur
auf
die Kennzeichnung des Klägers in dessen Eigenschaft als
Gebietskörperschaft
ab und beachtet nicht ausreichend, daß der Kläger nach dem
nach
Art. 140 GG i.V. mit õ 137 Abs. 3 Satz 1 WRV zu beachtenden
Selbstverständnis
der katholischen Kirche in seinem Gebiet "die katholische Kirche ist".
Die Worte "römisch-katholisch" und "katholisch" leiten sich
deshalb
aus dem - weiteren - Namen des Klägers ab.
Entgegen der Ansicht der Revision begegnet die
Feststellung
des Berufungsgerichts, die Attribute "römisch-katholisch" und
"katholisch"
bezeichneten die römische Amtskirche und unterschieden sie in der
Öffentlichkeit schlagwortartig von anderen
Religionsgemeinschaften,
keinen rechtlichen Bedenken. Soweit die Revision einen Verfahrensfehler
des Berufungsgerichts im Zusammenhang mit dieser Feststellung
rügt,
legt sie nicht dar, daß der Beklagte in den Vorinstanzen einen
ihr
entgegenstehenden Sachverhalt vorgetragen oder auf die Einholung einer
Meinungsumfrage angetragen habe (S 554 Abs. 3 Nr. 3 Buchst. b ZPO).
Der Feststellung des Berufungsgerichts ist auch
inhaltlich
beizupflichten. Der Revision ist einzuräumen, daß das
griechische
Wort "katholikós", von dem das Wort "katholisch" abgeleitet ist,
von seiner Bedeutung "allgemein, alle betreffend" her kein spezifisch
theologischer
oder konfessionsbezogener Begriff ist. Die Bezeichnung katholisch wurde
jedoch seit dem 3. Jahrhundert "zur Abgrenzung der Christen
gegenüber
häretischen Gruppen eingesetzt und zur Betonung der eigenen
Rechtgläubigkeit
verwendet". Durch das Religionsedikt des Theodosius im Jahre 380
erhielt
es eine reichsrechtliche Bedeutung. Die enge Verbindung von Kirche und
römischem Imperium führte dazu, daß
"römisch-katholisch"
zur Bezeichnung der katholischen Kirche wurde (vgl. H. Küng in
Brockhaus
Enzyklopädie 19. Aufl. Stichwort "katholisch"; vgl. auch
Brockhaus/Wahrig,
Deutsches Wörterbuch (1982) 4. Bd., wo katholisch "heute" als "zur
(römisch-)katholischen Kirche gehörend, auf ihrer Lehre
beruhend"
definiert wird). Daß die Worte "römisch-katholisch" und
"katholisch"
Unterscheidungskraft gegenüber anderen Religionsgemeinschaften
besitzen
und den Kläger, der die katholische Kirche repräsentiert,
bezeichnen,
ist danach nicht zweifelhaft. Daß daneben das Wort "katholisch"
auch
den Glaubensinhalt einer Person bezeichnen kann, steht der Feststellung
seiner namensmäßigen Kennzeichnungskraft für die
katholische
Kirche im Verhältnis zu anderen Religionsgemeinschaften nicht
entgegen
(vgl. BGH, Urteil vom 17. Januar 1991 - I ZR 117/89 - BGHR BGB §
12
Unterscheidungskraft 1). Es kommt in diesem Zusammenhang nicht darauf
an,
ob die Öffentlichkeit, wie die Revision behauptet, Vereine und
Einrichtungen,
die sich als "katholisch" bezeichnen, niemals als Teile der Amtskirche
ansehen würde. Eine solche Einschätzung der genannten
Einrichtungen
in der Öffentlichkeit schlösse den
Individualisierungscharakter
des Wortes "katholisch" in bezug auf die katholische Kirche nicht aus.
Dem Kläger steht danach für die Attribute
"römisch-katholisch"
und "katholisch" grundsätzlich Namensschutz zu, soweit sie zur
namensmäßigen
Kennzeichnung der Zugehörigkeit von Einrichtungen und
Veranstaltungen
zur verfaßten katholischen Kirche verwendet werden.
3. a) Das rechtliche Interesse des Klägers, den
Gebrauch dieser beiden Attribute zu verhindern, hat das
Oberlandesgericht
damit begründet, daß in der Öffentlichkeit der Eindruck
entstehen könne, bei dem Gebetshaus des Beklagten handele es sich
um ein solches der Amtskirche. Er werde nicht dadurch ausgeräumt,
daß auf die "Priesterbruderschaft St. Pius X." als Träger
hingewiesen
werde. Dieser Hinweis stelle nur für näher Interessierte eine
Verbindung zu Anhängern des Erzbischofs Lefebvre her, zumal der
Name
eines früheren Papstes aufgeführt werde und nicht kenntlich
gemacht
werde, daß die Priesterbruderschaft ein privat-rechtlich
organisierter
Verein sei. Ein rechtliches Interesse an der Durchsetzung von
Namensschutzansprüchen
bestehe in der Regel schon dann, wenn die Verwendung von prägenden
Schlagworten geeignet sei, den Beklagten in irgendeiner Beziehung zum
Kläger
zu setzen. Hierbei sei gerade bei Vereinigungen, die zur Durchsetzung
ihrer
Ziele in der Öffentlichkeit wirken, deren Selbstverständnis
zu
beachten. Die katholische Kirche, zu deren Selbstverständnis auch
die Entfaltung und Verbreitung ihrer Glaubenslehre in der Welt
gehöre,
könne daher ein berechtigtes Interesse daran haben, in der
Öffentlichkeit
nicht in Beziehung zu einer anderen Vereinigung gebracht zu werden,
deren
Glaubenslehre sie nicht teilen wolle.
Die Revision beanstandet, dem angefochtenen Urteil
lasse
sich nicht entnehmen, von welcher "Öffentlichkeit" das
Oberlandesgericht
ausgehe. Das Schild am Eingang des Hauses richte sich nur an eine
begrenzte
Öffentlichkeit, nämlich allein an Katholiken. Wieso das
Oberlandesgericht
feststellen könne, welchen Eindruck diese begrenzte
Öffentlichkeit
dem Schild des Beklagten entnehme, sei verfahrensfehlerhaft nicht
dargelegt.
Aus diesem Grunde sei es auch ohne tatsächliche Grundlage, wenn
das
Oberlandesgericht feststelle, daß nur "näher Interessierte"
eine Verbindung zu Anhängern des Erzbischofs Lefebvre herstellten.
Damit dringt die Revision nicht durch.
b) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
genügt
es für den Erfolg einer auf S 12 BGB gestützten
Unterlassungsklage,
daß durch den Gebrauch von namensrechtlich geschützten
Worten
seitens des Beklagten das "Interesse des Klägers" verletzt wird.
Dieses
umfaßt jedes Interesse des Namensträgers, auch ein rein
persönliches
oder ideelles, selbst ein Affektionsinteresse (RGZ 74, 308, 311;
Senatsurteil
vom 15. November 1984 - IVb ZR 46/83 - WM 1985, 95). Es ist nicht nur
auf
die im Gebiet des Wettbewerbs maßgebende Verwechslungsgefahr
abzustellen.
Es reicht aus, daß der Kläger durch den unbefugten Gebrauch
der Attribute seitens des Beklagten mit diesem in irgendeine Beziehung
gebracht wird (BGH, Urteil vom 15. März 1963 - Ib ZR 98/61 -GRUR
1964,
38, 40 - "Dortmund grüßt ..."; BGHZ 43, 245, 255; BGH Urteil
vom 23. M„rz 1979 - I ZR 50/77 - NJW 1980, 280).
Diese Grundsätze hat das Oberlandesgericht
beachtet.
Es ist mit Recht davon ausgegangen, daß durch die Verwendung der
Abkürzung "röm.kath." auf dem Schild am Hauseingang der
Kapelle
der Kläger mit dem Beklagten, der diese Kapelle unterhält, in
Beziehung gebracht wird (vgl. auch RGZ 108, 230, 232). Entgegen der
Auffassung
der Revision bedurfte es dazu keiner Ausführungen des
Berufungsgerichts,
von welchem Öffentlichkeitsbegriff es dabei ausgegangen ist.
Selbst
wenn sich das Eingangsschild nur an Katholiken wenden sollte,
ändert
sich nichts daran, daß es eine Beziehung zum Kläger
herstellt,
dessen Kurzbezeichnung "röm.kath." es enthält. Mit Recht
sieht
das Berufungsgericht in der Aufschrift des Schildes überdies die
Gefahr,
daß der Kläger mit dem Beklagten verwechselt werden kann.
Denn
es hat rechtlich unbedenklich festgestellt, es könne in der
Öffentlichkeit
der Eindruck entstehen, bei dem Gebetshaus des Beklagten handele es
sich
um ein solches der Amtskirche. Die Bezeichnung "röm.kath." kann
als
Hinweis auf die katholische Kirche als Träger der Kapelle
verstanden
werden. Damit besteht die Gefahr einer unzulässigen
Zuordnungsverwirrung,
der der Kläger entgegentreten darf, da die Bezeichnung
"römisch-katholisch"
für ihn namensrechtlich geschützt ist (vgl. oben 11. 2. b
sowie
Senatsurteil vom 24. Oktober 1990 - "Johanniter-Bier" aa0 S. 158
re.Sp.).
Das gilt um so mehr, als der Beklagte als Zusammenschluß von
Anhängern
des Erzbischofs Lefebvre in Opposition sowie in einem
Konkurrenzverhältnis
zum Kläger steht, und dieser daher an der Vermeidung jeder
irreführenden
namensmäßigen Verwendung der umstrittenen Bezeichnungen ein
besonderes Interesse hat. Auf die von der Revision angegriffenen
weiteren
Ausführungen des Berufungsgerichts darüber, ob nur
"näher
Interessierte" eine Verbindung zu Anhängern des Erzbischofs
Lefebvre
herstellen, kommt es danach nicht an.
4. Ohne Erfolg bleibt die weitere Rüge der
Revision,
es sei rechtsfehlerhaft, daß das Berufungsgericht nur das
rechtliche
Interesse des Klägers geprüft, hingegen unterlassen habe,
eine
Abwägung der beiderseitigen Interessen vorzunehmen. Die Revision
führt
aus, es sei davon auszugehen, daß auch die vom Beklagten
vertretene
Glaubenslehre katholisch sei. Es sei daher nicht schutzwürdig,
wenn
der Kläger sich gegen die Bezeichnung des Gebetshauses als
"röm.kath."
Oratorium wende.
Allerdings ist für eine auf S 12 BGB
gestützte
Unterlassungsklage regelmäßig eine empfindliche
Beeinträchtigung
der Rechtsstellung des Klägers erforderlich, die nach dem Gewicht
der widerstreitenden Bestrebungen beider Parteien zu beurteilen ist
(BGHZ
43 245, 256; Senatsurteil vom 15. November 1984 aa0 re.Sp.).
Voraussetzung
dafür ist jedoch, daß auch die Gegenseite ihrerseits ein
namensrechtlich
geschütztes Interesse an der Verwendung der in Rede stehenden
Bezeichnungen
hat. Hieran fehlt es hier. Auch wenn unterstellt wird, daß der
von
den Mitgliedern des Beklagten vertretene Glaube "katholisch" ist, gibt
dies, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, dem
Beklagten
kein Recht, die Worte "römisch-katholisch" oder "katholisch"
namensmäßig
für seine Veranstaltungen und Einrichtungen in Anspruch zu nehmen.
Der Beklagte führt diese Bezeichnungen nicht in seinem Namen. Er
hat
auch nicht dargelegt, daß sie für ihn kennzeichnende oder
prägende
Kraft hätten. Der Beklagte hat deshalb für diese
Bezeichnungen
keine namensrechtlich geschützte Position. Es bedurfte daher
keiner
weiteren Ausführungen des Berufungsgerichts dazu, daß das
rechtliche
Interesse des Klägers, den namensmäßigen Gebrauch der
Attribute
durch den Beklagten zu verhindern, schutzwürdig ist. Es ist nur
über
die namensmäßige, nicht über die theologische
Verwendung
der Worte "römisch-katholisch" und "katholisch" zu entscheiden.
5. Vergeblich rügt die Revision, das
Oberlandesgericht
habe rechtsfehlerhaft angenommen, die Widerrechtlichkeit der
Bezeichnung
"röm.kath." für die Einrichtung des Beklagten ergebe sich aus
dem Umstand, daß bestimmte öffentliche Einrichtungen nur mit
kirchlicher Genehmigung als "katholisch" bezeichnet werden
dürften.
In dieser Weise ist das Berufungsurteil nicht zu verstehen.
Das Berufungsgericht führt aus, eine Einwilligung
des Klägers oder einer sonstigen kirchlichen Stelle, deren Handeln
der Kläger sich zurechnen lassen müsse, sei unstreitig nicht
erteilt. Es seien auch keine Tatsachen dargetan, daß der
Kläger
über längere Zeit die Verwendung der Attribute durch den
Beklagten
widerspruchslos hingenommen habe. Erst der folgende Absatz befaßt
sich mit der Frage, ob sich eine Rechtfertigung des Namensgebrauchs
seitens
des Beklagten aus kirchenrechtlichen Vorschriften ergebe. Die
Feststellungen
des vorhergehenden Absatzes beziehen sich deshalb offensichtlich auf
das
bürgerliche Recht und verneinen danach - und nicht nach
kirchlichem
Recht - die Befugnis des Beklagten, die Worte "römisch-katholisch"
und "katholisch" namensmäßig zu gebrauchen.
Diese Beurteilung begegnet keinen Bedenken. Der
Beklagte
führt die Attribute in seinem Namen nicht. Er hat auch nicht
dargelegt,
daß sie auf ihn zur Unterscheidung von anderen religiösen
Vereinigungen
angewendet werden. Ihre Verwendung hätte deshalb der Genehmigung
des
Klägers bedurft. Daß das Berufungsgericht das Vorliegen
einer
solchen zivilrechtlichen oder kirchenrechtlichen Genehmigung des
Klägers
zu Unrecht verneint habe, wird von der Revision nicht ausgeführt.
6. Entgegen der Auffassung der Revision verletzt das
angefochtene Urteil keine Rechte des Beklagten aus Art. 4 Abs. 2 GG.
Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus,
daß
der Beklagte Träger des Grundrechts aus Art. 4 GG sein kann. Ob
dies,
wie es annimmt, schon allgemein aus dessen Eigenschaft als juristische
Person folgt, kann dahingestellt bleiben (vgl. dazu BVerfGE 19, 206,
215,
aber auch BVerfGE 44, 103, 104). Der Beklagte ist jedenfalls deshalb
Träger
des Grundrechts aus Art, 4 GG, weil sein Zweck offensichtlich die
Pflege
und Förderung eines religiösen Bekenntnisses ist (BVerfGE 19,
129, 132; 24, 236, 246 L).
a) Das Berufungsgericht hat einen Verstoß gegen
das Grundrecht der Kultusfreiheit mit folgender Begründung
verneint:
Zwar umfasse die Glaubens- und Gewissensfreiheit nicht nur die innere
Freiheit,
zu glauben oder nicht zu glauben, sondern auch die äußere
Freiheit,
den Glauben in der Öffentlichkeit zu bekennen und zu verbreiten.
Die
Religionsausübungsfreiheit stehe allerdings in einem
Spannungsverhältnis
zu den allgemeinen Gesetzen, die der Beklagte zu respektieren habe.
Auch
sogenannte schrankenlose Grundrechte wie Art. 4 GG unterliegen
immanenten
Schranken, soweit sie mit Rechten Dritter kollidierten. Insbesondere
fänden
sie an anderen grundrechtlich geschützten Interessen eine Grenze.
Ihre Ausübung dürfe nicht ihrerseits Rechte Dritter aus Art.
4 GG beeinträchtigen. Die Lösung des hier gegebenen
Spannungsverhältnisses
in der Frage, ob "Einrichtungen und Veranstaltungen" des Beklagten mit
den Attributen "römisch-katholisch" oder "katholisch"
gekennzeichnet
werden dürften, könne nur zu Gunsten des Klägers als
Repräsentanten
der Amtskirche ausfallen. Diese Attribute seien nicht nur traditionelle
Identifikationsmerkmale der Amtskirche in der Öffentlichkeit,
vielmehr
sei der Begriff "katholisch" auch in gewisser Weise
institutionalisiert,
wie seine Verwendung durch Staatsorgane in Staatsverträgen mit dem
Heiligen Stuhl, in Verfassungsbestimmungen, sonstigen Rechtsnormen und
Vereinbarungen mit Repräsentanten der Amtskirche zeige. Der
Beklagte
habe deshalb - als "juristischer Außenseiter" - bei der
Verwendung
dieser Attribute für seine Einrichtungen und Veranstaltungen
Einschränkungen
hinzunehmen.
Die Revision hält dies für rechtsfehlerhaft.
Das Grundrecht aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG sei vorbehaltlos. In ein
vorbehaltloses
Grundrecht dürfe nur zum Schutz solcher Rechtsgüter
eingegriffen
werden, die im Grundgesetz verankert seien und deren Schutz den
Staatsorganen
durch dieses selbst aufgegeben werde. Sowohl für den Kläger
als
auch für den Beklagten gelte, daß Art. 4 Abs. 2 GG die
ungestörte
Religionsausübung gewährleiste. In diesen
Werbungs-/Abwerbungskonflikt
dürfe der Staat nicht eingreifen. Damit seien die
Ausführungen
des Oberlandesgerichts unvereinbar. Es sei nicht Sache des Staates, in
innerkirchlichen Auffassungswiderstreit einzugreifen. Es sei ihm
deshalb
verwehrt, unter namensrechtlichen Gesichtspunkten die Bezeichnung
"katholisch"
der institutionalisierten Amtskirche vorzubehalten und dem Beklagten zu
untersagen. Der formale Namensschutz (§ 12 BGB) sei kein im
Grundgesetz
verankertes Rechtsgut.
Damit vermag die Revision nicht durchzudringen.
b) Es kann dahingestellt bleiben, ob es für den
Beklagten zu dem durch Art. 4 GG gewährleisteten Bereich
gehört,
die Glaubensüberzeugung seiner Mitglieder und den von ihnen
gepflegten
Kultus als "römisch-katholisch" oder "katholisch" zu bezeichnen.
Auch
wenn dies zu bejahen ist, folgt hieraus für den Beklagten nicht
das
Recht, den Namen des Klägers für eigene Einrichtungen und
Veranstaltungen
zu verwenden. Hiervon abgesehen verletzt der Beklagte das Gebot der
Toleranz,
das dem Grundrecht der Glaubensfreiheit zugeordnet ist (vgl. BVerfGE
32,
98, 108), wenn er ohne Zustimmung des Klägers für seine
Einrichtungen
und Veranstaltungen Attribute verwendet, die den Kläger schon
namensrechtlich
kennzeichneten, als es den Beklagten noch gar nicht gab. Auch deshalb
kann
er sich auf den Schutzbereich des Art. 4 GG nicht berufen.
Mit dieser rechtlichen Beurteilung wird der
Wesensgehalt
des Grundrechts des Beklagten auf freie Religionsausübung nicht
verletzt
(Art. 19 Abs. 2 GG). Die Freiheit des kultischen Handelns, des Werbens
und der Propaganda für die von ihm für richtig gehaltene
Auffassung
(vgl. dazu BVerfGE 24, 236, 245) bleibt dem Beklagten unbenommen.
Blumenröhr Krohn Nonnenkamp Knauber Gerber
Aufgrund der von uns u.a. in den o.g. Texten geleisteten Vorarbeit
können
wir uns auf wenige Bemerkungen zu dem Urteil beschränken, um
nachzuweisen,
daß dieses Urteil nicht nur nicht rechtskräftig ist, sondern
sich selbst ad absurdum führt.
Zunächst: Der Streit zwischen der V2-Sekte und den
Pius-Brüdern
berührt unseren Fall gar nicht: Im Endeffekt gehen die
Pius-Brüder
mit ihren völlig verworrenen und verkorksten Theorien immer davon
aus, daß Roncalli, Montini, Luciani Päpste waren und
daß
momentan Wojtyla der römisch-katholischen Kirche vorsteht. An und
für sich ist das Urteil also nur für den Fall, daß nicht
seit über 40 Jahren Sedisvakanz besteht, überhaupt
rechtsverbindlich.
Diese Position ist - wie unwiderlegt bewiesen - in keiner Weise
haltbar,
damit steht das Urteil in concreto nicht mehr in einer Beziehung zur
Realität.
In abstracto kann man dem Urteil aber eine gewisse Gültigkeit
zusprechen,
nämlich insoweit es den Pius-Brüdern tatsächlich durch
das
Namensrecht verboten sein muß, unter dem gleichen Namen
aufzutreten
wie die V2-Sekte. Wir überlassen es der V2-Sekte, sich einen
geeigneten
Namen auszusuchen. Wenn sie sich als "chaotisch-apostatische Sekte"
bezeichnet,
dürfen die Pius-Brüder sich nicht als "chaotisch-apostatische
Sekte" bezeichnen, sie dürften aber einen anderen Namen
wählen,
der sie deutlich von der V2-Sekte abgrenzt, z.B. "mega-chaotisch" oder
"ultra-apostatisch". Darüber mögen die Parteien aber
untereinander
streiten, wir konzentrieren uns auf den Begriff
"römisch-katholisch".
Das Urteil ist überschrieben mit "Die katholische Kirche genießt für die Bezeichnungen 'römisch-katholisch' und 'katholisch' Namensschutz, soweit sie zur namensmäßigen Kennzeichnung der Zugehörigkeit von Einrichtungen und Veranstaltungen zur katholischen Kirche verwendet werden." Das ganze Urteil beruht also auf der falschen Annahme, daß die Konzilssekte die römisch-katholische Kirche sei. Eigentlich ist diese Bestimmung begrüßenswert, aber solange die Äquivokation besteht, wird diesem an sich guten Gesetz nicht entsprochen. Katholisch ist katholisch, ein Stein ist ein Stein, ein X ist kein U, Bier ist Bier und Schnaps ist Schnaps. Wenn diese Bestimmungen gelten, darf man also niemandem ein X für ein U vormachen, ein Bier nicht als Schnaps verkaufen etc. Der Staat kann festlegen, daß für das Junge von einem Hund und und einer Wölfin Hundesteuer zu bezahlen ist, weil diese Junge als Hund zu betrachten ist. Der Staat kann verbieten, daß jemand die Domain "[Markenname.de]" für sich registrieren läßt, wenn er nicht die Firma dieses Markennamen repräsentiert (bzw. nicht wirklich genauso wie die Firma heißt). Diese Bestimmungsvollmacht des Staates hat aber Schranken: Die Verwendung des Begriffes römisch-katholisch gehört nicht in die Kompetenz des Staates. Wenn der Staat dem Bürger vorschreibt, eine Sekte als römisch-katholische Kirche anzuerkennen, dann ist der Bürger zum Widerstand verpflichtet. Insbesondere die Zwangsmaßnahmen staatlicher Autoritäten hatten das Martyrium vieler Christen zur Folge.
Mit Eintreten der Sedisvakanz und mit dem nachfolgenden aus konkludentem Handeln ersichtlichen Abbruch der Beziehungen zwischen römisch-katholischer Kirche und deutschem Staat, der fortan mit der V2-Sekte zusammenarbeitete, ist folgender Abschnitt des Urteils als unrichtig abzulehnen: "Nach dem Grundgesetz hat die katholische Kirche, die bereits vor dem Inkrafttreten der Weimarer Reichsverfassung 'Körperschaft des öffentlichen Rechts' im Sinne des § 137 Abs. 5 WRV war (vgl. dazu Anschütz, Die Verfassung des Deutschen Reichs vom 11. August 1919, 12. Aufl. Art. 137 Anm. 8 S. 556; vgl. auch RGZ 38, 324, 326 f.), in der Bundesrepublik Deutschland die Stellung einer (besonderen) Körperschaft des öffentlichen Rechts (Art. 140 GG i.V. mit Art. 137 Abs. 5 WRV; vgl. auch BVerfGE 30, 112, 119)," denn diese Aussage steht im Präsens, obgleich sie sich nur auf etwas Vergangenes bezieht.
Von entscheidender Bedeutung ist die Frage nach der Geltendmachung
von
Namensschutzansprüchen bei namensartigen Kennzeichnungen: "Ob
ihnen
Namensschutz zukomme, hänge davon ab, ob sie geeignet seien, auf
die
Person des Namensträgers hinzuweisen und sie damit von anderen
Personen
oder Einrichtungen zu unterscheiden. Die in Rede stehenden
Bezeichnungen
dienten nicht nur der Kennzeichnung bestimmter Glaubensinhalte,
vielmehr
handele es sich um Attribute, mit denen in der Öffentlichkeit -
auch
vom Staat - gerade die verfaßte römische Amtskirche und
deren
Untergliederungen zur Abgrenzung gegenüber anderen
Religionsgemeinschaften
schlagwortartig bezeichnet würden, die also für sie letztlich
prägend seien."
Wenn jemand Namensschutz verlangt, dann muß er nachweisen,
daß
er ein Anrecht auf diesen Namen hat. Diesen Nachweis kann die V2-Sekte
nicht erbringen. Wir hingegen können ihn erbringen und haben ihn
auch
unwiderlegbar erbracht, d.h. nicht die V2-Sekte, sondern wir
müßten
geschützt werden, wenn es mit rechten Dingen zugeht.
"Entgegen der Ansicht der Revision begegnet die Feststellung des
Berufungsgerichts,
die Attribute "römisch-katholisch" und "katholisch" bezeichneten
die
römische Amtskirche und unterschieden sie in der
Öffentlichkeit
schlagwortartig von anderen Religionsgemeinschaften, keinen rechtlichen
Bedenken." Sehr wohl begegnen dieser "Feststellung" rechtliche
Bedenken,
u.z. das Verbot durch das göttliche Recht. Man kann zwar
argumentieren,
daß der BGH wohl nur auf "zivilrechtliche Bedenken" abstellt,
allerdings
- so unsere Überzeugung - kann das staatliche Recht nicht das
göttliche
Recht beugen. Widerstand gegen diese "Feststellung" ist aber in jedem
Falle
erforderlich, ob der Staat nun die Einschränkung auf das
Staatsrecht
artikuliert oder nicht, denn die Kirche ist dem Staat entzogen. Der
Staat
kann natürlich infolge der menschlichen Geneigtheit zur Sünde
eine "Staatskirche" gründen und schützen, z.B. die
gallikanische
oder die anglikanische Kirche, obgleich nach katholischer Lehre alle
Gemeinschaften
außerhalb der römisch-katholischen Kirche nur als Sekten,
nicht
aber als Kirchen bezeichnet werden müssen: "Jede religiöse
Gemeinschaft,
die unter Anerkennung der Bibel als der von Gott geoffenbarten
Wahrheitsquelle
und im Glauben an Christus als christlich angesehen werden kann, aber
in
ihren Wesenszügen von dem Begriff der einen wahren Kirche
abweicht,
ist als christliche Sekte in des Wortes allgemeiner Bedeutung zu
bezeichnen.
Das Wort Sekte stammt vom lateinischen secta,ae f. (von sequor, secutus
sum 3. = folgen, Folge leisten, sich an etwas anschließen,
jemandes
Partei ergreifen) und bedeutet ursprünglich soviel wie Weg,
Richtung,
Denk- und Handlungsweise und weiterhin die politische Partei oder die
philosophische
Schule, der man sich anschließt" (K. Algermissen,
Konfessionskunde
[vormals: "Christliche Sekten und Kirche Christi], Hannover (4)1930,
22;
absolutes Standardwerk!). Mit der "Staatskirche" führt sich der
Begriff
der katholischen (d.h. weltweiten) Kirche selbst ad absurdum, so als
hätte
Christus die Erlösung nur für Franzosen oder Engländer
erwirkt.
Man kann natürlich über die Befugnisse z.B. einer
"germanischen"
"Kirche" sprechen, die etwa eine "Deutsche Bischofskonferenz" hat, die
"Kirchensteuer" erhält, die in die Betreuung von
Krankenhäusern
etc. involviert ist - das ist dann aber nicht die
römisch-katholische
Kirche.
"Der Revision ist einzuräumen, daß das griechische Wort
'katholikós',
von dem das Wort "katholisch" abgeleitet ist, von seiner Bedeutung
'allgemein,
alle betreffend' her kein spezifisch theologischer oder
konfessionsbezogener
Begriff ist. Die Bezeichnung katholisch wurde jedoch seit dem 3.
Jahrhundert
'zur Abgrenzung der Christen gegenüber häretischen Gruppen
eingesetzt
und zur Betonung der eigenen Rechtgläubigkeit verwendet'. Durch
das
Religionsedikt des Theodosius im Jahre 380 erhielt es eine
reichsrechtliche
Bedeutung. Die enge Verbindung von Kirche und römischem Imperium
führte
dazu, daß "römisch-katholisch" zur Bezeichnung der
katholischen
Kirche wurde (vgl. H. Küng in Brockhaus Enzyklopädie 19.
Aufl.
Stichwort 'katholisch'; vgl. auch Brockhaus/Wahrig, Deutsches
Wörterbuch
(1982) 4. Bd., wo katholisch 'heute' als "zur
(römisch-)katholischen
Kirche gehörend, auf ihrer Lehre beruhend' definiert wird).
Daß
die Worte 'römisch-katholisch' und 'katholisch'
Unterscheidungskraft
gegenüber anderen Religionsgemeinschaften besitzen und den
Kläger,
der die katholische Kirche repräsentiert, bezeichnen, ist danach
nicht
zweifelhaft."
Damit verpaßt sich das Urteil des BGH selbst den Todesstoß,
weil es sich in einen unentrinnbaren Widerspruch verrennt; daß
gerade
ein Herr H. Küng als Gewährsmann für die Rechte der
V2-Sekte
angeführt wird, wird als nette Anekdote in die Geschichte
eingehen;
es ist nicht sicher auszuschließen, daß der notorische
Super-Häretiker
Hans
Küng dahintersteckt. Entscheidend ist aber die Betonung der
Rechtgläubigkeit:
Mit der für alle leicht erkennbaren Tatsache, daß die
V2-Sekte
ein Konglomerat mehr oder weniger dreister Häretiker ist, verliert
die V2-Sekte ihren Anspruch auf die Bezeichnung als
römisch-katholische
Kirche auch gemäß dem Urteil des BGH.
Das Urteil befaßt sich gegen Ende mit den
Widersprüchlichkeiten,
die mit der Existenz der Lefebvre-Sekte gegeben sind, d.h. es
überprüft,
inwieweit der Pius-Mannschaft vielleicht doch ein Anspruch auf die
Bezeichnung
"römisch-katholisch" zugemessen werden kann, und zeigt, daß
die Pius-Brüder eine Art organisierte contradictio in adjecto
darstellen.
"Es kann dahingestellt bleiben, ob es für den Beklagten zu dem
durch
Art. 4 GG gewährleisteten Bereich gehört, die
Glaubensüberzeugung
seiner Mitglieder und den von ihnen gepflegten Kultus als
'römisch-katholisch'
oder 'katholisch' zu bezeichnen. Auch wenn dies zu bejahen ist, folgt
hieraus
für den Beklagten nicht das Recht, den Namen des Klägers
für
eigene Einrichtungen und Veranstaltungen zu verwenden. Hiervon
abgesehen
verletzt der Beklagte das Gebot der Toleranz, das dem Grundrecht der
Glaubensfreiheit
zugeordnet ist (vgl. BVerfGE 32, 98, 108), wenn er ohne Zustimmung des
Klägers für seine Einrichtungen und Veranstaltungen Attribute
verwendet, die den Kläger schon namensrechtlich kennzeichneten,
als
es den Beklagten noch gar nicht gab."
Wer ist nun älter: Die römisch-katholische Kirche, die von
Christus gegründet hat, oder die V2-Sekte, die einen "Johannes"
und
einen "Paul" als Gründerväter hat und nun schon von dem
zweiten
"Johannes Paul" an der Spitze hat?
Kurzum: Alles, was die V2-Sekte gegen uns anführt, fällt auf sie selbst zurück. Es ist dem Staat nicht gelungen, einen Anspruch der V2-Sekte festzumachen oder zu begründen. Das Urteil ist objektiv für die V2-Sekte von kontraproduktivem Wert.
Am Schluß sei noch der Hinweis erlaubt, daß alle an dem Urteil beteiligten Personen eine unsterbliche Seele besitzen. Inwieweit der schuldmindernde "unüberwindliche Irrtum" (error invincibilis) oder die schuldmehrende "angestrebte Unwissenheit" (ignorantia affectata) vorliegt, wird beim Jüngsten Gericht vor den Augen aller offenbar werden. Vielleicht ist durch die Tatsache, daß wir den BGH über unsere Texte in Kenntnis gesetzt haben, eine neue Situation für die beteiligten Richter entstanden, die in diesem Leben für uns wenig erfreuliche Konsequenzen haben kann. Und wenn schon: Wenn es nichts gibt, wofür es sich zu sterben lohnt, dann gibt es auch nichts, wofür es sich zu leben lohnt. Insofern bleibt unsere Haltung unverändert, selbst wenn uns der Staat nun wegen "Widerstand gegen die staatliche Autorität", "Agitation", "Mißachtung des Staates" o.ä. in Anspruch nehmen würde. Würde das geschehen, wäre es Zeit für unser Martyrium. Nach drei Jahren Wirkens als römisch-katholischen Priester käme dieses Martyrium nicht überraschend. Wir suchen nicht Verfolgung, Folter und Hinrichtung, aber wenn wir dies ertragen sollen, um ein Willkürurteil vor aller Welt als Willkürurteil zu erweisen, nehmen wir es bereitwillig auf uns.
Bleibt man in den Strukturen mechanischer Staatsgesetzlichkeit
gefangen,
liegt das Martyrium unausweichlich bei uns. Aufgrund der menschlichen
Freiheit
sollte aber noch eine andere Möglichkeit zumindest in
Erwägung
gezogen werden. Es ist eine Sache, eine Sünde zu begehen, es ist
eine
andere Sache, in der Sünde zu verharren. Nur eine Sünde
führt
unausweichlich ins Verderben: die Sünde gegen den Heiligen Geist
(cf.
Mk 3,29), d.h. das Verharren in der Sünde . Wer sich vor der Gnade
Gottes versperrt, dem ist nicht mehr zu helfen. Objektiv haben die
Bundesrichter
mit ihrem Urteil eine Todsünde ungeheuren Ausmaßes begangen,
da gibt es nichts zu beschönigen. Inwieweit bei der
Urteilsverkündigung
Schuld vorlag, weiß Gott allein.
Auch die höchsten Staatsmänner können sich an der Kirche
versündigen und später Buße tun. Als ein Beispiel sei
die
schon sprichwörtliche öffentliche Buße des Königs
Heinrich IV. zu Canossa (Januar 1077) erwähnt. Obgleich heutzutage
unter dem sprichwörtlichen "Gang nach Canossa" eine
öffentliche
Erniedrigung und Demütigung verstanden wird, ist dies historisch
eindeutig
falsch. Ohne auf die Einzelheiten in dem damaligen Investiturstreit
einzugehen:
Heinrich war von Papst Gregor VII. mit dem Kirchenbann belegt worden.
Gregor
hatte sich danach in das Schloß der Markgräfin Mathilde in
Canossa
zurückgezogen, und Heinrich erflehte die Lösung vom
Kirchenbann,
indem er sich an drei aufeinanderfolgenden Tagen vom Morgen bis zum
Abend
im Bußkleid vor dem Burgtor aufstellte - bei eisiger Kälte
und
Schnee. Beachtenswert ist vom historischen Standpunkt: "Die Busse
erniedrigte
ihn [Heinrich] nicht in den Augen seiner Zeitgenossen, öffentliche
Busse für öffentliche Sünden galt als eine hohe
Tugendübung"
(J. Marx, Lehrbuch der Kirchengeschichte, Trier (8)1922, 363). Und so
sollte
es immer sein: Wer für ein öffentliches Vergehen
öffentlich
Buße tut, der verdient Anerkennung, nicht aber der, der in seiner
falschen Position verharrt; s. auch Lk 15. Heinrichs
Bußübung
war allerdings wohl nicht so ganz ernst gemeint gewesen: Später
wütete
er wie ein Berserker gegen die Kirche, verfiel in schlimmste
Unsittlichkeit,
schließlich erhob sich sein Lieblingssohn Heinrich gegen ihn, und
nach seiner Entthronung 1104 vegetierte der ehemalige König voller
Quälereien in der Haft zu Ingelheim vor sich hin, bis zu seinem
Tod
1106. Weil er im Kirchenbann gestorben war, konnte er auch nicht in dem
von ihm erbauten Dom zu Speyer beigesetzt werden (Papst Paschalis
löste
allerdings 1111 den Bann und ermöglichte damit die Beisetzung im
Dom).
Mit diesem Kommentar endet der Katholiken-Prozeß; die "Deutsche Bischofskonferenz" erhält mit dieser Ausgabe von KzM zum letzten Mal von uns den Newsletter.
Ob eine Fortsetzung der Arbeit an KzM möglich ist, läßt sich schwer sagen: So sehr wir dem Staat wünschen, daß er das Urteil öffentlich für ungültig erklärt und in geeigneter Weise für eine Bereinigung der Situation sorgt, so klar sehen wir auch die menschlichen Schwierigkeiten, die damit verbunden sind. Vielleicht war es nur ein bedeutungsloser Zufall, daß uns dieses Urteil an dem Tag, an dem die Kirche in die Passionszeit eintritt, erreichte. Vor der ersten Vesper des Passionssonntag werden die Kreuze verhüllt, und in der Liturgie verstummt das Gloria Patri. Deutlich tritt uns der leidende Christus vor Augen, der Mann der Schmerzen. In dem morgigen Evangelium (Joh 8,46-59) hören wir wieder die Frage Christi, die er den Juden stellte und die er jedem Menschen stellt, der sich vor ihm verschließt: "Wer von Euch kann Mich einer Sünde beschuldigen? Wenn Ich die Wahrheit sage, warum glaubt ihr Mir nicht?"