"Alles, was aus Gott geboren ist, überwindet die Welt; und das
ist der Sieg, der die Welt überwindet: unser Glaube. Wer ist es,
der
die Welt überwindet, wenn nicht der, welcher glaubt, daß
Jesus
der Sohn Gottes ist?"
Kann man dieses Wort des Apostels Johannes heute noch ernsthaft
sprechen?
Muss man nicht nach 2.000 Jahren Christentum endlich die Konsequenz
ziehen:
Nicht der Glaube hat die Welt überwunden, sondern die Welt hat den
Glauben überwunden. Muss man nicht formulieren: Die Welt
überwindet
den, der noch glaubt, dass Jesus der Sohn Gottes ist. Die Welt
überwindet
alles, was aus Gott geboren ist. Die Welt ist die strahlende Siegerin
über
den Glauben. Der Glaube ist gescheitert. Ereignisse, die zu einer
solchen
Meinung verführen können, gibt es sicherlich viele. Ein
Beispiel:
Ein Jude (Hans Jonas) hielt 1984 bei einem so gen. "Katholikentag" eine
Rede "Der Gottesbegriff nach Auschwitz". Die Grundaussage lautete: "Ein
Gott, der allmächtig gedacht und geglaubt wird, lässt sich
nicht
mit Auschwitz zusammen denken." Die Allmacht Gottes wird
öffentlich
auf einem "Katholikentag" geleugnet, und statt heftiger Proteste erntet
der Redner dafür sogar noch Dank und Anerkennung.
Ein anderes Beispiel: Es wird bisweilen vom "Siegeszug des
Christentums"
gesprochen, davon, dass die Kirche die Christenverfolgungen der ersten
Jahrhunderte überdauert und dann eine weltweit respektierte,
einflussreiche
Position erlangt hat. Allerdings liest man z.B. in einem Lexikon (des
katholischen
Lebens, 152): "Ausschließlicher noch als die alten tragen die
modernen
Christenverfolgungen den Charakter der Kirchenverfolgungen, indem sie
die
Kirche unmittelbar oder durch Unterstellung unter die jeweilige
Staatsideologie
mittelbar zu vernichten suchen." Wenn der Staat alles daran setzt, die
Kirche zu vernichten, und bei seinem Vorhaben oft auch große
Erfolge
feiert, dann klingt das Wort vom "Sieg" des christlichen Glaubens doch
unglaubwürdig. Man schaue insbesondere in Deutschland auf die
staatlichen
Beschlüsse, dass die Beschimpfung des Glaubens erlaubt, die
Verbreitung
oder gar Verteidigung des Glaubens aber verboten und mit den
schlimmsten
Strafen belegt wird. Wäre es angesichts dieser offensichtlichen
Fakten
nicht endlich an der Zeit, mit der Rede vom Sieg des christlichen
Glaubens
aufzuhören? Soll man nicht endlich die Lehre von der Allmacht
Gottes
fallen lassen und davon ausgehen, dass Gott gescheitert ist, und dass
ebenso
jeder scheitern wird, der noch an der Allmacht Gottes festhält?
Ferner: Wenn man von Auschwitz bzw. von der Zeit nach Auschwitz
spricht,
muss die Frage erlaubt sein, wie sich die "Justiz" seitdem entwickelt
hat.
In einer Radiosendung z.Th. "50 Jahre Grundgesetz" (Offener Kanal
Lübeck,
25.05.1999) hieß es: "Wir konnten auch kein Rechtsstaat werden,
weil
das Dritte Reich der Nazis illegal in der Justiz fortbestand. [...]
Nach
dem offenkundigen Terror am Volksgerichtshof, an den Sondergerichten
und
vielen anderen Strafgerichten ist es unbegreiflich, daß diese
Schlächter
wieder die Robe anziehen durften. Auch handelte es sich nicht um
Einzelfälle;
die Renazifizierung der Justiz war flächendeckend. Nach dem Krieg
hatten zum Beispiel in Westfahlen dreiundneunzig Prozent des
Justizpersonals
das NSdAP-Parteibuch besessen. In Bayern waren es einundachtzig Prozent
und im Bezirk des Oberlandesgerichts Bamberg sogar achtundneunzig
Prozent.
Unter der Geltung des Grundgesetzes sorgte der Deutsche Bundestag
dafür,
daß fast alle NS-Beamten einen Rechtsanspruch auf
Wiedereinstellung
erhielten und damit faktisch die Mitgliedschaft in der Nazipartei zur
Einstellungsvoraussetzung
des öffentlichen Dienstes wurde. Konrad Adenauer, der sich mit
seiner
eigenen Stimme zum ersten Bundeskanzler gewählt hatte,
überließ
schwerbelasteten Altnazis wie Globke, Oberländer und Vialon hohe
und
wichtige Posten in der Bonner Ministerialbürokratie. Obwohl die
kriminellen
Taten vieler Nazijuristen mit jedem Horrorfilm konkurrieren konnten,
wurde
kein einziger dafür rechtskräftig verurteilt. Das muß
man
sich einmal auf der Zunge zergehen lassen. Eine Krähe hackt eben
der
anderen kein Auge aus, auch wenn es sich um einen Massenmörder
handelt.
Das Blut zigtausender Justizopfer schreit noch heute ungesühnt zum
Himmel."
Das Unrecht, weswegen auf einem "Katholikentag" Gottes Allmacht
geleugnet
wurde, lebt also weiter. Wie geht man nun mit den Fakten um? Diesbzgl.
gibt es ein sehr breites Angebot. Man beschäftigt sich z.B. gar
nicht
mit der Thematik und vergeudet seine Zeit in Ablenkungen aller Art, ob
nun Arbeit, Freizeitvergnügung, Alkohol oder was auch immer. Dann
gibt es noch den Versuch, dieses offenkundigste Unrecht irgendwie zu
leugnen,
und das sogar im Namen des Christentums. Man tut also so, als ob dieses
Unrecht nicht wirklich Unrecht wäre. Ja, man stellt es sogar als
Christenpflicht
hin, dieses Unrecht nicht nur schweigend zu dulden, sondern
ausdrücklich
gutzuheißen. Wenn die "Justiz" irgend etwas "beschließt",
dann
hat das seine Richtigkeit! Wenn ein Jude bei einem "Katholikentag" die
Allmacht Gottes leugnet, dann hat das seine Richtigkeit! Und wenn man
das
Unrecht bis zur höchsten Stufe kombinieren will: Wenn die "Justiz"
befiehlt, dass nur noch eine antichristliche Gemeinschaft, aber nicht
mehr
die katholische Kirche Anspruch auf die Bezeichnung "katholisch" hat,
dann
hat das seine Richtigkeit! Was liegt dann näher, als zu behaupten:
Nicht der christliche Glaube hat gesiegt, sondern das Unrecht. Und wer
möchte nicht auf der Seite der Sieger stehen? Wer stellt sich
freiwillig
auf die Seite der Verlierer?
Es gibt allerdings auch eine richtige Möglichkeit, mit den Fakten
umzugehen: Man nimmt die Worte des Apostels Johannes ernst: "Alles, was
aus Gott geboren ist, überwindet die Welt; und das ist der Sieg,
der
die Welt überwindet: unser Glaube. Wer ist es, der die Welt
überwindet,
wenn nicht der, welcher glaubt, daß Jesus der Sohn Gottes ist?"
Man
lässt sich eben nicht durch die Triumphe des Unrechts
einschüchtern,
sondern bekennt mutig den Glauben an Christus, selbst dann, wenn daraus
Spott, Verfolgung und Vernichtung folgen. Man sieht die Welt im Licht
der
österlichen Freude. Man betrachtet das Wunder der Auferstehung,
dass
Christus den Satan und Tod besiegt hat. Das bedeutet, dass wir die Welt
in ihrer Vergänglichkeit erkennen und den Blick richten auf das
Unvergängliche.
Das bedeutet, dass wir ein Leben führen, das nicht den irdischen
Erfolg
an die erste Stelle setzt, sondern das Gnadenleben. Das bedeutet, dass
wir in diesem Leben das Böse meiden, und wenn wir in Sünde
gefallen
sind, die Versöhnung mit Gott suchen. Das bedeutet, dass wir nach
Möglichkeit das sakramentale Leben pflegen durch
regelmäßige
Beichte und Kommunion. Dann kann uns die Welt mit ihren Triumphen nicht
schrecken. Dann lassen wir uns nicht verwirren, selbst wenn
Gotteslästerung
vom Staat geschützt und Glaubenstreue vom Staat bestraft wird. Wir
bekennen Christus vor den Menschen, dann wird Christus beim Gericht uns
vor seinem Vater bekennen. Wenn wir ganz in diesem Glauben leben, und
wenn
wir bereit sind, alles für diesen Glauben zu opfern, dann werden
wir
einst das Leben gewinnen in der ewigen Seligkeit des Himmels. Amen.
S. auch:
Die Nazis haben gewonnen