Predigt am 11.07.2004 -
Bundespräsident Horst Köhler
- 6. Sonntag nach Pfingsten;
Röm 6,3-11; Mk 8,1-9 -
(Kirche zum Mitreden, 16.06.2010)
http://www.youtube.com/watch?v=Nfia8d70Gns
http://gloria.tv/?media=82931
[Die Predigt wurde bislang nur per e-mail verbreitet; aus aktuellem
Anlass (Abgang von Horst Köhler) nun die weitere Verbreitung.
Beim Video bitte unbedingt den Freudschen Fehler am Anfang beachten:
"Wir haben heute den 16.06.2004" ("vier") - natürlich ist 2010
("zehn") gemeint.]
Wörter: 1067
Seit kurzem hat Deutschland einen neuen Bundespräsidenten:
Horst Köhler, direkter Nachfolger von Johannes Rau. In seiner
Antrittsrede am 1. Juli 2004 im Deutschen Bundestag sagte
Köhler: "Ihnen, sehr verehrter Herr Bundespräsident Rau,
ist gedankt und Sie sind gewürdigt worden. [...] Für Sie,
lieber Herr Rau, ist es immer der einzelne Mensch in seiner
unverwechselbaren Würde, der im Zentrum Ihres Denkens und
Handelns steht. Und es ist Ihr christlicher Glaube, der Ihr
Menschenbild prägt. So haben Sie das Vertrauen der Menschen
gewonnen. So waren Sie im besten Sinne ein
Bürgerpräsident. So bleiben Sie uns Vorbild. Lieber Herr
Rau, wir danken Ihnen heute dafür. Wir danken Ihnen für
Ihren großen Dienst an unserem Land. [...] Meinen Amtseid
verstehe ich als Verpflichtung, zur Erneuerung Deutschlands
beizutragen. Als Bundespräsident werde ich hinschauen,
nachfragen, auch hinterfragen. Persönlicher Kompass ist mir
dabei mein christliches Menschenbild und das Bewusstsein, dass
menschliches Tun am Ende immer vorläufiges Tun ist. Ich bin
Optimist." Welcher rechtschaffener Mensch könnte angesichts so
viel erklärter Christlichkeit bei den Staatsoberhäuptern
nicht ebenfalls optimistisch hinsichtlich der Zukunft unseres Landes
sein? Schließlich haben die Päpste immer wieder die
Vorteile betont, die dem Staat aus der Wahrung seiner Pflichten Gott
gegenüber erblühen. Pius XI. mahnte (Ubi arcano, 1922):
"Weil die Menschen zu ihrem Elend von Gott und Jesus Christus
abgefallen sind, deshalb sind sie aus dem früheren Wohlstand in
diesem See von Plagen versunken [...]. Hat man einmal Gott und Jesus
Christus aus der Gesetzgebung und dem staatlichen Leben verbannt,
leitet man die Autorität nicht mehr von Gott, sondern von den
Menschen ab, dann entzieht man auch den Gesetzen ihre wahre und
unerschütterliche Kraft, die Gehorsam sichert, [...] die
Grundlage der Autorität selbst wird zerstört, wenn man
ihren Ursprung leugnet [...] Jesus, der Herr, herrscht
schließlich im Staat, wenn in ihm Gott die höchste Ehre
erwiesen wird, wenn er von Gott Ursprung und Recht seiner
obrigkeitlichen Gewalt herleitet, so daß die Regierungsgewalt
nicht überschritten und die Gehorsamspflicht nicht
gekränkt wird; Christus herrscht im Staate, wenn er der Kirche
die ihr von ihrem Stifter verliehene Würde als einer
vollkommenen Gesellschaft, der Lehrerin und Führerin der
anderen Gesellschaft zuerkennt [...] Es gibt also nach alledem
keinen Frieden Christi, außer da, wo Christus herrscht. Wir
können also auch nicht besser der Sache des Friedens dienen,
als indem wir das Reich Christi wiederherstellen."
Soll also Freude und Jubel unser Land erfüllen, dass sogar die
Staatsoberhäupter eifrig den Begriff "christlich" im Mund
führen und dass Gott deshalb mit Wohlgefallen auf unser Land
blickt? Vielleicht ist es nicht ganz verkehrt, diese Frage ein wenig
differenzierter zu betrachten. Am 06.07.2004 brachte das Land
Baden-Württemberg die Meldung: "Bundespräsident Horst
Köhler hält die vierte Weltethos-Rede an der
Universität Tübingen. Wie die Stiftung Weltethos mit ihrem
Präsidenten Prof. Hans Küng am Dienstag mitteilte, spricht
Köhler am Anfang des Wintersemesters. Er sitzt seit sieben
Jahren im Kuratorium der Stiftung, die interkulturelle und
interreligiöse Forschung, Bildung und Begegnung fördert.
Bisherige Weltethos-Redner waren der britische Premier Tony Blair,
UN-Hochkommissarin Mary Robinson und UN-Generalsekretär Kofi
Annan. Köhler hatte als Generaldirektor des
Weltwährungsfonds in seiner Eröffnungsrede in Prag betont:
«Eine globale Ökonomie braucht ein globales Ethos.»
Nach Stiftungsangaben sorgte er dafür, dass die englische
Fassung der Wanderausstellung «Weltreligionen – Weltfrieden -
Weltethos» vor zwei Jahren in der US-Hauptstadt Washington
gezeigt werden konnte. Anlass war die Jahresversammlung des
Internationalen Währungsfonds. Köhler hatte bereits im
April 2002 die Einladung der Stiftung zu einer Weltethos-Rede
angenommen. Diese Zusage will er nun als Bundespräsident
einlösen."
Die "Stiftung Weltethos" fordert laut ihrer Grundsatzerklärung
eine "neue Weltordnung", die "einen individuellen und kollektiven
Bewußtseinswandel" voraussetzt. Wie christlich das ganze ist,
ist im Prinzip schon an dem ideologischen Gründer und
derzeitigen Präsidenten Hans Khüng
zu erkennen. Küng formulierte vor wenigen Jahren ein "Credo",
in dem es u.a. heißt: "Nach Auschwitz, dem Gulag und zwei
Weltkriegen kann man nicht mehr vollmundig von »Gott, dem
Allmächtigen« reden." Nun ist ein Gott ohne Allmacht
natürlich nur eine menschliche Illusion, und auf dieser
Illusion baut also Küngs gesamte Theologie auf. Zu Christus
behauptet Küng: "Soweit wir heute wissen, hat Jesus sich nie
Gott genannt. Erst nach seinem Tod und nach bestimmten Erfahrungen
hat die glaubende Gemeinde angefangen, den Titel »Sohn«
oder »Sohn Gottes« für Jesus zu gebrauchen. [...]
Das Glaubenssymbol »Sohn Gottes« meint demnach nicht
eine physische Gottessohnschaft, wie in den hellenistischen Mythen
und wie von Juden und Muslimen bis heute oft angenommen und zu Recht
verworfen. Gemeint ist eine Erwählung und Bevollmächtigung
Jesu durch Gott." Das christliche Dogma lehrt hingegen die zwei
Naturen Christi, seine göttliche Natur und seine menschliche
Natur, wobei Natur im Griechischen "physis" heißt. Küng
behauptet also, dass dieses Dogma der zwei Naturen Christi "zu Recht
verworfen" wurde. Kurz: Küngs Credo ist durch und durch
antichristlich. Nun hat man immerhin schon mal eine Ahnung, zu
welcher Form von "Christentum" sich Köhler bekennt.
Übrigens wurde Küngs Credo von der
Zeitschrift "Publik Forum" verbreitet, und zu den bekanntesten
Werbebotschaftern von Publik Forum gehörte Johannes Rau, der in
Bezug auf "Publik Forum" erklärt hatte: "Genauso wie die
Demokratie von der Vielfalt der Meinungen lebt, können sich
auch die pluraler gewordenen Kirchen vom Wechselspiel der Meinungen,
von These und Antithese, befruchten lassen. Wir werden die
Herausforderungen, die uns Gegenwart und Zukunft stellen, nur
lösen, wenn wir gemeinsam - zugleich kritisch und konstruktiv -
um den besten Weg ringen." Kürzlich hat sich Köhler auch
in einem Interview (Buch von Hugo Müller-Vogg)
geäußert: "Es gibt genug Gemeinsamkeiten zwischen den
großen Weltreligionen – Christentum, Judentum, Islam,
Buddhismus, Hinduismus –, um sich auf Normen eines ethischen
Grundverhaltens verständigen zu können. Das Gebot 'Du
sollst nicht stehlen' gilt beispielsweise in allen Weltreligionen.
Dieselbe universelle Gültigkeit hat Kants 'kategorischer
Imperativ'". Bereits wer Bibel und Koran vergleicht, wird sich
Köhlers Einschätzung nicht anschließen können.
Und der kategorische Imperativ rebelliert ja ganz ausdrücklich
gegen Gott als höchste Autorität, indem er den Menschen
als absolut freien Schöpfer des Gesetzes hinstellt. Damit
werden also Gott und Jesus Christus aus der Gesetzgebung und dem
staatlichen Leben verbannt, und das sehe man im Licht der Aussagen
von Papst Pius XI.: "Leitet man die Autorität nicht mehr von
Gott, sondern von den Menschen ab, dann entzieht man auch den
Gesetzen ihre wahre und unerschütterliche Kraft, die Gehorsam
sichert".
Ob mit der Situation in Deutschland und insbesondere mit Horst
Köhler als Bundespräsident die Basis für den wahren
Frieden besteht, kann also nicht mit Sicherheit garantiert werden.
Beten wir für unser Land. Amen.
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