Predigt 30.11.2008

- Erster Adventssonntag, sd I cl; Röm 13,11-14; Lk 21,25-33 -
(Kirche zum Mitreden, 29.11.2008)
Youtube-Video: http://www.youtube.com/watch?v=11EXcbHHTnU
Wörter: 1183
"Wie am Tage lasset uns ehrbar wandeln, nicht in Schwelgereien und Trinkgelagen, nicht in Unzucht und Ausschweifung, nicht in Zank und Eifersucht." So mahnt Paulus in der heutigen Lesung aus dem Römerbrief. Zunächst: Diese Mahnung ist nicht eigentlich spezifisch für die Adventszeit, sondern von ganz grundsätzlicher Natur. Außerdem ist die Adventszeit an sich keine Fastenzeit mehr, wenngleich es in der Adventszeit noch immer prinzipiell vier Fastentage gibt: Das sind zum einen die drei Quatembertage, also der Mittwoch, Freitag und Samstag nach dem dritten Adventssonntag. Zum anderen gibt es noch das Fasten an der Vigil vor Weihnachten; wenn aber der 24. Dezember ein Sonntag ist, gilt für diesen Tag die Fastenvorschrift natürlich nicht. Allerdings wird im Breviergebet der Priester am heutigen ersten Adventssonntag aus einer Predigt des heiligen Papstes Leo I. über das Fasten gelesen.  Der Papst weist darauf hin, dass "durch übermäßigen Trunk die Schärfe des Geistes abgestumpft und durch übermäßiges Essen die Kraft des Herzens geschwächt wird." Gerade heutzutage scheint aber die Adventszeit die Zeit zu sein, um erst recht im Genuss zu schwelgen: Die Supermärkte sind gerade jetzt vollgepackt mit Butterstollen, Marzipan, Spekulatius, Lebkuchen, Kräuterprinten, Zimtsternen usw. sowie den ganzen Schokoladeprodukten wie Nikolausfiguren und Adventskalender. Glühwein hat nicht nur im Supermarkt Hochsaison, sondern wird auch hektoliterweise auf den Adventsmärkten konsumiert. Da scheint es doch etwas unpassend, an die Worte des Papstes zu erinnern, dass "durch übermäßigen Trunk die Schärfe des Geistes abgestumpft und durch übermäßiges Essen die Kraft des Herzens geschwächt wird." Andererseits könnte man aber auch sagen: Gerade dann ist ein Mahnruf durchaus angebracht. Nämlich wenn die Versuchung besonders stark ist, verliert so mancher den nüchternen Blick für das Wesentliche und lässt die Zügel schießen - während gerade der Papst in der Predigt dazu mahnt, seine Begierden zu zügeln. Also: Auch wenn die Adventszeit keine Fastenzeit ist, bleibt Unmäßigkeit doch immer sündhaft. Übermäßiges Essen an sich ist zwar üblicherweise nur eine lässliche Sünde, es kann dann aber eine schwere Sünde sein, wenn man dadurch Ärgernis hervorruft oder seine Gesundheit erheblich schädigt. Trunkenheit ist ebenfalls an sich sündhaft, und völlige Betrunkenheit ist üblicherweise eine schwere Sünde. - Schauen wir auf Deutschland, so nimmt es in vielen Disziplinen eine katastrophale Position ein, wenn es nicht gar das Schlusslicht bildet. Derzeit wird wieder viel über die aktuelle innerdeutsche Ergänzungsstudie zum internationalen Pisa-Test geredet; bei der internationalen Pisa-Studie 2000 wurde festgestellt, dass die deutschen Schüler in allen drei Leistungsbereichen unterhalb des europäischen Durchschnitts und ganz weit entfernt von den Spitzenländern liegen; in Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften sind bei fast einem Viertel aller Schüler die Kenntnisse so gering, dass von einer Gefährdung der beruflichen und gesellschaftlichen Integration gesprochen wird. In anderen Bereichen als Bildung kann Deutschland aber Spitzenpositionen im internationalen Vergleich vorweisen: Abtreibung, Arbeitslosigkeit, Armut - da spielt Deutschland ganz vorne mit. Nimmt man noch die Verletzung von Menschenrechten, braucht sich Deutschland auch weltweit nicht zu verstecken, wenn es gilt, sowohl massenweise als auch massive Menschenrechtsverletzungen zu begehen. Deutschland kann einen echten Stillstand der Rechtspflege, eine völlige Perversion der Justiz vorweisen; kaum ein Land kann da noch mithalten. Und in einer Disziplin sicherte sich Deutschland erst im vergangen Jahr sogar einen klaren Spitzenplatz: Deutsche sind die dicksten Europäer. Drei Viertel der erwachsenen Männer und mehr als die Hälfte der erwachsenen Frauen in Deutschland sind übergewichtig oder fettleibig. Bei beiden Geschlechtern konnten sich die Deutschen also vor die restlichen Europäer setzen. Dieser Zustand kurbelt dann auch gewisse Teile der Wirtschaft an: Folgeschäden des Übergewichts, ob nun Diabetes oder Gelenkschäden, wollen schließlich behandelt werden. Der Bedarf an Ärzten, Medikamenten, Kuren, Betreuungen usw. usf. wird gesteigert. Und auch die Süßigkeitenindustrie kann sich freuen: Dank der massenhaften Maßlosigkeit können satte Gewinne eingefahren werden. Und wer seinen Magen gewaltsam immer mehr dehnt, der steht kaum in der Gefahr, schnell satt zu werden und somit seine Essensaufnahme auf ein gesundes Maß zu beschränken. Trotz all dieser rosigen Aussichten für gewisse Wirtschaftszweige scheint es aber dennoch nicht verkehrt, auch heute wieder an die Fastenpredigt von Papst Leo I. zu erinnern, dass "durch übermäßigen Trunk die Schärfe des Geistes abgestumpft und durch übermäßiges Essen die Kraft des Herzens geschwächt wird." Es kann nämlich nicht Sinn und Zweck des Lebens sein, nur Teile der Wirtschaft anzukurbeln, selbst dann nicht, wenn es um die Gesundheits- und Süßigkeitenindustrie geht. Es sollte nicht unser Lebensziel sein, möglichst schnell und möglichst lange zum Pflegefall zu werden. Vielmehr sollten wir unseren Geistes schärfen, wobei ein gesundes, kräftiges Herz durchaus vorteilhaft und erstrebenswert ist. Schwelgereien und Trinkgelage, Unzucht und Ausschweifung schädigen und lähmen uns. Wenn jemand ganz im weltlichen Genuss versinkt, dann will er mit Christus schlichtweg nichts zu tun haben. Ein genüsssüchtiger Mensch will von den Mahnungen Christi zu Gebet und Fasten schlichtweg nichts wissen. Was aber, wenn man den Verlockungen dieser Welt schon lange Zeit erlegen ist? Was, wenn man sich in Übergewicht und Fettleibigkeit hineingesteigert hat? Was, wenn man sich daran gewöhnt hat, oft und viel Alkohol zu konsumieren? Hören wir wiederum Paulus: "Lasset uns ablegen die Werke der Finsternis und anziehen die Waffen des Lichts. [...] Zieht an den Herrn Jesus Christus." Wer auf dem falschen Weg war, der muss eben umkehren, der muss für die Zukunft den richtigen Weg einschlagen. Und wer selbst als Genussmensch einmal ganz nüchtern überlegt, der wird sich doch eigentlich wünschen, von seinem unkontrollierten Konsum loszukommen. Ist der Rausch ausgeschlafen, warten nicht nur ein vorübergehender Kater, sondern womöglich lebenslange schlimme Folgen. Und nicht jeder fühlt sich wirklich wohl, wenn er immer nur in Spezialgeschäften für Übergrößen einkaufen kann. Trotzdem mag es schwerfallen, seine falsche Lebensweise aufzugeben. Aber wer sich Christus vor Augen hält, der wird v.a. begreifen, dass er von der Gnade Christi abhängig ist. Christus ist nicht ein bloßer Philosoph und Morallehrer, sondern der Sohn Gottes. Das Christentum ist nicht bloß eine Morallehre, geschweige denn eine bloße Gesundheitsideologie. Vielmehr gilt es, dass der Mensch auch seinen Leib dienstbar macht, um vor Christus, dem König und Richter der Welt, zu bestehen. Christus muss in uns leben. Wir müssen den Herrn Jesus Christus anziehen. Wir müssen uns ganz von seiner Gnade durchdringen lassen. Es muss nicht unbedingt immer verwerflich sein, wenn man sich vielleicht mal ein Schlückchen Glühwein und eine Marzipankartoffel genehmigt, allerdings darf das Maßhalten nie vergessen werden. Wollen wir den Versuchungen nicht erliegen, müssen wir unsere Begierden zügeln, und das nicht nur zur Weihnachtszeit, nein, auch im restlichen Jahr. Was ist nun aber mit der Bildungskatastrophe? Was ist mit Abtreibung, Arbeitslosigkeit, Armut? Was ist mit den Menschenrechtsverletzungen und der perversen Justiz in Deutschland? Nun, wollen wir uns diesen Problemen stellen, dann sollten wir das mit scharfem Verstand und kräftigem Herzen tun. Machen wir uns nichts vor: Unser Land ist krank, durch und durch krank. Die grassierende Fettsucht ist da nur ein Symptom unter vielen. Es gilt, Trägheit und Abstumpfung zu überwinden. Es gilt, sich auf das Kommen Christi vorzubereiten. Erst wenn die Gesellschaft wieder auf Christus schaut, wird eine tragfähige Gesundung der derzeit so schwerkranken Zustände einsetzen. Leisten wir als Teile der Gesellschaft unseren Beitrag. Bereiten wir Christus den Weg, den Weg in unsere Herzen und in unsere Gesellschaft, damit wir dereinst teilhaben an der ewigen Freude des Himmels. Amen.

S. auch
Die Geschichte von dem Dicken

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