Der fette Joseph
Ratzinger und der noch fettere Wolfgang Haas, 2008
In einer kleinen Stadt, da lebte einmal ein Mann, der war 1,85m
groß und wog 110 Kilo. Zwar störte ihn sein Volumen etwas,
aber er beschwichtigte sich selbst und bei Gelegenheit auch andere mit
dem Sprüchlein: "Ich bin rund, na und?!" Vor einiger Zeit hatte er
nur 105 Kilo gewogen, was allerdings noch immer viel zu viel war, und
deshalb eine extrem strenge Diät eingelegt: Während seines
Urlaubs hatte er zehn Tage lang nur gelegen und sich fast gar nicht
ernährt und dabei auch vier Kilo abgenommen. Davon war er aber
sowohl äußerst erschöpft als auch dermaßen
übel gelaunt, dass er innerhalb der nächsten drei Wochen fast
zehn Kilo zugenommen hatte. So wog er also 110 Kilo. Doch irgendwann
begann er, sich mit dem katholischen Glauben näher zu
beschäftigen, und da kam das Thema Essen wieder auf den Tisch. Das
lag besonders an den Fastenvorschriften der Kirche: In der Fastenzeit,
an den Quatembertagen und an einigen Vigiltagen vor hohen kirchlichen
Festen ist es grundsätzlich nur erlaubt, eine einzige
sättigende Mahlzeit sowie zwei kleine Stärkungen einzunehmen;
die Nichteinhaltung dieser Fastenvorschriften ist üblicherweise
eine Todsünde. Außerdem zählt die
Unmäßigkeit zu den Hauptsünden; demzufolge ist der
ungeordnete Genuss von Speis und Trank bis hin zur Schädigung der
Gesundheit wenigstens eine läßliche Sünde und kann in
bestimmten Fällen sogar eine Todsünde sein. Nimmt man noch
die Tatsache hinzu, dass Christus selbst das Fasten geübt und
empfohlen hat und dass auch viele Heilige ein sehr enthaltsames Leben
mit strengem Fasten geführt haben, so fällt es nicht sehr
leicht, unmäßiges Essen mit christlicher Lebensführung
zu vereinbaren.
Der Dicke hatte sich deshalb zum Ziel gesetzt, die Tugend der
Mäßigung zu üben. Disziplin um Christi Willen, das
sollte das Motiv des Dicken sein. Wenn man dabei abnimmt und dabei auch
insgesamt gesund ist und sich wohlfühlt, umso besser, aber an
erster und letzter Stelle stand für den Dicken die christliche
Motivation. Die Ernährung und überhaupt ganz allgemein die
Lebensweise mussten also umgestellt werden. Die Frage war allerdings:
Wie? Denn hinsichtlich der optimalen Ernährungsweise wurden von
allen Seiten völlig widersprüchliche Aussagen getroffen: Was
der eine als Quelle gesunden Lebens anpries, wurde von dem anderen als
reinstes Gift verteufelt. Und selbst wenn es in einigen
Ernährungsfragen zumindest eine starke Mehrheitsmeinung gab, so
wurde selbst diese durch Einschränkungen gekennzeichnet, dass
gewisse Menschen aufgrund persönlicher Veranlagungen diese
Ernährung nicht wählen durften.
Der Dicke ließ sich von diesem Durcheinander aber nicht
entmutigen, sondern ging zunächst von der Überlegung aus,
dass immerhin über Jahrtausende v.a. zwei Dinge als absolute
Grundlage angesehen wurden: Wasser und Brot. Und der Dicke stellte
fest: Tatsächlich gibt es noch immer sehr viele
Ernährungswissenschaftler, die genau dies noch immer zu den
wichtigsten Bestandteilen der Ernährung zählen. Bedeutsam
sind dabei die Kohlenhydrate: Die einfachen Kohlenhydrate, also
Einfachzucker wie der Traubenzucker und Zweifachzucker wie der
Haushaltszucker, sind nur sehr maßvoll einzunehmen, die komplexen
Kohlenhydrate, darunter die im Brot vorhandene Stärke, sind
deutlich zu bevorzugen. Viele Lebensmittel sind mit einer
Nährwerttabelle versehen, in denen der Anteil von Kohlenhydraten
und Zucker angegeben ist; wird der Zuckeranteil nicht besonders
ausgewiesen, steht zu vermuten, dass zumindest der überwiegende
Teil der Kohlenhydrate nur Zucker ist. Ebenso soll auf eine fettarme,
allerdings auch nicht fettfreie Ernährung geachtet werden; auch
darüber gibt die Nährwerttabelle Auskunft.
Zunächst ersetzte der Dicke also alle Getränke wie Limonade,
Bier usw. durch Wasser. Allerdings wählte er dafür
verschiedene qualitativ hochwertige Mineralwassersorten. Über den
Tag verteilt, wurden immer zwei bis drei Liter davon getrunken.
Für das Brot wählte er ausschließlich verschiedene
Sorten von Vollkornbrot, Knäckebrot und Mischbrot. Von allen drei
Sorten aß er jeden Tag mehrere Scheiben. Dies also war die
eiserne Grundlage für jeden Tag: verschiedene Mineralwasser,
Vollkornbrot, Knäckebrot und Mischbrot. Nun ging es noch um die
weiteren Einzelheiten. Als Aufschnitt zum Brot gab es fettarmes Fleisch
von Geflügel, Rind und Schwein sowie fettarmen Käse.
Ebenfalls tägliche Nahrungsbestandteile waren Joghurt und Obst;
statt frischem Obst konnten auch ungeschwefeltes Trockenobst und
Fruchtzubereitungen eingenommen werden.
Zudem wurde viel Wert auf Gemüse gelegt; abwechslungsreiche Salate
waren die bevorzugte Hauptmahlzeit. An den Tagen, an denen der
Fleischgenuss kirchlich unter schwerer Sünde verboten war,
darunter an allen Freitagen, gab es Fisch.
Der Dicke achtete darauf, seinem Körper immer genügend
Energie zuzuführen, um einerseits nicht geschwächt zu sein,
aber anderseits auch nicht von Essenslust geplagt zu werden. Aufgrund
der durch die Erbsünde geschwächten menschlichen Natur war es
oft viel leichter, von Disziplin nur zu reden, statt sie auch
tatsächlich einzuhalten. Besonders quälend war das
gelegentliche Verlangen, Süßes zu essen. Für solche
Fälle hatte der Dicke immer verschiedene Sorten von
süßem Brotaufstrich auf Vorrat. Dann machte er sich eben
drei Scheiben Mischbrot mit süßem Brotaufstrich, anstatt
eine Tafel Schokolade zu essen. Die drei Brote hatten insgesamt zwar in
etwa soviele Kalorien wie die Tafel Schokolade, enthielten aber viel
weniger Zucker und Fett. Dadurch sättigten sie viel mehr als die
Schokolade, und zugleich belasteten sie den Körper viel weniger.
Wenn zwischendurch aus irgendwelchen Gründen Nahrung gebraucht
wurde, kamen Müsliriegel und ähnliches in Betracht; auch hier
wurde auf einen niedrigen Anteil an Zucker und Fett geachtet.
Schließlich entschied sich der Dicke noch für
Nahrungsergänzungsmittel: Täglich nahm er Multivitamin- und
Calciumtabletten. Der Dicke war überzeugt, so die optimale
Versorgung für seinen Körper gewählt zu haben.
Der Dicke stellte häufig fest, dass das Essen von
Süßigkeiten als "Sündigen" bezeichnet wurde. Nun kann
man zwar in gewisser Weise übermäßigen Zuckerkonsum als
sündhaft betrachten. Aber in jedem Fall abzulehnen sind Parolen,
dass bei gesunder Ernährung auch "kleine Sünden erlaubt"
seien. Denn Sünde ist niemals erlaubt; es gehört eben zum
Wesen der Sünde, dass sie unter keinen Umständen erlaubt ist.
Wenn jemand maßvoll Süßigkeiten isst, dann
sündigt
er eben nicht, sondern handelt ggf. sogar tugendhaft, weil er damit
seinen Körper stärkt. Die christliche Disziplin ist nicht
Kasteiung um jeden Preis, sondern die Beherrschung der Leidenschaften
und der vernünftige Gebrauch der geschaffenen Dinge. Dazu kann
auch die Freude an schmackhaftem Essen gehören. Der Dicke stellte
zudem fest, dass die Kirche den Sport grundsätzlich
gutheißt. Er informierte sich deshalb über effektive
sportliche Übungen für Arm-, Rücken- und Beinmuskulatur.
Ihm ging es darum, den Körper zu belasten, aber nicht zu
überlasten. Dafür wählte er verschiedene
Aktivitäten wie Dehnübungen und Fahrradfahren.
Grundsätzlich hielt er an einem Tagespensum von 30 Minuten fest.
Einmal pro Woche, vor dem Frühstück, stellte sich der Dicke
dann auf die Waage. Er achtete darauf, immer etwa ein halbes Kilo pro
Woche abzunehmen. Tatsächlich hatte der Dicke dann in drei Monaten
fünf Kilo abgenommen. Und so ging es weiter: Nach anderthalb
Jahren war der Dicke von 110 Kilo auf 78 Kilo herunter. Er entschied
sich, künftig immer einen Bauchumfang von etwa 85 cm und einen
Body Mass Index von etwa 22 zu halten. Und weil der Dicke damit
eigentlich nicht mehr dick war, endet hier seine Geschichte.