Predigt 04.04.2010
- Ostersonntag, d I cl; 1 Kor 5,7-8; Mk 16,1-7 /
Missbrauchsfälle, Zölibat, Kirchenaustritte -
(Kirche zum Mitreden, 03.04.2010)
http://www.youtube.com/watch?v=XQoIgZFUn-c&hl
http://gloria.tv/?media=64554
Wörter: 1143
"Entweder lernt die Institution Kirche, oder sie wird untergehen."
Diese Worte sind Teil eines Interviews des österreichischen
"Kurier" (13.03.2010) mit dem Politiker und Mitbegründer der
sog. "katholischen Laieninitiative" Andreas Khol, der u.a. auch
Sekretär beim Österreichischen Verfassungsgerichtshof,
Generalsekretär der Österreichischen Gesellschaft für
Außenpolitik, außerordentlicher
Universitätsprofessor für Verfassungsrecht und
Nationalratspräsident war. Die Überschrift des Interviews:
"Missbrauch: Austrittswelle bricht Rekorde". Derzeit gibt es auch in
Deutschland zahlreiche Meldungen über einen geradezu
rekordverdächtigen Anstieg der sog. "Kirchenaustritte". Ein
sog. "Stadtdechant" in Duisburg (Bernhard Lücking, zit. nach
derwesten.de, 01.04.2010) äußerte dazu: "Ich denke, dass
die Missbrauchsfälle die Menschen so erschreckt haben, dass sie
die Kirchentüre nicht mehr durchschreiten wollen." Hier noch
etwas mehr aus dem Khol-Interview: "F.: Wird der Zölibat
wanken? A.: Der Priestermangel und das weltweite Auftauchen von
schweren Verbrechen an Kindern wird den Zölibat ins Wanken
bringen, der ja kein biblisches Gebot ist. Tausend Jahre hat die
Kirche mit verheirateten Priestern und Bischöfen ihren
Aufschwung genommen. Entweder lernt die Institution Kirche, oder sie
wird untergehen. Das wäre eine Sünde der Verantwortlichen.
F.: Wird das noch unter diesem Papst passieren? A.: Ich bin Katholik
und glaube daher an die Möglichkeit von Wundern." Soweit Khol.
Das Thema "Priester als Kinderschänder" wird von den Medien
üblicherweise völlig falsch dargestellt. Das liegt bereits
an einem völlig falschen Kirchenbild: Es wäre ja
zunächst einmal überhaupt zu prüfen, ob der Verein,
um den es da geht, tatsächlich die katholische Kirche ist. Und
das Khol-Interview markiert hier einen erschütternden
Höhepunkt schlimmster Irreführung, namentlich in dem Satz:
"Entweder lernt die Institution Kirche, oder sie wird untergehen."
Dazu ergeben sich die Fragen: Was muss die Kirche lernen? Was
bedeutet "Institution Kirche"? Kann die Kirche überhaupt
untergehen? Laut Khol muss die Kirche lernen, dass der Zölibat
abgeschafft werden muss, u.a. deshalb, weil er Priester zu
Kinderschändern macht. Dass der Zölibat diese Wirkung
natürlich nicht hat, ist dabei jedem sofort klar ersichtlich.
Ansonsten würden nämlich um ein Vielfaches mehr
Zölibatäre zu Kinderschändern werden. Zudem ereignen
sich fast alle Missbrauchsfälle in Familien. Und zur Geschichte
des Zölibats kann jeder im Lexikon nachlesen: "Für
gewöhnlich bezeichnet man den 33. Kanon der Synode von Elvira -
Granada um 300 als das erste Zölibats-Gesetz des Abendlandes.
Es wird jedoch hier bereits verehelichten Bischöfen, Presbytern
und Diakonen der eheliche Umgang verboten. Dieses Verbot zusammen
mit der Sitte, die für die höheren Weihen bestimmten
Männer aus der Zahl derer zu nehmen, die freiwillig die
Ehelosigkeit erwählt und sich darin erprobt hatten, führte
schließlich zum Zölibats-Gesetz. [...] Nach dem Verfall
des Zölibats im 10. Jh. bekämpfte die Erneuerungsbewegung
(Gregor VII.) die Priesterehe mit aller Schärfe" (Art.
Jungfräulichkeit, in: Lexikon des katholischen Lebens, hg. von
W. Rauch, Freiburg 1952, Sp. 573). Zudem: Warum wohl haben erst etwa
seit den 60-er Jahren des 20. Jhs. die Missbrauchsfälle einen
solchen Aufschwung genommen? Ferner: Was bedeutet "Institution
Kirche"? Eine Institution ist eine geordnete Einrichtung.
Tatsächlich ist die Kirche eine geordnete Einrichtung: Christus
hat die Kirche gegründet und ihr eine bestimmte Ordnung
gegeben. Besonders in der Osterzeit wird auch die Kirche betrachtet.
So lehrt Papst Pius XII. in seiner Enzyklika über die Kirche:
»Während Wir in Kürze auseinandersetzen wollen, auf
welche Weise Christus den Leib Seiner Gemeinschaft gebildet hat,
bietet sich Uns zu Beginn folgender Ausspruch Leos XIII., Unseres
Vorgängers sel. Ang., dar: "Die Kirche, die bereits vorher
empfangen, aus der Seite des zweiten, am Kreuze gleichsam
schlummernden Adam hervorgegangen war, trat zum erstenmal in
erkennbarer Weise ans Licht der Welt am hochheiligen Pfingstfest"
(Leo XIII. Divinum Illud: A. S. S., XXIX, p. 649.). [Leo-Zitat Ende]
Der göttliche Erlöser begann nämlich den Bau des
mystischen Tempels seiner Kirche damals, als Er predigend seine
Gebote verkündete. Er vollendete ihn dann, als Er verherrlicht
am Kreuze hing, und offenbarte und übergab ihn
schließlich der Öffentlichkeit, als Er seinen
Jüngern in sichtbarer Weise den Heiligen Geist als Tröster
sandte« (Mystici Corporis, 29. Juni 1943).
Soweit die Enzyklika. Der Primat des Papstes ist gem. unfehlbarer
Lehre ein wesentlicher Bestandteil der Kirche. Dieser Primat wurde
von Christus bereits vor seinem Kreuzestod verheißen mit den
Worten: "Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich meine Kirche
bauen" (Mt 16,18). Der Primat wurde von Christus nach seiner
Auferstehung übertragen mit den Worten an Petrus: "Weide meine
Lämmer, weide meine Schafe" (Joh 21,15-17). Schließlich:
Kann diese Institution Kirche untergehen? Pius XII. lehrt in seiner
Kirchenenzyklika, "daß unser Erlöser selbst die von Ihm
gestiftete Kirche mit göttlicher Kraft erhält." Die
Unvergänglichkeit der Kirche ist beständige katholische
Lehre. Der Dogmatiker Anton Berlage schreibt dazu: "Die von Christus
gegründete und von den Aposteln befestigte Kirche kann ihrer
Idee gemäß nicht als eine vorübergehende Erscheinung
begriffen werden, sondern sie hatte an und für sich die
nothwendige Bestimmung und Christus gab ihr dieselbe
ausdrücklich, alle Zeiten und Völker zu umfassen und
für ein höheres Leben heranzubilden; denn die absolute
göttliche Wahrheit war ihre Grundlage, die Wahrheit kann und
soll aber das Eigenthum aller Menschen und Zeiten werden und die von
Christus gegründete Gemeinschaft hatte eben deshalb die
nothwendige Bestimmung, sich in immer größeren Kreisen zu
verbreiten, alles mit ihrem Geiste zu durchdringen und bis zur
Vollendung der Zeiten fortzudauern" (Apologetik der Kirche,
Münster 1834, S. 397). Man braucht jetzt nicht ausführlich
auf Khols Wundergläubigkeit einzugehen, angesichts der
Definition: "Streng theologisch versteht man unter Wunder ein
außerordentliches Geschehen innerhalb des sinnenfälligen
Erfahrungsbereiches, das nicht durch natürliche Kräfte
bewirkt sein kann." Soweit das Lexikon (Art. Wunder, in: Rauch,
a.a.O., Sp 1312f). Inwieweit bzw. ob die Aufhebung des Zölibats
als Wunder gelten kann, liegt auf der Hand. Kurz: Das, wovon Khol da
redet, kann unmöglich die katholische Kirche sein. Khol redet
vielmehr von einem bloßen Verein, von einer einfachen Firma,
die allerdings unter falschem Namen firmiert. Khol unterstützt
mit aller Kraft einen gigantischen Etikettenschwindel. Zugegeben,
Khol hat sich mit diesem Interview rettungslos lächerlich
gemacht. Dass jemand wie Khol eine ziemliche Karriere u.a. als
Politiker und Universitätslehrer hingelegt hat, mag
nachdenklich stimmen. Und dass Khol für sein Interview
normalerweise nicht kritisiert, sondern sogar noch regelrecht
gefeiert wird, mag erst recht zum Nachdenken anregen. Und
berücksichtigt man zusätzlich das Dogma von der
Heilsnotwendigkeit der Kirche, dann wird die Ungeheuerlichkeit
dieser ganzen Missbrauchs-, Zölibats- und
Kirchenaustritts-Debatte oder richtig -Farce erst recht deutlich.
Nochmals die Worte des sog. "Stadtdechanten": "Ich denke, dass die
Missbrauchsfälle die Menschen so erschreckt haben, dass sie die
Kirchentüre nicht mehr durchschreiten wollen." Wie kann man
angesichts der unfehlbaren Lehre, dass die Zugehörigkeit zur
katholischen Kirche notwendig ist zur Erlangung des ewigen Heiles,
moralisches Versagen einiger Kirchenmitglieder ernsthaft als Vorwand
nehmen, um sich von der Kirche abzuwenden? Doch lassen wir uns nicht
von einer noch so schlimm tobenden Wirrsal vergiften. Christus
selbst hat den großen Glaubensabfall vorausgesagt. Halten wir
also trotz allem Christus die Treue. Bleiben wir in der wahren
Kirche Christi, in der katholischen Kirche, die diesen Namen auch
verdient. Wenn wir hier mit Christus leiden, werden wir auch
dereinst teilhaben an seiner Auferstehung und an der ewigen Freude
des Himmels. Amen.
S. auch:
Sexueller Missbrauch und katholische Kirche
- Pressemitteilung zu den zu angeblichen
Kinderschänder-Skandalen in der katholischen Kirche
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