In wenigen Tagen beginnt die Fastenzeit.
An den Fasttagen ist dann grundsätzlich nur noch eine einmalige
Sättigung erlaubt; außerdem können noch höchstens
zwei kleine Stärkungen eingenommen werden. In der Moraltheologie
werden oft äußerst genaue Regeln für das Fasten
genannt. Es werden z.B. Obergrenzen genannt, wieviel Gramm Speise man
bei den Stärkungen höchstens einnehmen darf, welche
Getränke außerhalb der Hauptmahlzeit erlaubt sind usw.
Solche genauen Angaben bzw. Anweisungen für das Fasten bereiten
bisweilen einige Probleme. Was nützt z.B. eine Vorschrift, dass
man bei einer Stärkung nur 80g Speise einnehmen darf? Bei der
Ernährung ist die Kalorienmenge der Speise nun einmal von viel
größerer Bedeutung als das Gewicht der Speise. Um es zu
veranschaulichen: Nüsse liefern mehr als die dreißigfache
Menge an Kalorien im Vergleich zu Tomaten. 80g Tomaten enthalten
weniger als 15kcal, liefern also fast keine Energie. 80g Nüsse
hingegen enthalten mehr als 500kcal, was schon eine kleine Mahlzeit
ist. Noch viel komplizierter wird es, wenn man die zahlreichen Faktoren
berücksichtigt, die für den Energiebedarf ausschlaggebend
sind, darunter das Geschlecht, die Körpergröße, die
Tätigkeit usw. Also selbst wenn man statt Obergrenzen für das
Gewicht nun Obergrenzen für die Kalorienmenge der Speise angeben
würde: Was für den einen vielleicht als Stärkung reichen
könnte, könnte für den anderen vielleicht zu wenig sein.
Zudem gibt es den Grundsatz, dass außerhalb der Hauptmahlzeit nur
Getränke erlaubt sind, die - so die Beschreibung - "nicht
nähren". Konkret ist zwar bei den Getränken Wein erlaubt,
aber Traubensaft verboten. Wein liefert aber schon aufgrund seines
Alkoholgehalts mehr Kalorien als Traubensaft, zudem kann Alkohol
ohnehin nur in geringen Mengen vom Körper verkraftet werden.
Ferner ist Bier erlaubt, aber Milch verboten. Auch Bier enthält
Alkohol und liefert deutlich mehr Kalorien als entrahmte Milch.
Tatsächlich sind also manche moraltheologischen Angaben und
Anweisungen nicht leicht nachzuvollziehen. Nun könnte man diese
ganzen Probleme nennen und dann behaupten, dass die kirchliche
Fastenordnung doch widersprüchlich und - zumindest aufgrund dieser
Widersprüche - unsinnig ist. Ferner könnte man noch die
ganzen Änderungen aufzählen, die es hinsichtlich der
kirchlichen Fastenvorschriften gab, etwa das frühere strenge
Verbot, bei derselben Mahlzeit sowohl Fleisch als auch Fisch zu essen.
Kann man angesichts solcher Entwicklungen und Erkenntnisse das
Fastengebot überhaupt noch ernstnehmen? Hier gilt es, sich auf das
Eigentliche zu besinnen: Es geht beim Fasten schlichtweg darum, Gott
ein Opfer darzubringen. Das Fasten gehört dabei zu den
natürlichen Pflichten, auch wenn es bei der Kirchenleitung liegt,
konkrete Vorschriften zu erlassen. Nochmals: Das Fasten ist ein Opfer.
Der Mensch tut sich damit in gewisser Weise Gewalt an. Er verzichtet
auf etwas, was eigentlich gut und erlaubt ist.
Also ist es auch beim Fasten falsch, den Wald vor lauter Bäumen
nicht mehr zu sehen, d.h. angesichts der ganzen Fragwürdigkeiten
und sogar Änderungen in den Fastenvorschriften den eigentlichen
Sinn des Fastens aus den Augen zu verlieren.
Nehmen wir einen anderen Bereich, u.z. das Übergewicht: Manche
Übergewichtige argumentieren, es wäre ihnen gar nicht
möglich abzunehmen, weil es bei den ganzen Diäten so viele
Widersprüche gibt: Welche Nahrungsmittel vorgeschrieben oder
verboten sind, in welchem Anteil Kohlenhydrate, Fette, Eiweiße
zueinander stehen sollen usw. Exaktes Kalorienzählen wäre
sowieso nicht möglich, und selbst wenn, weiß man nicht,
wieviele Kalorien man exakt benötigt. Nun, zumindest in einer
Hinsicht ist es beim Abnehmen ähnlich wie beim kirchlichen Fasten:
Auch wenn exakte einheitliche Angaben unmöglich sind, kann doch
eine grundsätzliche Marschrichtung zum Erfolg führen. Man
muss eben seinen eigenen Weg suchen und finden, und dafür kann und
soll man sich an bestehenden Erkenntnissen orientieren. Sinnvoll kann
z.B. die Empfehlung sein, seinen eigenen Tagesbedarf an Kalorien
abzuschätzen und dann bei den beiden kleinen Stärkungen
zusammen maximal ein Drittel dieses Tagesbedarfs zu sich zu nehmen.
Sicherlich, man hat dafür eben nur ungefähre
Schätzungen, aber immerhin: Man hat einen ersten Anhaltspunkt und
dokumentiert damit seinen Willen, Gott durch ganz bewusste
Einschränkungen bei Speis und Trank ein Opfer zu bringen.
Insofern können selbst die allerneuesten Erkenntnisse aus der
Ernährungswissenschaft sogar helfen, die Grundvorschrift des
Fastens möglichst gut zu erfüllen. Der eigentliche Kern
bleibt doch die einmalige Sättigung, während die beiden
kleinen Stärkungen ja nur zur Stütze dienen sollen. Eine
kluge Auswahl von Lebensmitteln, erst recht bei den Stärkungen,
kann dann helfen, sowohl wirklich geringe Mengen an Speise einzunehmen
als auch trotzdem möglichst leistungsfähig zu bleiben. Es
könnte bei ordentlicher Planung sehr vielen sehr viel leichter
fallen, das Fastengebot zu erfüllen. Insbesondere könnte so
mancher von unangebrachter ängstlicher Sorge befreit werden, ob er
denn dies oder jenes noch essen darf oder nicht, und statt dessen mit
Gelassenheit und Entschlossenheit das Opfer des Fastens bringen. Der
Körper meldet sich schon, wenn er mit Nahrung überversorgt
oder unterversorgt ist. Sowohl wer sich vor Leibesfülle kaum noch
bewegen kann, als auch wer bereits ausgezehrt und ausgemergelt ist,
sollte sich fragen, ob er seine Pflichten Gott und den Menschen
gegenüber noch optimal erfüllen kann, d.h. ob er seinen
Ernährungszustand vor Gott verantworten kann.
In der Fastenzeit wird als Präfation, als Vorgebet zum Sanctus
gebetet: "Durch das Fasten des Leibes unterdrückst du die
Sünde, erhebst du den Geist, spendest Tugendkraft und Lohn". Eben
darum geht es. Indem wir auf Erlaubtes verzichten, stärken wir
unsere Widerstandskraft gegen die Verlockungen der Sünde. Wir
blicken nicht starr auf die geschaffenen Dinge, die Reize und
Genüsse, sondern richten unseren Blick auf den Schöpfer, dem
wir alles verdanken und dem wir vollkommene Unterwerfung und Gehorsam
schulden. Wir bekämpfen unsere bösen Neigungen, unsere Laster
und üben uns darin, beständig gemäß den
göttlichen Geboten, d.h. tugendhaft zu handeln.
Sicher, das Fastengebot beginnt erst am Aschermittwoch, wir befinden
uns also noch in der Vorfastenzeit. Aber im Schott-Messbuch wird die
Vorfastenzeit charakterisiert als "eine Zeit ernster Besinnung und
mutiger Abkehr von der Welt mit ihren leichtsinnigen
Fastnachtsbelustigungen. Dazu paßt auch, daß uns die Kirche
in den Lesungen des Stundengebetes an die großen Tatsachen der
Schöpfung, des Sündenfalls und des Gerichtes über Sodoma
und Gomorrha erinnert." Soweit der Schott. Das heidnische Karnevalsfest
wütet in unserer heutigen Zeit schon so schlimm, dass in
früheren katholischen Kirchengebäuden nun ganz
ausdrücklich "Narren" ihr Unwesen treiben. Der entsetzliche Spott
gegen unseren Herrn Jesus Christus, der schon seit Jahrzehnten in
vielen früheren katholischen Kirchengebäuden betrieben wird,
feiert gerade zur "Fastnacht" schlimmste Triumphe. Insofern mag man
überlegen, ob man bereits am Montag und Dienstag vor
Aschermittwoch bestimmte freiwillige Verzichte bringt. In jedem Falle
sollte man wirklich vorbereitet sein, wenn das Fastengebot
verpflichtend ist.
Was wir also - innerhalb oder außerhalb der Fastenzeit - tun oder
lassen, was wir genießen oder worauf wir verzichten, alles soll
dazu dienen, Gottes Gebote zu erfüllen, alles soll dazu dienen,
dem Reich Gottes als tugendhafte Menschen zu dienen, damit wir dereinst
teilhaben an der ewigen Freude des Himmels. Amen.
S. auch:
Rezept zum Abnehmen
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