Sexualkunde und Erzwingungshaft

- Pressemitteilung zur Erzwingungshaft gegen zwei Mütter in Salzkotten (Raum Paderborn) wegen sog. "Unterrichtsboykott" -
(Kirche zum Mitreden, 28.10.2010)
"SALZKOTTEN. Baptisten-Mütter müssen hinter Gitter. Unterrichtsboykotteure wollen Geldbuße nicht zahlen". So meldete NW-News am 15.04.2010. Zu diesem neuerlichen Fall von Erzwingungshaft gegen Christen äußerte eine Bundestagsabgeordnete von der Partei DIE LINKE: "Die Schulpflicht geht grundsätzlich der Religionsfreiheit vor. Das ist hinlänglich in obergerichtlicher Rechtsprechung geklärt."
Dazu einige Anmerkungen:
Die Eltern hatten sich geweigert, ihre Kinder an einer Aufführung des Theaterstücks "Mein Körper gehört mir" teilnehmen zu lassen. Veranstalter ist die "theaterpädagogische werkstatt" (tpw), die sich selbst beschreibt: "Unsere Vision war und ist es, Kindern Strategien zur Lebensbewältigung an die Hand zu geben. Und unsere Mittel sind die des Theaters." Das Theaterstück "Mein Körper gehört mir" ist vorgesehen für die 3. und 4. Klasse, d.h. für 8- und 9-Jährige. Zum Inhalt schreibt tpw selbst: "Eigentlich wollte der Nachbar dem Jungen nur beibringen, wie man Tennis spielt. Plötzlich fasst er ihm an den Po." Und: "Der Mann hatte seine Hose auf und zeigte seinen Penis. Ein Exhibitionist ist ein Mann, der anderen seinen Penis zeigt, um sie zu erschrecken."
Der ganze Dreh- und Angelpunkt des Theaterstücks ist die von tpw formulierte, den Schülern immer wieder als alleiniges Entscheidungskriterium eingepeitschte Frage: "Habe ich ein Ja- oder Nein-Gefühl?" Also: Will ich, dass z.B. mich jemand "an den Po fasst"? Zu den Materielien gehört auch der "Körpersong": "Mein Gefühl, das ist echt, mein Gefühl hat immer Recht. [...] Ich habe mich von Kopf bis Fuß sehr gern! Ich gebe auf mich acht, ich bin mein eigner Stern!" "Selbstbestimmung" ist das große Zauberwort von tpw.
Die tpw gibt auch Buchempfehlungen, z.B.: "Einfach irre!" von Robie H. Harris, von 7-12 Jahre: »Das bewährte Team hat ein offenes Buch für Kinder zwischen sieben und zwölf Jahren gemacht. Wenn also die Jüngeren bisher neidisch waren, dass sie nicht so tolle Aufklärungslektüre hatten - das ist jetzt vorbei. Ein Buch über Eier und Spermien, Geburt, Babys und Zusammenleben.«
Auf der tpw-Homepage ist oben jeweils zu lesen: "Frei aufzuwachsen ist das Beste, das einem Kind passieren kann. A. S. Neill, Summerhill". Zur Information: Alexander Sutherland Neill (1883-1973) gilt als Begründer der antiautoritären Erziehung, die er selbst jedoch als "selbstregulative Erziehung" verkaufte: Kinder seien von Natur aus gut und dürften nicht von Erwachsenen "reguliert" werden. Neill gründete eine Art "Schule" auf dem - namensgebenden - Summerhill in Lyme Regis (Grafschaft Dorset): ohne Schulklassen, ohne Pflichtbesuch des Unterrichts. Für besonders wichtig hielt Neill die sexuelle Freizügigkeit; Neill nennt z.B. den Masturbationstrieb den wichtigsten aller Spieltriebe.
Das Theaterstück "Mein Körper gehört mir" basiert also auf einer radikal antichristlichen Ideologie. Schon die absolut grundlegende Lehre von der Erbsünde mitsamt ihren Folgen der Erkenntnisschwäche, Willensschwäche und schlechten Neigungen hat in der tpw-Ideologie keinen Platz. Die Kinder sollen dementsprechend auch nicht an den Geboten Christi geformt werden, sondern ihrem jeweiligen "Gefühl", das angeblich "immer recht hat", freien Lauf lassen. Man soll gerade nicht Christus ähnlich werden, sondern "sein eigner Stern" sein.
Der zerstörerische Charakter dieses Theaterstücks kann nicht leicht überschätzt werden. Ob die unmittelbaren Verletzungen des Schamgefühls beim "an den Po fassen" etc. gut verheilen, ist bereits sehr fraglich. Und irgendwann werden die von tpw indoktrinierten Kinder vor dem Scherbenhaufen stehen, den sie selbst mit ihrem unkontrollierten, sexuell aufgestachelten "Gefühls"-Leben verursacht haben. Und selbst wenn man sich trotz aller Selbstverliebtheit halberlei durchs Leben mogeln kann: Das Gewissen kann man nicht immer vollständig zum Schweigen bringen. Für jeden  ist irgendwann Zahltag.
Bedenklich, dass ausgerechnet eine radikale antiautoritäre "Selbstbestimmungs"- und Freizügigkeits-Ideologie, zumal mit Blick auf die Freiwilligkeits-Schule von Neill, mit brutalsten autoritären Mitteln wie Erzwingungshaft durchgedrückt wird. Bedenklich, dass diese Umkehrung aller Gerechtigkeit "hinlänglich in obergerichtlicher Rechtsprechung geklärt" ist. Bedenklich, dass sich kaum jemand an diesen Gegebenheiten stört.

S. auch
Bundesverfassungsgericht und Sexualkundeunterricht

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