Hinterfragen Sie Ihren Arzt

- Pressemitteilung: Gesundheitswesen und Ärztepfusch -
(Kirche zum Mitreden, 15.06.2009)
Am 11.06.2009 wurde von den deutschen Ärztekammern die "Statistische Erhebung der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen für das Statistikjahr 2008" vorgestellt: Ca. 40.000 Beschwerden gingen im Jahr 2008 bei Gutacherstellen, Gerichten etc. ein; die Zahl tatsächlicher Arztfehler könnte noch weitaus höher liegen.
Statistisch gesehen, bekommen vor Gericht klagende Patienten nur in etwa zehn Prozent der Fälle Recht - aber diese Information ist eigentlich nichtssagend, zumal es unbestreitbar auch Patienten gibt, die - aus welchen Motiven auch immer - unberechtigte Beschwerden vorbringen. Konkrete und zudem ausführlich dokumentierte Einzelfälle liefern letztlich ein klareres Bild von den herrschenden Verhältnissen. Zu den spektakulärsten Fällen dürfte das Schicksal von Peter Bergmann gehören, das schon seit Jahren gelegentlich auch in großen Medien Erwähnung findet. Bergmanns Leben ist ruiniert, seit ihm infolge einer Fehldiagnose ein pflaumengroßes Stück gesundes Gehirngewebe entnommen wurde. Dass Ärztepfusch vorlag, wurde auch von ärztlicher und gerichtlicher Seite zugegeben; aber Bergmanns Kampf um eine höhere Entschädigung blieb immer wieder erfolglos.
Wie kommt es zu Behandlungsfehlern? Der Schlichtungsexperte der Bundesärztekammer, Andreas Crusius, nannte "wachsenden Stress gerade in Kliniken" als mögliche Fehlerursache. Stress kann zwar zu Fehlern führen, doch ehrlicherweise muss man generell viel tiefere Ursachen vermuten. Werden Ärzte bzgl. ihrer Fachbildung getestet, sind die Testergebnisse bisweilen sehr ernüchternd - aber von derlei ärztlichem Wissensmangel, wie er etwa in der "Deutschen Medizinischen Wochenschrift" (DMW) des Thieme Verlags immer wieder angesprochen wird, erfährt die breite Masse eher selten. Immerhin kann schon die eigene, wache Beobachtung bei der Einschätzung von Praxis und Klinik weiterhelfen, z. B. ein Blick auf die betriebene Hygiene. Und etwas konkreter zum ärztlichen Alltag: Bekanntlich sind Blutdruckmessungen beim Arzt oft nichtssagend bzw. irreführend, weil der Patient infolge "Weißkittel-Syndroms" zu aufgeregt ist; sogar noch bizarrer ist die 24-Stunden-Messung, wobei der Patient um den durchgehenden Schlaf gebracht wird, sich also nicht normal erholen kann und sich zudem besonders über die störenden Messungen aufregt. Und schließlich kommt es immer wieder zu schlichtweg falschen Blutdruckmessungen. Schon dieses Alltagsbeispiel der Blutdruckmessung warnt vor einem blinden Vertrauen gegenüber den Ärzten.
Aber noch mehr Bildungsangebote, -vorschriften und -finanzierungen etc. für Ärzte würden den desolaten Zustand des Gesundheitswesens kaum beheben, denn der eigentliche Mangel ist ein ethischer. Die ärztliche Ethik, wie sie z.B. im sog. "Eid des Hippokrates" formuliert ist, steckt in einer äußerst schweren Krise. Damit ist nicht nur Abrechnungsbetrug gemeint oder gar die Anwendung unsinniger, kostentreibender Maßnahmen, sondern ganz grundsätzlich das Verantwortungsbewusstsein, das der Arzt gegenüber dem Menschen hat. Ein Beispiel: Im "Hippokrates-Eid" wird z.B. Abtreibung ausgeschlossen. Heute hingegen müssen Ärzte damit rechnen, zu Unterhaltszahlungen verurteilt zu werden, wenn sie eine Schwangerschaft nicht oder nicht erfolgreich verhindern bzw. abbrechen. Das Kind ist gem. Rechtsauffassung des Bundesgerichtshof (Az. VI ZR 48/06, 14.11.2006) ein "Schadensfall", somit quasi "unwertes Leben". Ja, selbst wer Abtreibung als Todsünde bezeichnet (was sie gem. klarer kirchlicher Lehre auch ist), wird dafür wegen "Beleidigung" des Abtreibers verurteilt (LG Freiburg, Geschäftsnummer 2 O 147/08, 28.04.2008).
Kurzum: Es ist höchste Zeit für die Patienten, ihre Ärzte gründlich zu hinterfragen. Und die Hauptfrage muss dabei lauten: Wie moralisch ist mein Arzt?

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