Editorial zu Ausgabe 06/99

(Kirche zum Mitreden, 21.04.1999)
Der Katholiken-Prozeß plätschert z.Zt. leise vor sich hin, so daß wir nichts Neues vermelden können. Was immer kommen mag - wir planen in jedem Falle, über Repressionen zu berichten, die die katholische Kirche in diesem Jahrhundert durch den deutschen Staat erlitten hat, auch wenn nicht alles sehr rühmlich für den deutschen Staat ist. Oft wird Kritik an der Gängelung der Kirche durch den Staat ausschließlich auf die Nazizeit bezogen und geflissentlich übersehen, daß auch in der Bundesrepublik die katholische Kirche mutatis mutandis Opfer einer nicht hinnehmbaren Staatsraison wurde und ist. So bekräftigte heute (am Hochfest des hl. Joseph, des Patrons der ganzen Kirche) das Bundesverfassungsgericht seine Entscheidung, daß Kruzifixe aus öffentlichen Gebäuden entfernt werden müssen: Auch im "katholischen" Bayern genügt bereits der Antrag eines einzigen Elternpaares, damit in der Schule, in der das Kind dieser Eltern unterrichtet wird, sämtliche Kreuze entfernt werden müssen. Wir fragen: Stand diesem Einzelkind (resp. den Eltern) nicht eine größere Gruppe gegenüber, die ausdrücklich wünschte, daß Kruzifixe an den Wänden hängen. Wenn ja, hätte diese größere Gruppe nicht auch ein größeres Recht, daß ihrem religiösen Empfinden entsprochen wird - selbst dann, wenn man sich darauf berufen kann, daß das Abhängen von Kruzifixen in öffentlichen Gebäuden in Deutschland eine gewisse Tradition besitzt? Muß der Staat verbieten, daß in einer Schule Kruzifixe aufgehängt werden dürfen, obwohl die Majorität der Schüler und Lehrer Kruzifixe aufzuhängen wünscht? Ist es das in der Präambel der Verfassung bekannte "Bewußtsein der Verantwortung vor Gott", das Schüler und Lehrer dazu zwingt, sich der Gesinnung einer antichristlichen Minderheit zu unterwerfen? Wie auch immer: Diese Vorgänge lassen den Staat nicht unbedingt als Verteidiger der christlichen Religion erscheinen - aber warum sucht dann die V2-Sekte ausgerechnet beim Staat Zuflucht, nachdem sie sich als gänzlich unfähig erwiesen hat, Argumente gegen die bei KzM dargelegte Position vorzubringen?
Bevor man nun über die Ungerechtigkeit, die in dem Katholiken-Prozeß liegt, lamentiert, sollte man auch die positiven Seiten dieses Prozesses sehen. Nicht nur, daß wir inzwischen von mehreren erfahren haben, daß sie ausdrücklich wegen dieser rücksichtslosen Brutalität der V2-Sekte aus der "Kirche" ausgetreten sind - ein langjähriges Mitglied der V2-Sekte empfing sogar die römisch-katholische Taufe sub conditione (V2-Taufe 1974!) und die römisch-katholische Firmung, ebenfalls viele Jahre nach einer V2-"Firmung". Wenn es bei diesem einen Menschen bleiben sollte, der sich aus den Klauen der V2-Sekte vollständig befreit hat, so haben wir mehr von unserer Arbeit geerntet, als wir je zu träumen gewagt hätten. Noch einmal Glückwunsch an das neue Mitglied der römisch-katholischen Kirche!

Seltsamerweise tun sich manche V2-Sektierer damit schwer, eine katholische Taufe sub conditione zu empfangen, wenn sie als Kind die V2-Taufe empfangen haben, obwohl wir z.B. im Text Nachwuchsschauspieler (und jetzt erneut in "Katholischer Erwachsenen-Katechismus") über die Problematik der V2-Taufe geschrieben haben; bei denen, die sich gegen eine sub-conditione-Taufe sträuben, läßt sich leider immer wieder eine grundsätzliche Leichtfertigkeit feststellen. Einer unserer Leser weigerte sich, zum Katholizismus überzutreten, weil unsere Argumente angeblich nicht schlüssig seien: "Zur Sedisvakantismus-Lehre und dem zu ihrem Beweis herangezogenen - zweifellos unfehlbaren - Satz "extra ecclesiam nulla salus" denke ich, daß das Problem im Verständnis des Wortes "ecclesia" liegt: wer dieses Wort genau so interpretiert, wie das z.B. ein Augustinus tat, leugnet die Fähigkeit der Kirche, in der Führung des Heiligen Geistes die einmal geoffenbarte Wahrheit immer tiefer zu erfahren. Wie Altertum, Mittelalter und Gegenreformation "Kirche" verstanden haben, ist nicht Inhalt des Dogmas." M.a.W.: Der Leser wirft uns eine Art "statischen" Dogmen- und Kirchenbegriff vor, und damit möchte er nichts zu tun haben. Allerdings ist das Wesen der Kirche tatsächlich vom unfehlbaren Lehramt definiert, und für Dogmen gilt der Grundsatz: "Wer sagt, es sei möglich, daß man den von der Kirche vorgelegten Glaubenssätzen entsprechend dem Fortschritt der Wissenschaft gelegentlich einen anderen Sinn beilegen müsse als den, den die Kirche verstanden hat und versteht, der sei ausgeschlossen" (NR 61, cf. DS 3043; zit. in "Alma mater", Teil 2). Wir bestreiten ja gar nicht, daß die V2-Sekte den Dogmen eine neuen Sinn unterschiebt und auch einen neuen Kirchenbegriff hat - nur würden wir die Kirche verlassen haben, wenn wir dieses Vorgehen der V2-Sekte billigen würden. Wir bestreiten also gar nicht, daß unser Kirchenbegriff der einzig vertretbare ist, weisen allerdings unsere Gegner darauf hin, daß ihre Neuerungen keine Handhabe besitzen.
Derselbe Leser stellte viele Fragen, auf die er auf unseren Seiten bereits die Antwort hätte finden können; regelrecht befremdet hat uns seine Frage: "werde ich unabhängig von meiner Liebe zu Jesus Christus und meiner Bereitschaft, Ihm nachzufolgen, in die Hölle geraten, weil ich nicht Ihrer Kirche angehöre und auch aufgrund unserer bisherigen Diskussion nicht angehören möchte (auch hier vielen Dank für den Hinweis, daß ich das ja noch tun kann, wenn ich Gott wirklich suche; mein Blick richtet sich aber noch in die Vergangenheit, um das bisherige bewerten zu können; sagen wir, ich sterbe heute Abend und gelange nicht im letzten Moment zur Umkehr zu den Sedisvakantisten)?" "Meine Kirche"? Es ist doch die römisch-katholische Kirche! Nun, z.B. im Text über das pseudokatholische Sektenwesen, Willkommen im Club!, hatten wir die unfaßbare Anmaßung derer verworfen, die Kommentare abgeben, welche konkreten Personen in Hölle kommen, und jetzt erwartet ein Leser, daß wir genau diese Todsünde begehen und über jemanden das Gericht für die Ewigkeit halten! Da stellt sich tatsächlich die Frage, ob eine persönliche Ausernandersetzung mit einem solchen Leser sinnvoll ist, wenn er doch kaum guten Willen erkennen läßt. Auch sein Tonfall, der ihn einmal zu dem Zusatz "Bitte verzeihen Sie mir die Respektlosigkeit, Hochwürden", veranlaßte, ließ nicht auf die erforderliche Disposition hoffen. Dennoch haben wir der Auseinandersetzung mit diesem Leser viel Zeit geopfert, womit sich wieder die leidige Frage nach der Beantwortung von Leserbriefen stellt. Besser ist es wohl, persönliche Kontakte sehr weit hinauszuzögern, denn die Zeit, die wir für persönliche Antworten brauchen, fehlt uns bei der Aktualisierung von KzM; da KzM weltweit auf reges Interesse stößt (übrigens selbstverständlich auch im Vatikan gelesen wird), fühlen wir uns unseren zahlreichen Lesern in gewisser Weise mehr verpflichtet und versuchen, wenigstens alle ein bis zwei Wochen neue Texte zu publizieren. Wer sich als wirklich interessierter Leser zeigt, der wird aber auch in Zukunft auf seine Zuschriften hin von uns kontaktiert werden, denn im letzten geht es uns ja darum, andere zu gewinnen und jedem einzelnen die Informationen zukommen zu lassen, die er für ein Leben als katholischer Christ benötigt.

Gewisse Rubriken scheinen bei KzM eingeschlafen zu sein, etwa unsere Kommentare zu den Nachrichten von Radio Vatikan, aber auch bestimmte Artikelreihen. Vergessen sind diese Texte aber nicht - in einer der nächsten Ausgaben wird es wieder einen Nachrichten-Text geben, wenngleich sehr viele zwischenzeitliche Ausgaben des Newsletters von RV resp. sonstige Nachrichten einfach nicht mehr berücksichtigt werden. Unsere Zusammenstellungen sollen ja nur exemplarischen Charakter haben - mit unserer Auswahl von Nachrichten soll der weltweite Glaubensabfall und insbesondere der Glaubensabfall im Vatikan belegt werden, den Anspruch, einen umfassenden Nachrichtendienst anzubieten, erheben wir gar nicht. Für die Texte über den Antichristen haben wir einige Unterlagen angefordert und warten noch immer, daß sie uns vorgelegt werden. Bzgl. der Papstwahl wurden bereits mehrere Fortsetzungen veröffentlicht, die aber für die meisten Internetleser von geringem Nutzwert sein dürften, weshalb wir einige Kürzungen erwägen. Mit Blick auf die Rubrik Nachrichten möchten wir bereits an dieser Stelle ein Ereignis kurz anführen: Hans Küng hat mal wieder einen Preis eingeheimst, diesmal für das "unerschrockene Wort", eine aus protestantischen Kreisen stammende, mit DM 20 000 dotierte Auszeichnung für Personen, die einen ähnlichen Mut wie seinerzeit Luther bewiesen haben. Küng fühlte sich geehrt ob dieser "hohen Auszeichnung". Zunächst einmal fallen uns nicht viele Personen ein, denen wir weniger Mut als Hans Küng zugestehen können, denn sein Schweigen zu unseren Feststellungen über ihn wird schwerlich als "unerschrockenes" Auftreten verstanden werden können. Von Protestanten überhaupt eine Auszeichnung zu erhalten, würde bei uns Zweifel wecken, ob wir uns richtig verhalten haben. Von Luther als Vorbild der "Unerschrockenheit" kann in keiner Weise eine Rede sein - s. Protestantische Angriffe gegen den Katholizismus.

Abschließend warnen wir - wie bereits im letzten Editiorial - noch einmal nachdrücklich vor dubiosen "traditionalistischen" Bewegungen wie z.B. den Aktivitäten von Agnes Rothkranz; wie sich herausstellte, hatte diese Dame einen Spendenaufruf für den Weihejäger und -sammler Anton Pohl ("traditionalistischer" Bischof mit mehreren verbotenen Weihen) angezettelt, ohne sich über diesen Herrn hinreichend zu informieren. Gerade an dieser Leichtfertigkeit krankt die Kirche unserer Zeit - kaum kommt jemand mit einer gültigen (oder ggf. auch nur dubiosen) Weihe und mit einigermaßen "traditionalistischem" Auftreten daher, fangen Sektierer sofort an, für ihn zu spenden resp. zu sammeln. Was sich sonst noch für Abgründe im sog. "Traditionalismus" auftun, gehört zu der schmutzigen Wäsche, die man besser zu Hause waschen und keineswegs einer skandalgeilen Mediengesellschaft (s. z.B. die permanenten Talkshows und die "Boulevardmagazine") zum Fraß vorwerfen sollte. Wer also von Gruppierungen oder Einzelpersonen mit "traditionalistischer" Ausrichtung erfährt, darf sich nicht scheuen, sich über den Status der betreffenden Personen kundig zu machen. Wir z.B. laden alle Leser ein, sich bei der V2-Sekte über uns zu erkundigen, ob wir wirklich römisch-katholischer Priester sind; der V2-Sekte bleibt nichts anderes übrig, als dies zu bejahen - bislang konnte uns weder eine Häresie noch eine schismatische Haltung (durch die wir dann auch Häretiker wären) nachgewiesen werden, und über die uneingeschränkte Anerkennung der Gültigkeit unserer Priesterweihe gibt es nicht nur Dokumente aus katholischer Zeit, sondern auch von den V2-Sektieren selbst.

[Zurück zur KzM - Startseite]