Fehlerhafte Gutachten in der Justiz
- Pressemeldung: Zum geplanten Gesetz für
"Qualifikationsanforderungen für Sachverständige" -
(Kirche zum Mitreden, 14.09.2015)
"75 Prozent aller Gutachten in familienrechtlichen Streitigkeiten in
Deutschland sind mangelhaft." So meldete Frontal21 am
08.09.2015. Im dazugehörigen Filmbeitrag heißt es: "Teuer und
mangelhaft - auf Grundlage solcher Gutachten werden in deutschen
Gerichtssälen Tag für Tag Urteile gesprochen. Wer sich dagegen
wehrt, muss mit einem zermürbenden Rechtsstreit rechnen. [...]
Bundesjustizminister Heiko Maas verspricht Besserung. Sein
Gesetzentwurf sieht vor, künftig soll genauer überprüft werden, ob
Gutachter wirklich geeignet sind. Wie das geschehen soll, ist
unklar."
Zugegeben, überwältigend viele Gutachten sind bewiesenermaßen "stark
mängelbehaftet" und "als Entscheidungsgrundlage für unsere Gerichte
nicht geeignet" (O-Ton Prof. Werner Leitner, IB-Hochschule Berlin,
im F21-Video). Aber so eifrig man auch über die erschütternde Menge
erschütternder Falschgutachten lamentieren mag: Das eigentliche
Problem wird damit eigentlich nur verschleiert. Denn objektiv liegt
das Problem immer bei den Richtern. Im F21-Video befragt F21 den
langjährigen Familienrichter und "Experten für Familienrecht" Jürgen
Rudolph bzgl. eines Gesetzesentwurfs für
"Qualifikationsanforderungen für Sachverständige". Aus dem
Interview: "[Rudolph:] Es wird sich nicht viel ändern. Denn über die
Qualifikation der Richter, die einfach erforderlich ist, sagt dieser
Entwurf ja gar nichts. Wir werden dieselben Sachverständigen
wiedersehen. Und die Richter werden hineinschreiben: Ich halte ihn
für geeignet. [F21:] Und ist damit dem Gesetz Genüge getan?
[Rudolph:] Damit ist dem Gesetz Genüge getan."
Nun, in Wahrheit ist dem Gesetz damit nicht nur nicht Genüge getan,
sondern wird das Recht in schwerster Weise verletzt. Wenigstens in
fast allen Fällen macht sich der Richter selbst der Rechtsbeugung
strafbar, wenn er ein Falschgutachten als Beweis wertet. S.
Strafgesetzbuch (StGB) § 339 Rechtsbeugung: "Ein Richter, ein
anderer Amtsträger oder ein Schiedsrichter, welcher sich bei der
Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache zugunsten oder zum
Nachteil einer Partei einer Beugung des Rechts schuldig macht, wird
mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren bestraft." Der
Bundesgerichtshof behauptet zwar, der Amtsträger müsse sich auch
"bewusst und schwerwiegend von Recht und Gesetz entfernt" haben. Das
steht aber mit keiner Silbe im Gesetz und wäre also bereits deshalb
eine objektiv gesetzwidrige und für die Rechtsprechung
gegenstandslose Einschränkung. V.a. ist hat sich jeder Amtsträger
objektiv bereits mit bloßer Leichtfertigkeit im Urteil "bewusst und
schwerwiegend von Recht und Gesetz entfernt". Denn schließlich steht
bei jedem Urteil immer etwas auf dem Spiel, u.z. nicht nur ggf. auch
die Wohlfahrt einer Person resp. einer Familie, sondern das Recht,
die Rechtssicherheit und die Rechtsstaatlichkeit als solche:
"Gutachterliche Fehlleistungen stören in empfindlicher Weise den
Rechtsfrieden" (Prof. Dr. Peter W. Gaidzik, Universität
Witten/Herdecke, 05.08.2014). Faktisch ist also bereits die
Akzeptanz eines Falschgutachtens grundsätzlich eine Beugung des
Rechts.
Es gibt zwar gerichtliche Urteile z.Th. Gutachten, z.B. bzgl. der
Sorgfaltspflicht (BGH, IVa ZR 20/82 v. 02.11.1983). Gutachten müssen
immer nachvollziehbar und schlüssig begründet sein, andernfalls sind
sie "objektiv wertlos" (VG Augsburg 10.02.82 - 4 K80 A 914).
Gutachten ohne nachvollziehbare und schlüssige Begründung haben als
"unverwertbar" u.a. zur Folge, dass "kein Entschädigungsanspruch
entsteht, weil die Leistung des Gutachters dem ihm erteilten Auftrag
nicht entspricht" (LG Bremen 17.01.77 7-3 O 1584/70). Aber solche
Gerichtsurteile sind nur Anwendungen, die sich bereits zwingend aus
der Natur der Sache ergeben. Denn egal in welchem Bereich: Wer nicht
den erteilten Auftrag erfüllt, hier also ein echtes, d.h.
schlüssiges Gutachten zu erstellen, der hat keinen Anspruch auf
Bezahlung. Ganz im Gegenteil: Wer unsachgemäße Arbeit abliefert,
muss dafür - egal in welchem Bereich - ggf. auch selbst dafür
bezahlen. Eine Gutachterhaftung ist also nur eine ganz normale und
ganz unverzichtbare Form der immer und überall bestehenden
Arbeitshaftung.
Wie diese Arbeitshaftung konkret in der BRD aussieht, beschreibt F21
so: Ein Gutachter hatte "fast 13.000 Euro abgerechnet [...] Und das,
obwohl das Gutachten so erhebliche Mängel hatte, dass das Gericht es
bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigte." Die 13.000 Euro hat
der Gutachter aber trotzdem bekommen, u.z. bezahlt vom Steuerzahler!
Falschgutachten sind unter dem Aspekt der gerichtlichen
Falschaussage zu bewerten (§ 153 StGB / § 154 StGB). Das gilt
insbesondere für Gutachten in Strafverfahren, wenigstens
hinsichtlich falscher Verdächtigung (StGB § 164) und Beteiligung an
der Verfolgung Unschuldiger (StGB § 344). Und wie sieht das konkret
in der BRD aus? Hier gibt es glücklicherweise einen Fall, der durch
zahlreiche Texte und Videos im Internet ausführlich dokumentiert,
weit verbreitet sowie jedem jederzeit zugänglich und auch bereits
tausendfach rezipiert worden ist. Der Täter ist der sog. "Professor
für katholisches Kirchenrecht" Thomas Schüller, Repräsentant der
Gruppe des sog. "Zweiten Vatikanischen Konzils" (V2; vulgo
"katholische Kirche"). Schüller behauptete im gerichtlichen
Gutachten in einem großen öffentlichen Strafprozess, der Verf. sei
ein "Häretiker" - eine der schwersten nur möglichen Anschuldigungen
überhaupt. Im umfangreichen Gutachten wird dieser ungeheuerliche
Vorwurf aber mit keiner einzigen Silbe (zwingend selbstverständlich
mit dem Zitat einer Häresie!) begründet. Damit ist das Gutachten per
se bereits "objektiv wertlos" und "unverwertbar". Das ist jedem,
somit auch dem Gericht sofort unübersehbar eindeutig zwingend
erkenntlich. Die Sache ging dann bis zum Bundesverfassungsgericht (Aktenzeichen
AR 1670/15). Endgültig rechtskräftig hat die BRD sich dann zum
"Rechtsgrundsatz" bekannt: "Zur Erhaltung der wissenschaftlichen
Freiheit ist es notwendig, dass Verfasser vor Expertisen sich nicht
der Gefahr ausgesetzt sehen dürfen, mit Abwehrklagen konfrontiert zu
werden (so auch Loitz, BB 2000, 2006)." Also während jeder Zeuge für
eine Falschaussage ggf. äußerst schwer bestraft werden muss und
sogar in der BRD manchmal auch tatsächlich wird, dürfen gerichtliche
Gutachter "sich nicht der Gefahr ausgesetzt sehen", für ihre
Behauptungen zur Verantwortung gezogen zu werden. Auch interessant:
Weder der Gutachter noch die von ihm vertretene übermächtig
erscheinende V2-Gruppe mit ihren Bergen von Reichtümern und ihrer
Armada von Anwälten hat die Löschung der zahlreichen
weitverbreiteten Publikationen über Schüllers Falschgutachten
durchgesetzt, ja anscheinend noch nicht einmal versucht. Bis heute
hat sie auch keinen "Beweis" nachgereicht, dass der Verf. ein
"Häretiker" ist. Schüller steht mit der gesamten V2-Gruppe nach wie
vor als absolut unglaubwürdig in der Öffentlichkeit - trotzdem wurde
in all den Monaten und Jahren anscheinend rein gar nichts gegen
diese ganzen Publikationen unternommen. Dieses überwältigende
Nichtstun ist sogar noch überwältigender, wenn man bedenkt, dass die
V2-Gruppe früher u.a. erfolgreich eine Verurteilung des Verf. zu
Gefängnis erwirkt hatte. Sein "Verbrechen": Der Verf. hatte an die
sofort jedermann als wahr nachprüfbare (s. archive.org) absolut
unverfängliche Tatsache erwähnt, dass ihm früher die Domain
katholisch.de gehört hatte.
Kurz: Das eigentliche Elend sind nicht die Gutachten, sondern die
Richter. Sie versagen sowohl generell bei Urteilsbegründungen als
auch speziell bei Bestrafung von Rechtsbeugung durch unzureichende
Urteilsbegründungen. Es mag also stimmen, dass sich auch durch ein
Gesetz für "Qualifikationsanforderungen für Sachverständige" nichts
bessern wird. Aber so ein Gesetz ist sowieso nicht notwendig. Man
müsste stattdessen einfach die bereits bestehenden Gesetze anwenden,
auch auf Richter und Gutachter.
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