Predigt 01.01.2013 / Neujahr
- Beschneidung des Herrn, d II cl; Titus 2,11-15; LK 2,21/
Sebastian Kneipp und die Naturheilkunde -
(Kirche zum Mitreden, 29.12.2012)
Video:
http://youtu.be/2oH7CLtBjVg
http://de.gloria.tv/?media=377612
Wörter: 1206
Jahresanfang - Zeit für den sog. "guten Vorsatz". Ein oft
genannter guter Vorsatz besteht darin, wie jedes Jahr auch diesmal
wieder endgültig mit dem Rauchen aufzuhören. Diesen
endgültigen Beschluss besiegelt man pünktlich zu
Mitternacht endgültig mit der endgültig letzten Zigarette.
Und weil es so schön ist, raucht man dann auch später
weiter. Ein Vorteil dabei: Man braucht sich für das
nächste Jahr keinen neuen guten Vorsatz zu überlegen.
Statt dessen hört man einfach auch nächstes Jahr wieder
einmal endgültig mit dem Rauchen auf. Doch solche
abgedroschenen Lächerlichkeiten beiseite: An und für sich
muss es nicht unbedingt etwas Schlechtes sein, einen guten Vorsatz
zu fassen, und an und für sich muss es nicht unbedingt etwas
Schlechtes sein, mit dem Rauchen aufzuhören. Das wird ganz
klar, wenn man sich ernsthaft Gedanken bzgl. einer gesunden
Lebensführung macht. Hat aber ein Vertreter der Kirche die
Aufgabe, ja überhaupt das Recht, etwas z.Th. Gesundheit zu
sagen? Diesbzgl. lohnt ein Blick auf einen auch heute noch zumindest
namentlich recht bekannten katholischen Priester: den Pfarrer
Sebastian Kneipp. In Apotheken und Supermärkten sieht man
öfters noch Kneipp-Badesalze, die vielleicht belächelt,
aber jedenfalls offensichtlich gekauft werden. Tatsächlich hat
Kneipp das System der Wasserkur geprägt und auch von
Kräutern Gebrauch gemacht. Kneipp lebte von 1821 bis 1897. Dass
er 76 Jahre alt werden würde, war nicht unbedingt zu erwarten,
denn Kneipp litt in den ersten Jahrzehnten u.a. an Tuberkulose und
war äußerst geschwächt. Auch dass er Priester werden
konnte, war keinesfalls so selbstverständlich, wenngleich der
Wunsch nach dem Priestertum schon sehr früh und v.a. sehr fest
bei Kneipp bestand. Kneipp kam aus einem äußerst armen
Haus und hatte kaum die Möglichkeit einer ordentlichen
Schulausbildung. Ein Kaplan und späterer Professor für
Moraltheologie (Merkle) setzt sich für Kneipp ein, so dass
dieser mit 27 Jahren die Reifeprüfung ablegen und mit 31 Jahren
Priester werden kann. Kneipp wird vor seiner Priesterweihe
gesundheitlich untersucht. Und tatsächlich: Er ist
vollständig gesund. Welche heilende Kraft er dabei dem Wasser
zuschreibt, hat er 1886, d.h. mit 65 Jahren, in einem Buch "Meine
Wasserkur" dargelegt. Auch als Priester versucht Kneipp, mit
gesundheitlichen Empfehlungen anderen Menschen zu helfen. Dies
spricht sich herum - der Rat von Kneipp wird auch ganz speziell bei
körperlichen Gebrechen gesucht. Und mit der Bekanntheit Kneipps
wächst auch der Widerstand gegen ihn, speziell aus den Reihen
der Ärzte. Wegen seiner Beratungen in gesundheitlichen Fragen
als Nicht-Mediziner wird Kneipp mehrfach zu Geldstrafen verurteilt.
Auch als Kneipp im Dominikanerinnenkloster in Wörishofen
Beichtvater ist, erteilt er Hilfesuchenden noch gesundheitliche
Ratschläge. Deshalb gehen zwei Ärzte ganz besonders
hartnäckig gegen Kneipp vor, klagen ihn an beim
Regierungspräsidenten in Augsburg. Doch der
Regierungspräsident weist die Klage ab mit der Begründung:
"Die Handlungsweise des Beichtvaters Kneipp im
Dominikanerinnenkloster zu Wörishofen ist nicht nur nicht
straffällig, sondern vollkommen korrekt." Wie hat die
Kirchenleitung auf Kneipps Handlungsweise reagiert? 1894, an seinem
73. Geburtstag, wird Kneipp zum päpstlichen Geheimkämmerer
ernannt. Und der regierende Papst Leo XIII.
(1878 - 1903), damals selbst schon 84 Jahre alt, lässt sich
selbst von Kneipp in mehreren Audienzen gesundheitlich beraten.
Schließlich empfängt Kneipp vom Papst als Zeichen des
Dankes eine goldene Medaille und den besonderen Apostolischen Segen.
Leo XIII. lebt noch neun Jahre und setzt sein großartiges
Schaffen für die Kirche bis zuletzt fort, auch durch
Veröffentlichung weiterer wertvoller Lehrschreiben. Leo XIII.
stirbt mit 93 Jahren, als Papst mit der drittlängsten
Regierungszeit und dem höchsten Lebensalter.
Vieles von dem, was Kneipp empfiehlt, mag schon vor ihm seit
hunderten und tausenden Jahren bekannt und bewährt gewesen
sein. Einiges mag zur Zeit Kneipps wieder in Vergessenheit geraten
sein, einiges mag heute als fragwürdig oder gar falsch gelten.
Kneipp hat selbst in seinem Buch "Meine Wasserkur" geschrieben: "Ich
warne vor jedem zu starken und vor jedem zu häufigen Anwenden
des Wassers. [...] Dreimal - ich gestehe es offen - sah im mich
veranlaßt, mein Wasserverfahren zu ändern".
Überhaupt gilt: Kneipp wollte eine umfassende Gesundheit, auch
mit dem richtigen Maß bei Ernährung
und Sport. Und allen konstruierten und
aufgebauschten Widersprüchen bzgl. Ernährung und Sport zum
Trotz: Auch hier gibt es einige über Jahrtausende
gleichbleibende Empfehlungen. Man soll weder zu dick noch zu
dünn sein, und bei den Nahrungsmitteln sollen Gemüse und
Getreide einen sowohl festen als auch großen Teil bilden. Der
Körper soll regelmäßig und maßvoll belastet
und entspannt werden. Zum Vergleich: Seit geraumer Zeit findet der
extreme Muskelaufbau eifrige und v.a. prominente Anhänger.
Bodybuilding ist "in". Mit eiserner Disziplin, unter großem
Aufwand von Zeit und Kraft, trainieren sich manche einen
muskelgestählten Körper an. Bodybuilder kontrollieren
genau, was genau sie wann genau essen. Sportlernahrung ist ein
Milliardengeschäft. So gesund und empfehlenswert der
kontrollierte Muskelaufbau auch ist: Manche schießen deutlich
über das Ziel hinaus und verfallen einem Körperkult, einer
Vergötzung des Leibes. Hier wird eine an sich gute Sache durch
exzessive Selbstverliebtheit, durch gedankenlose und schamlose
Diesseitsbezogenheit in etwas Schlechtes verkehrt. Paulus schreibt
im ersten Korintherbrief (9,25): "Jeder Wettkämpfer übt in
allem Enthaltsamkeit. Jene tun es, um einen vergänglichen, wir
aber um einen unvergänglichen Kranz zu gewinnen." Und (10,31):
"Mögt ihr also essen oder trinken oder sonst etwas tun, so tut
alles zur Ehre Gottes." Aus diesem Geist heraus hat Kneipp
gehandelt. Aus diesem Geist heraus hat Papst Leo XIII. sich von
Kneipp beraten lassen. Und sicherlich waren viele andere, die bei
Kneipp Hilfe gesucht haben, von eben diesem Geist motiviert: Sie
wollten ein gesundes, leistungsfähiges Leben führen, um
wirklich mit allen Kräften Gott dienen zu können - in
ihrer Familie, an ihrem Arbeitsplatz, in ihrem jeweiligen Umfeld und
in ihrer jeweiligen Situation. Wie armselig, ja lächerlich und
unangemessen wirkt es dann, wenn jemand sklavisch an einer Sucht wie
dem Rauchen hängt. Manch einer will vielleicht nicht sein
tägliches Brot, sondern vielmehr seine täglichen
Zigaretten. Und berücksichtigt man die zahlreichen, oft sehr
schweren und bleibenden Schäden, die man sich selbst und seiner
Umwelt durch das Rauchen zufügen kann, dann fällt es erst
recht schwer, den Rauchverzicht als heroischen Tugendakt zu preisen.
Objektiv gesehen ist Rauchen ein extremer Luxus, der allenfalls dann
in Betracht kommen kann, wenn man es sich wirklich in jeder Hinsicht
vollkommen leisten kann. Erst recht gilt dies z.B. für Alkohol.
Die bzgl. Nikotin, Alkohol usw. intensiv gepflegte Gedankenlosigkeit
mag als zügelloser Egoismus zu erklären, aber nicht zu
entschuldigen sein. Wie auch immer: Wenn man einen guten Vorsatz
für das neue Jahr fassen will, warum dann nicht diesen: Mit
allen Kräften Gott zu dienen? Warum nicht aus tiefster
Überzeugung und mit vollstem Bewusstsein beten: "Dein Wille
geschehe"? Ja, es gibt schlimme Gebrechen, denen man quasi hilflos
ausgeliefert ist. Es gibt Erkrankungen, deren Ursachen unklar sind,
so dass vorbeugende Maßnahmen und dann ggf. Behandlungen
schwerfallen. Auch hier wird man dann sprechen müssen: "Dein
Wille geschehe." Aber versuchen wir, zumindest einen Beitrag dazu zu
leisten, uns möglichst lange möglichst gesund und
leistungsfähig zu erhalten, um dadurch auch einen
möglichst wertvollen Beitrag in Familie und Beruf leisten zu
können. Unterstützen wir das, was uns und andere
stärkt, und meiden wir das, was uns und andere schwächt.
Vergeuden wir unser Leben nicht als haltlosen Taumel von Genuss zu
Genuss, sondern führen wir unser Leben ganz bewusst als Zeit
der Entscheidung und Bewährung. Leben wir so, dass wir vor
Christus bestehen können, wenn er kommen wird zu richten die
Lebenden und die Toten, so dass wir teilhaben an der ewigen
Seligkeit des Himmels. Amen.
[Zurück zur KzM - Startseite]