Predigt am 01.11.2003

- Allerheiligen, d I cl oct comm -
(Kirche zum Mitreden, 01.11.2003)
selig "die dummen" bei G.
Offb 7,2-12; Mt, 5,1-12

Die Seligpreisungen gehören zu den bekanntesten Stellen im Neuen Testament. Besonders die erste Seligpreisung: "Selig die Armen im Geiste", ist zu einer Art Redewendung geworden. Zunächst einmal muss klar sein, was mit dieser Seligpreisung gemeint ist. In einem Kommentar (Weinhart) heißt es dazu: "Arm im Geiste sind jene, welche sich als arm an wahren geistigen Gütern und als hilfsbedürftig erkennen, welche in sich selbst nichts finden, was ihnen genügt. Im Geiste arm kann und soll auch der Reiche sein, indem er erkennt, wie nichtig der Reichthum ist, und wie wenig er es vermag, dem Herzen eine wahre Befriedigung für seine höchsten Bedürfnisse zu geben. Dieses Gefühl, sich selbst nicht genügen und helfen zu können, sondern einer höhern Hülfe zu bedürfen, ist die Grundbedingung der Theilnahme am Reiche Gottes." Doch schauen wir auch auf die heutzutage recht beliebte sprichwörtliche Verwendung dieser Seligpreisung. Mit den "Armen im Geiste" sind in dieser Redewendung diejenigen gemeint, die nur einen geringen Intellekt besitzen. Demzufolge soll das sprichwörtliche: "Selig die Armen im Geiste", soviel bedeuten wie: "Glücklich die Dummen." Man kann diese Entstellung des christlichen Gedankens auch noch weiter spinnen, dann kommt man zu Konstruktionen wie: Das Christentum ist die Religion der Dummen - von Dummen erfunden, von Dummen angenommen, von Dummen weitergegeben. Man spricht mitleidig oder genauer gesagt abfällig, verachtungsvoll von den Christen. Und auf der anderen Seite erliegen auch manchmal Christen der Gefahr, ganz bewusst diejenigen selig zu preisen, die einfältig sind, die grundlegende Elemente des Christentums nicht kennen oder falsch verstehen. Es gibt z.B. Personen, die die schwere Verpflichtung zur Teilnahme an der Sonntagsmesse äußerst leicht nehmen. Sie meinen z.B., weil ihnen der zelebrierende Priester unsympathisch ist, wären sie von der Verpflichtung, an der Sonntagsmesse teilzunehmen, entschuldigt. Und das ist nur ein Beispiel: Was manche Personen so von sich geben zur Glaubenslehre, zur Sittenlehre, zum Kirchenrecht und anderen Dingen, ist fürwahr manchmal haarsträubend. Ein konretes Beispiel: Jemand schrieb: "ich finde, das die röm/kath. Kirche im Moment nicht mehr voll und ganz in der Wahrheit steht, d.h. mit dem Evangelium Jesu Christi nicht mehr vereinbar ist. Als Katholik schätze ich natürlich die Sakramente, wenn man die heilige Kommunion und die Beichte regelmäßig empfangen will ist man in weiten Teilen Deutschlands auf die Amtskirche angewiesen." Was soll man von solchen Aussagen halten? Was ist das für ein Kirchenverständnis? Was heißt hier "Amtskirche"? Die Kirche steht "im Moment nicht mehr voll und ganz in der Wahrheit", sie ist "mit dem Evangelium Jesu Christi nicht mehr vereinbar" - also haben die Pforten der Hölle die Kirche überwunden? Also ist die Kirche nicht der mystische Leib Christi? Also ist die Kirche nicht "die Säule und Grundfeste der Wahrheit" (1 Tim 3,15)? Ja, und wer soll das entscheiden? Wer hat uns denn das Evangelium gegeben? Christus hat keine Bücher verteilt, vielmehr hat die Kirche entschieden, welches die unfehlbaren Texte der Heiligen Schrift sind. Wenn man annimmt, dass die Kirche irgendwann "mit dem Evangelium Jesu Christi nicht mehr vereinbar" sein könnte und sogar momentan auch ist, dann kann und muss man eigentlich alles aufgeben. Erst durch die Kirche haben wir die unfehlbaren Texte der Heiligen Schrift, und allein das kirchliche Lehramt kann unfehlbar die christliche Lehre vortragen. Gemäß unfehlbarer Lehre ist die Kirche einig, heilig, katholisch und apostolisch. Wer meint, die Kirche besitze diese Kennzeichen nicht, und sei es auch nur momentan, der mag sich noch so sehr als katholisch bezeichnen und fühlen, objektiv ist er es nicht.
Wenn man sich also mit solchen Aussagen von Personen beschäftigt, die sich als "Katholiken" bezeichnen, dann ist man nicht immer geneigt, diese so gen. Katholiken als hochintelligente und konsequent logisch denkende Menschen zu beurteilen. Und dann rutscht einem vielleicht tatsächlich selbst der Satz heraus: "Selig die Armen im Geiste", im Sinne von: "Glücklich die Dummen". Dann spricht man vielleicht sogar von der Dummheit als dem "achten Sakrament" und möchte sich und anderen einreden, dass die meisten Menschen durch dieses "achte Sakrament", also dank ihrer Dummheit, die ewige Seligkeit erlangen. Man nimmt die anderen nicht ernst, die gelten ja nur noch als Dumme. Zwar ist nicht jeder Mensch unbedingt hochintelligent, aber sehr viele Menschen besitzen die notwendige Intelligenz, um grundlegende christliche Lehren zu kennen und sie von falschen Lehren zu unterscheiden. Wer immer nur eifrig auf das "achte Sakrament" der Dummheit verweist, der krankt an Hochmut und widersetzt sich dem Auftrag der Glaubensverkündigung. Nein, wir schulden es auch den anderen, dass wir die Wahrheit bekennen und argumentativ verteidigen, selbst wenn nicht jeder die Wahrheit annimmt und statt sachlicher argumentativer Auseinandersetzung nur dumme und sogar gehässige Kommentare als Reaktion folgen. Die ganze Problematik wird noch deutlicher, wenn man als Priester sich an die kirchliche Vorschrift hält, nur Katholiken die Sakramente zu spenden, eine äußerst strenge Vorschrift, der der Priester sogar bei nichtkatholischen Sterbenden weit gehend unterworfen bleibt. Der Priester darf nicht sagen: Die Leute sind zu dumm, um zu begreifen, dass ich als Priester nur Katholiken die Sakramente spenden darf, also spende ich diesen Dummen auch dann die Sakramente, wenn sie eingetragenes Mitglied einer antichristlichen Sekte sind. Was ist das für ein Priester, der sich so leichtfertig über strengste Vorschriften hinwegsetzt? Wie kann man als Priester so abfällig über andere Menschen urteilen? Wer andere Menschen ernst nimmt, der lässt ihnen die freie Wahl, entweder katholisch zu sein und die Sakramente zu empfangen, oder nicht katholisch zu sein und die Sakramente nicht zu empfangen. Es ist ein Zeichen von Intelligenz, dass man seine Entscheidung für oder gegen die katholische Kirche sorgsam abwägt. Man muss sich und anderen die notwendige Zeit für die Entscheidung lassen und diese Zeit mit Gebet und Studium nutzen. Schauen wir abschließend auf die Schlussworte des heutigen Evangeliums: "Selig, die Verfolgung leiden um der Gerechtigkeit willen, denn ihrer ist das Himmelreich. Selig seid ihr, wenn euch die Menschen schmähen und verfolgen und verleumderisch alles Böse gegen euch reden um Meinetwillen: freuet euch und frohlocket; denn euer Lohn ist groß im Himmel." Wir brauchen nichts zu beschönigen: Wer heute in Deutschland noch die Wahrheit bekennt, der muss mit Hohn und Spott, mit Verfolgung und Leiden bis zum Äußersten rechnen. In einem Land, wo Abtreibungen erlaubt und Kruzifixe verboten sind, werden Christen als Gefahr für das Gemeinwohl empfunden und dementsprechend behandelt. Die deutsche so genannte "Gerechtigkeit" besteht grundsätzlich in der Ungerechtigkeit. Wer in dieser Verfolgung bestehen will, muss sich über den Ernst des Evangeliums im Klaren sein. Es genügt nicht, das deutsche Volk zum Volk von Unzurechnungsfähigen zu erklären, die einfach zu dumm sind, die christliche Botschaft zu kennen. Erst recht darf man nicht behaupten, dass alle Deutschen durch das "Sakrament der Dummheit" gerettet werden, und man bräuchte oder dürfte gar das Evangelium in Deutschland nicht verkünden. Nehmen wir also das Evangelium ernst, nehmen wir unsere Mitmenschen ernst, nehmen wir insbesondere die Verheißung Christi ernst: "Selig, die Verfolgung leiden um der Gerechtigkeit willen, denn ihrer ist das Himmelreich." Amen.

S. auch:
Bestrafungsantrag gegen KzM
Kirche und Sekte

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